SSL-Emulationen für die DAW
Brainworx präsentiert uns mit der bx_console SSL 4000 ihren eigenen Versuch, die bereits häufig kopierten SSL G und E Channelstrips als Plugin in die DAW einbinden zu können. Von Waves und Universal Audio sowie einigen anderen Marken gibt es bereits Emulationen der Channelstrips, durch die fortwährende Evolution der Modeling-Technologien, gerade in der momentanen Zeit, kann man jedoch mit Fug und Recht behaupten, dass sich ein neuer Modeling-Versuch des Klassikers nur lohnen sollte.
Solid State Logic segnete das Emulationsunterfangen nach der gemeinsamen Arbeit an diesem ab und setzt seinen Stempel fortan auch auf die Verkaufsseiten der Plugin Alliance. Durch die hier verwendete Modeling-Technologie bekommt man erstmals nicht nur einen und denselben Channelstrip, sondern 72, alle leicht unterschiedlich gemodelte Kanäle für den Einsatz in Mono oder Stereo geboten, die „Tolerance Modeling Technologie“ (TMT) (Link siehe Anhang) macht es möglich.
Die Installation des Ganzen läuft, ist man bereits bei der Plugin Alliance registriert, im Handumdrehen über den Plugin-Manager ab, die Registrierung der neuen Produkte ist damit einhergehend ohne nennenswerten Zeitverlust vollzogen.
Überblick über bx_console SSL 4000 E und G
Brainworx liefert dem Nutzer mit den Emulationen von SSL 4000 E und G vollwertige Channelstrips. Hier bekommt man nicht nur Zugang zu den Channel EQs, sondern auch Hi- und Locut, Kompressoren, die Expander/Gate Sektion und die Master/Gain-Aufholung sind mit inbegriffen.
Per Klick auf den rechts über dem Line-Fader sitzenden „random channel“ Knopf kann man entweder nur für das entsprechende oder für alle SSL Channelstrips innerhalb einer Session, die Art des Kanals durch Zufall auswählen lassen.
Kanal 1-72 klingen alle etwas unterschiedlich, hier möchte man das analog-lebendige Verhalten des echten Gegenstücks einfangen und nicht nur ein Channelstrip Plugin, sondern eine komplette Konsole an den Mann bringen. Per Druck auf „digital“ lässt sich diese Emulation jedoch auch aufheben.
Interessanterweise existiert so eine Art „Master Control“ auch für die inbegriffene Emulation der „Total Harmonic Distortion“ eines SSL Pultes, hier lässt sich also der „Flavour“ stufenlos und frei nach Gusto in die Session einbinden, genauso lässt sich auch die Eingangslautstärke für alle Plugins simultan pegeln. Bekommt man hier also die SSL Konsole als perfekten Start- oder Endpunkt für einen jeden Mix geboten? Die Vorraussetzungen scheinen jedenfalls gegeben. Dazu gibt es im objektivem Sinne neben den „Master Controls“ noch weiteren Mehrwert: Die Dynamiksektionen der bx_console SSL 4000 Plugins sind tauschbar, möchte man in einem G Channelstrip also die Dynamikbearbeitung einer 4000 E Konsole, lässt sich dies per Knopfdruck einrichten.
Doch hiermit nicht genug: Beim G-Modell lässt sich der altbekannte 4-Band Equalizer mit Kuhschwänzen oben und unten per Knopfdruck in die seltenere „orange knob“ Variante umschalten, mit der man die Möglichkeit geboten bekommt, aus den Kuhschwanzbändern normale Bells zu machen. Sowohl einige der parametrischen EQ-Bänder sowie die Hi- und Locuts sind entweder mit „x3“ oder „/3“ Knöpfen versehen, mit denen sich die einstellbare Grenzfrequenz selbsterklärend entweder durch drei dividieren oder mal drei multiplizieren lässt.
Hatte man so im Vorhinein beispielsweise die Möglichkeit, das hohe Mittenband in der Frequenzbreite von 600 Hz bis 7 kHz zu justieren, so kann man es nach Drücken des „x3“ Knopfes von 1,8 kHz bis 21 kHz verwenden.
Ein weiteres Feature, das in der echten Konsole nicht zu finden ist: Sämtliche Kompressoren lassen sich per „Mix“-Poti auch parallel fahren. Genau wie die echte Konsole erlauben die beiden Channelstrips das externe Sidechain-Keying des Kompressors. Kompressor und EQ lassen sich hintereinander im Signalweg-Routing vertauschen.
Wie klingen die Plugin Alliance SSL 4000 G und E Channelstrips?
Beim ersten Direktvergleich von bx_console SSL 4000 E und G Emulation merkt man zunächst die Authentizität der Emulationscharakteristik auf den ersten Hörvergleich: Die E ist das etwas ruppigere Pult, etwas musikalischer, etwas mehr Grid findet man hier. Der Kompressor der E klingt ebenfalls etwas wilder und vielleicht musikalischer.
Die G ist eher das, was der Semi unter dem „SSL Sound“ ausmacht, hier klingt es ganz klar transistorig/punchy rund und clean, die G ist, wie im echten Leben auch, der bessere Allrounder, während die E natürlich den Go-To Channelstrip bereithält, wenn es zum schmatzige Gitarren oder zerrigere Drums gehen soll.
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Die Equalizer sind großartig einzusetzen und deutlich vielseitiger, als man das auf den ersten Blick annehmen darf. Hier lässt sich einiges um- und einstellen, sodass man trotz der lediglich vier vorhandenen Bänder überall herankommt, um sich einen fast perfekten Mix auf dem „Pult“ zurechtschrauben zu können.
In meinem Anwendungsbeispiel nutze ich die Plugins immer als erste oder letzte Instanz im Kanal-Routing, sodass entweder die Aufnahme ins Pult oder der nachträgliche Stem-Mix emuliert wird. Gerade in erster Instanz leisten die Plugins einen Job, der dem Verhalten einer Konsole mehr als nahe kommt. Es fehlt natürlich das Summing des echten Pultes. Hier ist (aufgrund der zusätzlichen Features, wie z. B. dem höher greifenden Locut als im originalen Pult und den schaltbaren EQs) dennoch alles drin, was man für einen soliden ersten Mix benötigt.
Zudem findet sich noch ein Feature, das meiner Meinung nach extrem anregend und bewusstseinserweiternd wirken kann: Ist man mit seinem Mix fertig, möchte aber noch einmal frischen Input haben, so lässt sich per Knopfdruck für jedes der in die Session geladenen Plugins auf einmal der jeweilig emulierte Kanalzug austauschen.Das heißt: Per Klick auf „random all“ werden jedes Mal alle THD-Kanäle per Zufallsprinzip ausgetauscht und der komplette Mix klingt etwas anders, die links zu rechts Verhältnisse inbegriffen. Plötzlich fängt man, nach einer längeren Session, wieder an zu hören und die Dinge mit frischem Ohr wahrzunehmen. Der generelle Klang des Ganzen ist ohrumschmeichelnd und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Plugins Plugin Alliance typisch keinen nennenswerten CPU-Verbrauch haben, beeindruckend gut und sonisch anreichernd.
Anbei ein Rough-Mix einer ziemlich cleanen elektronischen Produktion, zuerst ohne die SSL Plugins, dann auf alle Channels insertiert, aber ohne Bearbeitung. Und zuletzt mit etwas Bearbeitung und durch den Master-THD und Master-V-Gain recht heiß angefahren. Hier hört man schon einiges an Mojo:
Ein Video, auf das ich im Internet stieß, belegt das auf hinreichende Art und Weise. Hört euch den Direktvergleich der Emulationen von UAD und Waves mit den bx_console SSL 4000 E und G an. Meiner Meinung nach macht die Plugin Alliance hier mit Abstand das Rennen, hier findet man am meisten Bewegung, Punch und Mojo, während die UAD-Version vielleicht etwas mehr Klarheit bereithält. Die Waves Emulation schwimmt bei diesem Vergleich ziemlich hinterher.
Direktvergleich UAD, Waves, Plugin Alliance:
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Einen ordentlichen Rückschlag gibt es lediglich beim Blick auf den Anschaffungspreis:
Die Konsolen gibt es bei Brainworx immer wieder mal im Sale für weniger als 100 Euro. Wer die zum vollen Preis kauft (besonders bei den Phantasiepreisen von bx) der ist selbst Schuld. Ob man die Konsolen braucht sei jedem freigestellt.
Guter Tipp für alle, dank dir!
Ich muss zugeben, meine Ohren nehmen den Unterschied kaum wahr. Aber die Musik ist sehr geil ! Womit wurde der Bassdrum- und der Sequenzersound erzeugt?
@zeitlos Hey zeitlos, dank dir! :) Die Bassdrum habe ich in bitwig gemacht, klassischer Sinus sweep mit Klick und zwei samples gelayered. Die Sequenz ist ein Patch den ich in bitwigs modularer Umgebung gebastelt habe. Das ganze dann noch in protools etwas abgemischt. Gruß, Vince
@zeitlos Ich nehme einen deutlichen Unterschied wahr. Ohne alles ist es tatsächlich etwas leblos. Schon die einfache Insertierung bringt schon richtig was und am Ende puncht und klatscht es doch recht intensiv. Genau den Sound muss man dann auch wollen. Ob das jetzt Original SSL ist? Wer weiß das schon so genau…
Im Unterschied zu anderen Herstellern (ich selbst habe Waves) erkennt man aber wenigstens etwas mehr als nur Subtiles!
Ich bin auch im Besitz von SSL Duende native Bundle. Der Effekt ist zwar da aber nicht so deutlich wie bei Brainworx. Ist auch schon etwas älter, das Schätzchen.
@Marco Korda Ich konnte den SSL-Plugins auch nie was abgewinnen, da gibt es einfach zu viele Alternativen. Ausnahme ist die Hardware. Eine kleine Kombination aus SSL Six und X-Desk hätte ich gerne daheim. Die Klangbeispiele sind wirklich cool und klingen irgendwie nach relaxtem Einspieler auf WDR5 morgens zur Arbeit. ;)
Von den VSTs von SSL direkt hört man immer sehr wenig! Warum eigentlich?
Liegt es am Preis? Hier gibt es aber auch Sales! Ich habe halt mal die gekauft, als sie günstig waren.
Aber alle im Vergleich kaufen sich die wenigsten.
@JohnDrum Das Bundle gab es damals für 899,- Euro, was angesichts der Quantität okay, hinsichtlich der Qualität eher überteuert ist. Wie schon gesagt, passieren m.E. nur sehr subtile Dinge, die mich im Mix selten nach vorne bringen. Einzig bei Drumsachen habe ich da mal etwas mehr Aha-Effekt, bei Vocals bleibt es eher subtil, da die Einstellungen ja meist auch nicht so deftig sind. Vielleicht muss man da mehr reinschrauben als anderswo.
Danke für den Test. Ich habe das Bundle im Einsatz, hatte es aber auch im Zug einer Rabatt – Aktion aufgrund der guten Bewertung gekauft. Momentan kosten sie jeweils 349 USD als Einzel – Plugin, was es mir nicht Wert gewesen wäre.
Tatsächlich klingen die Plugins gut, im Gesamtmix klingt alles transparenter und druckvoller. Bei kleineren Projekten (= weniger channel strips) merkt man es weniger, bei größeren mehr.
Erwähnenswert ist, daß sich die Arbeitsweise mit Konsolen im Vergleich zu „normalen“ Einzelplugins etwas unterscheidet, gerade wenn man z.B. von klassischen grafischen EQ – Plugins kommt. Da muß man sich schon sehr auf die Ohren verlassen und kann durch übermäßiges Schrauben auch viel „verschlimmbessern“. Da hilft nur antesten und probieren, es macht Spaß und man ist auch schnell unterwegs wenn man in jedem Kanalzug dieselben Werkzeuge hat und sich nicht umgewöhnen muß.
Trotzdem ist die SSL – Nachbildung bei mir nicht zur Standardlösung in meinen Projekten geworden. Ich habe da auch keine feste Regel. In manchen Projekten nutze ich es, bei anderen ziehe ich einzelne Plugins (z.B EQ‘s) vor. Bei Gesangsspuren und auch in der Summe nehme ich oft plugins von iZotope, für Drums Slate Digital, aber letztlich ist das auch Geschmacksache, das kann und sollte jeder für sich entscheiden:-)