Mach mal Platz da, ich brauch Raum!
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Die Tegeler Audio RaumMaschine ist die Software-Version der Tegeler Audio Raumzeitmaschine Hardware. Da ja auch in der Hardware ein DSP werkelt, ist es schon interessant, das Plug-in zu testen. Da im Tegeler Audio RaumMaschine keine Röhrensättigungs- oder Übertragersimulation als Algorithmus arbeitet, bekommt der Nutzer den reinen DSP-Algorithmus.
Installation des Plug-ins Tegeler Audio RaumMaschine
Tegeler Audio RaumMaschine ist für 99,90 Euro im Webshop von Tegeler Audio erhältlich. Die Installation ist einfach und beim Start wird nach einem Lizenzcode gefragt. Danach stehen alle Plug-in-Varianten (VST, VST3, AU, AAX) für die gängigen Systeme (ab Windows 7 und OSX 10.7) zur Verfügung. Bei jedem Neustart der DAW wird zwar im Hintergrund erneut auf dem Lizenz-Server nachgefragt, ob die Lizenz gültig ist – eimal aktiviert, funktioniert das Plug-in aber auch ganz ohne Internetverbindung.
GUI und Presetverwaltung der Tegeler Audio RaumMaschine
Nun öffnet sich das Plug-in zunächst in einer sehr kleinen Darstellung. Zum Glück gibt es insgesamt fünf Größeneinstellungen: XS, S, M, L und XL. XL hat dabei eine Breite von 1.600 Pixeln währen XS mit der Hälfte auskommt. Ich persönlich bin mit M (1.200 Pixel) recht glücklich.
Das GUI ist eine interessante Mischung aus flach-moderner und fotorealistischer Darstellung. Eigentlich ganz angenehm, wären da nicht ein paar Probleme mit dem Schattenwurf auf die Zahlenskalen der einzelnen Parameter. Natürlich kann man den Wert erkennen, mich irritiert es dennoch. Neben jedem Parameter ist zudem ein kleines Wertefenster zu sehen, dessen Schriftgröße aber auch gerne hätte ein paar Pica größer sein dürfen. Im XS-Modus ist das so im Prinzip unlesbar – dieser ist aber primär für niedrige Monitor-Auflösungen und als Platzsparer gedacht.
Die Optionen zur Größeneinstellungen werden über ein Rechts-Klick erreicht oder über das Zahnradsymbol. Dieses öffnet auch die Preset-Verwaltung. Wie im Bild zu erkennen, ist diese recht rudimentär gehalten und ich finde es wäre doch noch genug Platz gewesen, ein Such- und Schlagwort-System zu integrieren. So muss man erst auf den Default „Preset Name“ klicken, um die aktuellen Einstellungen dann mit „Save“ zu sichern. Das wirkt auf mich alles etwas ungelenk. Allerdings können die Ordner eben nebeneinander kaskadiert werden, so dass man bis zu drei Ebenen für die Preset-Verwaltung zur Verfügung hat.
Gerade bei so feinfühligen Effekten wie Reverb halte ich eine gute Preset-Verwaltung für unabdingbar. Nach Kontakt mit dem Entwickler kann aber davon ausgegangen werden, dass in einer späteren Version eine ausgefeilte Preset-Verwaltung integriert wird – inklusive Such- und Schlagwortfunktion. Vielleicht gibt es sogar ein Rating-System, so dass man seine Favoriten besser managen kann.
Was mir zusätzlich bei der Tegeler Audio RaumMaschine aufgefallen ist: Wenn ein Preset gespeichert und das entsprechende DAW-Projekt wieder geladen wird, so steht an der Stelle wieder „Preset Name“ – d. h. man weiß dann nicht mehr, welches Preset man eigentlich verwendet hat. Und um das Thema zum Abschluss zu bringen: Wenn die Preset-Verwaltung nicht sichtbar ist, ist nirgendwo auf dem GUI der Name des Presets zu sehen – das wäre auch hilfreich. Platz genug ist ja da, wo die Grafik zu sehen ist, die außer ein bisschen Animation bei anliegendem Signal eigentlich nichts macht.
Aufbau der Tegeler Audio RaumMaschine
Ich weiß, das war ein recht langer Abschnitt für das GUI, aber es ist nunmal das „Fenster zum Klang“ – wenn ich diese blumige Metapher nutzen darf. Denn grundsätzlich lässt sich die Tegeler Audio RaumMaschine spielend einfach bedienen. Sieben Regler und ein Bypass-Schalter und das war’s. Wie beim Hardware-Pendant gibt es die Einstellungen für:
- Input,
- Pre-Delay,
- Size,
- Mix,
- Output,
- Density und
- Decay.
Diese Parameter greifen alle ineinander und man benötigt ein bisschen, um die Zusammenhänge zu erhören. Allerdings kann man diese Zusammenhänge auch sehen. Stelle ich „Size“ und „Density“ ein, verstellt sich der Wert des Decay-Parameter. Nur der Wert – nicht die Position des Reglers. Es wird also der Decay-Regelweg dynamisch angepasst, so dass bei einer größeren „Size“ auch automatisch mehr Decay-Reserven vorhanden sind.
Für diesen Test habe ich einige Beispiele aufgenommen und versuche, meine Eindrücke in verschiedenen Nutzungsszenarien zu schildern.
Drums
Als erstes nehme ich mal einen Naturset-Beat, den ich in einen kleinen Raum stellen möchte. Auch ohne Studium der Bedienungsanleitung gelingt das im Handumdrehen, da die Beschriftungen der Parameter so einfach wie verständlich und sehr überschaubar sind.
Mir fallen sofort zwei Dinge auf. Erstens klingt der Raum „echt“ und zweitens dennoch ein bisschen metallisch. Gerade bei mittleren Decay-Zeiten kommt das zum Vorschein. Ich denke, hier spielen bei der Hardware die Röhrenverstärkung und die Übertrager am Ausgang eine wichtige Rolle. Wie gesagt, fehlt eine Simulation dieser Stufen bei der Tegeler Audio RaumMaschine, es handelt sich um einen reinen Hallalgorithmus.
Besonders stark höre ich das bei mittellangen Decay-, Size- und Density-Einstellungen for allem bei bestimmten Frequenzen. Wie im Beispiel Drums Medium Club.
Piano
Weiter geht es mit dem Piano-Beispiel. Generell auch hier wieder ein lebhaftes Klangbild, aber auch hier werden einige Frequenzen überbetont. Das resultiert mitunter in einem sehr mulmigen Klang.
Noch deutlicher wird das bei größeren Räumen. Wie im folgenden Beispiel.
Synthesizer
Für das Synthesizer-Beispiel habe ich einen Patch aus dem Arturia SQ-80 genommen. Gleiche Geschichte: An sich klingt der Raum gut, weil er lebhaft wirkt, allerdings hat man keine Kontrolle über die Frequenzgestaltung innerhalb des Plug-ins.
Natürlich hätte ich vor oder nach der Tegeler Audio RaumMaschine eine Low-Pass/High-Pass-Kombination einfügen können – ich teste aber das Plug-in und keine Effektkette, sonst hätte ich auch noch ein Sättigungs-Plug-in an das Ende der Signalkette packen können.
So richtig übertrieben habe ich es mit dem nächsten Beispiel. Hier ist ein fieser Bass zu hören, der in einer Wolke aus Reverb schwimmt. Und insgesamt mag ich diesen Wolken-Klang vom Tegeler Audio RaumMaschine sehr.
Bei Sekunde 0:33 kann man sehr gut hören, was ich mit metallisch meine. Die meisten Frequenzen und Reflektionen kommen richtig gut, aber manche Klänge bringen einfach diese unschöne Komponente ins Spiel.
Vocals
Und unglücklicherweise trifft die Sängerin in unserem letztem Beispiel anscheinend ganz genau diese besagten Frequenzen.
Hier kann man in beinahe jeder Hallfahne deutlich diesen metallischen Anteil hören, von dem ich spreche. Ab einer Decay-Einstellung von etwa 2,5 tritt das sehr deutlich zu Tage. Ein Versuch, das mit einer höheren Density-Einstellung in den Griff zu bekommen, scheitert – das macht es eigentlich noch auffälliger. Einen Einsatz des Plug-ins mit längeren Decay-Zeiten und bei Sängerinnen in dieser Tonlage würde ich tatsächlich nicht empfehlen.
Interessant ist, dass dieses Phänomen nicht überall so deutlich auftritt, da es doch sehr abhängig vom Signal ist. Natürlich ist es auch abhängig von den Einstellungen der Decay-, Size- und Density-Parameter, denn je kleiner diese Einstellungen, desto weniger tritt dieser Effekt auf. Dabei erinnert mich das Ganze an einen Federhall, der ja mitunter auch blechern klingen kann.
Ich denke wirklich, eine Möglichkeit ein einstellbares Low-Pass/High-Pass-Filter anzusetzen, das eventuell sogar im Feedback-Weg liegt und eine Modellierung der Röhrenstufe samt Übertrager würden die Tegeler Audio RaumMaschine weiter nach vorne bringen und universeller einsetzbar machen.
„Bei jedem Neustart der DAW wird zwar im Hintergrund erneut auf dem Lizenz-Server nachgefragt, ob die Lizenz gültig ist – eimal aktiviert, funktioniert das Plug-in aber auch ganz ohne Internetverbindung.“ – d.h. ich muss beim programm starten online sein, immer? euer ernst, tegeler?
@martin stimming Eine DAW mit Internetzugang…das ist ja schon von vornherein ein No-Go.
Zum Glück haben andere Mütter auch schöne Töchter…
@mort76 naja, einmal muss man halt autorisieren, das passt schon. danach aber halt nicht mehr! ich glaube das ist unglücklich formuliert und es muss nur einmal gemacht werden. oder? klärt uns jemand auf? danke :)
@mort76 Eine DAW mit Internetzugang sollte eigentlich im Jahr 2023 das normalste der Welt sein. Versteh ich nicht das man da so ne Panik haben kann.
@Neogeo nein, ist es nicht.
@Schneum Jedem seine eigene Meinung. Ich kanns nicht nachvollziehen. Für mich ist alles dadurch viel unkomplizierter geworden.
@Neogeo naja, also, ich befürchte es gibt Leute die mir ihrem Rechner auf eine Bühne müssen oder wollen. und dann, sagen wir, in einem kleinen festival im nirgendwo auf ne internetverbindung (via hotspot?) angewiesen sein zu müssen ist durchaus im Rahmen dessen, was man inakzeptabel nennen kann.
aber wie gesagt, ich glaub das eigentlich nicht. (in kinski stimme: so doof kann keiner sein)
@martin stimming Im Test steht, dass das nur ein einziges Mal gemacht werden muss.
Die Frage stellt sich aber schon, ob das vom Hersteller zugesichert wurde. Es würde mich nicht wundern, wenn das Plugin nach einer gewissen Anzahl von Starts ohne Internet-Verbindung dann doch nicht mehr funktioniert und eine Erneuerung der Lizenz einfordert.
Da der Quellcode nicht offenliegt, kann diese Frage nur vom Hersteller beantwortet werden.
Ein Hörvergleich mit einem anderen Hall-Plugin derselben Preisklasse wäre sinnvoll gewesen. Z.B. mit dem kürzlich erschienen Quantum 2772 von Savant Audio, das nach meinem Geschmack und virtuellen Maschinen-Sammlung nur von dem 20x teureren SPAT Revolution geschlagen wird.
Definitiv ärgerlich ist das Demo-Runterlade-Vorgehen, das ich so noch niemals erlebt habe. Volle Adresse mit Telefonnummer bzw. volle Paypal-Daten über eine notwendige 1-Cent-Überweisung. Das ist für mein Empfinden nicht akzeptabel und für einen Neuling im Plugin-Markt reichlich hochnäsig. Ergebnis: Das Plugin wird mit seiner chicken Oberfläche aber schlechten Kinderstube nicht unser Gast sein dürfen.
Allerdings volle Punktzahl bei der Abschreckung früher Anwender mit Kaufbereitschaft.
Ich hatte es mir geholt um am damaligen Gewinnspiel von Tegeler mit teilnehmen zu können. Ein Creme ist immer noch mein Traum (am besten die RC Version)
Nun letztendlich hatte ich nicht viel erwartet vom gefühlt hundertsten reverb plug-in Aber wurde dennoch positiv überrascht. Auch nachdem der Anfangshype vorbei ist finde ich es immer noch nützlich. Dem Artikel und dessen Kritik muss ich auch zustimmen. Das Plug it’s ausbaufähig und ich bin mir sicher Tegeler ist da hinterher.
Ps.: hab nicht am Tegeler Gewinnspiel gewonnen :(
Ist bei mir gleich wieder raus geflogen, nach erfolgreicher Installation und beim öffnen in Logic stürzt die DAW immer ab.
:-) Nach der „Katze im Sack“ Marketing Havarie waren ja nun die Erwartungen an eine Edelschmiede und ihr erstes Plugin sehr hoch. Das Plugin hat sicherlich Charakter, aber ehrlich gesagt, einen
solch speziellen Flatterhall brauche ich jetzt nicht extra einkaufen…..
Sehr gut umgesetzter und geschriebener Test!
„…eimal aktiviert, funktioniert das Plug-in aber auch ganz ohne Internetverbindung.“
Hallo an alle. ich muss das jetzt mal klarstellen, da ich es trotz großer Bemühungen nicht eindeutig genug formuliert habe:
Es wird ab Version V1.1.1 nur EINMAL eine Internetverbindung gebraucht und zwar beim ersten Start in der DAW. Dann wird die Aktivierung auf der Festplatte hinterlegt.
Und Bug-Reports könnt ihr immer an Tegeler schicken, die sind froh darüber. Aber bleibt bitte freundlich und präzise.
Und auch tausend Dank für das Lob! 😍
@t.goldschmitz das hab ich mir gedacht, danke für die klarstellung!
👍
Danke für den Test und die aussagekräftigen Klangbeispiele.
Wow! Selten so ein grottenschlechtes Hallplugin gehört.
Ich bin beeindruckt. Resonanzen, Flatterechos, frequenzmässig komplett unausgewogene Hallfahne, null Verbindung mit dem Nutzsignal, keine Tiefe.
Das muss heutzutage man erstmal schaffen. Krass.
Auch wenn man das berühmte Vorbild irgendwie noch erahnen kann.
Schlechte Quantec Kopie wäre hier schon zu positiv.
Wer sich das Mischen unnötig schwer machen will, sollte sich die RaumMaschine unbedingt installieren.
@ach herrjemine Ist mir auch aufgefallen, als wären schlecht ausgebügelte Echo-Relikte drin. Mal länger (Piano), mal kürzer (Vocals).
Überzeugt mich nicht.
Wenn man heutzutage ein Hall-Plugin verkaufen will, dann liegt die Messlatte deutlich höher.
@ach herrjemine Bei aller berechtigter Kritik: ich möchte hier nochmal zur Ehrenrettung sagen, dass mir kurze Räume auf Drums tatsächlich sehr gefallen. Dafür setzte ich es auch ein.
@t.goldschmitz Ich finde man hört die Probleme auch bei den kurzen Räumen sehr gut in Deinen Klangbeispielen.
„Room Verb“ flattert als gäbe es kein Morgen. „Medium Club“ drängt sich regelrecht vor die Drums. Manchmal ist Ehrenrettung einfach nicht mehr möglich.
Es gibt natürlich auch Anwendungen für absichtlich schlechten Hall.
Das ist dann reine Geschmackssache abseits der Simulation realistischer Akustik.
Nur braucht man dafür kein Geld hinzulegen.
Zum Glück habe ich mir abgewöhnt Hallplugins oder auch andere zu sammeln. Solange es nichts gibt, was ich nicht auch genauso einfach und mindestens genauso gut mit meinen bestehenden Ressourcen erreichen kann und meinen Erfahrungs- und Einsatzhorizont beim Musikproduzieren positiv erweitert, wüsste ich auch nicht wozu schon wieder ein neues Stück Code. Wirkt irgendwie befreiend…
@BÄM Ich nutze einen Faltungshall mit einer Sammlung von Bricasti M7 Impulsantworten und einen algorithmischen Hall.
Im Rahmen von Plugin-Paketen hab ich wohl noch ein paar andere, die nutze ich aber nicht.
Aktiv hechle ich keinen weiteren Hall-Plugins hinterher.
@bluebell ja, seventh heaven reicht für fast alles, im vergleich zum original (hab einen) schafft das plugin so um die 90% und, ganz ehrlich, das reicht. die hardware illustriert noch einen ticken mehr breite und tiefe, aber halt wirklich nur in den äußersten enden.
ich überleg die ganze zeit was ich noch benutze und mir fällt nix ein… ;)
effekt-hall im stil von valhalla ist natürlich nochmal nen anderes thema, davon reden wir ja nicht.
Ich finde das Teil richtig gut. Der Hall kann sehr kleine unauffällige Räume erzeugen, die erst so richtig auffallen, wenn man das Plugin deaktiviert und das Signal dann plötzlich wie tot wirkt, genauso muss das sein. Aber auch total verhallte Räume mit Charakter kann die Raummaschine mitunter richtig gut, grade wenn es technoid sein soll funktioniert das richtig gut.
Aktuell bei mir zusammen mit dem Sonsig Rev-A der Hall, der zuerst genommen wird und meistens auch bleibt.
Der Hall klingt bei einigen Anwendungen ganz schön, aber von einem neuen Hall Plugin würde ich dann doch auch einen modernen Funktionsumfang, wie z.B, integriertes Ducking, Filter und Distortion erwarten. Das lässt sich zwar auch anderweitig realisieren, aber der Trend geht ja zu multifunktionellen Plugins, so dass man eben das meiste im Plugin selbst einstellen und speichern kann, ohne einen ganzen Chain bauen zu müssen.
Ja! das wäre doch nice to have :)