Sequencer im neuen Gewand
Aus heiterem Himmel kam der Nachfolger des jahrelang als Arbeitstier geltenden Performance- und Spontan-Live-Sequencers Metropolis nicht auf den Markt. In einschlägigen Foren diskutierte man fleißig und Bilder von verschiedenen Bedienpanels tauchten im Netz auf. Kann ein an sich schon sehr gutes und etabliertes Sequencer-Modul noch besser werden?
Jetzt ist die überarbeitete Variante von Intellijel Designs namens Metropolix fürs Eurorack erhältlich. Sie löst das in die Jahre gekommene, aber noch immer gute Modul ab. Welche Features und Verbesserungen nun beim Metropolix Einzug gehalten haben, erfahrt ihr im folgenden Test.
Eurorack Sequencer Überblick: Intellijel Designs Metropolix
Dieser Artikel geht hauptsächlich auf die Neuerungen und Verbesserungen gegenüber dem Metropolis ein. Das Konzept als solches ist unverändert geblieben. Wer sich also mit dem Grundlagen des Intellijel Designs Sequencers vertraut machen will, sollte unbedingt vorher einen Blick auf unseren Test des Metropolis werfen.
Spoiler
Hatte der Metropolis nur eine Sequencer-Spur, besitzt der Metropolix nun zwei Sequencer-Spuren und eine MOD-Spur. Das nennt sich laut Intellijel ganz schlicht „Multitrack, Performance-oriented Pitch, Gate and Mod Sequencer“. Insgesamt gibt es tonnenweise Neuerungen und viel mehr Bedienelemente, die durch ein Display und mehrfarbige beleuchtete Knöpfe ins Geschehen eingreifen. Allein die Anleitung ist von ehemals 25 Seiten beim Metropolis auf nun 153 Seiten beim Metropolix angewachsen. Das lässt aufhorchen!
Größenvergleich und Aufbau der Eurorack Sequencer
Die Größe des Metropolix ist mit 34 HP identisch mit dem Vorgänger. Flacher ist der Neue geworden und bringt nur noch 25 mm anstatt der 45 mm in das Rack. Aber eigentlich ist die Angabe nicht korrekt, da der USB–Stecker auf der Rückseite im rechten Winkel direkt auf die Platine gesetzt wurde und den flachen Aufbau zunichte macht. Einmal nicht aufgepasst und die USB–Platine bricht ab.
Auf der Frontseite sind die rechts angeordneten, bereits bekannten Elemente identisch zum Vorläufer (auch was die Länge der Fader und Schalter angeht) untergebracht. Bis fast zum Rand gehen die Fader nun, was vorher konstruktionsbedingt nicht der Fall war. Somit konnte Platz für viel mehr Knöpfe, das Display, zwei frei belegbare Controller-Potis und drei CV–Eingänge geschaffen werden.
Die acht weißen Slide/Skip–Taster sind nun transparent in RGB–Farben beleuchtbar und dienen unter anderem zur Auswahl von Funktionen und der Menübedienung.
Ein- und Ausgänge des Intellijel Designs Metropolix
Auch hier hat sich im Vergleich zum Vorgänger etwas getan. Drei CV-Eingänge und zwei definierbare CV–Ausgänge haben links oben Platz und die zwei Spuren bieten ebenfalls jeweils einen PITCH– und einen GATE–Ausgang. Was geblieben ist, sind die Clock-Ein- und Ausgänge und der Reset–Eingang. Vorderseitig war es das schon, jedoch lassen sich durch das optionale Erweiterungsmodul namens „Gx Gate Expander“ weitere acht Ausgänge als Gate/Trigger/Clock/Logic bestimmen, um z. B. den Metropolix um einen Drum-Sequencer neben den beiden Haupttracks zu erweitern.
Grundlegende Track-Handhabung und Konsequenz
Auch wenn sich die Track-Anzahl im Vergleich zum Vorgänger verdoppelt hat, heißt das nicht zwangsläufig, dass man zwei Tracks unabhängig voneinander anhand der Hardware-Slider einstellen kann. Dies ist leider nicht ganz so, soll uns aber den Wind nicht aus den Segeln nehmen.
Grundsätzlich sind die beiden Spuren 1 und 2 anhand der Bedienelemente miteinander verknüpft. Schiebt man also einen Slider, hat das Auswirkung auf beide Spuren. Das muss man sich verinnerlichen. Aber jeder Wert kann unabhängig der Hardware-Einstellungen auf digitale Weise im Display überschrieben werden, egal ob es sich um einen zeitlichen Faktor oder Noteneinstellungen handelt. Alle im Gerät pro Spur vorhandenen Parameter können dazu genutzt werden. Hier wird dann strikt von der analogen Hardware-Eingabe zur digitalen Eingabe mit Endlosdrehrad und dem Drücken von Knöpfen gewechselt. Das klingt jetzt erstmal recht tragisch, denn das Tolle war und ist der direkte Zugriff in die Sequenz durch die Slider und Schiebeschalter, jedoch ist das in der Praxis wesentlich entspannter als es scheint.
Tipp: Alternativ bietet sich auch an, den Sequencer wie eine Art Splitter/Dual Screen Mode zu betreiben. Zum Beispiel die acht Steps in 2×4 aufzuteilen und die restlichen vier Steps pro Track dann zu deaktivieren. Somit hätte man direkt als Hardware einen 2×4–Step–Sequencer.
Neue Funktionen im Intellijel Designs Metropolix
Einleitend kann ich sagen, dass es so viele neue Möglichkeiten gibt, dass sie zu einer Schreibblockade führen können. Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Intellijel Designs hat hier akribisch und sinnvoll aus dem Vollen geschöpft, was das Sequencing hergibt. Darunter ist auch Neues zu finden. Doch der Reihe nach!
Ursprünglich konnte man die Steps nur mit SLIDE/SKIP oder das GATE verändern. Nun sind PITCH, RATCHET, PROBABILTY, ACCUMULATION und CV hinzugekommen. Wohlgemerkt pro Step editierbar. Dies geschieht über die beleuchteten STAGE-Buttons ganz unten. Jede Funktion lässt den STAGE-Knopf in einer eigenen Farbe aufleuchten. Das ist nicht nur sehr übersichtlich und bunt, sondern auch sehr zielführend umgesetzt. EDIT-Taster halten und auf einen der STAGE-Buttons drücken, schon kann man diese Funktion für alle acht Steps mit dem Menürad einstellen. Hilfestellung leistet das Display mit entsprechendem Inhalt.
Die Funktion der Skalen wurde auch immens ausgebaut. 49 Werks-Presets und zusätzliche 80 Speicherplätze für eigene Kreationen stehen zur Verfügung. Unter dem Begriff ACCUMULATION (Anreicherung) verbirgt sich eine sehr spielerische Funktion, die die eingestellten Noten mit Notenänderungen beim nächsten Durchlauf variiert. Dies kann aufwärts in der jeweiligen Skala oder eben abwärts passieren. Hierdurch ergeben sich traumhafte lebendige Sequenzen über mehrere Durchläufe, ohne selbst Noten verändern zu müssen.
Apropos Durchlauf: Auch was die Laufrichtungen der jeweiligen Sequenz angeht, wurden viele kreative Presets hinzugefügt, die niemals Langeweile aufkommen lassen. Insgesamt 19 an der Zahl, auch arpeggiatorartige Presets, sind enthalten. Da es sich ja um einen 2-Spur-Sequencer handelt, kann man natürlich für jede Spur andere Richtungen, Clock-Teiler oder andere Gegebenheiten definieren. Überraschende Ergebnisse sind garantiert, obwohl z. B. die Sequenz die gleichen Slider-Positionen hat. Die CV-Funktion kann selbst „gezeichnete“ Hüllkurven, also pro Step als CV, ausgeben. Die Möglichkeiten sind enorm!
Die Belegung der Controller-Potis ist ebenfalls viel umfangreicher als in der alten Version. 33 wählbare Parameter können in dieser Schaltmatrix verwendet werden. Das spielen der Sequenz wird hierdurch nochmals gefördert.
Neu hinzugekommen ist auch ein Loop-Mode, der auch als 1-Finger- oder 2-Finger Variante zur Verfügung steht. Mit diesen kann man vordefinierte kürzere Wiederholungen programmieren und während der laufenden „normalen“ Sequenz abfeuern! Dies ist natürlich auch mit Hilfe des Displays voll editierbar. Auch hier liegt der Schwerpunkt wieder auf der Live-Performance.
Weitere unzählige, aber nicht unsinnige Features wurden eingebaut. Nicht jeder wird alles benötigen, aber der Umfang ist durchaus als sehr professionell zu bezeichnen und meiner Meinung nach verständlich implementiert und auch begreifbar.
Tipp: Eine Tuning-Möglichkeit für beide Spuren ist im Setup-Menü zu finden. Bei Aktivierung wird an beiden Kanalausgängen C0-C4 ausgegeben und man kann ganz bequem seine Klangerzeuger zueinander stimmen. Mit einem Druck auf Exit kommt man wieder ins Hauptmenü zurück.
Speichermöglichkeiten des Metropolix
Endlich ist es möglich, ganz bequem und zahlreich seine Gesamteinstellungen einer Sequenz mit allem drum und dran zu speichern. Das sind sämtliche Controller-Einstellungen und die Belegung der Ein- und Ausgänge. Zwar ohne die Möglichkeit, Presets zu benennen, aber die Speicherplätze sind in acht Bänke à acht Plätze aufgeteilt. Jede Bank hat eine eigene Farbe, in der die STAGE-Buttons leuchten. Belegte Plätze leuchten etwas heller. Das ist recht unkompliziert und das „Sich-merken“ gelingt ganz gut.
Update Funktion
Ein Graus war und ist es, mit einem ISP-Connector ein Update auf den Metropolis zu spielen. Das ist nun dank USB–Anschluss vorbei. Das wurde aber auch Zeit!
Arbeitsweise des Intellijel Designs Metropolix
Festzuhalten an dieser Stelle ist, dass man nach wie vor einen Metropolis vor sich hat, obwohl es sich um eine neue Version mit einem „X“ am Ende des Namens handelt. Das Konzept hat sich nicht verändert, es wurde 1:1 übernommen bzw. auf ein neues Level gehievt. Insofern sind die Herangehensweise und der Output an Sequenzen als Basis geblieben und genauso intuitiv und spielerisch beherrschbar. All die neuen Funktionen sind so praxisnah ausbalanciert und wirken so ausgereift, dass man merkt, wie viel Mühe sich Intellijel gemacht hat, um die Magie dieser Sequencer-Art fortzuführen.
Die Orientierung gelingt schnell, sogar ohne Anleitung, denn das Display zeigt alles Wichtige sehr anschaulich und nicht allzu kryptisch an. Tastenkombinationen sind für das Echtzeitspiel sinnvoll eingebaut. In Anbetracht der Vielfalt ist das sehr gut gelungen. Wer all die Funktionen ad hoc noch nicht benötigt, wird froh sein, diese nach und nach zu erforschen. Natürlich ist es trotzdem eine Art Glaubensfrage, wenn an einem etabliertem Eurorack–Modul ein Display mit sämtlichen Vor- und Nachteilen eingebaut wird. Die Modularpuristen werden mir zustimmen! Denn auch hier tritt der Blick aufs Display in den Vordergrund und ist ein Muss, wenn man zwei Spuren gleichzeitig beackern möchte. Von dem optionalen Modul „Gx“ ganz abgesehen, das auch vom Metropolix aus unter der Funktion „MX“ beherrscht werden will.
Der Workflow des Metropolix ist trotzdem als intuitiv und schnell zu bewerten, da die Funktionen sofort während des Spielens ausgeführt werden und genau das tun, was man erwartet hat. Ich persönlich konnte die meisten Funktionen ganz ohne Handbuch anwenden, wenn auch nicht bis in die völlige Tiefe auskosten. Dafür war die Zeit zu kurz. Aber daran sieht man, dass es möglich ist, komplexe Sequencer zu entwickeln und trotzdem eine relativ einfache Haptik mitzubringen. Im Übrigen ist das Handbuch in der Version 1.2 vollständig, sehr strukturiert und inhaltlich sehr gut aufgebaut.
Tipp: Einfach vorher mal das Handbuch überfliegen und sich von den Neuerungen begeistern lassen.
Die mir wichtigsten neuen Funktionen oder den Workflow habe ich versucht, in einem kurzen Video darzustellen. Die Kickdrum wird durch den Clock-reduzierten Clock-Out getriggert, der Synthesizer-Sound kommt von Track 1 und das HiHat-Pattern von Track 2.
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Seit dem letzten Update lassen sich Presets aneinander ketten und eine globale Stepanzahl definieren. Wenn die erreicht wird wieder an den Anfang gesprungen.
Ich hätte lieber ein rotes Display und angenehmere Schieber. Diese sind recht spitz und scharf. Anfassen tut man die nicht gerne. Besser fände ich auch Kippschalter zum Modus ändern. Dann könnte man leichter mehrere gleichzeitig ändern.
Schöner Test.
Danke dafür :)
Schöner Testbericht und sicher nicht ganz easy zu verfassen bei so einem vor Möglichkeiten strotzenden Modul (Ich hab‘ mal begonnen eine Leserstory über den IO Labs Flux zu verfassen, hab’s aber aufgegeben, denn das wär eine Bachelorarbeit geworden).
Was mir am Metropolix neben vielem anderen besonders gefällt: Die Zuweisung der CTRL und X/Y/Z Regler über die angrenzenden Buttons. Sehr komfortabel ohne viel Menütaucherei.
PS: Der IO Labs Flux verdient wahrlich einen Testbericht irgendwann mal, mit der neuesten Firmware ist das Ding voll Midi-fähig samt Max4Live Plugins, sowas hab ich in der Modularwelt noch nicht gesehen.
sehr schöne Übersicht, vor allem im Video
Eine genaue Einstellmöglichkeit und Anzeige ist sehr wichtig, wenn man melodische Sequenzen bevorzugt.