Günstiger Lautsprechersimulator
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Kaum zu fassen, wie günstig die Mehrzahl der Produkte aus der Thomann Hausmarke Harley Benton zu erstehen sind. Bis auf gelegentliche Ausnahmen wird man damit gut bedient sein. Die MiniStomp-Serie umfasst eine Vielzahl von Pedalen, heute nehmen wir den MicroCAB unter die Lupe, der erwartungsgemäß die Aufgabe hat, verschiedenste Lautsprecher zu simulieren, um mit dem Ausgangssignal in ein Mischpult oder die DAW zu gehen. Ein solches Gerät im Gepäck zu haben, verschafft dem auftretenden Gitarristen ggf. auch ein Stück Sicherheit, denn wenn der Verstärker plötzlich einmal schlappmachen sollte (was mir persönlich bei einer Zahl von ca. 5.000 Auftritten nur zweimal widerfuhr), könnte man den Gig immer noch retten, indem man aus dem Pedalboard direkt in den Lautsprechersimulator geht und dann das Mischpult mit einem adäquaten Signal versorgte.
Auch gerade im Projektstudio kann man natürlich ohne eine Lautsprecherbox (und der damit verbundenen, meist heftigen Lautstärkeentwicklung) zu bemühen, sicherlich gute Resultate erzielen, gerade auch wenn das Ergebnis nicht unbedingt professionellem Standard entsprechen muss.
Wie groß sind also die Unterschiede zwischen dem heutigen Harley Benton-Testkandidaten und deutlich kostenintensiveren Platzhirschen wie beispielsweise Two Notes und Konsorten?
Harley Benton MiniStomp MicroCAB – Facts & Features
Das kleine (Maße: 92 x 38 x 32 mm) und leichte Pedal (133 g) simuliert bis zu 11 verschiedenen Boxentypen, die von einer kleinen 1x 10 Box bis zum großen 4x 12″ Cabinet eine gute Auswahl bieten und somit alle gängigen Modelle abdeckt. Das Gehäuse wirkt robust, die zwei kleinen Potis machen die Bedienung etwas fummelig, aber mehr Platz steht im Gehäuse schlicht nicht zur Verfügung. Die seitlich angebrachten 6,3 mm Klinkenbuchsen für Ein- und Ausgang befinden sich etwas „nördlich“ der Mitte des Pedals. Die Stromaufnahme ist mit 20 mA recht gering. Die Stromversorgung erfolgt ausschließlich über einen gewöhnlichen 9-V-Netzadapter (Minus innen) bzw. Multinetzteil, das aufgrund des sehr kleinen Preises des Pedals nicht mitgeliefert wird.
Bedienelemente
Das Pedal ist mit seinen zwei Potis und dem Boxen-Typ-Wahlschalter recht spartanisch ausgestattet und ermöglicht somit keine komplexe Editierung in den Untiefen diverser Untermenüs, da es auch kein Display besitzt. Somit ist die Bedienung absolut intuitiv und schnell über das Gehör vorzunehmen.
Das kleine Poti (VOL) links oben bestimmt die Ausgangslautstärke, das zweite kleine Poti mit der Bezeichnung COLOR ist ein schlichter Höhenregler. Beide Potis besitzen auf 12 h eine „Einrastposition“.
Der zentral angebrachte Drehregler mit dem weißen Knebelknopf besitzt 11 Stellungen, die auf ihrer jeweiligen Position „leicht einrasten“. Das Pedal besitzt True-Bypass, was dafür sorgt, dass bei ausgeschaltetem Effekt keine Klangverluste auftreten.
Eine weiße Status-LED-Anzeige signalisiert, wenn der Effekt aktiv ist. Streng genommen braucht ein Boxensimulator keinen Schalter, da man ein solches Gerät nur in die Signalkette integriert, wenn man auch vorhat, damit aufzunehmen oder in ein FOH-Pult zu gehen.
Selbstverständlich sollte dieser stets ganz am Ende der Signalkette positioniert werden, um alle weiteren Effekte des Pedalboards (soweit vorhanden) in vollem Umfang nutzen zu können.
Die rotbraune Beschriftung der Presets um den Drehschalter und die kleinen Potis sind nur schlecht abzulesen und dies selbst bei Tageslicht. Obwohl man sich im Endeffekt vermutlich auf ein bis zwei Lieblingslautsprechersimulationen beschränken dürfte und nicht ständig am Pedal „herumschraubt“, wäre es doch zumindest während einer gewissen Einarbeitungs- und „Durchhörphase“ wünschenswert, eine bessere optische Sichtbarkeit zu haben.
Eines sei hier aus Sicherheitsgründen noch erwähnt:
Selbstverständlich darf dieses Pedal ausschließlich mit Signalen mit Line- bzw. Instrumenten-Level versorgt werden und niemals als „Lautsprecherbox-Ersatz“ an den Lautsprecherausgang eines Verstärkers angeschlossen werden. Das könnte schnell mal die Endstufe eines Verstärkers ruinieren. In diesem Pedal wurden natürlich keine Hochlastwiderstände verbaut, welche die Ausgangsleistung eines Verstärkers in Wärme umsetzten.
Sound
Für die Klangbeispiele kommt eine Stratocaster (HSS) zum Einsatz. Auf dem Pedalboard befanden sich lediglich zwei Verzerrer (Analogman King of Tone und Friedman BO-OD, beides Klone). Der COLOR-Regler stand auf der 12 h Position, es wäre also noch Gelegenheit, das Ausgangssignal etwas „frischer“ zu gestalten.
Wir hören nun eine Auswahl einiger Boxenmodelle und beginnen mit einem 4x 12 Kabinett mit „V30 Lautsprechern“. Als Verzerrerpedal diente der King of Tone:
4 x 12″ V30, angezerrt
Das Ergebnis ist absolut brauchbar und könnte bei Bedarf anschließend natürlich noch im Mischpult mit einem EQ behandelt werden, um ein Feintuning vorzunehmen.
Wir erzeugen nun etwas mehr Verzerrung mithilfe eines Friedman BE-OD-Pedals. Das Boxenmodell ist 2x 12″ ac:
2 x 12″ ac
Natürlich ist es gleichfalls interessant zu erfahren, wie der Harley Benton MiniStomp MicroCAB mit einem klaren Sound umgeht bzw. klingt. In der Signalkette ist hier ausschließlich das Testobjekt, was gleichfalls zu guten Ergebnissen führt:
1 x 12 clean
Nun das Boxenmodell 4 x 12″ gb, wiederum mit einem angezerrten Sound des King of Tone:
4 x 12″ gb
Schließlich hören wir eine 1 x 12″- Box mit moderater „Zerre“:
Unser Testobjekt liefert sowohl im cleanen als auch im verzerrten Soundspektrum absolut brauchbare Ergebnisse, die ggf. mit ein wenig Nachbearbeitung (EQ) sicherlich vielseitig im Studio und auf der Bühne ihren Einsatz finden.
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
Stratocaster (SSH) – Verzerrerpedale – Harley Benton MiniStomp MicroCAB – MOTU M4 – Mac mit Logic.
Wow, in der Tat: Obwohl mich Harley Benton mit schon so manchem Gerät oder sogar Instrument positiv überrascht hat – womit ich dieser Hausmarke vom großen T längst wohlwollend voreingenommen gegenüberstehe (und das bei durchaus hohen Ansprüchen: Ich leiste mir, wo es geht, das Beste) -, hätte ich einem Stömpchen dieser Preisklasse eine solch diskutable und brauchbare Klangqualität (wie in den Hörbeispielen rüberkommt) nicht zugetraut.
Als Bühnen-Backup im Reservepack oder auch für unterwegs (in Bus und Bahn zählt jedes Gramm: gerade bei viel Gepäck für längere Aufenthalte fern des Heimstudios) eine reizvolle Option. Und bei dem Preis kostet ja fast schon die Zeit mehr, sich das stundenlang zu überlegen, haha!
Kurze Frage:
Ein Headphone/Rec Out ist Line-Level oder?
Hab für zu Hause einen altehrwürdigen Roland Microcube, mit ner Cab Sim könnte ich den doch gehörig aufbohren. Der hat einen Headphone/Recording Out – da könnte ich die Cab Sim doch anschließen oder?
@Sven Blau Ein „Recording Output“ ist für den Anschluss an ein Mischpult o.ä. vorgesehen, hat also „per Definition“ Line-Level.
Ein Kopfhörer-Ausgang kann etwas mehr „Dampf“ haben, also am Microcube sicherheitshalber erst Laustärke absenken und dann aufdrehen bis es passt.
Achtung: Kopfhörer-Ausgang ist normal Stereo, der Lautsprecher-Simulator hat wohl nur Mono-Eingang. Also schlimmstenfalls ’nen Adapter nehmen.
@chardt Danke. Hatte ich also richtig in Erinnerung.
@Sven Blau Wenn der Roland einen Headphone/Recording Out hat, dann müsste er schon eine Cab Sim eingebaut haben. Sonst müsste er sich über diese Ausgänge wie eine Kreissäge anhören.
Wenn eine drin ist, kann man die abschalten? Doppelte Lautsprechersimulation dürfte sich nur halb so gut anhören. ;-)
Mich würde die Antwort auf die vom Autor oben gestellte Frage „Wie groß sind also die Unterschiede zwischen dem heutigen Harley Benton-Testkandidaten und deutlich kostenintensiveren Platzhirschen wie beispielsweise Two Notes und Konsorten?“ interessieren. Unter Konsorten fällt sicherlich auch mein TC Electronic Impulse IR Loader, der ebenso winzig ist wie der Testkandidat und mit € 125,- (20,- teurer als noch vor wenigen Monaten) preislich zwischen HB und Two Notes liegt, aber bei Amazona noch nicht getestet wurde.
@Ragutini die Antwort erscheint mir offensichtlich. Wenn einem einer oder einige der 11 Sounds gefallen und auch längerfristig reichen, dann mach das Pedal Sinn. Falls man aber doch mal eine andere Cab Sim haben will, dann sollte man wohl besser etwas mehr ausgeben wie für den genannten IR Loader.
Ich fände ja auch einen Vergleich mit dem Mooer Radar interessant. Vielleicht könnt ihr da mal einen Vergleichstest der verschiedenen Cabsim Pedale machen