Flexibel, einzigartig, Best Buy!
Control Forge von Rossum Electro-Music ist das zweite erhältliche Modul vom Erfinder des Z-Plane-Filters. Es handelt sich um ein Eurorack-Modul, das jedoch nichts mit dem digitalen Filter zu tun hat (allerdings wird es das Z-Plane Filtermodul von Rossum EM, mit den digitalen Filtern aus dem Morpheus tatsächlich geben).
Dennoch stand auch für dieses Modul der Morpheus Pate. Wie auch in diesem Green-Box-Artikel nachzulesen, hatte dieser nämlich ein unglaublich ausgeklügeltes System zur Hüllkurvenerzeugung. Leider wurde dieses oft gar nicht richtig genutzt, da die Einstellungen so vielfältig waren, dass es einfach die Darstellungskapazität des Zwei-Zeilen-Displays überstieg.
Sequencer Neu gedacht
Genau diesen Fehler galt es also zunächst zu vermeiden, sollte diese Auskopplung ein Hit werden. Und eben das RGB-Display in OLED Technik mit seiner gestochen scharfen Wiedergabe bestimmt die Optik der Control Forge. Obwohl es sich nur um ein recht kleines Display mit einer Diagonale von 4 cm handelt, wurde die Steuerung und die Menüführung dieses Mal nahezu intuitiv angelegt, so dass durch die Art der Darstellung der Parameter diese Größe vollkommen ausreicht.
Aber der Reihe nach. Control Forge ist für die Modularwelt konzipiert und bietet Ein- und Ausgänge im CV(1V/Oct)/Gate Format an – einen MIDI-Ausgang gibt es nicht. Dabei gibt es streng genommen nur einen CV-Ausgang (+Out), denn der zweite spiegelt die Werte des anderen, lediglich mit umgekehrter Polarität (-Out). Hinzukommen noch zwei Trigger-Ausgänge (TRIGGER 1/2), die separat angesprochen werden können.
Bevor ich aber nun zu den Eingängen übergehe, soll das Konzept der Control Forge dargestellt werden, denn diese machen nur in diesem Zusammenhang einen Sinn. Tatsächlich kann man alles Wissenswerte bereits aus der Anleitung des Morpheus unter der Rubrik Function Generators ab Seite 76 entnehmen. Interessanterweise findet sich sogar manche Abbildung dort in der PDF-Anleitung zum neuen Modul wieder, die nur in englischer Sprache vorliegt. Und dabei ist Function Generator die wesentlich bessere Bezeichnung als Envelope Generator. Das kann die Control Forge auch, ist aber nur eine Teilmenge der möglichen Funktionen.
Achtstufige Hüllkurfe
Organisiert ist Control Forge in Presets. Jedes der 500 möglichen Presets speichert dabei acht Segmente. Diesen kann ein Spannungswert zwischen -5V und +5V zugewiesen werden. Dazu noch die Zeit (in ms), wie lange auf einem Segment verweilt wird und die Form des Übergangs zum nächsten Segment.
Für die Übergange stehen alle möglichen Kurvenformen bereit, insgesamt sind es 67 Stück. Neben den üblichen Verdächtigen wie linearer, exponentieller oder logarithmischer Formen kommen auch welche vor, die in sich schon einen Verlauf haben. Auch an chaotische Schwingungsformen wurde gedacht.
Schon allein damit ist eine unbegrenzte Anzahl an möglichen Spannungsverläufen gewährleistet und bereits hier stellt Control Forge alle anderen Hüllkurvengeneratoren in den Schatten. Die Regler unter dem Display verstellen im Program-Mode die Zeit und den Spannungswert eines Segments, beide Werte können mit dem Data-Regler neben dem Display dann noch feinjustiert werden.
Die Zeitintervalle reichen von dabei von sagenhaften 9999 Sekunden (das sind ca 2,8 Stunden!) bis hinunter zu mikrochronischen 0,1 ms. Für die Spannungswerte gibt es zwei Modi: absolut und relativ und diese beiden in den Geschmacksrichtungen quantisiert und unquantisiert. Ein quantisierter Wert lässt sich in Oktave und Halbtönen einstellen, der unquantisierte direkt mit dem Wert der Ausgangsspannung. Der absolute Modus springt immer auf den eingestellten Spannungswert, der relative Modus addiert oder subtrahiert den eingestellten Wert von der zuletzt erzeugten Spannung.
Übersicht leicht gemacht
Das sind schon viele Informationen, aber über das Display wird alles in Echtzeit dargestellt, wenn man sich im Play-Mode befindet. Zwei Skalen im oberen Bereich stellen die Ausgangsspannung und die Zeitkomponente dar. Im unteren Bereich sieht man die Segment-Transition und die Werte der externen CV-Eingänge sowie Zustand von Quantisierungs- und Triggerstatus. Dazu leuchten dann noch die Segmentauswahlknöpfe in nicht zu hellem Blau auf, wenn sie abgerufen werden. Man tappt also wortwörtlich nie im Dunkeln.
Wirklich Interessant wird es dann, wenn man die Sprungfunktionen der Segmente betrachtet. Jedes Segment besitzt einen Jump-Mode, ein Jump-Target und einen eventuell dazugehörigen Conditional-Value.
In den obigen Abbildungen ist der Jump-Mode „Always at End“ und das Ziel das jeweils nächste Segment. Wird so ein Preset nun von außen getriggert (TRIGGER/GATE IN) bzw. mit dem Manual-Gate-Knopf ausgelöst werden die acht Segmente nacheinander abgerufen. Steht das letzte Segment auf Jump-Mode „Never“, bleibt der Endwert stehen. Ist es jedoch auch „Always at End“, wird wieder auf das erste Segment gesprungen. Mit der Verstellung nur eines Parameters kommt man von einer Hüllkurve zu einem zyklischen Durchlauf.
Fremdgesteuert per CV-Spannung
Hier ist jetzt auch der passende Platz, um über die externen Eingänge zu sprechen. Denn Spannungen, die an CV1/CV2 anliegen, können in diesen Jump-Funktionen abgefragt werden, um dann zum Sprungziel zu springen. Im Play-Mode dienen die Regler unter dem Display der direkten Einstellung der Parameter CV3/CV4, die ebenfalls abgefragt werden können. Setzt man den Jump-Mode von Segment 8 nun auf „if@end CV1 <“, springt Control Forge erst dann zum festgelegtem Segment, wenn eben diese Bedingung erfüllt ist, also der Spannungswert an CV1 unterhalb des zuvor im Conditional-Value festgelegten liegt.
Ebenso kann man eine Hüllkurve mit Sustain-Bereich erstellen. Wenn Segment 3 z.B. den Sustain-Wert darstellt, muss die Sprungkondition „if@end Gate Hi“ heißen und das Sprungziel ist dann dasselbe Segment. Solange also das Gate aktiv ist, wird Control Forge bei Segment 3 verweilen.
Auch als Sequencer
Und so ermöglicht die Sprungkondition „On Gate Rise“ (d.h.: springe erst, wenn am „GATE IN“ eine Signalflanke eingeht) in Kombination mit dem Segment-„Verlauf“ DC auch die Realisierung eines Sequencers. Denn DC bedeutet hier, dass die Spannung ohne Verlauf sofort auf den eingestellten Wert springt. Und da man diese im quantisierten Modus auch direkt über Oktave/Halbton einstellen kann, sind melodische Sequenzen kein Problem. Für Slides und Glides können natürlich auch andere Segmentformen herangezogen werden.
In diesem Szenario ist also ein Gate-Ereignis von außen notwendig, um die Sequenz abzuspielen. Was ist aber, wenn man die Sequenz von einer externen Clock steuern möchte? Hier kommen dann die Trigger-Ausgänge zum Einsatz, denn natürlich kann sich die Control Forge auch selbst triggern. Das Clock-Signal kommt dann in den Input „Logic“, der erkennt, ob am Eingang ein Signal anliegt. Über TRIGGER-ASSIGN können für das aktuelle Preset dann die Trigger-Bedingungen für TRIGGER1/2 eingestellt werden. Dazu gehört u.a. auch „Logic Rise“, und so wird immer, wenn ein Clock-Impuls eingeht, ein Gate ausgelöst, dessen Länge ebenfalls einstellbar ist.
Timing ist alles
Man kann also die Segmente manuell oder von außen triggern und ihre Länge einstellen. Aber kann man auch die Länge aller Segmente manipulieren, ohne das Preset ändern zu müssen? Ja, das geht sogar auf zweierlei Art. Im Play-Mode wird unterhalb des Preset-Namens die Time-Scale dargestellt. Sie ist in Normalfall auf 1.00 x 1.00 eingestellt. Das bedeutet, die Angabe der Segmentlänge im Preset ist auch die tatsächliche Länge des Segments. Den rechten wie den linken Faktor kann man verändern. Den linken Wert im Play-Mode über die Data-Eingabe, der von 0,031 bis 32 eingestellt werden kann. Der rechte Wert aber wird über den Eingang TIME SCALE CV über eine Kontrollspannung eingestellt und reicht von 1,00 bis ca. 47.
Das ist eine Sache der Genauigkeit der eingehenden CV-Spannung (0 V bis 5 V). Im Test konnte meine CV-Quelle nicht bis zu einer Rate von 1,00 heruntergehen, sondern blieb bei 1,47 stehen. Das bedeutet also, dass man ein Preset 32 mal langsamer und auch (32 x 47) 1504 mal schneller laufen lassen kann. Selbst wenn Segmente über eine Sekunde dauern, kommt man damit locker in den Audiobereich.
God Speed
Dazu benötigt man noch nicht einmal diese Rate-Manipulation. Denn die minimale Länge eines Segmentes beträgt schon 0,1 ms. Das entspricht einem Zyklus eines 10 kHz Tons, liegt also auch im Audiobereich.
Und so kann man die Control Forge auch als Oszillator benutzen, bei dem man die Schwingungsform über die Segmente einstellt. Der CV-Out wird dann einfach an einen Audioeingang angeschlossen. Damit bekommt man eine Art Wavetable Oszillator. Dazu müssen nur die Segmente kurz genug eingestellt werden und ein zyklisches Wiederholen der Segmente erfolgen. Steuern kann man die Tonhöhe dann über den TIME SCALE CV Eingang. Im Handbuch wird aber darauf hingewiesen, dass der Eingang nicht hundertprozentig V/Oct kalibriert ist. Für die meisten Fälle dürfte das zwar genügen, es gibt aber noch eine andere Möglichkeit: Der Jump-Mode jedes Segments wird auf „Jump on Gate Rise“ gesetzt und in den Gate-Input wird ein Rechteckoszillator gepatcht. Vorausgesetzt, der steuernde Oszillator ist richtig kalibriert, bekommt man so eine präzise Steuerung der Tonhöhe.
Wenn den Segmenten zwischendurch mehr Zeit gegeben wird, können so herrliche Glitch-Sounds erzeugt werden.
Glückliche Verkettung der Ereignisse
Langsam bekommt man einen Ahnung, warum die Control Forge als „Programmable Universal CV Generator“ betitelt ist. Aber damit noch nicht genug, denn die 500 Presets können ebenfalls verkettet oder durch Sprungkonditionen aufgerufen werden. Entweder, man programmiert den Sprung direkt ins Preset als Jump-Mode ein oder man erstellt eine Program-Sequence. Diese wartet dann darauf, dass ein Signal am Inc-/Dec-/Reset-Preset Eingang auftaucht und ruft dann das entsprechende Preset auf. Natürlich kann Control Forge sich auch wieder selber triggern. So würde man z.B. eine 16-Step-Sequenz über einen Jump Mode realisieren und mehrere davon über den Preset-Sequencer verketten. Insgesamt können 200 Preset-Sequences programmiert werden.
Qualität
Bei der Verarbeitung genügt alles höchsten Standards. Die Knöpfe haben einen knackigen wohldefinierten Druckpunkt und die Buchsen sind fest mit der Frontplatte verschraubt, genau wie die Eingaberegler. Das Display wurde bereits angesprochen und funktioniert in hellen Umgebungen genauso gut wie in dunklen.
Sichern wie damals
Um den Einstieg zu erleichtern, werden gleich noch 13 Template-Presets und 47 Demo-Presets mitgeliefert, die aber nicht fest im Gerät gespeichert sind, sondern überschrieben werden können. Ein Blick in die Anleitung mit Erläuterungen zu den Presets ist sehr erhellend.
Natürlich ist es bei der Funktionsvielfalt geboten, eine Möglichkeit zur Sicherung zu haben. Das geschieht ganz klassisch über Audiodateien. Man schließt ein Kabel an +Out an und überspielt die Daten einfach wie zu Datasette-Zeiten auf die Festplatte (natürlich nur unkomprimiert). OK, USB wäre es natürlich gewesen, aber bei dem Gesamtpaket mag ich da noch nicht mal einen Minuspunkt vergeben.
Erweiterbar
Diese Daten können dann auch genutzt werden, um die (noch nicht erhältlichen) Control Forge Satellites zu füttern. Diese können nicht programmiert werden, bieten aber alle Ein- und Ausgänge der großen Schmiede, so dass sie deren Arbeit verrichten können.
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Dieses Modul reizt mich seit dem Release sowas von …
mal schauen wie lange ich dem GAS noch standhalte!