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Test: Telefunken M82, Großmembran-Studiomikrofon

Mehr als nur ein Drum-Mikro

18. Mai 2020
test telefunken m82

Telefunken M82, Großmembran-Studiomikrofon

Bei dem Namen Telefunken denke ich unwillkürlich an unseren ersten Schwarzweiß-Fernseher, Kulenkampff mit den Nachbarn und die ständige Mahnung meiner Mutter, einen Sicherheitsabstand zum Bildschirm zu wahren – „wegen der Strahlung“. Was zugegebenermaßen schon eine ganze Weile her ist. Irgendwo hatte ich zwar auch mal mitbekommen, dass es da wohl auch heute noch Fernseher, Mikrofone und DI Boxen unter diesem Namen gibt, aber grundsätzlich habe ich Telefunken bei mir unter „Relikt aus alten Tagen“ abgelegt. Umso neugieriger war ich, als das Telefunken M82 bei uns im Testpool der AMAZONA.de Redaktion landete. „Ist ausdrücklich auch für Broadcast und Voice, also genau dein Ding“, versichert mir unser Studio-Redakteur. Na dann – her damit.

Intermezzo 1: Die Telefunken-Historie

Ich beschloss, die Wartezeit auf das Testmuster mit dem Schließen einer Wissenslücke zu nutzen: Gibt es Telefunken tatsächlich noch? Waren die nicht mal pleite? Und wie kommen die dazu, jetzt Mikrofone zu bauen? (Sollte Sie das nicht interessieren, dürfen Sie auch gerne zum nächsten Abschnitt springen). Also: Telefunken war 1903 auf Geheiß des Kaisers Wilhelm II als Gemeinschaftsunternehmen von Siemens & Halske und der AEG unter dem Namen „Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH, System Telefunken“ gegründet worden. Anfangs entwickelte man Funk- und Nachrichtentechnik für das Militär, ab 1923 auch Radiogeräte. Telefunken war auch maßgeblich an der Entwicklung des Fernsehens beteiligt: 1930 erfand man das Zeilensprungverfahren für flimmerfreie Bilder, 1939 entwickelte man eine neuartige Rechteck-Bildröhre, 1962 das PAL-System. Und auch auf anderen Gebieten war Telefunken extrem umtriebig und innovativ: So stammen die Vorläufer des heutigen Instrumentenlandesystem ILS von Telefunken, man war lange Zeit eines der größten Unternehmen der deutschen Schallplattenindustrie, war in der Radartechnik unterwegs, baute ab 1962 Großrechner, die an zahlreichen deutschen Unis zum Einsatz kamen und produzierte mit der eigenständigen „Telefunken Fernseh und Rundfunk GmbH“ jede Menge Unterhaltungselektronik.

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In den 80er Jahren aber kam man gegen die übermächtigen japanischen Konzerne nicht mehr an, Telefunken wurde fast vollständig zerschlagen; die Sparte Unterhaltungselektronik wurde 1983/84 vom französischen Thomson-Konzern übernommen, die Markenrechte landeten irgendwann bei der Daimler AG, die sie 2007 dann für einen zweistelligen Millionenbetrag an die Live Holding AG abtraten. Heute ist die Marke „Telefunken“ bei über 50 Partnern in 120 Ländern vertreten, die den Namen nutzen, um ihre Produkte an den Mann zu bringen; ein eigenständiges Telefunkenwerk dagegen gibt es schon lange nicht mehr. Die Unterhaltungselektronik war zwischenzeitlich von Thomson übernommen worden, Telefunken-Fernseher werden größtenteils vom türkischen Vestel-Konzern gefertigt und die Mikrofone – um endlich wieder zum Thema zu kommen – entstehen in den USA in Connecticut bei Telefunken Elektroakustik; dort hat man sowohl Neuentwicklungen, aber auch Nachbildungen älterer Mikrofone von Telefunken, AKG, Neumann und Neumann Gefell im Angebot.Telefunken M82

Das Telefunken M82: Technische Daten

Das Telefunken M82 ist ein dynamisches Großmembran-Mikrofon mit der Richtcharakteristik Niere. Den maximalen Schalldruckpegel des 155 x 63 mm großen und 434 g schweren Mikrofons gibt der Hersteller mit >146 dB an, den Frequenzbereich mit 25 – 18.000 Hz. Bei dem M82 handelt es sich um ein End-Adress-Mikrofon (oder „Top-Adress“), die schallempfindliche Seite ist also die Vorderseite des Mikrofonkorbes (wie etwa auch beim Rode Broadcaster), im Gegensatz zum Side-Adress-Mikrofon, wo die Mikrofonkapsel eben nicht am Ende sitzt und nach oben, sondern zur Seite zeigt – wie es bei der Mehrzahl der Kondensator- und Bändchen-Mikrofone der Fall ist.

Als Verwendungszweck des M82 gibt der Hersteller „Broadcast/Vocals, Percussion, Guitar and Bass Amplifiers, Organ and Brass Instruments“ an. Damit ist es für so ziemlich alles einsetzbar, was einen (gerne auch etwas lauteren) Ton von sich gibt. Beliebt ist das M82 in der Studioszene auch für die Kickdrum-Mikrofonierung.

Ausgepackt und angeschaut: Das Telefunken M82

Der Lieferumfang ist recht üppig: Neben dem M82 selber gibt es auch eine stabile Halterung samt Gewindeverkleinerung (Modellnummer Telefunken M782, Einzelpreis 19,- US-Dollar), ein 5-Meter-XLR-Kabel mit rechtwinkligem Stecker am weiblichen Ende (SGMX-5R) und eine Transporttasche. Die beigefügte Anleitung beschränkt sich zwar auf einen beidseitig bedruckten bunten Flyer in englischer Sprache, aber nun gut – der enthält alles, was man wissen muss; ein Mikrofon ist nun mal keine DAW.

Das M82 weckt mit seinem streng zylindrischem Korpus Erinnerungen an das legendäre U47/U48 (das es ja nicht nur mit dem Neumann-, sondern auch mit dem Telefunken-Logo gibt) bzw. an die Neuauflage U47 FET – auch wenn die silbern und nicht schwarz sind. Dass dieser Eindruck nicht täuscht, bestätigt auch der US-amerikanische Hersteller, schreibt er doch: „Construction wise, the M82 borrows heavily from the U47 body style by employing a headgrille of similar architecture.”

Die obere Hälfte des Telefunken M82 wird vom extrem stabilen, zweischichtigen Metallgitter dominiert, auf dessen Seitenträgern groß „End Adress“ mit einem Pfeil nach oben aufgebracht ist, damit auch wirklich jeder weiß, wo die Mikrofonkapsel sitzt. Der Gehäuseabschnitt in der unteren Hälfte – alles übrigens mit ansehnlicher mattschwarzer Pulverbeschichtung – ist etwas kürzer ausgefallen als beim U47, dadurch wirkt das Telefunken M82 kompakter und noch stabiler. Der Korb ist mit drei Schrauben, die auf dem unteren, breiten Ring sitzen, mit dem Gehäuse verschraubt, kann also bei Bedarf auch abgenommen werden. Wie immer dieser Bedarf auch aussehen mag.

Telefunken M82

Die Switches „Kick EQ“ und „High Boost“

Die Sache mit den Switches

Bei näherer Betrachtung fallen zwei kleine, aber sehr stabile Schalter unterhalb des besagten unteren Korbringes auf, gut ablesbar beschriftet mit „High Boost“ und „Kick EQ“, die jeweils auf On und Off geschaltet werden können. Somit sind vier verschiedene Sound-Settings direkt am Mikrofon möglich. Der Kick-EQ-Schalter aktiviert ein passives Filter, das einige der unteren Mitteltonfrequenzen reduziert. Dadurch soll verhindert werden, dass eine Kick-Drum „boxy“ klingt, ohne dass dabei die tiefen Frequenzen reduziert werden. Eingesetzt wird dieser Schalter – wie der Name schon dezent andeutet – vor allem bei Aufnahmen einer Kick-Drum, kommt aber auch bei Bass Cabs, Leslie Cabinets oder Toms zum Einsatz. Die High-Boost-Funktion hingegen „kippt“ („Tilts“) den oberen Mitteltonbereich und die hohen Frequenzen (ab etwa 2 kHz mit einer Anhebung von 6 dB um 10 kHz). In Verwendung mit einer Bass-Drum soll das für einen schärferen Anschlag sorgen; im Zusammenhang mit Sprache/Gesang bzw. Gitarrenverstärkern verspricht der Hersteller dadurch mehr „Luftigkeit“ („airiness“) im oberen Register und für eine Anhebung der Artikulation.

Folgende Settings schlägt Telefunken Elektroakustik vor:

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Setting 1: Kick EQ – Off / High Boost – Off

  • Vocals
  • Clean electric guitar
  • Brass & woodwind instruments

Setting 2: Kick EQ – Off / High Boost – On

  • Broadcast voice
  • Distorted guitar amps
  • Mallet-based percussion

Setting 3: Kick EQ – On / High Boost – Off

  • Vintage kick drum sound
  • Bass cab
  • Organ Leslie cabinet bottom

Setting 4: Kick EQ – On / High Boost – On

  • Modern kick drum sound
  • Floor and rack toms
  • Kick drum without resonant head

Wie und ob das funktioniert, probieren wir gleich mal aus.

Die unten abschließende XLR-Buchse ist von einem Gewinde umschlossen, auf das sich die M782-Halterung geschraubt wird – eine äußerst stabile Verbindung. Kleines Detail am Rande: Das Gewinde ist so ausgelegt, dass das stylishe Telefunken-Logo am Ende genau oberhalb der Halterung gut sichtbar ist.

Telefunken M82

Das M82 als Broadcast-Mikro

Das M82 ausprobiert: Sprache

Zur Erinnerung: Als Einsatzbereiche gibt der Hersteller „Broadcast/Vocals, Percussion, Guitar and Bass Amplifiers, Organ and Brass Instruments“ an. Wobei mich als langjährigen Radiomenschen natürlich zuerst einmal besonders die „Broadcast/Vocals“ interessieren und die Frage, wie das M82 gegenüber meinem praxiserprobten Rode-Setup abschneidet. Ist da was zu holen?

Für den Test habe ich (wie gewohnt) ein paar Sätze aus unseren News eingesprochen; stets dieselben, damit sich die Ergebnisse besser vergleichen lassen. Dabei habe ich dann die verschiedenen Settings des Telefunken M82 ausprobiert. Als Mikrovorverstärker dient mein altbewährtes 286 von dbx, das Signal lief anschließend über einen Mackie 802-VLZ3-Mixer. Soviel zur Technik.

Erste Erkenntnis: Ohne Plop/Wind-Schutz ist das M82 bei Plosivlauten doch sehr empfindlich und – gerade bei Sprache im Nahbereich – kaum einsetzbar. Wie man hier deutlich hört.

Klar, man kann natürlich dann etwas „am Mikro vorbei“ sprechen, um die Plosivlaute zu entschärfen, tut damit aber dem Nahbesprechungseffekt keinen Gefallen. Weshalb ich dann kurzerhand meinen alten WDR-Schutz über das M82 gezwängt habe (das mit seinen Ausmessungen nicht unbedingt perfekt für einen Plop-Schutz gebaut ist). Hier dann das Ergebnis mit Plop-Schutz bei identischen Einstellungen (High Boost: on, Kick EG: off) – also die Einstellungen, die der Hersteller für den Broadcast-Einsatz vorsieht.

Das Ergebnis ist durchaus ok. Die Höhen sehr präsent, ohne dass sie überbetont wären: dadurch klingt die Aufnahme sehr luftig und klar. Ein wenig mehr „Bauch“ bzw. Basis hätte es vielleicht noch sein dürfen, damit der Sound noch etwas voller wird. Zum Vergleich hier mal mein Rode NT2A. Man hört, dass das M82 da im Direktvergleich etwas dünner rüberkommt.

Allerdings liegt es da in etwa auf einer Linie mit dem Rode Broadcaster, das ein ähnliches Klangbild wie das Telefunken M82 aufweist.

Schaltet man beide Switches auf „Off“ (Vorgeschlagen für Vocals), wird der Aufnahme ein wenig die Schärfe/Präsenz im oberen Bereich genommen, klingt aber auch nicht schlecht.

Gänzlich ungeeignet für Sprachaufnahmen/Vocals dagegen ist die Einstellung „Kick EQ: On“, die extrem mittig klingt; noch mehr, wenn zusätzlich noch der High-Boost scharfgeschaltet wird. Die wird vom Hersteller dann allerdings auch nur für Drums, Bass oder Organ/Leslie-Cabinet empfohlen.

Fazit Telefunken und Sprache: Durchaus brauchbar, wenn man einen leicht höhenbetonten Sound mag. Als Broadcast-Mikro wäre es zwar dann nicht meine erste Wahl, aber das liegt sicher auch an meiner langen Rode-Gewöhnung.

Telefunken M82

Ran an den Amp!

Das M82 ausprobiert: E-Gitarre

Langjährige Leser wissen: Ich bin kein Gitarrist, versuche aber trotzdem immer wieder aufs Neue, trotzdem einige Gitarren Sound-Demos abzuliefern; es geht ja (zum Glück) um den Sound und nicht um meine nicht vorhandene Virtuosität. Der Testaufbau: Telefunken M82 in ca. 10 cm Entfernung vor einer Fender Mustang 1 V2. Für den cleanen Sound wird Kick-EQ/High Boost auf Off empfohlen. Was dann tatsächlich auch das ausgewogenste Klangbild ergibt, ohne Höhen oder Bässe überzubetonen.

Schaltet man Kick EQ/High Boost dazu, ändert sich der Klang spürbar. Auf mich wirkt er dann mehr „punchy“ und breiter und verlässt dabei die Mitte. Aber das mag auch jeder anders empfinden.

Die beiden anderen Switch-Einstellungen bilden da fein abgestimmte, durchaus brauchbare Zwischenstufen.

Für den etwas schmutzigeren („Brat“)-Sound wird die Einstellung Kick EQ off / High Boost on empfohlen. Meinem Hörempfinden nach unterscheiden sich die vier Einstellungen – im Gegensatz zum „cleanen“ Sound – aber nicht so dramatisch; lediglich die Höhen werden mit dem Boost:on noch weiter betont:

Telefunken M82

Rein in die Bassdrum!

Das M82 ausprobiert: Bassdrum (oder so ähnlich)

Ok, die Überschrift ist ein klein wenig geschummelt: Ich habe keine Bassdrum (gehört einfach nicht zum Standard-Inventar von Keyboardern) und das mit der fest eingeplanten Leih-Bassdrum hatte sich dann Corona-bedingt zerschlagen („Nee, ich gebe die gerade eher ungern raus“). Stattdessen habe ich dann einen ordentlichen Bassdrum-Sound über meine Fostex RM780 gejagt, dabei das Volume auf Anschlag geschraubt und das Telefunken M82 ca. 5-10 cm vor der Membran platziert. Das ist zwar jetzt nicht dasselbe wie die optimale Mikrofonierung im Inneren der Drum direkt am Schlagfell (auch lässt sich so natürlich nicht der Abstand zur Fußmaschine variieren), soll aber zumindest überprüfen, wie sich das Mikro bei hohem Schalldruck verhält.

Während der Sound bei neutraler Position der Switches bauchiger und etwas dumpfer rüberkommt…

… klingt es bei aktivierten Switches sehr viel schärfer und aggressiver, so als ob der Mittenanteil sich gleichmäßig auf Höhen und Bässe verteilt.

Auch bei stärkstem Schalldruck zeichnet das M82 klar auf und geht nicht in die Knie. Da macht sich der maximale Schalldruckpegel von >146 dB wohltuend bemerkbar.

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Fazit

Dank seiner vier verschiedenen Filterkurven ist das Telefunken M82 ein recht vielseitiges Mikrofon, das bei Weitem nicht nur zur Bassdrum-Mikrofonierung eingesetzt werden kann. Mit Hilfe der beiden Switches lässt sich sein Klangcharakter von „gemütlich bauchig“ bis hin zu „aggressiv, scharf und mittenbefreit“ ändern. So kann man sich – je nach Situation, Hörgewohnheit und Anspruch – bequem stufenweise an seinen Wunschsound herantasten. Ob Gitarre, Drums oder Sprache, das M82 macht überall eine gute bis sehr gute Figur. Da ist dann auch der – auf den ersten Blick recht stolze – Preis von 479 Euro vertretbar (immerhin gibt es Spezialisten wie das Shure Beta 52A schon für 165 Euro). Die Verarbeitung ist zudem sehr solide und hält auch größeren Beanspruchungen locker stand, daher gibt es von mir eine klar Antest-Empfehlung.

Plus

  • sehr stabile Bauweise
  • variabler Sound von neutral bis aggressiv
  • vielseitig einsetzbar
  • umfangreicher Lieferumfang

Preis

  • 479,- Euro
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