Know How für Stage-Newcomer
Nach wochenlangem Komponieren und Proben der neuen Songs in dunklen Kellern ist die Newcomerband endlich soweit, sich dem Publikum zu präsentieren. Instrumente samt Verstärkern sind vorhanden, aber es fehlt noch eine Beschallungsanlage, um den Sound der neuen Combo auch kraftvoll rüberzubringen. Im folgenden Workshop bekommt ihr einige Tipps, was bei der Anschaffung einer neuen Tonanlage wichtig ist.
Die kleinste Version für einen Auftritt vor Publikum sind ein oder zwei Mikrofone, ein Miniaturmischpult und zwei Boxen mit Hochständern. Gitarre und Bass sind dabei nur über ihre Verstärker zu hören, vom Schlagzeug hört man den akustischen Klang, und über die kleine Anlage läuft nur der Gesang, der passend zu den Instrumenten in der Lautstärke reguliert wird.
Spielt man in einem Club, einer Kneipe oder auf einem Straßenfest, wo 100 Leute beschallt werden sollen, ist eine etwas größere Anlage angesagt. In diesem Fall sollte die ganze Band verstärkt werden, dazu braucht man eine Menge Mikrofone und mehr Leistung. Ich gehe dabei von einer klassischen Besetzung der Newcomer-Band aus: Bass, Gitarre, Schlagzeug, Keyboard oder zweite Gitarre und zweimal Gesang.
Die Anlage soll folgende Anforderungen erfüllen: Gut transportabel, einfach zu bedienen, und der Preis soll für Amateure bezahlbar sein. Außerdem sollen die Geräte bei einem guten Wiederverkaufswert möglichst lange halten.
Mikrofone
Am Anfang der Verstärkungskette steht in der Regel ein Mikrofon. Am einfachsten ist die Abnahme der Elektrogitarre: das Mikrofon leicht versetzt von der Mittelachse in 1 cm Abstand vor den Gitarrenlautsprecher stellen, fertig. Ein Gesangsmikrofon, wie das bekannte Shure SM58, das klanglich fast gleiche SM57 oder ähnliche Schallwandler genügen hier völlig.
Die Bassgitarre wird mit einer sog. Di-Box abgenommen, so erhält man problemlos einen sauberen Sound. Der Bassmann steckt sich also in die Di-Box ein, und erst von dort aus geht ein weiteres Kabel zum Bassverstärker. Von der Di-Box geht ein XLR-Kabel in das Mischpult, wo unabhängig von dem, was der Bassmann an seinem Verstärker einstellt, das Signal aus der Bassgitarre ankommt. Praktisch ist eine Stereo-Di-Box wie die Samson S-direct plus, mit dieser lässt sich bei Bedarf auch ein Keyboard leicht an die Anlage anschließen.
Dann ist das Schlagzeug dran. Die vielen Teile des Schlagzeugs lassen sich schlecht durch ein einzelnes Mikrofon auffangen, andererseits ist ein eigenes Mikrofon für jedes Teil, so wie es im Studio üblich ist, für unsere kleine Beschallung auch wieder zu aufwendig. Eine Kompromisslösung ist der Einsatz von vier Mikros am Schlagzeug: Bassdrum, Snare und zwei Overheads.
An der Basspauke brauchen wir ein Mikro, das einen satten Bass rüberbringen kann, das aber, anders als viele Newcomer glauben, auch viele Höhen hat. Nur wenn beides zusammenkommt, ist ein fetter und knackiger Bassdrumsound zu vernehmen. Der Klassiker ist hier das D112 von AKG. Der eiförmige Schallwandler bringt ohne langes Rumprobieren gute Ergebnisse. Günstige Mikros für die Bassdrum bekommt man schon für rund 50,- Euro.
Um ein Stativ einzusparen, kann man an der Snare gut ein Mikrofon mit angebauter Klemme verwenden, wie z.B. das Samson QSnare oder das ElektroVoice EV PL 35. Als Overheads dienen zwei Kleinmembranmikrofone, wobei auch Elektret-Ausführungen wie das Beyerdynamic MCE 530 klanglich sehr gute Ergebnisse liefern.
Praktisch ist vielleicht auch ein kompletter Drum-Mikrofonkoffer, wobei man sich einfach die passenden Mikros herausnimmt. Den ganzen Satz kann man bestimmt irgendwann noch mal brauchen. In den Drum-Micsets Samson 7Kit und Superlux DRK K5C2 sind jeweils 7 Mikrofone enthalten, von denen in unserem Fall nur zwei bis vier gebraucht werden. Die Sets kosten aber nicht viel mehr, als wenn man die benötigten Mikros einzeln kauft. Für das Schlagzeug müssen wir auch drei Stative mit einrechnen, ein kleines für die Bassdrum und zwei große für die Overheadmikros.
Für die Verstärkung der Stimme sind unzählige Mikrofontypen ab 12,99 Euro auf dem Markt, wobei billige Mikrofone teils schreckliche, teils durchaus angenehme Klangresultate liefern. In der unteren Preisregion fallen mir das Shure PG58 oder das Beyerdynamic TG V35ds ein. XLR-Anschlüsse sollten schon sein, Mikros mit fest angebautem Kabel sollte man nur für den absoluten Notfall bereithalten. Insgesamt brauchen wir für die Mikros mit Reserve sieben Stative. Kunststoffstative sind leicht, stehen aber nicht sehr stabil. Stative aus Metall sind zwar teurer und schwerer, halten aber länger, stehen gut und sind daher eher zu empfehlen.
Mischpult
Wichtigstes Merkmal des Mischpults ist die Anzahl der Mikrofon-Eingangskanäle. Wenn wir die im letzten Kapitel beschriebenen Mikrofone anschließen wollen, benötigen wir ungefähr 12 Kanäle. Auch die Di-Box wird mit einem XLR-Kabel an einen Mikroeingang angesteckt. Vorsicht ist bei den Bezeichnungen geboten, die viele Hersteller verwenden. Nicht an jedes 20-Kanal-Pult kann man auch 20 Mikrofone anschließen. Die Hersteller ziehen hier einfach alle möglichen Eingänge zu einer beeindruckenden, aber wenig aussagekräftigen Gesamtsumme zusammen. Es ist also unvermeidlich, das Kleingedruckte genau zu lesen.
Seit einigen Jahren sind neben den gewohnten analogen Mischpulten auch im unteren Preisbereich digitale Pulte vertreten, die durch eine Fülle von Klangbearbeitungsmöglichkeiten glänzen. Jeder Kanal kann einzeln mit Kompressoren, aufwendigen Equalizern und anderen Effekten verarbeitet werden. Nach einigen Jahren Erfahrung mit diesen Pulten tritt aber ein gravierender Nachteil immer deutlicher zutage: Die Bedienung ist mehr als unübersichtlich. Durch die Vielfalt der Parameter, die Doppel- und Dreifachbelegung vieler Bedienelemente und Steuerung über Menüs verliert auch der Fachmann im Stress der Live-Beschallung schnell die Übersicht. Es genügt, wenn der Tonmann eine versteckte Einstellung übersieht – schon geht eine zeitraubende Suche los. Der Anfänger ist oft gar nicht in der Lage, ein Ausgangssignal hervor zu bringen. Daher geht auch bei den Profis in einigen Bereichen der Trend wieder zurück zu analogen Pulten. Denn mit wachsender Zahl der Kanäle wird das Problem der Übersichtlichkeit nicht geringer. Die Hersteller bemühen sich zwar, durch größere und farbige Bildschirme und durch Beleuchtung der Regler den Bedienungsnachteil auszugleichen, dem Amateurmusiker und tontechnischem Neueinsteiger muss man jedoch unbedingt zu einem Analogpult raten.
Um die Verkabelung möglichst einfach zu halten, sollte das Pult gleich eine Effektabteilung für Hall und Echo mitbringen. Sehr schön ist auch ein Kompressor in jedem Kanal. Die Kanalkompressoren sind in der Regel nur mit einem Knopf zu bedienen und daher relativ leicht anzuwenden. Über sogenannte Aux-Wege werden die Bühnenmonitore angesteuert, dabei können nur Pre-Fade-Auxwege, also solche, die unabhängig von der Stellung der Kanalfader funktionieren, verwendet werden. Wie ich im Lautsprecherkapitel noch beschreiben werde, sollten mindestens zwei Pre-Auxwege vorhanden sein. Die Effektabteilung wird über die Post-Auxwege angesteuert, ein solcher Auxweg dürfte in der Regel genügen. Auch hier ist das Kleingedruckte wichtig: Die reine Zahl der Auxweg sagt wenig, also genau nachschauen, wieviel Wege pre-schaltbar sind. Die Bezeichnungen „pre“ und „post“ kommen übrigens aus dem Englischen und bedeuten nichts anderes als „vor“ und „nach“ – bezogen auf den Kanalfader.
Einige auf dem Markt präsente Mischpulte, die die genannten Anforderungen erfüllen, hab ich mir herausgesucht. Das Soundcraft MFXi 12 hat 12 Mikrofonkanäle, zwei Pre- und einen Post-Auxweg. Das nur knapp 7 kg schwere Pult hat auch ein Effektmodul. Ebenfalls 12 Mikrofonkanäle hat das Mackie CFX 16 Mk II, außerdem einen Effektprozessor und vier Auxwege, davon zwei pre-schaltbar. Eine Nummer größer ist das Yamaha MG 24/14fx, das 16 Mikrofonkanäle und sechs Auxwege, davon vier pre-schaltbar hat. Vom selben Hersteller gibt es das MG 206C, das mit den beschriebenen Kanalkompressoren ausgestattet ist, leider fehlt hier die Effektabteilung. Das Behringer Xenyx X2442 USB hat Kanalkompressoren plus Effekte – dafür sind nur knappe 10 Mikrofonkanäle vorhanden. Eine größere Version dieses Behringer Pultes gibt es leider noch nicht.
Oder ein Recording-Mixer?
Wenn die Newcomerband im Proberaum auch mal eine Demo-Aufnahme oder bei einem Konzert einen Live-Mischnitt machen will, wäre vielleicht ein Recordingmixer eine gute Wahl. Analoge Recordingmixer haben eine USB- oder Firewire-Schnittstelle, über die die Kanäle in einen Computer übertragen werden. Auch hier ist das Kleingedruckte zu beachten: Nicht jedes Mischpult mit dem Zusatz „USB“ ist auch ein Recording-Pult. Die USB-Schnittstelle der günstigen Kleinmixer überträgt nämlich nur zwei bis vier Kanäle, meistens ist die Summe dabei. Eine solche Aufnahme kann recht nützlich sein, eine Nachbearbeitung ist aber kaum noch möglich. Ein echter Recording-Mixer sendet natürlich die Signale der einzelnen Kanäle getrennt an den Computer (das kann auch ein Notebook sein). Im Computer können die Tracks dann in eine Audio-Software geladen und neu gemischt werden. Die Soundqualität ist dabei grundsätzlich nicht schlechter als die im Tonstudio. Die Mehrausgabe für einen Recordingmixer könnte also auf Dauer einiges an Kosten sparen.
Viel Auswahl in dieser Richtung ist auf dem Markt nicht vorhanden, für Newcomer kommen eigentlich nur zwei Pulte in Frage: das Mackie Onyx 1640i und das Phonic PHHB24U, die beide natürlich deutlich teurer sind, als die oben beschriebenen Pulte. Die sehr kompakten Pulte haben jeweils 16 Mikroeingänge, die einzeln durch eine Firewire-Schnittstelle übertragen werden. Die Zahl der Auxwege ist ausreichend, und eine Effektabteilung ist an Bord. Zumindest das Phonic liegt noch in einem Preisbereich, der für eine Newcomerband machbar erscheint. Noch ein nicht zu unterschätzender Vorteil: Die Geräte geben nicht nur die 16 Kanäle raus, sondern können diese auch wieder vom Computer empfangen, sodass ein analoger Mixdown mit den Kanälen des Mischers möglich ist.
Mischpultzusatzausstattung
Für 12 Kanäle braucht man bereits eine Menge XLR-Kabel. Mehr Übersicht gewinnt man mit einem Multicore, also ein Kabel, das viele Kanäle zusammenfasst. Auf der einen Seite ist die sog. Stagebox, ein Kasten mit vielen XLR-Eingangsbuchsen, am Ende wird das Multicore in einzelne Kabelstränge mit XLR-Steckern aufgeteilt. Diese Stecker werden an das Mischpult angeschlossen. Für unsere Anlage würde schon ein 8-fach-Multicore eine bedeutende Erleichterung sein, mehr Gewicht, aber auch mehr Übersicht bringt ein 12-fach-Kabel mit 4 Return-Wegen. Über die Rückwege gelangt das gemischte Signal auf die Lautsprecheranlage bzw. auf die Bühnenmonitore.
Um vom Mischpult aus über die Monitore zu den Musikern sprechen zu können, ist in einigen Pulten ein sog. Talkback-Mikrofon eingebaut. Falls keins vorhanden ist, sollte man ein einfaches Mikro mit Schalter und passendem Kabel dabei haben. Sehr praktisch ist auch ein Kopfhörer am Mischpult. Viele der genannten Modelle sind mit PFL-Schaltern ausgestattet, die man zum Vorhören einzelner Kanäle benutzen kann. PFL bedeutet „pre fade listening“, zu deutsch also „vor dem Fader abhören“. Auf diese Weise lassen sich einfach Probleme mit einzelnen Mikrofonen oder falsche Kanaleinstellungen aufspüren. Der Kopfhörer sollte einen ordentlichen Schalldruck erzeugen können und geschlossen sein, damit man das Signal bei lautem Direktschall noch einigermaßen hören kann. Wie beim Mikrofon sollte man jedoch ein preisgünstiges Modell wählen, denn diese Gegenstände pflegen regelmäßig bei Veranstaltungen zu verdunsten.
Auch für die Verpackung des Mischpultes sollte man noch etwas Kleingeld einrechnen. Natürlich kann man ein Mischpult auch in einer alten Decke transportieren, ärgerlich ist es aber, wenn Knöpfe verloren gehen, Potiachsen abbrechen oder das Gehäuse verkratzt wird. Stabile Cases sind nicht ganz billig, auf Dauer sparen sie aber vielleicht doch Geld, denn Reparaturen im Audiobereich können unangenehm teuer werden, außerdem sinkt der Wiederverkaufswert der Geräte. Denkt auch an eine Lampe für die Mischpultbeleuchtung.
Im zweiten Teil des Workshops erfahrt ihr etwas über Endstufen und Lautsprecher, es gibt Hinweise zur Aufstellung und zum Soundcheck. Bis dahin könnt ihr vielleicht noch mal einen Blick auf meinen Amazona-Artikel „Praxistipps für die Klein-PA“ von 2010 werfen.
„Der Klassiker ist hier das D112 von AKG. Der eiförmige Schallwandler bringt ohne langes Rumprobieren gute Ergebnisse.“ – interessanterweise hält sich dieses Gerücht so hartnäckig, dass man meinen könnte, die Empfehlenden wären von AKG geschmiert. In mehr als 12 Jahren Tonschrauberei (davon mittlerweile 10 Jahre hauptberuflich) habe ich noch nicht eine Kickdrum gehört, die mit dem D112 auf Anhieb hätte überzeugen können.
Eine Frage, die sich spontan in Bezug auf das MCE 530 aufzwingt: „Sieht aus wie ein Kondensatormikro – ist aber Elektret“.
Der Autor möge mir fundiert darlegen, was ihn dazu bringt, einem Elektret-Kondensatormikrofon seinen Kondensator absprechen zu wollen.
Als weitere Funktionsprinzipien fielen mir spontan noch das dynamische Tauchspulenmikrofon sowie das Bändchen ein. Beide arbeiten nicht mit Elektreten.
Ob eine der Platten permanent oder extern polarisiert wird, interessiert den Kondensator aber absolut nicht.
Üblicherweise versteht man unter Kondensator-Mikrofon ein Mikrofon, das mittels einer externen Spannung den Kondensator aufläd. Elektret werden in Fachkreisen meist als eigenen Kategorie verstanden.
Das D112 als Nachfolger des D12 wird nicht nur nach meiner Erfahrung zurecht gerühmt. Das heißt nicht, daß es nicht inzwischen besser klingende Mikros geben könnte.
Der Artikel richtet sich – wie in der Überschrift erwähnt – an Einsteiger im Fachgebiet. Fundierte physikalische Einlassungen wollte ich daher vermeiden.
@c.schneider „ist _aber_ ein Elektret“ klingt nach „vollkommen anderes Funktionsprinzip ungleich kondensatormikrofon“ – und das wäre sachlich gleich doppelt falsch: Ein Elektret an sich macht noch kein Mikrofon und ein Elektret-Kondensatormikrofon _ist_ ein Kondensatormikrofon. Für die Funktionsweise als Kondensatormikrofon ist es herzlich egal ob eine der Platten permanent oder extern polarisiert ist – Kondensator bleibt Kondensator.
Gerade Anfängern würde ich ausgerechnet ein D112 übrigens nicht empfehlen – der auftretende Frust ist – gemessen am aufgerufenen Preis – einfach zu groß. Selbst ein in die Trommel geworfenes SM57 liefert oftmals mit weniger Schrauberei und Positionssuche überzeugendere Kick-Sounds.
Und ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, erwarte ich von einem Fachartikel (auch dann wenn er sich an Anfänger richtet) physikalisch-technisch korrekte Fakten.
Hi Raumklang.
Persönlich habe ich mit dem D112 leider auch eher schlechte Erfahrungen gemacht. Ich bin schließlich auf ein Audix D6 gestoßen und bin seit Anfang an komplett begeistert.
Beim D112 musste ich enorm viel herumschrauben, damit ich einen wirklich fetten Bass Drum Sound hinbekommen oder jedenfalls einen Sound der so wie mein Instrument klingt. Nahezu unmöglich.