Leckerer Cocktail aus Ebenholz und Weinlaub!
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Wenn bei mir der Postbote ein Paket von Schecter bringt, wachsen mir normalerweise augenblicklich die Haare und die Fingernägel werden schwarz. Schecter hat nun mal Gitarren im Programm, deren Modelle Namen wie „Omen“, „Hellraiser“, „Damion“ oder „Apokalypse“ tragen und ganz eindeutig der Metal-Fraktion zugedacht sind. Um so erstaunter weiten sich des Testers Augen, als er die Schecter C-1 Exotic aus dem Karton schält und sich ein überaus schönes Möbelstück aus der Verpackung erhebt.
Schecter C-1 Exotic Ebony – Facts & Features
3,64 kg wiegt die Lady, was angesichts des massiven Korpus aus Mahagoni nicht weiter verwundert und diesbezüglich sogar noch als Leichtgewicht erscheint. Die Korpusform der Schecter C-1 Exotic ist der Stratocaster nachempfunden und in einigen wichtigen Punkten deutlich verbessert worden. So sind vor allem das untere Horn und der Cutaway schlanker bzw. tiefer, so dass im Verbund mit dem ergonomischen Hals-Korpus-Übergang eine bequeme Bespielbarkeit bis in den 24. Bund gewährleistet ist. Optisch besticht diese Gitarre durch eine gewölbte Decke aus wunderschön gemastertem Ebenholz, dessen Kanten von einem schwarz/cremefarbenen Binding umrahmt sind. Durch die Behandlung mit einem „Natural Satin Finish“ fühlt sich die Oberfläche wunderbar holzig an und sieht sehr edel aus. Ebenfalls aus Ebenholz ist das Griffbrett mit seinen 24 X-Jumbo-Bünden, die perfekt abgerichtet wurden. Als echter Hingucker entpuppt sich das durchgehende Griffbrett-Inlay aus Perloid und Abalone, das sich in Form einer Weinrebe (Vine of Life) von ersten bis zum 24. Bund schlängelt. Orientierung auf dem Griffbrett versprechen die kleinen Sidedots. Die Basis des Halses besteht aus geröstetem Ahorn, gestützt durch zwei Streifen einer Carbonverstärkung.
Am Übergang zur Kopfplatte befindet sich ein stabilisierender Holzkragen, der die bruchempfindliche Stelle besonders schützt. Die Kopfplatte wird, wie schon der Korpus, von einem Stück Ebenholz und dem umlaufenden Binding veredelt. Die Trussrod ist über eine Kunststoffabdeckung kopfplattenseitig zugänglich. Sechs Schecter Locking-Mechaniken bringen und halten die Gitarre in Stimmung, der schon erwähnte äußerst ergonomisch gestaltete Hals-Korpus-Übergang beinhaltet eine Fünfpunkt-Verschraubung mit bündig eingelassenen Schrauben und Unterlegscheiben. Die Abdeckung des Elektronikfaches auf der Rückseite der Schecter C-1 Exotic ist ebenfalls eingelassen, der Deckel der Federkammer ist jedoch aufgesetzt. Im Inneren der Kammer kümmern sich drei Federn um das Kräftegleichgewicht, welches das Wilkinson WVS50IIK Vibratosystem in konstanter Position hält.
Da die Schecter C-1 Exotic aus Gründen der Optik komplett auf ein Pickguard verzichtet, sind Pickups, Schalter und Potis direkt im Holz montiert. Bei den Pickups handelt es sich um einen Schecter Diamond ’78 Special am Steg sowie einen Diamond ’78 in der Halsposition. Durch die offenen Chromkappen bekommen die Tonabnehmer einen wundervollen Retro-Touch, der mit der gediegenen Optik des Instruments großartig harmoniert. Die Elektronik selbst birgt keine Überraschungen, die beiden Pickups werden ganz klassisch über einen 3-Wege-Schalter verwaltet, während ein Mini-Toggle-Switch die Doppelspuler bei Bedarf splittet und so die Klangoptionen verdoppelt. Ein Volume- und ein Tone-Poti machen, was sie sollen. Die Verarbeitung des kompletten Instruments ist absolut makellos und ich frage mich mittlerweile wirklich nicht mehr, wie man so einen Qualitätsstandard, gerade auch angesichts der aufwändigen Optik eines solchen Griffbrett-Inlays, bei einem Preis von 1.149,- Euro halten kann. Die Produktion der „günstigen“ Modelle erfolgt auch bei Schecter in Indonesien, eine Entwicklung, die uns seit Jahrzehnten verfolgt und wohl auch nicht mehr umkehrbar ist.
Die Schecter C-1 Exotic in der Praxis
Die Schecter C-1 Exotic liegt, dank des schlanken Korpus und des gewählten Shapings, im Sitzen sofort satt am Körper. Eine leichte Kopflastigkeit macht sich bemerkbar, daran dürften wohl auch die Locking-Tuner ihren Anteil haben, die natürlich etwas mehr Gewicht mitbringen als herkömmliche Tuner. Missen möchte ich diese kleinen Helferlein aber auf keiner meiner Gitarren, weil sie die Stimmung einfach besser halten und sich die Zeit, die für den Saitenwechsel veranschlagt werden muss, locker um ein Drittel verkürzt.
Am Gurt ist die Kopflastigkeit kein Thema mehr. Gefreut hätte ich mich wie so oft,über serienmäßig verbaute Security-Locks. Selbst eine Gitarre, die nur ein Drittel der Schecter C-1 kostet, hat es nicht verdient, vom Gurt zu rutschen und am Boden zu zersplittern. Der Hals mit seinem schlanken C-Profil liegt sportlich in der Hand und unterstützt moderne Spieltechniken aufs Feinste, die Saitenlage ist ab Werk perfekt auf die mitgelieferten Ernie Ball Regular Slinky (.010 – .046) eingestellt. Das Wilkinson Vibratosystem ist durch die Verwendung von drei Federn recht schwergängig, meine erste Modifikation wäre der Ausbau der mittleren Feder, ich mag es butterweich. Nachteil der drei Federn, jedenfalls so, wie sie im Testmodell aufgehängt sind, ist die deutlich verminderte Spannung auf der mittleren Feder, die im Gegensatz zu den beiden äußeren gerade eingehängt ist. Bei „normaler“, sanfter Verwendung des Hebels macht das keine Probleme. Wer aber, so wie ich, gern mal das Federschwirren als Effekt einsetzt, hat nach dem dritten Einsatz keinen Spaß mehr, dann hängt die mittlere Feder nämlich lose im Kasten. Die Stimmung ist dann also schlagartig dahin und zwar in jeder Hinsicht. Nun gut, mit drei Federn schwirrt es sowieso nur eingeschränkt, also lass ich das lieber weg. Aber warum die Federn so eingehängt sind, dass zwei schräg und eine gerade verlaufen, erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Entweder ich nutze zwei Federn in V-Form oder drei in paralleler Aufhängung.
Trocken angespielt zeigt sich ein satter Punch bei hartem Anschlag oder beim Slappen im Fingerstyle, während sanftes, ausdrucksstarkes Spiel vom gleichmäßigen Ausklingverhalten der schwingenden Saiten profitiert. Das ist eine gute Basis für eine am Verstärker warm und voll klingende Gitarre, die die Vorzüge des Mahagoni voll und elegant ausspielt. Die Positionierung der Schalter und Regler ist praxisnah, obgleich ich mir den Volume-Regler etwas weiter vorn gewünscht hätte, weil bei Volume-Swells mit dem kleinen Finger dann schon mal der Vibratohebel im Weg ist. Aber das ist dann jetzt wirklich allerhöchste Subjektivität, die Schecter C-1 Exotic ist ja kein Custom-Instrument.
So klingt die Schecter C-1 Exotic Ebony am Verstärker
Um die Sounds der von mir getesteten Gitarren zu demonstrieren, nutze ich seit Kurzem als Referenz die Kemper-Performance von Nico Schliemann, die auf einem Plexi-Profile von Michael Britt basiert. Dieses „Bread & Butter“ Setup eignet sich wunderbar für jede Art von Gitarre, ich reduziere für die Soundfiles lediglich die Intensität von Effekten, die Verwirrung stiften könnten, wie zum Beispiel Chorus oder die teils aufwändigen Delays.
Die Humbucker – wohldosierte Wärme und knackige Bässe
Ihr hört zunächst die Schecter C-1 Exotic im cleanen Setup und mit ungesplitteten Humbuckern in allen drei Pickup-Positionen. Der warme, aber knallige Sound aus dem Trockentest bestätigt sich, der Humbucker am Hals klingt satt und warm, der Steghumbucker komprimiert in wohldosierter Manier und bringt den cleanen Sound schon etwas ins Schwitzen. Beide zusammen liefern drahtige Bässe und seidige Höhen und harmonieren wunderbar.
Hören wir uns an, wie die Gitarre im Grenzbereich zwischen Clean und Crunch klingt. Hier setzt sich die Wiedergabequalität fort, die sich schon beim cleanen Sound abgezeichnet hat. Der vordere Humbucker behält seinen hohlen Charakter, der Steghumbucker allein treibt den Amp schon ganz schön in die Zerre. Die Kombination aus beiden Humbuckern ergibt einen schön differenzierten Rhythmussound.
Schalten wir einen Gang höher und geben uns dem Drive hin. Sowohl Hals- auch auch Steg-Pickup liefern vorbehaltlos gute, differenzierte Sounds ohne Mulm oder Matsch. Die Zwischenposition, die ich sonst im höher verzerrten Kontext überhaupt nicht mag, überrascht mich bei komplett zugedrehtem Tone-Regler mit einem Knopfler-Sound, der sich gewaschen hat. Da kann man sich das feststehende WahWah wirklich sparen!
Zeit für die Highgain-Keule. Leadsound mit alles und dopperlscharf, hier nur Hals- und Steghumbucker. Klasse, das schiebt, schreit und drückt.
Die gesplitteten Humbucker – ein Kompromiss?
Die gesplitteten Humbucker sind dran. Gesplittete Humbucker klingen nie wie ihre einspuligen Kollegen, meist wirkt der Sound weniger offen, irgendwie merkwürdig belegt. Ein Phänomen, das sich auch hier minimal bemerkbar macht. Trotzdem überzeugen alle drei Schalterstellungen mit einem glasig-warmen, mehr als brauchbaren Sound, der sich prima für funkige Rhythmusarbeit anbietet. Kompliment.
Gerade die Singlecoils lieben angezerrte Sounds. Ich schalte mich durch alle drei Schalterstellungen und würze den Sound mit etwas Delay. Der Sound lebt, schreit, aber kratzt nie unangenehm. Großartig!
Vorletzte Runde, die gesplitteten Humbucker, viel Gain, Rhythmus und Lead. Wunderbar, wie sie singt, die Schecter C-1 Exotic. Anschläge werden schön schmatzend übertragen, auch im Singlecoil-Betrieb überzeugen die Pickups in jeder Hinsicht.
Ich bin eigentlich Synth-Mensch durch und durch, aber bei manchen Gitarrentests bekomme ich sofort Lust, mir nicht nur aus optischen Gründen wieder eine Gitarre zu kaufen, sondern diese auch für den tollen Klang und die schöne Verarbeitung regelmäßig zu spielen. Sehr schön.