Die Halle der Könige nun auch im Laptop
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Quantec-Nachhall gilt seit vielen Jahrzehnten als das Non-plus-ultra, wenn es um eine möglichst transparente, quasi-natürliche Raumemulation geht. Wer bislang wenig Berührungspunkte mit den Klassikern QRS (1982), QRS-XL (1987), Yardstick 2402 Serie (1997) und die Modelle der Serie Yardstick 249x (2007 bis heute) hatte, dem sei die Lektüre dieser beiden AMAZONA.de Artikel ans Herz gelegt:
Klaus Doldinger, Michael Jackson, Mike Oldfield, Frank Zappa, Alan Parsons, Prince, Stevie Wonder oder auch das Festspielhaus in Bayreuth – die Referenzliste bedeutender Quantec Nutzer ließe sich sehr lange fortsetzen. Etliche Rundfunkstudios, Ü-Wägen und Fernsehanstalten nutzen bis heute diese einzigartigen und bislang unkopierten Nachhallboliden. Bei den meisten klassischen Digital-Hallgeräten anderer Hersteller werden Pitch-Modulationen zur Vermeidung ungewollt metallischer Resonanzen oder hörbarer Rückwürfe im Ausklang eingesetzt. Diese werden bei Quantec ebenso gekonnt umschifft wie die traditionelle algorithmische Trennung von Erstreflektion und Nachklang. Laufzeit-stereophone Eingangssignale bleiben auch im Nachhall überraschend abbildungsscharf. Quantec-Hall funktioniert nicht nach einem typischen True-Stereo-Verfahren, bei dem die linke und rechte Seite des Eingangssignals unabhängig voneinander in je ein Stereoausgangssignal übersetzt werden. Die Stereomitte, die gegenphasigen Signalanteile, die (Mono-) Außenseiten und jede feine Abstufung dazwischen erzeugen bei Quantec individuelle Reflexionsmuster und Energieverteilungen im Ausgangssignal. Darin mag der Grund liegen, weshalb Convolution-Impulse von Quantec Hardware-Geräten nur im mono-to-stereo Modus gut klingen, jedoch in true-stereo hinsichtlich Abbildungsgenauigkeit regelmäßig versagen.
„Quantec Hall spielt seine Stärken besonders aus in der Beschallungstechnik, wo sich die stark ausgeprägten Resonanzlinien und -lücken eines für Musikdarbietungen ungeeigneten Raumes auffüllen und ausbügeln lassen. Dadurch wird einerseits der Klang einer Mehrzweckhalle musiktauglicher, andererseits verringert sich die Gefahr der akustischen Rückkopplung“ (www.quantec.com/). Dies kann ich interessanterweise aus meiner eigenen Erfahrung bei der Beschallung etlicher Musicalproduktionen bestätigen.
Der historische QRS-Algorithmus aus dem Jahr 1982 hatte seine Stärken definitiv bei den großen Räumen – vom mittelgroßen Konzertsaal über riesige Kathedralen bis hin zum Volksbad und dem charakterstarken Taj Mahal. Erst die Quantec-Geräte ab 2008 erweiterten die Klangpalette auch auf winzige Raumvolumen, wie man sie in der Post-Pro benötigt: Das akustische Interieur von Autos, Telefonzellen und Saunakabinen wurde nun auch darstellbar. Überdies ist die Rechenleistung und Speicherausstattung der neueren Geräte um so vieles leistungsfähiger, dass die Eigenresonanzdichte um das 15-Fache und die Rückwurfdichte um das 10-Fache des 1982er Ur-Modells gesteigert werden konnte. Während der QRS keine Einflussmöglichkeiten auf die AD/DA-Infrastruktur (20 kHz Samplingrate) bot, können die Quantec-Generationen seit der 90er-Jahre in verschiedenen Samplingrates und bewusst wählbaren Qualitätsstufen arbeiten. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Einstellungen nicht bei allen Samplingrate gleich klingen: Je nach Samplingrate scheint der Algorithmus unterschiedliche Raummoden zu berechnen, was trotz identischer Display-Anzeigen der Hallparameter zu hörbaren Klangunterschieden führt. Genau dies erschwert leider einen direkten Vergleich mit dem nagelneuen Quantum 2772 (e)volution Plug-in. Der Hersteller Savant Audio Labs empfiehlt daher, einen Hardware-Klangvergleich nur mit einem Quantec Yardstick 2402 und ausschließlich bei 44,1 kHz durchzuführen. Der von vielen Nutzern so liebgewonnene Klangcharakter des alten Quantec QRS findet seine größtmögliche Annäherung auch in der Hardware des moderneren Quantec Yardstick 2402 ausschließlich bei 44,1 kHz Samplingrate. Bei 48 kHz klingt der Yardstick hervorragend, aber eben ANDERS als sein berühmter Vorfahre aus gleichem Hause. Die algorithmische Umsetzung eines „Quantec-artverwandten“ Klangideals im Quantum 2772 (e)volution orientiert sich daher an genau diesem Quantec Yardstick 44,1 kHz Sound. Ich finde das nur konsequent, wenn man bedenkt, dass das Quantum 2772 (e)volution gemäß Hersteller eben NICHT versucht, ein einzelnes historisches Quantec Hardware-Gerät exakt nachzubilden. Es stellt vielmehr die Essenz der klassischen Quantec-Sounds dar.
Ein weiteres Caveat liegt bei den Bandbreitenbegrenzungen: Das historische QRS von 1982 verfügte lediglich über eine Samplingrate von 20 kHz, d. h. sein Frequenzgang war bei 10 kHz durch das Nyquist-Theorem und die notwendigen analogen Rekonstruktionsfilter hörbar begrenzt. Bei meinem QRS lag der -3 dB Punkt bei 7600 Hz, der -12 dB Punkt bei 8700 Hz, Aliasing wird beim historischen Hardware-Gerät ab 6 kHz hörbar.
Das integrierte Bandbreitenbegrenzungsfilter im Yardstick 2402/F hatte ein „umstrittenes“ DSP-Design: Es handelt sich um einen linearphasigen FIR-Filter-Algorithmus, der v. a. bei kleinen Raumgrößen vergleichsweise harsch wirken kann. Daher hat sich Savant Audio Labs in ihrem Plug-in zu einer Filterstufe durchgerungen, die sich eher am analogen Klangideal des alten QRS orientiert. Das Quantum 2772 (e)volution ist also näher an der Fusion eines 1997er Yardsticks mit den Filtern des 1982er QRS.
Um jeglichen Vergleich vollends ins Absurde zu führen, emuliert das Quantum 2772 (e)volution ausschließlich die Room-Size 10 hoch 4 Kubikmeter. Dies war beim Yardstick 2402 auch exakt so, jedoch boten sowohl der Ur-QRS, als auch die 2007er Yardsticks auch andere Raumgrößen. Nun hat der Hersteller Savant Audio Labs noch ein „Bonus“ versteckt: Öffnet man das Preset-Menü des Plug-ins, finden sich ganz unten in der Liste noch drei „1982er“ Presets mit den Raumvolumina 10 hoch 5 und 10 hoch 6 Kubikmeter. Hier lassen sich glücklicherweise nach Presetanwahl auch manuell sämtliche Hallparameter verändern (vgl. Klangbeispiel #48). Was aber gleichermaßen im Plug-in wie im Yardstick 2402 definitiv fehlt, sind ganz kleine Raumvolumina. Beide stellen also definitiv keinen Hall-für-alle-Fälle dar (vgl. Klangbeispiel #42).
Wie klingt sehnsüchtig erwartete Plug-in?
Um es vorweg zu nehmen: hervorragend. Ist es identisch mit meiner Hardware? Nicht ganz, wie oben bereits erklärt, stellt es auch keine direkte Emulation EINES dieser Geräte dar. Kurz zu meinem Vergleichs-Setup: Mein Quantec QRS war über einen DAD AX32 Wandler via Dante an meine DAW angebunden, die Latenz durch die zweifache Wandlung wurde kompensiert. Mein Yardstick 2402/F war über ein Tascam AE-4D Dante-Interface rein digital mit meiner DAW (Cubase Pro) verbunden, auch hier habe ich die entstehenden Latenzen nachgemessen und kompensiert. Beim Quantum 2772 (e)volution habe ich die integrierte Latenzkompensation nachgemessen und kann bestätigen: Sie funktioniert einwandfrei.
Wo liegen nun die gehörten Unterschiede: Zum einen im Höhenfrequenzgang des Nachhalls bei 48 kHz Projekt-Samplingrate (!), der z. B. bei meinem Yardstick weiter in den Air-Band-Bereich reicht, und im Bassbereich, wo sich bei meiner Hardware manchmal bei längeren Main RT60-Zeiten simulierte Raummoden an anderen Stellen in der Musik aufschwingen. Wenn man das Quantum 2772 (e)volution mit Hilfe eines vorgeschalteten EQ-Plug-ins im Höhenbereich bandbegrenzt, ist das klangliche Ergebnis überraschend nah an meiner Quantec QRS Hardware, wobei mein QRS einen Touch in den Tiefmitten im Stereofeld hörbar „breiter“ agiert. Dieses „Zusammenfallen“ des Stereofeldes verschwindet, sobald man den Lowpass aufgibt. Bevor jedoch die ersten Stimmen laut werden, die das Plug-in für diese Diskrepanz kritisieren wollen: Mein Yardstick ist bei identischer Einstellung im simulierten Raum noch etwas „enger“ und zugleich auch im Tiefmittenbereich weniger „warm“ als das Plug-in. Dafür wirkt er wiederum im Air-Band luftiger und auch breiter (siehe Klangbeispiele #02 vs. #03: man beachte die Darstellung der EMU und Fairlight Voices im 100 % Wet-Signal – gerade der letzte tiefe Basston scheint im Yardstick irgendwie „zu lächeln“). Das Quantum 2772 (e)volution positioniert sich diesbezüglich also exakt in der Mitte zwischen dem alten QRS und dem Yardstick, was sicherlich eine gute Entscheidung des Herstellers war. Klangbeispiel Streichquartett #15 vs. #16: man beachte die Darstellung des Cellos im 100 % Wet-Signal.
Wo ich jedoch einen deutlichen Unterschied zwischen allen drei Vergleichskandidaten feststellen konnte: Im Transientenverhalten klingen die drei recht unterschiedlich. Das alte QRS scheint kurz aufeinanderfolgende Transienten irgendwie zusammenzufassen. Technisch ergibt dies freilich kaum Sinn und ich kann nicht sagen, woher dieser Eindruck rührt, aber er war nachvollziehbar über mehrere Klangbeispiele wahrnehmbar. Musik klingt im alten QRS irgendwie „tighter“ gespielt (siehe Klangbeispiele #25-27). Sowohl der Yardstick als auch das Quantum 2772 (e)volution bilden die Aufnahmerealität einen Touch präziser ab – was manchmal toll ist, aber bei weniger virtuos gespielten Quellsignalen auch ziemlich gnadenlos wirken kann. Man hört dieses „eingebildet bessere Dirigat“ im QRS-Return auch gut bei der tiefen Vocal-Bass Note in meinem „Ambient“ Beispiel.
Das YouTube-Beispiel https://youtu.be/xT86JOLAfLs von Savant Audio Labs konnte ich mit eigenem Ausgangsmaterial leicht nachstellen: Bei 44,1 kHz Projekt-Samplingrate löschen sich das von mir phasengedrehte Yardstick 2402/F Signal und das Quantum 2772 (e)volution 2772 bei identischen Einstellungen fast vollständig aus (vgl. Klangbeispiel #10, 20, 30). Der minimale Rest ist dabei wirklich unhörbar und mit Sicherheit nur auf Bitrate-Distortion zurückzuführen. Beim Spiel an den Reglern für RT60 Low und High Multiplication sowie am Bandwith-Knopf fangen die Geräte wie schnell an, recht unterschiedlich zu klingen – dies betont der Hersteller Savant Audio Labs jedoch auch ausdrücklich auf seiner Homepage.
Hunger nach Leistung
Die CPU-Last für dieses Meisterwerk der Programmierkunst ist recht stattlich. Sie hängt von der Samplingrate und den Einstellungen der Bandbreitenbegrenzungsfilter, Korrelation, Haas-Effekt und HF/LF-Multiplikatoren ab. Bei meinem Studio-PC (Cubase Pro11, Win10, Intel i9-10920X CPU @ 3,5 GHz, 12 Core, 64 GB RAM, M.2 Festplatten) benötigt bei 48 kHz Samplingrate eine Instanz ca. 15-20 % Leistung weitestgehend unabhängig von der Buffersize meines RME HDSP AES Interfaces. Bei neun Instanzen ist dann auch Schluss. Aber wer bitteschön nutzt schon neun Yardsticks? Fun fact: Bei meinem Instanzen-Test schlug mir ein Feedback um die Ohren. Nach kurzer Überlegung wurde mir die Quelle klar: Beim testweisen Übereinanderlegen mehrerer identischer Plug-in-Instanzen übersteigern sich alle Charaktereigenschaften eines Reverbs wie Frequenzgang, Resonanzverhalten und Repetitionsverhalten durch Verzögerungsglieder massiv – siehe Klangbeispiel #63. Ein interessanter Nebeneffekt, der sich sicher auch kreativ nutzen lässt. Ein kurzes Experiment mit sieben Instanzen des UAD EMT250 zeigte ähnliche Effekte – vielleicht sollte ich mir den Effekt patentieren lassen.
Die Magie der Quantec-Ästhetik
Ein Lexicon 200 oder ein EMT250 erschaffen fiktive Räume zum Träumen, märchenhafte Blumen der stereophonen Klangphantasie. Aber ein Quantec klingt wie ein realer Raum. Und es kann bestehende Räume auf herausragende Art und Weise „vergrößern“, „auffüllen“ und damit „aufhübschen“. Schon der erste QRS konnte im Ü-Wagen des Rundfunks aus einer Schulaula einen Weltklasse-Konzertsaal zaubern. Oder beim Live-Open-Air eines symphonischen Orchesters ein Opernhaus nachbilden. Oder bei Orgelaufnahmen aus einer Kapelle einen überzeugenden Dom machen. Außerdem spielte er in der Welt der elektronischen Musik eine wichtige Rolle, man denke nur an Kraftwerk, Vangelis (der ihn gerne neben dem Lexicon 224 nutzte), Yello, Kate Bush, Klaus Schulze (RIP), und Peter Gabriel (der ihn regelmäßig als Alternative zum AMS RMX16 nutzte).
Quantec-Hall ist einer der wenigen, der es erlaubt, ausnahmslos alle stereophonen Signale anteilig zum gleichen Hallraum zu schicken. Bei entsprechender Parametereinstellung verwischt hier nichts ungewollt. Auch bei Rock-Band-Produktionen hatte ich nicht das Gefühl, einen kürzeren Raum für Snare und Toms zu benötigen, als für den Sänger und die E-Gitarren. Alleine die Anpassung des Send-Pegels der Einzelsignale genügt, um beim Quantec-Hall eine überzeugende Tiefenstaffelung „ohne Matsch“ zu generieren (vgl. Klangbeispiel #58). Vorausgesetzt, die Eingangssignale klingen bereits gut. Aber auch nichtssagende Mono-Synth-Leads, analoge Stringmachines, E-Bow Stacks oder modulare Buchla-LPG-Percussions blühen im Quantec regelrecht auf und bekommen eine dreidimensionale Aura. Ein schönes Beispiel hierzu findet sich hier https://youtu.be/2XfzxF1cMp8 oder auch im Intro des Titel „Seicento Destini“ der Compagnia di Leo, deren Album „Amore e Libertà“ ich 2017 produzierte (vgl. Klangbeispiel #64).
Das Savant Audio Labs Quantum 2772 (e)volution Plug-in erzielt mit Leichtigkeit exakt diese Charaktereigenschaften, die den originalen Quantecs zum Status eines Kultgerätes verholfen haben – und das für einen wirklich sensationell günstigen Preis von derzeit $ 74.00, später $ 99.00. Das ist dann doch deutlich günstiger als ein UAD EMT250, RMX16 oder 480L. Qualitativ ist es nach meinem Geschmack absolut auf der Höhe der genannten konkurrierenden Kultklassiker. Ersetzen kann und will es diese jedoch nicht. Quantec-Style-Hall ist und bleibt einzigartig. Wer Lust und Interesse an einem herausragenden Hall-Plug-in mit unglaublich beeindruckender Vorgeschichte hat, kommt am Savant Audio Labs Quantum 2772 (e)volution eigentlich nicht vorbei. Müsste ich ihm einen einzelnen Sparringspartner zur Seite stellen, fiele meine Plug-in-Wahl auf das UAD 480L. Die Kombination der beiden deckt dann eigentlich 90 % aller Anwendungsszenarien ab – vom klassiktauglichen modulationsfreien „Realraum“ in bester Quantec-Tradition, bis zum gewohnten Pop-Vocal-Wölkchenhall mit dem beliebten „larger-than-life“ Effekt aus dem 480L.
Kate am Hügel
Und kann das Savant Audio Labs Quantum 2772 (e)volution nun auch den Kate Bush „Running Up That Hill“ Effekt? Ja, wie der Hersteller in einem eindrucksvollen Video-Clip (https://youtu.be/CNuIpEjmPic) beweist, beherrscht das Plug-in exakt den Freeze-Modus des klassischen QRS, wie er nicht zuletzt durch die Netflix-Serie „Stranger Things“ ein Revival erlebte. In meinem Klangbeispiel #50 habe ich ihn am Ende auch eingesetzt.
Anscheinend ist man im Hause Savant Audio Labs sogar derart stolz auf ihre Produktentwicklung, dass man vor einem Direktvergleich mit einem der renommiertesten Mitbewerbern nicht scheut: Die herausragende moderne Hardware Bricasti M7 zählt zweifellos zu den besten Hallgeräten am Markt. In einem gut gemachten Videovergleich muss ich zugeben, dass bei vielen der sehr gut gemachten Testsignalen das Plug-in für meinen Geschmack absolut mithalten kann (und das schreibe ich als glücklicher langjähriger Besitzer eines Bricasti M7): https://youtu.be/YhgfR4VkqvA
Hörbares
Ich habe mir viel Zeit genommen, um dem Savant Audio Labs Quantum 2772 (e)volution wirklich gründlich auf den Zahn zu fühlen. Daraus resultiert auch eine große Menge an Klangbeispielen, die im Zuge dieses Tests entstanden sind. Die einzelnen Files sind genau beschriftet, daher erspare ich uns eine detaillierte schriftliche Erläuterung. Sie beginnen stets mit einem trockenen unbearbeiteten Beispiel, gefolgt vom Savant Audio Labs Quantum 2772 (e)volution und dann weiteren Vergleichen. Es gibt Synthetisches aus klassischen analogen und digitalen Vintage-Synthesizern und VSTis, ein Streichtrio, Orchester und Kammerorchester, einen Klavier-Hall-Vergleich gegen 9 beliebte Plug-ins anderer Hersteller, ein Drumcomputer-Beispiel mit einem sehr kurzen Raum sowie einen Ausschnitt einer Akustik-Pop-Band mit Fender Rhodes. Dies alles in verschiedenen Szenarien – trocken, 100 % wet, eine „mix“-Balance zwischen Hallreturn und trockenem Signal und das Ganze teils noch bei verschiedenen Samplingrates und im Direktvergleich zu den historischen Hardwaregeräten inklusive „Null-Test“.
Ausblick
Zunächst würde ich es sehr begrüßen, wenn der Hersteller Savant Audio Labs in einem nächsten Update die Umschaltbarkeit des Raumvolumens als eigenständigen Parameter in die Bedienoberfläche integrieren würde. Der Umweg über den Aufruf eines Werkspresets halte ich für kaum intuitiv. Mit dem kostenfreien Update V.1.0.3 konnten diverse Bugs in der Presentverwaltung und im Speichern eigener Einstellungen innerhalb der DAW ausgeräumt werden. Außerdem reagieren viele Regler nun verzögerungsfrei. Der Direct-Level kann mittels eines kleinen Schloßsymbols während des Durchprobierens von Presets nun fixiert werden.
Richtig klasse fände ich noch eine künftige Option, ein Plug-in-internes Downsampling aktivieren zu können: Damit könnte der Quantec-inspirierte Algorithmus stets in seinem intendierten 44,1kHz Modenverhalten verbleiben, unabhängig von der Projekt-Samplingrate. Bitte nicht missverstehen, das Plug-in klingt absolut toll bei 96 kHz, nur fände ich es spannend, den Vergleich mit einem Knopfdruck parat zu haben. Im gleichen Atemzug sollten der Bandwith-Highcut freilich ein Oversampling erfahren, um an dieser Stelle nicht historisch atypisches zusätzliches Aliasing zu generieren.
Wow, die Qualität der Soundbeispiele steht der Quantität in nichts nach.
Vielen lieben Dank Dir, ich freu mich immer, wenn diese enorme Arbeit Anklang findet! War nicht leicht, die subtilen Unterschiede gezielt herauszuarbeiten. Ich musste Vieles eigens für den Test aufnehmen, alleine schon, um die unterschiedlichen Quellmaterial-Samplingrates im Original und ohne zusätzliche SR-Conversion zu bieten.
Das charakterstarke Klavier, das man in meinen Hörbeispielen #01 – #10 und #31 – #41 hört, ist im übrigen eine echte Rarität: Ein Steinway Tafelklavier aus dem Jahr 1865! Eines der frühesten Instrumente, die Steinway & Sons in New York gefertigt hatten. Es ist ein echtes Museumsstück und stand mir während des Tests zur Verfügung. Näheres dazu folgt voraussichtlich in einem weiteren Artikel hier im Winter.
Die Klangbeispiele mit dem Klavier und den gängigen Hall Plug Ins fand ich sehr aufschlussreich – vielen Dank
@Stratosphere …und dein Fazit?
@Svenson73 Ein Fazit muss jeder persönlich für sich treffen.
Das 2772 zeigt aus meiner Sicht eine hohe Natürlichkeit im Nachhall. Das von mir geschätzte FabFilter Pro-R ist da nahe dran. Valhalla Supermassiv hingegen ist weit hiervon entfernt, erzeugt aber wunderbare breite Räume mit vielen chorusartigen Reflexionen.
Jedes Hall Plug Inn hat seinen Berechtigung. Der Einsatz hängt vom gewünschten Ausdruck bzw. Stil ab.
@Stratosphere Ja, ok. Ich hatte deine Aussage so interpretiert, dass das 2772 im Vergleich keinen Mehrwert zeigt. Also danke für die Ausführung. Ich habe u.a. das SP2016, das kommt meiner Meinung nach nah dran. Wie auch immer, ich werde es mal testen, bin ein „Hallsuchtie“…
Klingt wirklich gut und natürlich. Viele Konkurrenzprodukte ziehen nach einer Decay Time unglaublich in die Breite.
Das Eventide SP2016 scheint da recht dicht dran zu sein.
Ich habe oft das Problem, dass ich bei Orchester- oder Chorrecordings die Aufnahme im Ausklang hart cutten muss, weil entweder umgeblättert wird oder sonst irgendwer Krach macht.
Also muss ich die Hallfahne nachbilden. Das Quantum 2772 könnte eine Lösung sein. Oder ich mache mir die Mühe und nehme jedes Mal eine Impulsantwort mit.
@Armin Bauer Das Eventide SP2016 ist für mich in der Tat ein großartiges klassisches Hallgerät. Die Plugin-Variante klingt tatsächlich anders als meine Hardware von 1983. Und beide wiederum klingen anders als die Princeton Digital 2016 Hardware von 2004. Ich stimme zu, dass alle Eventides die von Dir angesprochene Fähigkeit vereint, am Ende der Hallfahne nicht unnatürlich weit aufzufächern. Auch der DSP7500 und seine weiteren H3000-Enkel können das übrigens ganz hervorragend was sie zu beliebten Arbeitspferden unter Jazz- und Klassikmischern weltweit macht. Die Quantecs und auch das Savant Audio Labs Plugin gehen aber meiner Erachtens einen entscheidenden Schritt weiter: In ihrem Ausklang STIMMT das originale Panoramabild und die Tiefenstaffelung. Sie leben einfach „in der Zeit“ weiter. In den Eventides (die ich auch besitze und für Synths sehr schätze) verschwimmen die Panoramapositionen nach einer Sekunde; bei Lexicon und EMT in die von Dir angesprochene künstliche Weite; bei Eventide eher in eine Enge, wie wenn man abklingendes weißes Rauschen als Convolution-Impuls nutzt…
@t-hiho Danke dir für die ausführliche Antwort.
Also wohl doch einmal die Trial des Quantum 2772 laden…
Denke ich weiss schon, wo das endet, wollte eigentlich keine neue Software mehr, die dann nicht genutzt wird. Aber das hier scheint eine Chance verdient zu haben.
Ich habe mir die Tiral geladen und auf einem M1 Prozessor von Apple ausprobiert. Hier ist der CPU Bedarf (Default Hall) sehr moderat. Leider kann ich in der Trial keine Hallprogramme wechseln oder das ist ein Bug.
Vielen Dank für diesen wirklich umfangreichen Test und Klangbeispiele !
Viele lieben Dank für den wunderbaren, ausführlich Test mit den vielen tollen Soundbeispielen. 🙂👍
Ich habe schon jede Menge über den »Yardstick« gelesen, ob des Preises war der aber immer außerhalb meiner Reichweite. Bei einem gebrauchten »PCM-80« bin ich nach wie vor am Überlegen. Einen »Yardstick« könnte ich mir heute leisten, scheue aber immer noch die recht hohen Investition.
Nun bin ich im Bereich »Elektronische Musik« unterwegs und dort die Spielarten »Ambient«, »Dub-Ambient« und was da noch so dran hängt. Gerade Dub-Ambient lebt ja von diesen intensiven Hallräumen, in die spärlich ein paar Synthesizer-Plucks geschubst werden, auf dass sich dieser typische Hall-Klangteppich entwickelt (ich hab’s ehrlich gesagt noch nicht richtig drauf). Bisher nutze ich ausschließlich den »ValhallaDSP VintageVerb« (von dem ich ziemlich begeistert bin), merke aber, dass der »Quantum 2772 Evolution« deutlich sauberer klingt. Das wäre mal eine (oder auch mehrere) Überlegunge(n) wert.
@Flowwater Ein PCM80 hab ich auch noch, allerdings nutze ich auf dem nur die immer gleichen drei Presets (Concert Hall1, Tomb Room und RezClimber). Ein Yardstick ist schon ne andere Klasse hinsichtlich Detailauflösung. Der Yardstick evoziert ein ganz klares Bild eines Raumes, sobald man ihn mit Synths füttert. Das PCM „hallt“ einfach nur. Ich hab auch ne Zeit lang viel Ambient gemacht. Meine Favoriten für so lange Synth-Geschichten waren das alte Lexicon 200 (nicht die Budget-Kiste MX200, sondern das dicke 4HE große von 1984) und das Eventide DSP7500 für sein Preset „Jurassic Space“, das auch Junky XL so liebt. Aber auch das billige Alesis Midiverb II macht hier einen überraschend tollen Job. Eines der tollsten Ambient-Alben, nämlich B-Zet „When I see“ featured meines Erachtens recht oft das Midiverb. Ein unterschätztes Teil für Synths!
@t-hiho Danke für den Tip mit dem Alesis »Midiverb II«.
Und auch für B-Zets »When I see«. 🙂
(was ich jetzt aber nicht so hundertprozentig bei Ambient verorten würde … was aber natürlich Geschmackssache ist)
Ich bin auf weitere Kommentare gespannt. Der original QRS gilt der Legende nach als nicht emulierbar, natürlich nur bis einer kommt und es einfach macht. 😁 Ich habe auch schon viel über die Quantecs gelesen und über bestimmte Eigenschaften des QRS, die eine quasi diskret-parallele-echtzeit-Emulation aller Feedbackstränge erforderlich machen oder so ähnlich. Quantec soll es mit den DSP-Lösungen ja selber nie wieder so hinbekommen haben. Ich hake den QRS immer unter „pack vorne Müll rein, hinten kommt Gold raus“ ab, habe den bis auf Demos aber nie in echt gehört. Muss den Savant auch mal probieren, wobei ich mit der großen Anzahl an Plugins auch sehr zufrieden bin, vor allem wenn man großzügig die Frequenzen abschneidet.
Dein ‚packe vorne Müll rein, hinten kommt Gold raus‘ hat mich an eine Demo in den 80ern erinnert, wo in einer Kabine auf einer Messe drei Hallgeräte miteinander verglichen wurden: SRV2000, PCM70 und Quantec QRS. Als Input diente ein simpler ‚Bontempi‘ Orgel Klang.
Beim SRV2000 war ich schon recht angetan, klang aber alles etwas metallisch. Beim PCM 70 ging schon etwas die Sonne auf. Als dann die Orgel in den QRS geschickt wurde, war das Jenseits meiner bisherigen Vorstellungen – leider auch vom Preis. Danach habe ich lange gebraucht um mich für ein bezahlbares Hallgerät zu entscheiden – im Kopf war nun mal das Gold vom QRS.
@Stratosphere …shit in, shit out – ein Hallgerät ist ebensowenig eine Kläranlage, wie ein Mischpult. ABER, ich gebe euch recht, die Quantec Sachen können wirklich mit großer Leichtigkeit aus einem unspektakulären Klang etwas magisches Zaubern. Daher auch meine Beispiele mit DX7II, SY99 und Technics WSA1. Für sich alleine genommen klingen diese trockenen Sounds echt recht langweilig. Aber mit dem Savant Audio Labs geht die sprichwörtliche Sonne auf.
Super Test, mit Hintergrundwissen und mit richtig guten Hörbeispielen!
Ich hatte mir das Plugin als „Nobrainer“ noch im Angebot schon vor ein paar Wochen gekauft und war sehr angetan, aber habe es bisher noch nicht praktisch eingesetzt.
Danke für diesen großartigen, in meinen Augen (hauptsächlich den Ohren natürlich) extrem aussagekräftigen Test – auch hinsichtlich der Bandbreite, Qualität und Auswahl der Beispiele. Wow! Die Einschätzungen sind für mich nach gründlichem Einhören sehr gut nachvollziehbar – weil nachhörbar. Tolles Werkzeug. Bestimmt nicht für jeden, aber da wird es eben ganz natürlich – bei aller Objektivität – denn beim Thema Hall, der damit verbundenen Vorstellung von Räumlichkeit, Ortbarkeit usw. für die unterschiedlichen Einsatzprofile auch meist „ganz automatisch“ sehr subjektiv – besonders bei der Diskussion von uns „Expertenohren“ untereinander. Musik hat für mich eben gerade beim Aspekt der Wirkung im Raum und der kreierten Atmosphäre eine so riesengroße Bandbreite. Finde ich persönlich sehr gut, dass es so ist. Übrigens: Ich bin schon auf den Artikel zum musealen Steinway Tafelklavier gespannt.
Danke für den ausführlichen Artikel. Ich bin noch nicht mit den Klangbeispielen durch, bei Hallsimulation auf diesem Niveau muss man ja richtig hinhören.
Eine Frage drängt sich mir aber schon auf:
Was ist denn der ominöse Yardstick 2404 (/F) der im Text mehrfach erwähnt wird?
Von dessen Existenz hatte ich bisher noch nie gehört.
@ach herrjemine Tja, da war der Tippfehlerteufel leider am Werk. Es muss tatsächlich 2402/F anstatt 2404/F heißen. Danke fürs aufmerksame Lesen! Witzig: Ohne den Autor zu kennen, scheint hier mehrfach auch exakt der gleiche Tippfehler passiert zu sein: https://monami.hs-mittweida.de/frontdoor/deliver/index/docId/5033/file/BACHELORARBEIT_finales_dokument.pdf
„Die Quantec-Geräte der 90er-Jahre erweiterten die Klangpalette auch auf winzige Raumvolumen“
Hmm. Das kann ich so nicht bestätigen.
Der 1997er Yardstick hat einen gegenüber dem QRS, QRSXL und seinen Nachfolgern 249x einen eingeschränkten Parametersatz.
Das heisst: Die kleinen Räume gab es schon im QRS. Der 97ger Yardstick war diesbezüglich weniger leistungsfähig und ab 2008 waren dann erstmals extreme kleine Räume möglich.
Stichwort „Breadbox“
Hier ist das übersichtlich dargestellt: http://www.quantec.com/index.php?id=prod_comp&L=1
@ach herrjemine Vielen Dank für den Hinweis!
Interessant. Die Klavierbeispiele sind schön entlarvend.
2772 und UAD emt 250 fand ich gut.
Die anderen klingen, in meinen Ohren, irgendwie merkwürdig mit Chorus aufgeblasen.
Habe mir nochmal mit Kophörern alles angehört. Wie du geschrieben hast, die verbliebene Qualität des original QRS ist die direkte Antwort auf das Quellsignal. Da wird es bestimmt noch ein Update und einen weiteren „Mode“ geben. Was den Yardstick betrifft gibt es mit dem Plugin wohl keinen echten Kaufgrund mehr. Ist nun endlich die Zeit einer neuen Softwaregeneration gekommen? Bei den Synths scheint Arturia mit dem MS-20V ordentlich abzuräumen, der gefällt mir als Analog-Emulation bei Synths derzeit am besten. Hardware darf nun endlich sterben……., hat sie sich verdient. 😉
Gute Frage – ich denke, manche Hardware wird immer ihren Platz haben. Im Falle des Yardsticks bin ich mir da tatsächlich auch nicht so sicher, denn die Bedienung am Gerät ist echt nicht gerade intuitiv. Aber im Live-Sektor ist er immer noch ein willkommener und v.a. sehr robuster Geselle.
Den Arturia MS-20V schätze ich auch sehr, ich schließe mich da Deiner Meinung voll an, er markiert die aktuelle Speerspitze des virtuell Möglichen. Meinen alten MS20 gebe ich dennoch nicht her. Das Gefühl beim Drehen der beiden Cutoffs ist einfach zu toll. Da müsste ich lange suchen nach einem USB-Controller, der das emotional ansatzweise schafft. Und die virtuelle Implementation braucht auch eine sehr schnelle und gut klingende Soundkarte, sonst ist der Spaß dahin. RME ist für mich da Pflicht…
Sauber! Ich hab glücklicherweise im Urlaub mein M4 und ATH M50 dabei. Klanglich arbeitest du den QRS richtig heraus. Früher hatte ich immer so meine Schwierigkeiten mit dem QRS. Wenn der Tonmann es mit dem QRS zu gut meinte, hört sich das alles über Boxen gut an, setzt man die Kopfhörer auf, passen oft der Raum zum Inhalt nicht zusammen. Oder man hört übertriebene Modulationen im Ausklang des Signals. Hier nicht. Das heisst jetzt für mich nicht das ich meine Vintage Büchsen im Rente schicke. Aber zumindest das Plugin in die Kette einbaue.
@TobyB Ich sehe das genau so! Ich habe meinen Yardstick und QRS gerade DURCH das Plugin wieder ganz neu lieb gewonnen. Das Plugin hilft mir auf meinem Laptop. On tour beim Mischen im Hotelzimmer, on stage mit meinem Laptopsetup, und zuhause beim Mischen in meiner Covid-Keller-Behelfs-Regie. Die Hardware tut brav ihren Dienst im großen Studio – da brauch ich dann kein Plugin. Aber gerade Neueinsteiger haben mit dem Plugin eine phantastische Chance, diese bislang kaum greifbaren Quantec-Sounds selbst mal auszuprobieren.
Gibt jetzt übrigens eine V2 von dem PlugIn…soll dem Original nun noch näher kommen.