Die Kunst des DIY - Bau eines Verzerrerpedals!
Hallo liebe AMAZONA.de Bastelfreaks,
heute wollen wir allen, die sich schon einmal ein Effektpedal selbst bauen wollten, eine relativ ausführliche und sichere Anleitung geben, wie man ein solches Projekt in Angriff nimmt und fertigstellt. Kenntnisse in Elektronik sind hierbei, wenn überhaupt nur in extrem geringen Maß erforderlich, wir „basteln quasi nur nach Zahlen“. Ein gewisses Geschick, Feingefühl und Kenntnisse im Löten können hierbei sicherlich nichts schaden. Das oben abgebildete und hier dokumentierte Bastelprojekt (Klon eines Suhr Riot Reloaded-Pedals) empfiehlt sich nur dem fortgeschrittenen Pedalbastler. Der Neuling versucht sich besser an einem Projekt wie beispielsweise einem Boost-Pedal mit bedeutend weniger Bauteilen (und somit Fehlerquellen).
Ich versuche, in diesem DIY-Workshop alle erforderlichen Arbeitsschritte einfach und dennoch präzise zu erläutern, diese gelten natürlich gleichfalls auch für weniger anspruchsvolle Bastelprojekte. Legen wir los mit unserem DIY-Verzerrerpedal:
Auswahl des Layouts – Recherche in DIY-Foren
Im Netz gibt es Tausende DIY-Pedal-Projekte, die mit einer sogenannten Streifenrasterplatine gebastelt werden können. Man sucht einfach nach dem gewünschten Effekt, gibt als Suchbegriff „Vero Layout“ ein und wird dann schnell fündig. Gute Seiten sind beispielsweise u. a. Dirtbox Layouts, Guitar FX Layout oder DIY Stompboxes.
Bevor man mit dem Bestellen der Bauteile beginnt, sollte man sicher sein, auf ein „verifiziertes Layout“ zuzugreifen, da dieses dann bereits vorher von DIY-ern gebaut wurde, die bestätigen können, dass dieses gut funktioniert und wie man es ggf. auch noch zum Besseren modifizieren könnte. Interessant ist es auch, die Kommentare und Tipps in den Foren zu lesen, man kann dort einiges lernen. Ich selbst begann vor ca. 15 Jahren mit dem Basteln der ersten einfachen Pedalprojekte und konnte seitdem als Autodidakt viel Wissen „aufsaugen“ und Erfahrung sammeln. Obwohl ich kein „gelernter Elektroniker“ bin, baute ich seitdem ca. 150 verschiedene Pedale, von denen viele auch auf diversen Pedalboards live ständig im Einsatz sind und absolut zuverlässig funktionieren.
DIY-Verzerrerpedal – benötigtes Material und Werkzeug
Für ein Projekt wie dieses benötigen wir: einen Lötkolben (ca. 15-25 Watt), Lötzinn, Laubsäge, eine kleine Feile, einen kleinen Seitenschneider, Abisolierzange, diverse Metallbohrer für die Bohrungen im Aluminiumgehäuse (7 mm für Potis, 8 mm für die Netzteilbuchse, 10 mm für Klinkenbuchsen, 13 mm für Fußschalter) und der Platine (3 mm), verschiedenfarbige Käbelchen zum Anschluss der Platine an die Potis, Schalter, Buchsen etc. Die für das Projekt erforderlichen Bauteile wie die Streifenrasterplatine, Widerstände ICs, Kondensatoren, Dioden, Potis, Gehäuse, Klinkenbuchsen, 3DPDT Fußschalter, Leuchtdiode zur Anzeige, Potiknöpfe etc. sind u. a. bei Musikding, uk-electronic oder Banzai-Music in bestellbar.
So baust du ein Verzerrerpedal für E-Gitarre – die Bauteile!
Wer noch neu in diesem Business ist, dem seinen hier noch einige Tipps zu den benötigten Bauteilen gegeben: Die Elektrolytkondensatoren sollten eine Spannungsfestigkeit von 16 V (sofern diese mit einer Spannung von den üblichen 9 Volt betrieben werden) aufweisen, die benötigten kleinen Widerstände haben im Allgemeinen nur eine Leistung von 1/4 Watt, die (Folien-) Kondensatoren (MKT, Greenies etc.) benötigen für diesen Anwendungsbereich 63-100 Volt. Kondensatoren mit einer höheren Spannungstoleranz (z. B. 630 Volt) wären natürlich deutlich zu groß für solch ein Pedal-Projekt, deswegen ist beim Bestellen der Bauteile auch sicherzustellen, dass diese auch exakt die jeweils erforderliche Größe besitzen.
Beginn des DIY FX Projekts – Streifenrasterplatine vorbereiten
Zunächst sägt man sich (z. B. mit einer Laubsäge) die jeweils erforderliche Platinengröße aus einer entsprechend großen Streifenrasterplatine (hier 19 x 17) zurecht.
Wichtig: Das Bild des gewünschten Layouts herunterladen und zunächst mit einem Grafikprogramm (Photoshop, Gimp etc.) horizontal um 180° drehen (sonst baut man die Bauteile seitenverkehrt ein, was den gewünschten Erfolg zunichte machte).
Nun bohrt man mit einem kleinen Bohrer (Durchmesser 3 mm) die Unterbrechungen der Leiterbahnen vorsichtig mit der Hand. Hierbei muss unbedingt sichergestellt werden, dass alles exakt mit dem Layout übereinstimmt. Macht man hier bereits einen Fehler, würde dies später zu Problemen führen. Sind alle Löcher (Cuts) gebohrt, kontrolliert man mit einem (Multi-) Messgerät, dass wirklich kein Kontakt mehr zwischen den unterbrochenen Leiterbahnen besteht. Anschließend wird die Platine gründlich mit einem Spülschwamm und Spülmittel gereinigt. Das könnte dann etwa folgendermaßen aussehen:
DIY Gitarrenpedal: Bauteile sichten und durchchecken
Sind alle erforderlichen Bauteile (auch in benötigter Größe) vorhanden, kann mit dem Einlöten der „Links“ begonnen werden, dies sind die Verbindungen zwischen den Leiterbahnen (gelegentlich müssen sogar auch zwei Drahtverbindungen durch ein Loch geführt werden, wie unten zu sehen). Ich nehme für die Verbindungen gerne die abgeschnittenen Drahtstücke der Bauteile früherer Projekte oder Klingeldraht, der vorher abisoliert wurde. Hier ein Foto der gebohrten Platine mit den benötigten „Links“:
DIY Workshop – Einlöten der Bauteile
Anschließend werden die Bauteile mit der geringsten Höhe (Widerstände, Dioden) eingelötet. Bei Dioden oder auch Leuchtdioden) ist unbedingt auf die Polung zu achten. Der Minuspol (Kathode) ist im Layout und auf dem Bauteil selbst mit einem (schwarzen) Streifen markiert. Wer ganz sichergehen will, kann mit einem entsprechenden Messgerät alle Bauteile vor dem Einbau nochmals nachmessen. Ich verwende außer einem Multi-Instrument, mit dem ich Widerstände und Dioden durchmesse und Durchgangsprüfungen durchführe, auch ein Messgerät für Kapazitäten (Kondensatormessung).
Dann werden die (oft achtbeinigen Operationsverstärkern) ICs eingelötet, man kann dies auch ohne Fassung bewerkstelligen. Wer mit verschiedenen Chips experimentieren möchte, um den Sound zu ändern, lötet besser vorher die Fassungen ein. Beim Einbau der ICs (und Fassungen) auf die Ausrichtung achten. Die ICs haben eine runde Markierung, die mit dem zu bauenden Layouts übereinstimmen muss, meist ist diese Markierung oben. Dioden und ICs sind hitzeempfindlicher als beispielsweise Widerstände oder auch Kondensatoren. Hier sollte möglichst so kurz wie gerade nötig (ca. 5 Sekunden) erhitzt werden. Mir ist jedoch bei ca. 150 Pedalen, die ich gebaut habe, noch nicht einmal ein Bauteil aufgrund zu langen Erhitzens zerstört worden.
Dann folgt das Einlöten der Kondensatoren. Wichtig: Bei Elektrolytkondensatoren unbedingt auf die Polung achten, auch hier ist der Minuspol in der Schaltung gekennzeichnet und auf dem Kondensator selbst ist die Polung gleichfalls aufgedruckt).
Wie baue ich ein Verzerrerpedal – Potis verdrahten
Sind alle Bauteile verlötet, werden die Potis mit Kabeln entsprechender Länge versehen, verdrillt und gegebenenfalls mit Schrumpfschlauch umhüllt. Masseverbindungen der Potis stelle ich (wenn möglich) gerne über die Gehäusemasse her und erspare mir dadurch, abhängig von der Schaltung das Löten einiger Kabel. Das könnte dann etwa so aussehen:
Anschließend lötet man die Kabel für die Potis, den Schalter (in diesem Fall) und die Anschlüsse für den Ein- und Ausgang, die Masse und den Pluspol entsprechend des verwendeten Layouts an der Platine an.
DIY-Verzerrerpedal – testen, der Moment der Wahrheit
Tipp: Bevor dem Antesten des fertigen Schaltkreises den Volume-Regler besser erst zurückdrehen, damit man beim Test bzw. Einklinken über einen Verstärker nicht böse überrascht wird. Dies ist besonders bei Boostern, Verzerren oder Fuzz-Pedalen ratsam. Potis für eine Klangregelung (Treble, Mitten, Bässe) auf Mitte drehen.
Mögliche Fehler finden und beheben – „Debugging“?
Im Idealfall (man hat keine Fehler beim Einsetzen der Bauteile oder beim Löten gemacht), erklingt der gewünschte Klang aus der Schaltung. Sollte dies enttäuschenderweise nicht der Fall sein, muss die Platine nochmals genauestens untersucht werden (Kurzschlüsse zwischen den Leiterbahnen, Bauteile richtig herum eingelötet, kalte Lötstellen, korrekte Werte der Bauteile etc.). Um sich von einem evtl. notwendig gewordenen „Debugging“ freizuhalten, besser mit viel Zeit, Ruhe und Übersicht vorgehen, um erst gar keine Fehler zu machen. In zahlreichen DIY-Foren im Internet findet man jedoch meist Hilfe, wenn doch mal einmal etwas schieflaufen sollte.
Fertige Schaltung in ein Gehäuse einbauen
Funktioniert alles wie gewünscht, kann man die Platine anschließend in ein Gehäuse bauen. Hierbei kann man glücklicherweise auf eine riesige Auswahl z. B. an (auch bereits lackierten) Aluminiumgehäusen zurückgreifen. Auch Potiknöpfe, Leuchtdioden und deren Halterungen gibt es in großer Auswahl, damit das Design auch individuell ausfällt. Manche „Pedalfreaks“ entwickeln teilweise atemberaubende Designs, der Fantasie sind hier absolut keine Grenzen gesetzt, wie man hier sehen kann.
Die Potis erfordern meist einen Lochdurchmesser von 7 mm, die Klinkenbuchsen benötigen ein 10 mm Loch und der Fußschalter eine Bohrung von 13 mm.
Selbstverständlich ist darauf zu achten, dass die Platine keinen Kontakt mit dem Aluminiumgehäuse bekommt. Ich klebe meist Streifen aus „Gaffer-Tape“ an den Innenseiten ein, um den Kontakt zu vermeiden. Auch der Boden des Gehäuses sollte mit Klebeband abgeklebt werden, um einen Kontakt mit der Platine sicher auszuschließen.
Gitarrenpedale selbst bauen – das Endprodukt
Das fertiggestellte Effektpedal könnte dann beispielsweise wie einer dieser „Kollegen“ aussehen. Hier seht ihr eine Auswahl meiner selbstgefertigten Effekte.
Disclaimer – Haftungsausschluss
Dieser Artikel soll euch beim Bau eines selbstgefertigten Effekts unterstützen. Ich biete jedoch keinen Support oder eine Garantie für eventuell nicht perfekt funktionierende Bastelprojekte an. In den entsprechenden Foren findet man im Bedarfsfall sicherlich hilfsbereite Bastelfreaks.
Wir wünschen euch viel Spaß und Erfolg mit eurem Projekt, denn selbst gebastelt ist oft schöner und individueller designt als gekauft.
Stay tuned!
Hammer!!! Toller Bericht. Danke Johannes.
„Hier seht ihr eine Auswahl meiner selbstgefertigten Effekte.“
D.h, da sind noch mehr als die 36 auf dem Bild sichtbaren? Fetzig!
Alle mit Lochraster? Da lohnt es sich doch bald ein eignes Layout zu erstellen, schon im Sinne einer langen Lebensdauer.
Verwendest Du die auch bei Auftritten?
Respekt!
@Ruhestörung Wenn Du nach dem Verlöten aller Einbauteile die Platine von überschüssigen Flussmittel reinigst (mit Wasser und Spüli) und nach Trocknung der Platine mit einem nichtleitenden Klarlack die Leiterbahnen von Lufteinfluss isolierst, hält das ganze so lange wie profesionelle Aufbauten in DIL Technik.
Ein sehr schöner und interessanter Artikel. Vielen Dank :-) Das schöne bei solchen DIY Sachen ist, dass man da zusätzlich auch noch ein bisschen experimentieren kann. Ich erinnere mich, dass ich mir mal ein MXR Distortion Plus gebaut habe und damit unterschiedliche Diodenpaare ausprobierte, die ich dann über Schalter kombinieren konnte. Das hat ziemlich viel Spaß gemacht, nur meine DIY Lackierung des Gehäuses sah ziemlich bescheiden aus :-D
Cooler Artikel. Da juckt es mich, mal wieder DIY-Technisch was zu machen.
Wenn ich mich recht erinnere, war mein erstes DIY-Projekt vor ca. 45 Jahren ein passiver Verzerrer der lediglich aus einer Diode im Signalweg bestand ;-).
Nicht sonderlich cool, aber hat damals funktioniert.
absolut scharf :)
Ich habe mich schon vor mehr als 40 Jahren vom DIY verabschiedet. Aber ich weiß, dass es damals sehr viel Spaß machte, einen Effekt selbst zu basteln.
super Artikel
Das ist wirklich ein sehr guter Artikel für einen Anfänger wie mich. Ich bin seit letztem Jahr hoffnungslos diesem Hobby verfallen, denn es macht einfach tierisch Spaß wenn man mit der Zeit sogar seine eigenen Geräte entwerfen und produzieren kann.
Liebe Pealfreaks,
es freut mich, dass dieser Artikel Freunde findet. Danke Euch! Schön zu wissen, dass es noch mehr „Durchgedrehte Pedalnurds“ wie uns gibt.
Johannes
@Johannes Krayer Wird Zeit für die Marke „Krayer Pedals“, meinste nicht? :-D
Ganz großes Kino Johannes, wann kommt der nächste Workshop ? Das analoge Delay (und nicht nur das) interessiert bestimmt viele :)
Ich bekomme schon Wutausbrüche wenn ich ein Ikea-Regal zusammenbauen muss. Elektronisches selbst bauen wird für mich immer etwas völlig mystisches bleiben.
Toller Workshop – herzlichen Dank!
Sehr geil, muss ich auf jeden Fall mal ausprobieren!
Hab immer etwas Angst dass ich mir mit sowas meine Gitarre abschiesse. Hat da schonmal jemand schlechte Erfahrungen gemacht?
DIY rockt einfach!
Super Anleitung, nur wenige Lichtjahre von meinem feinmotorischen Hoppla (und Saurierverstand) entfernt.
Aber Win-win for you and me: Ich nutze vielleicht doch lieber Verzerrer, die andere schon fertig gebaut haben (froh, dass lang vor mir doch schon so einige auf die Idee gekommen sind – und das gar nicht mal so selten) – und ihr braucht euch nicht herumzuschlagen mit einem Boutique-Treter von mir! Da wäre was geboten … kracks-spratzel! (Wobei mir ja zur Lackierung schon so manches Juchu einfiele. Aber selber herumbohren – Hilfe, ich muss eh bald wieder zum Zahnarzt!)
Disclaimer: Ich bewundere DIY-Bewanderte – bringe nur selbst nix fertig außer Texte mit und ohne Musik. ;-)
Warum das Logo in Graschdanka? Bist Du Russe?
@Aljen Ist es eigentlich heilbar, wenn man hinter jeder Ecke einen Russen vermutet?
Andererseits scheinst du dich sehr gut mit Russland auszukennen!? Darf ich fragen, ob das „Alien“ vielleicht selbst ein Russe ist? Würde mich nicht wundern…