Number of the beast!
Was haben Eric Clapton, Jeff Beck, Mark Knopfler, Buddy Guy, Eric Johnson, Ritchie Blackmore, Stevie Ray Vaughan, Yngwie Malmsteen, Richie Sambora, John Mayer, Kenny Wayne Shepherd, Billly Corgan und noch ein paar mehr Artisten gemeinsam?
Genau, allen wurde vom legendären amerikanischen Gitarrenhersteller Fender ein Stratocaster Signature Model gebaut. Angefertigt nach den Wünschen, meist sehr stark angelehnt am Original des Saitenkünstlers. Ein paar Instrumente der Artistserie bekommt man als günstige Mexiko-Variante. Andere zum Beispiel, die Eric Clapton, David Gilmour und Jeff Beck Modelle werden im Custom Shop gefertigt. Das sind sehr hochwertige Instrumente mit viel Liebe zum Detail und sehr gutem Material, Relics in verschiedener Ausführung. Sie liegen preislich natürlich in der Oberklasse. Dazwischen gibt es noch die etwas günstigeren Modelle. Sie sind in den USA gefertigt, aber von der Stange. Auch hochwertig mit originalen bzw. vintage Teilen gebaut, dennoch eher erschwinglich für den „arbeitenden“ Musiker im Vergleich zu den horrend bepreisten Custom Shop Gitarren, die leider meist nur von finanzkräftigen Sammlern gekauft werden. Unser Testmodell, die Fender Dave Murray Signature, fällt in die mittlere Kategorie. Anfang des Jahres auf der Namm 09 vorgestellt findet sie nun den Weg zum Test auf AMAZONA.de.
Dave Murray ist mit Gründer und Bassist Steve Harris eines der ältesten bestehenden Mitglieder der englischen Heavy Metal Band Iron Maiden. Wie viele Stromgitarristen stark durch Hendrix beeinflusst, ist auch er ein Strat-Spieler der ersten Stunde. Nach Endorsement-Verträgen mit ESP und Jackson kehrte er 1995 zu Fender zurück, die ihm nun auch die Ehre erwiesen, ein Signature Model zu bauen und somit die Dave Murray Strat mit in die Artist Serie aufzunehmen.
Pate zum Bau stand dabei Dave Murrays eigene Strat, aus einem ’63er Body und aus einem’57er Hals, die sich vorher im Besitz von Paul Kossoff, späterer Gitarrist der Band Free, befand. Gespielt hat Murray sie von ca. 1976 bis 1990, da er ja Ende der 80er zumindest für ein paar Jahre zu Jackson wechselte. Die originale Strat steht seit gewisser Zeit im Ruhestand, angeblich bei ihm zu Hause in einer Vitrine.
Konstruktion der Fender Dave Murray Signature Stratocaster E-Gitarre
Wie man das von vielen Fender Artist Modellen kennt, wird die Dave Murray Strat auch in einem wunderschönem Vintage Tweed Koffer geliefert. Mit dabei ist noch ein Ledergurt, ca. 1,5 cm breit mit einem extra breiterem Schulterpolster und einer Art Gürtelschnalle zum Verstellen. Dazu noch ein Fender Kabel mit dickeren geschraubten Klinkensteckern, einem Fender Aufkleber und zwei Schlüsseln für die Kofferschlösser. Der erste Eindruck lässt wenig zu wünschen übrig, aber so sollte es ja auch eigentlich sein bei einem Instrument dieser Preisklasse.
Anfänglich schon erwähnt handelt es sich bei diesem Testinstrument um einen Nachbau einer 57/63er Strat. Was man auch sofort am für diese Zeit üblichen Fender Spaghetti Logo auf der Kopfplatte erkennt. Der Body ist schwarz, aus Erle und, wie es sich für einen ordentlichen „Stratnachbau“ aus dieser Zeit gehört, mit einem Nitrocellulose-Lack versiegelt.
Der Hals hat eine soft „V“ shaped Form, ist komplett aus Ahorn und nur matt lackiert, was dem Handling natürlich zugute kommt. Das Griffbrett mit einem Radius von 9,5″ (241mm) hat man unterteilt mit 21 Medium Jumbo-Bünden. Vintage Style Gotho-Mechaniken sind für die Saitenspannung verantwortlich.
Was die Dave Murray Strat von einer handelsüblichen unterscheidet, sind augenscheinlich erstmal die Pickups. Hier findet man einen DiMarzio PAF DP 103 am Hals, einen Fender Vintage Style Single Coil in der Mitte und einen DiMarzio Super Distortion am Steg. Also eine H-S-H Bestückung. Die Schaltung geht einfache drei Wege, also fast selbsterklärend kann man jeden Tonabnehmer einzeln ansteuern, fertig.
Leider fällt mir bei dem Testmodel auf, dass der Stegtonabnehmer schräg in seiner Verankerung liegt. Die 4 Bohrungen im Humbuckerrahmen wurden nicht benutzt, der Pickup wurde einzig mit den beiden Justierschrauben durch das Schlagbrett befestigt, so wie es auch bei Single Coils gemacht wird. Ich gehe stark davon aus, das ist beim Original genau so gelöst und somit nachempfunden. Die Verschraubung ist eigentlich völlig ausreichend und hat auch nichts mit dem schief liegenden Humbucker zu tun.
Erst nach Demontage des Schlagbretts kann ich dem Problem auf den Grund gehen. Eine der beiden Schrauben, die auch zur Höhenverstellung des Pickups dienen, ist merkwürdigerweise viel zu lang. So lang, dass sie, wenn sie senkrecht stehen würde, nicht ganz passt. Schräg wiederum kann man sie ganz versenken, was eindeutig die Lage des Tonabnehmers erklärt. Nach weiterem Nachforschen entdecke ich, dass das Gewinde des Tonabnehmers defekt ist. Vielleicht hat man versucht, das Ganze mit der langen Schraube zu kaschieren. Na ja, wenn das die Absicht war, ist der eher schlechte Versuch auch noch misslungen.
So, genug Sherlock Holmes gespielt. Doch mein zuerst so positiver Eindruck ist nun etwas getrübt.
Die Fender Dave Murray Signature Stratocaster in der Praxis
Viele schwören ja auf eine leichte Strat. Die Dave Murray hält sich hier eher im Mittelfeld auf. Das Gewicht ist aber leicht zu (er)-tragen, kommt noch lange nicht an die Schwere einiger Les Pauls ran. Im Sitzen wie auch im Stehen liegt sie, wie man es von einer Strat nun mal gewöhnt ist, sehr angenehm am Körper. Ich finde es immer wieder verblüffend, dass diese „alte“ Gitarre so gut gelungen ist.
Beim ersten Anspielen (trocken, ohne Verstärker) geht sofort wieder die Sonne auf. Und, ich nenne es mal, die „Pickupmisere“ drängt sich sogleich in den Hintergrund. Sehr ausgewogen schwingen mir Hals und Korpus entgegen. Rund entfaltet sich der Ton, als ob sie schon ein paar Jahre zum Einschwingen auf dem Buckel hätte. Die Jungfräulichkeit erkennt man nur an den nicht eingespielten Bundstäbchen und der noch makellosen Lackierung.
Der Hals liegt gut in der Hand, die Form ist generell ja Geschmacksache, er lädt aber definitiv zum Shredden ein. Bestückt ist sie mit 9er Saiten, und die Werkseinstellung lässt nichts zu wünschen übrig. Jeder Ton intoniert sauber, und sie fühlt sich einfach gut an. Es macht Spaß und es fällt schwer, sie aus der Hand zu legen.
So, dann bin ich mal gespannt, wie sich die Sechssaitige im angeschlossenen Zustand beweisen kann. Um der Dave Murray einigermaßen gerecht zu werden, habe ich sie an ein 6100 Marshall Topteil in Verbindung mit einer 4x12er Box angeschlossen, bestückt durch Celestion Greenbacks.
Man sollte bezüglich der Tonabnehmer ja schon etwas mehr Output vermuten, was sich natürlich auch bestätigt, doch der PAF DP103 klingt für einen Humbucker sehr schön ausgewogen und fängt nicht an zu matschen. Es ist schon etwas anderes als die übliche Singlecoil Variante, doch der Dimarzio zeigt für einen Halshumbucker sehr viel Transparenz, die dem Solospiel auch gut entgegen kommt.
Der Di Marzio Super-Distortion macht seinem Namen alle Ehre, ist ja schon fast eine Legende. Aber auch im Cleansound hat er seinen Charme und fügt sich positiv in die Reihe seiner Kollegen ein. Die einzige Strat-typische Tonabnehmerwahl ist der Fender Vintage Style Pickup in der Mitte, und der schlägt sich im Verhältnis sehr gut mit den beiden „Dicken“. Was mir besonders auffällt, ist der geringe Lautstärkenunterschied von Humbucker zu Single Coil. Gut, der Grundsound ist etwas dünner, aber so muss es ja auch sein. Durch das nicht zu leichte Gewicht, bekommt die Dave Murray Strat etwas mehr Punch, was der Rockgitarre, in diese Kategorie sollte man sie schon stecken, definitiv gut tut.
Kurz noch zum Vibratosystem. Die alte Bauweise beschert uns ein American Vintage Synchronized Tremolo. Wer so eins schon mal gespielt hat weiß sicherlich, dass man sich exzessive Jammerhaken Szenarien sparen sollte. Es ist einsetzbar, aber wenn man es überstrapaziert, muss ständig nachgestimmt werden – vintage eben.
Hui, das mit dem Pickup und der Schraube ist schön ganz schön ärgerlich bei einer Gitarre dieser Preislage. Andererseits habe ich auch schon Gitarren von einem anderen traditionsreichen amerikanischen Hersteller gespielt, die nochmal wesentlich teurer waren und die selbst im Vergleich zu billigen China-Brettern grottenschlecht verarbeitet waren.
Seit wann sind Clapton & Co. eigentlich Artisten? Für das Trapez ist doch eigentlich zur Zeit „P!nk“ zuständig.