Generationskonflikt: Wie schlägt sich der Veteran?
Sennheiser HD 8 DJ vs. HD 25
Flaggschiff vs. Kult, Sennheiser HD 8 vs. Sennheiser HD 25. Vorsprung der Entwicklung vs. viel Ideologie. Ein ungleicher Vergleich? Eigentlich eine spannende Frage, was passiert, wenn diese beiden Kopfhörer aufeinander treffen.
Eine kurze Erläuterung: Der Sennheiser HD 25 heißt heute entweder klassisch HD 25 oder HD 25 Plus. Der Unterschied ist ausschließlich der Lieferumfang hinsichtlich eines zweiten Satzes Ohrpolster und ein zusätzliches Spiralkabel.
Der Oldie darf mit Fug und Recht als „Kult“ bezeichnet werden. Unzählige Profis, egal ob Kameramänner, Piloten oder DJs haben in den letzen 25 Jahren damit gearbeitet. Sennheiser hat ihn nach wie vor im Sortiment. Mein eigenes Exemplar hat irgendwas zwischen 15 und 20 Jahren auf dem Buckel. Hier ein Beweisphoto aus dem Jahr 2001:
Damals waren noch schwarze Ohrpolster drauf und das Anschlusskabel wurde in der Zwischenzeit auch gewechselt, aber sonst leistet dieser HD 25 seit mindestens 15 Jahren bravourös seinen Dienst bei mir. Es ist also sonnenklar, dass der HD 25 in diesem Vergleich einen nicht ganz kleinen Startvorteil hat. Ich kann gar nicht anders als subjektiv zu sein, denn er ist praktisch ein Teil von mir geworden. Andererseits sollten 25 Jahre auch nicht an der Kopfhörerentwicklung vorübergezogen sein, oder?
Der erste Eindruck
Wenn ich die beiden Kopfhörer so nebeneinander sehe, fällt als erstes eine Parallele zur Entwicklung des Autodesigns auf:
Hier wie dort scheint die Entwicklung in Richtung größer, schwerer und runder zu gehen. Die alten Golf-Modelle sind zierlicher, filigraner, leichter und kleiner als die neuen, also ganz genauso wie der HD 25.
Er ist mit seinen 140 Gramm ein wahres Fliegengewicht im Vergleich zu seinem mehr als doppelt so schweren Konkurrenten.
Der HD 8 wirkt wertiger und edler im Vergleich zum HD 25, der eher mit einem Trabbi-artigen Charme aufwartet. Aus Erfahrung weiß ich allerdings, dass dieser Eindruck täuscht. Der HD 25 ist ein unkaputtbares Arbeitstier, das bei mir unzählige Stürze und über 15 Jahre allgemein eher raue Behandlung überstanden hat. Ob der Herausforderer das auch kann, lässt sich heute noch nicht sagen.
Das Handling
Der HD 8 DJ ist zwar um einiges voluminöser als der HD25, benötigt aber beim Transport dennoch weniger Platz. Er lässt sich zusammenfalten, was beim Veteranen nicht möglich ist.
Beide Geräte haben ein einseitig herausgeführtes Kabel. Beim HD8 ist dies allerdings intelligenter gelöst, da an beiden Hörmuscheln Buchsen für das Kabel sind. Man kann wählen, auf welcher Seite man gern das Kabel haben möchte. Coole Sache, finde ich. Die Kehrseite dieser Bauweise: Sollte das Kabel innerhalb des Kopfhörers kaputtgehen, was angesichts der Schiebemechanik zur Größenverstellung des Bügels schon mal passieren kann, ist der Kopfhörer nicht mehr selbst zu reparieren. Beim HD 25 geht das auswechselbare Kabel wirklich bis zur Ohrmuschel. Egal wo das Kabel bricht, man kann es leicht selbst austauschen.
Beide Hörer liegen sehr unterschiedlich an den Ohren an. Der HD 25 sitzt direkt auf den Ohrmuscheln, wodurch sich kein Gefühl von Abgeschlossenheit ergibt. Dafür übt er ziemlich starken Druck auf die Ohren aus und macht unmissverständlich klar, dass es nicht ums Wohlfühlen im Wohnzimmer geht, sondern um Arbeit. Der HD8 DJ umschließt das ganze Ohr, ohne direkt auf die Ohrmuschel zu drücken. Das macht ihn auf die kurze Distanz wesentlich angenehmer zu tragen. Hat man ihn länger auf den Ohren, wird es allerdings sehr warm und schwitzig darunter. Das höhere Gewicht macht sich bei längeren Sessions auch eher unangenehm bemerkbar. Beide Hörer lassen sich dank der wegklappbaren Muscheln gut einseitig tragen. Der HD 25 hat auf diesem Gebiet ein wenig die Nase vorn, einfach aus dem Grund, dass seine Muscheln kleiner sind, also leichter neben die Ohren passen. Beide Hörer lassen sich sehr gut in der typischen DJ-Pose ohne einen Hang zum Wegrutschen zwischen Kopf und Schulter einklemmen, was ein echtes K.O.-Kriterium für mich wäre.
Der Testaufbau und die verwendete Musik
Um den Klang der Beiden zu vergleichen, habe ich folgendes Testaufbau benutzt:
Für den Klangvergleich habe ich zwei Songs ausgewählt. Zum einen Michael Jacksons „Billie Jean“, den ich im Verlauf meines Lebens ungefähr eine Schrillion Mal und das auf völlig unterschiedlichen Wiedergabeketten gehört habe, so dass mir auch feine Klangunterschiede der beiden Hörer sofort auffallen. Jackos Stimme und die Shaker sind extrem gut geeignet, um die Höhen zu beurteilen. Die nahezu perfekte Produktion von Quincy Jones hilft enorm dabei, die Gesamtabstimmung zu vergleichen.
Als zweites Stück kam „Dropout“ von TJ Kong & Nuno Dos Santos zum Einsatz. Ebenfalls ein alltime Favorit, von dem ich genau weiß, wie er klingen sollte. Die Beats sind krass impulsiv, die ganze Produktion springt einen förmlich an, so dass sie sehr gut geeignet ist, um Impulsivität, Druck und Impulsfestigkeit zu beurteilen. Gegen Ende wird das Stück sehr flächig und fängt bei hohen Lautstärken schnell an klanglich zu nerven, wenn die Mitten nicht sauber wiedergegeben werden.
Der Klang
So, genug der Vorrede, wir springen mitten hinein in den Klangvergleich. Worin sich die beiden Kopfhörer sehr ähnlich sind, sie brauchen einen gewissen Pegel um „aufzuwachen“. Richtig Druck entwickeln sie erst bei Lautstärken weit jenseits von Zimmerlautstärke.
Ich war überrascht, wie groß die Unterschiede in der klanglichen Abstimmung sind. Erwartet hätte ich, dass zwei Geräte, die offensichtlich für den professionellen Einsatz konzipiert sind, wesentlich neutraler und damit ähnlicher klingen, aber dem ist nicht so. Ganz und gar nicht.
Die Höhen beim HD 25 sind um einiges präsenter und lauter. Bei den Shakern in „Billie Jean“ ist das toll, aber Jacksons Stimme zischelt, als ob das Signal aus den letzten Rillen einer durchgenudelten Schallplatte kommen. Ganz offensichtlich übertreibt mein alter Wegbegleiter hier ein wenig. Ganz anders der Herausforderer. Die Shaker und Hi-Hats sind da und deutlich zu unterscheiden, aber lange nicht so dominant. Jackos Stimme springt den Hörer nicht so an, klingt aber auch irgendwie ein wenig quäkend.
In Bassbereich dann ein umgekehrtes Bild: Der HD8 DJ lässt die Bassdrums von „Billie Jean“ nicht ganz so sehr klopfen, sondern satter wummern als der HD 25 und die Bassline ist auch präsenter, weil tiefer und druckvoller.
Bei „Dropout“ wird es noch deutlicher: Der HD8 hat einen wesentlich lauteren Bassbereich, womit er der aktuellen Kopfhörermode folgt. Er ist insgesamt einfach dunkler und bassiger abgestimmt. Die Höhen des HD 25 sind im direkten Vergleich schon arg zischelig und laut.
Kann sein, dass es an der Gewöhnung meiner Ohren an die stark präsenten Mitten des HD 25 liegt, aber der Klang von Stimmen beim HD8 gefällt mir einfach nicht.
(Das Photo mit den beiden Autos habe ich aus einem Bild von Allenthepostman und der National Roads and Motorists Association zusammengebastelt. Beide unter CC-Lizenz.)
Leider ist ein böser Fehler im Bericht! Der Sennheiser HD 25 war nie ein Pilotenkopfhörer!
Dafür fehlte ihm schlichtweg die Zulassung. Die für den Flugbereich zuständige Aviation-Sparte hat Sennheiser im März 2016 komplett eingestellt.
Ganz allgemein ist ein DJ-Kopfhörer für den Filmton eher ungeeignet, obwohl viele damit unterwegs sind.
Immer noch der Goldstandard für den Filmton sind die Beyerdynamic DT-48, DT-250 und DT-770 Pro.
@Franz Walsch Dass der HD25 ein Pilotenkopfhörer war, stimmt wohl tatsächlich nicht.
Aber die Concorde wurde ab 1989 damit zumindest im Passagierbereich ausgestattet. Das war das Jahr der Einführung des ersten HD 25, meine ich.
Aber sonst ein sehr flockig zu lesender Testbericht, informativ und auch mit Witz.
Mir Bayern halt!
;-)
Bairische Grüße vom Onkel Sigi
Auch wenn es stimmt das die Abstimmung des HD25 Praxisgerecht ist, ist die Argumentation mit dem gesundheitlichen Aspekt irreführend und falsch, da gerade hohe Lautstärken in den unteren Höhen schneller zu Hörschäden führen, um diese zu vermeiden sind wahrscheinlich In-Ears mit guter Isolierung die beste Lösung.
Das Umweltbundesamt zu dem Thema:
http://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/laermwirkung/gehoerschaeden#textpart-2
@synaesthesia Stimmt!
Von Beyerdynamic gibt es eine Reihe von Kopfhörern mit eingebautem passiven Limiter
(https://www.beyerdynamic.de/innovationen/limiter-konzept.html).
Besser ist es aber via Pegelton den Arbeitspegel festzulegen und diesen Wert in der Praxis nicht zu überfahren.
filmton? sony mdr-7506 ist seit vielen jahren eine gute wahl. ich mag sie wegen des klaren und transparenten klangbildes, auch für musik.
@mdesign Habe dafür auch den Sony im Koffer. Spielt seit Jahren gut, lässt sich klein falten. Nur die Ohrpolster haben sich inzwischen aufgelöst.
Tipp: Die EDT 250V von Beyerdynamic passen perfekt als Ersatz. Das Velour ist deutlich angenehmer als das originale Kunstleder und günstiger sind sie zudem auch noch.
Ich hatte den HD 8 DJ mal gezwungenermaßen auf da bei meinem HD 25 das Kabel gebrochen ist im Club. ich finde ihn einfach zu klobig usw. Ich selbst nutze selber seit gut 13 Jahren HD 25 (das erste paar hat 10 Jahre Clubeinsatz hinter sich und abgesehen von einer Hörmuschel und dem besagten Kabel – 1,2 m habe ich dann auf 3 m spiralkabel getauscht) tut er sogar heute noch seine Dienste! Vorher hatte ich u.a. den Sony MDR V 700 und den chromfarbenen ähnlicher Bauweise von Pioneer – keiner hielt sonderlich länger als 2 Jahre durch. Und bei diesen Modellen war kaputt halt auch wirklich gleich der gezwunge Neukauf…
Ich jedenfalls schwöre auf meinen HD 25 :)
Ich bin immer wieder verblüfft wie gut der HD25 ist und ich habe nun auch ein paar andere Kopfhörer durch. Soll nicht heissen das die anderen wirklich schlecht sind, aber über alles hinweg ist er einfach für mich am besten geeigent. Gutes stimmiges Klangbild und gute Abschirmung und vor allem, angenehm für lange Zeit zu tragen.
Kann mich der Lobhudelei zum HD25 anschließen. Robuster, als er sich erstmal anfühlt. Hab ihn jetzt seit einigen Monaten im Einsatz (hier gewonnen) und ihn sogar für neue Tracks als Hauptkopfhörer zum Mischen verwendet (sonst ist es der ATH-M50x) – und – er hat sich dabei sehr gut geschlagen.
Hurra – die Editierfunktion ist wieder am Start. Super!