Analog ohne Wenn und Aber
Wir schreiben das Jahr 2022 und die Welt hat ein Problem. Ok, nicht nur ein Problem, sondern viele, aber das für uns Musiker größte Problem abseits von wegbrechenden Kartenverkäufen ist die mangelnde Verfügbarkeit von Hardware. Wer aktuell auf der Suche nach digitaler Hardware ist, dürfte seinen Augen kaum trauen. Es sind nur wenige Geräte überhaupt verfügbar und bei vielen begehrten Geräten steht „Lieferbar in mehreren Monaten“. Das gilt für alle angesagten Geräte, egal ob Keyboard, Mischpult oder Signalprozessoren. Die Chip-Krise und diverse andere Krisen haben die Welt fest im Griff. Wesentlich unberührter davon zeigen sich die analogen Vertreter. Das sollte Grund genug sein, diesen Geräten regelmäßig wieder unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Zum Test steht das analoge Soundcraft EFX8 Mischpult bereit. Und ich nehme es vorweg: Es überrascht.
Inhaltsverzeichnis
Soundcraft
Seit 1973 baut Soundcraft Mischpulte für alle Anwendungsbereiche. Schon immer hatten die Soundcraft Mischpulte einen sehr guten Ruf. Insbesondere die EQs haben das von anderen Herstellern auch heute noch gerne zitierte Schlagwort „British EQ“ geprägt: sehr musikalisch einsetzbare Equalizer sind seit jeher das Markenzeichen der Firma aus Großbritannien. Gegründet wurde Soundcraft 1973 von Graham Blyth und dem Toningenieur Phil Dudderidge. Mit der Series 1, einem Mischpult, das direkt in ein Flightcase integriert war, wurde Soundcraft weltweit bekannt. Schon damals integrierten Soundcraft in die Serie 1 einen Multipin-Anschluss für ein Multicore sowie einen 4-Band-EQ. Die hohe Qualität der Mischpulte und die für die damalige Zeit herausragenden Features führten zu einer schnellen Verbreitung. So konnte Soundcraft schon 1976 die Series 2-Reihe vorstellen. Mehr Kanäle, halbmodularer Aufbau, mehr Busse und ein Modell mit durchstimmbaren EQ-Bändern machten die Series 2 zu einem begehrten Werkzeug bei den Toningenieuren und Touring Companies. Es folgen weitere herausragende analoge Pulte für den Tour-Alltag und kleinere Mischpulte für Bands. Lange Zeit bleibt man der analogen Bauweise treu. Erst 1998 veröffentlichen Soundcraft das erste Digitalpult: das Digital 328. Es folgen weitere digitale Pulte und schließlich die Ui-Serie, die ganz ohne ein Interface auskommt und stattdessen über eine Browser-gestützte Web-Applikation bedient wird. Leider wurde der Konzern 1988 in die Harman International Industries als Tochtergesellschaft integriert, die wiederum 2017 an Samsung verkauft wurde.
Soundcraft EFX 8 Analogpult
Das Soundcraft EFX 8 Analogpult steht ganz in der Tradition der großen analogen Soundcraft-Konsolen der Vergangenheit: Übersichtlicher Aufbau, schön griffige Regler, Inserts in allen Monokanälen und für die Main-Outs. Insgesamt 12 Eingänge stehen dem Anwender zur Verfügung, darunter acht Monokanäle für Mikrofone und Line-Signale sowie zwei Stereokanäle für Line-Signale. Ein Aux-Bus sowie ein FX-Bus stehen ebenso bereit.
Aufbau der Kanalzüge des Soundcraft EFX 8
Anders als andere Hersteller verzichtet man bei Soundcraft auf die sonst üblichen Combobuchsen und verbaut stattdessen in den Monokanälen getrennte XLR- und Klinken-Buchsen. Das ist insbesondere praktisch für den Einsatz im Studio. Die Line-Eingänge sind symmetrisch ausgeführt. Die Inserts greifen das Signal vor dem EQ ab und können mit passenden Kabeln (Brücke im Stereoklinkenstecker am Pult, Monostecker auf der anderen Seite) auch als Direct Out verwendet werden.
Die Gain-Stufe bietet eine Verstärkung bis 60 dB für Mikrofonsignale und kommt auch mit etwas schwachbrüstigeren Mikrofonen gut klar. Danach durchläuft das Signal den 3-Band-EQ mit durchstimmbaren Mitten. Das Höhenband liegt bei 12 kHz, während die Bässe bei 80 Hz geregelt werden. Die Mittenfrequenz kann zwischen 150 Hz und 3 ,5 kHz eingestellt werden. High- und Low-EQ sind Shelving-EQs, heben also ober beziehungsweise unterhalb der Eckfrequenz breitbandig an oder senken breitbandig ab. Beim Mittenband handelt es sich um eine Bell-Charakteristik. Hier wird also um die eingestellte Center-Frequenz herum angehoben oder abgesenkt. Die EQs der beiden Stereokanäle unterscheiden sich nur im nicht-durchstimmbaren Mittenband. Dieses liegt hier fest bei 720 Hz. Alle EQ-Bänder besitzen einen Gain von ±15 dB.
Nach dem EQ folgen der Aux1-Send sowie der FX-Send. Der Aux1-Send kann entweder vor oder nach dem Fader abgegriffen werden, einstellbar im Master-Modul. Der FX-Send schickt das Signal nach dem Kanal-Fader auf den integrierten Lexicon Digitaleffekt-Prozessor. Dazu später mehr.
Mit dem Pan-Regler verteilt man das Signal im Stereo-Panorama, PFL erlaubt das Vorhören auf dem Kopfhörer. Zugleich wird die LED-Kette dem betreffenden Kanal zugewiesen, sodass anliegende Signale schnell und einfach kontrolliert und eingepegelt werden können. Mute schaltet den Kanalzug im Mix und auf allen weiteren Ausgängen stumm.
Die Peak-LED zeigt Übersteuerungen im Kanalzug an, mit dem Kanal-Fader regeln wir den Anteil des Signals auf dem Main-Bus. Die Stereo-Kanäle sind bis auf den EQ (siehe oben) gleich ausgestattet.
Master-Sektion des Soundcraft EFX 8
In der Master-Sektion finden wir zunächst einmal die Anschlüsse für den Main Out (XLR), den regelbaren Monitor Out (Klinke, symmetrisch), einen zusätzlichen Mono-Out (Klinke, symmetrisch) sowie den regelbaren Kopfhörerausgang (TRS-Klinke). Wie erwähnt stehen auch für den Main-Out zwei Insert-Buchsen zur Verfügung (TRS-Klinke). Des Weiteren sind die beiden Aux- und FX-Send-Ausgänge hier zu finden. Beide Anschlüsse sind symmetrisch ausgeführt. Möchte man ein Effektsignal ins Pult zurückführen, gelingt dies über den Stereo-Return (Klinke, symmetrisch). Zum Abschluss seinen noch der Recording-Ausgang (RCA L/R) sowie der 2-Track-Eingang (RCA L/R) erwähnt. Ein Fußschalteranschluss, um die internen Effekte stummzuschalten, ist hier ebenso zu finden wie der zentrale Schalter für die Phantomspeisung (+48 V für alle Monokanäle).
Das 2-Track-Signal senden wir entweder auf den Mix, auf den Monitor oder auf beides gemeinsam. Das ist praktisch, möchte man das Soundcraft EFX 8 im Studio einsetzen. Erwähnenswert sind noch die zwei langen neunstufigen LED-Ketten sowie die zwei Master Fader.
Effekt-Sektion
Wie eingangs geschrieben, besitzt das Soundcraft EFX 8 einen integrierten 24 Bit Digital-Effects-Processor von Lexicon. Zwei Bänke mit je 16 Effekten aus den Kategorien Hall, Plate, Room, Studio, Chamber, Ambience, Arena, Gated Reverb, Reverse Reverb, Karaoke, Spring Reverb, Delay, Chorus, Flanger, Phaser, Tremolo, Vibrato sowie Kombinationseffekte stehen zur Auswahl. Die Bänke und die darin enthaltenen Programme werden über den Program-Select-Schalter ausgewählt. Etwas ungewöhnlich ist der Wechsel zwischen Bank A und Bank B. Es handelt sich um einen Endlosregler. Sobald dieser einmal um 360° gedreht wurde, wechselt das Soundcraft EFX 8 auf die jeweils andere Bank. Persönlich hätte ich lieber einen Schalter gesehen, aber schon nach kurzer Zeit hat man sich daran gewöhnt und man nimmt die Einstellung ja auch in der Regel nur einmal vor (zumindest für die Bühne).
Per FX to Aux1-Regler mischen wir das Effektsignal dem Aux-Weg hinzu, wenn wir zum Beispiel auf den dort angeschlossenen Monitorboxen etwas Effekt hören möchten. Für das Zumischen des Effekt-Returns zum Main-Mix ist ein Fader vorgesehen. Der Ausgang des Effektprozessors kann ebenfalls per PFL abgehört oder per Mute stummgeschaltet werden.
Eine Besonderheit, die das Soundcraft EFX 8 Analogpult von vielen anderen analogen Mischpulten mit FX-Sektion abhebt, sind die drei Regler zum Verändern der Effektparameter Pre-Delay (Bank A)/Time oder Speed (Bank B), Decay (Bank A)/Feedback oder Depth (Bank B) sowie Variation. Variation regel bei den Reverbs zum Beispiel die Diffusion. Die Parameterauswahl ist gut gewählt. Für die Delays steht außerdem eine Tap-Tempo-Taste zur Verfügung, um die Verzögerungszeit einzugeben. Doch damit nicht genug:
Beim Anwählen eines Effekts mit dem Program-Select-Regler leuchtet neben den drei Reglern je eine rote LED auf. Dreht man nun an einem Regler, erlischt diese LED und leuchtet erneut auf, hat man einen gewissen Punkt wieder erreicht. So findet der Anwender den gespeicherten Wert schnell wieder und kann von dort ausgehend Änderungen vornehmen. Natürlich lassen sich die eigenen Einstellungen mit dem jeweiligen Programm speichern. Dazu dienst ein Store-Taster, der für drei Sekunden gedrückt gehalten werden muss, um das Programm abzuspeichern.
Das Mischpult in der Praxis
Ich habe das Mischpult mit einem Mikrofon und einigen Drum-Loops aus dem Computer gefüttert. Zunächst einmal fällt die ernorme Rauscharmut des Mischpults auf. Sehr schön. Der EQ ist der eigentliche Hit des Mischpults. Er arbeitet schön musikalisch und schlecht klingende Einstellungen gibt es eigentlich nicht. Ihr könnt das anhand des Klangbeispiels nachvollziehen, bei dem ich zunächst den Loop etwas ohne EQ laufen lasse, dann den Bass-Regler aufdrehe, im Anschluss den Höhen-Regler und zum Schluss einen langsamen Sweep durch das Mittenband mache. Stellt man die Gain-Regler des EQs anschließend wieder auf die neutrale Mittelposition, klingt es schon fast langweilig. Der EQ ist also kein chirurgisches Werkzeug zum Herausschneiden, sondern eher ein Klangmacher zum Reindrehen. So kennt man das und das erwartet man auch von einem „British EQ“.
Das zweite Highlight ist für mich der Effektprozessor. Wo Lexicon draufsteht, darf zu Recht eine gewisse Qualität erwartet werden. Oft ist man aber auf Gedeih und Verderb den Vorlieben der Entwickler ausgesetzt, wenn es um die Effektprogramme geht. Da wir beim Soundcraft EFX 8 Analogmischpult die wichtigsten Parameter selbst einstellen und sogar abspeichern können, sind die integrierten Effekte tatsächlich gut nutzbar. Auch einige der Hall-, Plate- und Raumeffekte hört ihr ab circa der Hälfte der Aufnahme. Erneut habe ich währenddessen mit den Reglern gespielt.
Für Bühne und Studio
Das kleine Soundcraft EFX 8 Mischpult eignet sich hervorragend als Mischpult für kleinere Bandbesetzungen (zum Beispiel Jazz-Bands oder Tanzbands), den Proberaum. Auch als Submixer für Keyboards finde ich es gelungen. Es lässt sich bei Bedarf durch optionale Rack-Winkel in ein Rack einbauen. Im Studio überzeugt es ebenso, denn durch die rauscharmen Vorverstärker und die tollen EQs kann man es prima auch für das Summieren nutzen und dabei sogar noch analoges Outboard-Equipment einbinden, da alle Kanäle über Inserts verfügen. Das Soundcraft EFX 8 Mischpult hat zwar keinen USB-Anschluss wie viele andere analoge Pulte, dennoch kann man es auch für Live-Recordings einsetzen, indem man dafür die Inserts nutzt und über diese durch ein passendes Kabel die einzelnen Signale auf ein Audiointerface oder einen Mehrspur-Recorder führt. Wie das funktioniert, ist in der erstklassigen gedruckten Bedienungsanleitung beschrieben.
Ich hatte, bevor ich ganz auf digital und einen Rechner umstellte, ein Vorgängermodell, dass allerdings einen Digitaleausgang besaß. Die ‚British EQs‘ gefielen auch mir. Das Pult kaufte ich jedoch gebraucht, und es gab mit Zeit Aussetzer. Heute benötige ich kein analoges Pult mehr.
@MidiDino Genau! Ich sage nur Stromrechnung. 😂
So sah mein ‚Schatz‘ damals aus: https://concertidee-musikladen.de/produkt/soundcraft-m8-mixer-mischpult/ Ein Soundcraft M8. Da konnte meinen EMU IV perfekt ein- und ausspielen ;-)
@MidiDino Ein super Teilchen – ich hatte einen der letzten M4 aus dieser Serie erstanden, der aufgrund nur äußerst geringen Gebrauchs immer noch perfekt wie neu aussieht.
Ich liebe diese physisch schon recht große, sehr übersichtliche und technisch gut ausgestattete M-Serie ! Meisterstücke des Mixerbaus …
So sah mein ‚Schatz‘ damals aus: https://concertidee-musikladen.de/produkt/soundcraft-m8-mixer-mischpult/ Ein Soundcraft M8. Da konnte meinen EMU IV perfekt ein- und ausspielen :-)
Wenn ich die Inserts als Recording Outs für mein Audiointerface nutzen möchte: gibt es den Kabeltyp direkt zu kaufen, oder muss ich selber löten? Meine, dass da irgendwas spezielles nötig ist und „normale“ Insertkabel nicht gehen.
@Sven Blau ich mache das mit einem TS Kabel und dem „one click trick“ dh. nur bis zum ersten „click“ in die Insert Buchse, – geht prima.
@schottky ?? Ich check’s gerade nicht. Warum soll man bei einem mono Eingang in dem Mixer rein gehen um gleich wieder beim insert raus und dann in das recording interface rein?
Da kann ich ja gleich ins Interface ohne den Mixer zweck-zu-entfremden.
@Braincorporation Dafür gibt es viele Gründe: das Live Recording zum Beispiel. Auch das Monitoring und das Recording können so getrennt gehalten werden.
@Sven Blau Die musst du selbst löten. Alternativ kann man auch einen Monoklinkenstecker einfach halb einstecken. Das ist natürlich nicht ganz so sicher, funktioniert aber auch. Zumindest dann, wenn die Insert-Buchsen entsprechend beschaltet sind.
@Markus Galla Das ist das von dir neulich schon in einem anderen (Mischpult-)Zusammenhang erwähnte, per Lötung zu erzielende Verbinden der beiden tonführenden Pole innerhalb eines TRS-Klinkensteckers (gemeinhin einfach ‚Stereo-Klinke‘ genannt) – eigentlich eine leicht zu lötende Lösung … SOFERN eben der Klinkenstecker aufschraubbar ist (und nicht ‚vergossen‘ – also nicht ohne Beschädigung zu öffnen).
Es sind ja eher wir etwas Älteren, die diese Technik zur flexiblen Nutzung der Insertpunkte an Analog-Mischpulten kennen und damit arbeiten . . . weswegen mir bei analogen Mischpulten die Verfügbarkeit von Insert-Anschlüssen stets wichtig war/ist.
Diese gelötete ‚Lösung‘ erscheint mir deutlich besser weil ‚kontaktsicherer‘ als eben ein Klinkenstecker, der nur ‚halb‘ eingesteckt wird – zumal eben nicht jede Klinkenbuchse mit ‚Schaltkontakt‘ (Unterbrechung der ‚Through‘-Verbindung innerhalb der Buchse beim Einstecken eines Klinkensteckers) gleich ’schnell‘ (analog der Tiefe des eingesteckten Klinkensteckers) reagiert.
Mir wäre deswegen eine solche Lösung gerade beim Recording viel zu fragil, weil beim Arbeiten am Pult oder an den Kabeln (oder auch nur beim Stoßen am Arbeitstisch) schnell der fragile Kontakt verloren gehen kann.
@Sven Blau Es gibt tatsächlich ein passendes Kabel zu kaufen:
https://www.thomann.de/de/pro_snake_jam_cable_3m.htm
Top!
Der Mixer ist doch schon ewig auf dem Markt. Warum bekommt der jetzt (erst) einen Test? Hatte anfangs gehofft Soundcraft hätte noch mal was überarbeitet, aber das ist ja 1 zu 1, was schon seit Jahren im Umlauf ist. Die EFX-Serie ist doch mindestens vor 5-6 Jahren released worden. Ich würde auch meinen das der Mixer vor 1-2 Jahren auch noch locker 100€ günstiger war, bevor er jetzt bei Thomann und co re-released wurde.
Über die allgemeine Verarbeitung der kleinen Soundcraftmixer mag man noch diskutieren können, aber eins steht fest: Soundcraft verbaut die schlimmsten Fader des Planeten. Mir völlig unverständlich und im direkten Vergleich mit Mackie, Allen&Heath oder Tascam kommt man aus dem Staunen nicht mehr raus.
Dabei liebe ich meinen M8 sehr.
Wenn ich mir dann die Fotos des EFX8 anschaue ahne ich böses……. War der Tester gnädig oder hat sich da was getan?
Die Fader waren nicht besser und nicht schlechter als bei anderen Pulten der Preisklasse: also unauffällig. Da gab es nichts zu kritisieren.
Ich hatte bisher von Soundcraft auch nicht die beste Meinung in Sachen Qualität der Fader, im vergleich zu A&H oder Mackie. Andererseites, das Preisniveau bestimmt eben oftmals die Qualität.