Alles, was du zum Thema EQ wissen musst
Es steckt schon im Wort Equalizer: Der Equalizer diente eigentlich in erster Linie dazu, den Frequenzgang eines Signals zu korrigieren, ihn anzugleichen. Doch anzugleichen woran? Das ist die spannende Frage, der wir in diesem Grundlagenartikel nachgehen wollen.
Inhaltsverzeichnis
Equalizer – ein Begriff, viele Bedeutungen
Hinter dem Wort Equalizer (kurz EQ) steckt technisch viel mehr als es das Wort vermuten lässt. Ein Equalizer besteht aus einer oder mehreren Filterschaltungen, die den Frequenzgang des am Eingang anliegenden Signals verändern. Jeder kennt die Regler für Bässe und Höhen der Stereoanlage (sofern es so eine in den Haushalten noch gibt). Hier handelt es sich um einen Equalizer mit zwei Filterschaltungen, der zwei Frequenzbänder bearbeitet.
Parametrischer Equalizer
Im Mischpultkanal findet man auch häufig einen Equalizer. Oft für Bässe, Mitten und Höhen. In der einfachsten Form besitzt eine solche Filterschaltung einen Regler für das Anheben oder Absenken des Pegels eines definierten Frequenzbereichs mit einer festen Breite.
Manchmal lässt sich auch die Frequenz bestimmen, bei der angehoben oder abgesenkt werden soll. Genauer gesagt bestimmen wir eine Center-Frequenz, um die herum die Bearbeitung geschieht. Bei kleineren analogen Mischpulten ist oft der Mitten-EQ mit einem solchen zweiten Regler zum Einstellen der Center-Frequenz ausgestattet. Wir sprechen dann von einem semi-parametrischen Equalizer.
Im dritten Fall kommt noch ein weiterer Parameter hinzu, der vom Anwender eingestellt werden kann: die Breite der Bearbeitung. Man spricht hier oft auch von Q-Faktor oder der Filtergüte. Der Q-Faktor ist dabei umgekehrt proportional zur Bandbreite (d=1/Q). Ein hoher Q-Faktor bedeutet also eine geringe Bandbreite, ein niedriger Q-Faktor eine hohe Bandbreite. Möchten wir also ein möglichst breites Frequenzband rund um unsere Center-Frequenz bearbeiten, muss der Q-Faktor möglichst klein gewählt werden. Ist das Ziel hingegen das gezielte Herausfiltern einer Störfrequenz, arbeiten wir mit einem sehr hohen Q-Faktor, um möglichst wenig vom Nutzsignal zu erfassen. Ein EQ, der alle drei Parameter (Filter-Gain, Center-Frequenz, Filtergüte Q) umfasst, nennt man auch vollparametrischen Equalizer (kurz oft parametrischer Equalizer genannt).
Grafischer Equalizer
Einen Sonderfall stellen grafische Equalizer dar. Statt nun zwei oder drei Frequenzbänder zu „parametrisieren“, nutzt ein grafischer Equalizer Festfrequenzen. Er unterteilt den Frequenzbereich von 20 Hz bis 20.000 Hz in einzelne Frequenzbereiche. Jedem Frequenzbereich wird dabei ein Regler für die Verstärkung oder Abschwächung desselben (Gain) zugeordnet. Die Breite eines jeden Frequenzbandes ergibt sich aus der Anzahl der Filter, die genutzt werden: Ein Oktavband-EQ bearbeitet Frequenzbänder im Abstand einer Oktave ausgehend von 1 kHz. Er besitzt normalerweise zehn Regler für die Frequenzbereiche um 31 Hz, 63 Hz, 125 Hz, 250 Hz, 500 Hz, 1 kHz, 2 kHz, 4 kHz, 8 kHz, 16 kHz. Es handelt sich hier also um Center-Frequenzen, um die herum die Bearbeitung geschieht. Eine Verdoppelung oder Halbierung einer Frequenz entspricht dem Abstand einer Oktave – daher der Name Oktavband-EQ.
Feinere Auflösungen bieten Terzband-EQs. Hier sind die Bänder im Abstand einer Terz angeordnet. Ein solcher Terzband-EQ besitzt in der Regel 30 oder häufiger 31 Bänder (je nach Hersteller). Sie werden oft für das Entzerren von Lautsprechern genutzt (z. B. Monitorlautsprechern oder PA-Lautsprechern).
Fälschlicherweise wird oft behauptet, dass sich anhand der Reglerposition eines grafischen Equalizers die EQ-Kurve ablesen ließe. Leider hat die „Reglerkurve“ mit der „Frequenzkurve“ so überhaupt nichts gemeinsam. Das liegt vor allem daran, dass sich benachbarte Frequenzbereiche etwas überlappen und sich die einzelnen Filter gegenseitig beeinflussen.
Filtertypen
Peak-Filter
Beim Peak-Filter werden alle Frequenzen um die eingestellte Center-Frequenz bearbeitet. Die Breite der Bearbeitung wird durch die Filtergüte (Q-Faktor) bestimmt. Die Mitten-Filter von Mischpulten sind in der Regel als Peak-Filter ausgeführt. In älterer deutscher Fachliteratur liest man oft auch das Wort „Glockenfilter“, in englischsprachiger Literatur „bell filter“, weil die EQ-Kurve eines solchen Filters die Form einer Glocke hat.
Peak-Filter werden mit schmalerer Bandbreite oft zum Herausfiltern von Resonanzfrequenzen verwendet. Anhebungen finden meistens mit hoher Bandbreite statt und nur um einen kleinen Betrag.
Shelving-Filter
Das Shelving-Filter bearbeitet alle Frequenzen ober oder unterhalb einer einstellbaren Einsatzfrequenz. Fast alle Bass- und Höhen-EQs sind als Shelving-Filter ausgeführt. Die breite Bearbeitung ober oder unterhalb der Einsatzfrequenz empfindet das Gehör als sehr musikalisch. Im deutschsprachigen Raum liest man auch den Begriff „Kuhschwanzfilter“ für das Shelving-Filter.
Werden die Höhen mit einem Shelving-Filter bearbeitet, spricht man von High-Shelf-Filter, sind es die Bässe dementsprechend von einem Low-Shelf-Filter.
Notch-Filter
Eigentlich zum Peak-Filter gehörend ist das Notch-Filter ein Peak-Filter mit maximalem Q. Im deutschsprachigen Raum liest und hört man auch den Begriff Kerbfilter. Ein solches Filter dient fast ausschließlich dem Auslöschen von unschönen Resonanzen aus dem Signal wie zum Beispiel Rückkopplungen. Analoge Notch-Filter besitzen deshalb häufig nur einen Regler zur Auswahl der gewünschten Center-Frequenz und einen weiteren Regler zum Absenken des Gains.
Low Cut/High Cut
Eigentlich nicht zum EQ gehören zwei weitere Filtertypen, die dazu dienen, unerwünschte Signalbestandteile ober- oder unterhalb einer einstellbaren Grenzfrequenz mit einer festgelegten oder einstellbaren Flankensteilheit zu filtern. Da solche Filtertypen aber auch in vielen Equalizern zu finden sind, möchte ich sie nicht unerwähnt lassen. Die Flankensteilheit wird in dB pro Oktave angegeben und bestimmt, wie schnell der Signalpegel ober- oder unterhalb der Grenzfrequenz abfällt. Typische Angaben sind 6 dB/Oktave, 12 dB/Oktave, 18 dB/Oktave, 24 dB/Oktave und 48 dB/Oktave. Digitale Filterschaltungen ermöglichen oft auch sehr steilflankige Filterungen mit bis zu 48 dB/Oktave.
Mit diesen Filtertypen lassen sich sehr gut Störgeräusche oder nicht benötigte Signalanteile entfernen, die unterhalb oder oberhalb des Nutzsignals liegen.
Im deutschsprachigen Raum werden auch die Begriffe Tiefensperre und Höhensperre in älterer Fachliteratur genutzt. Im englischsprachigen Raum findet man auch die Begriffe High Pass anstelle für Low Cut und Low Pass anstelle von High Cut. Kombiniert man ein Low Cut und High Cut Filter, erhält man einen Bandpass. Es wird also nur ein bestimmtes Frequenzband durchgelassen. Das Gegenteil des Bandpasses wäre die Bandsperre (der definierte Frequenzbereich wird gesperrt, also ausgefiltert).
Einsatz von Filtern und Equalizern
Der Einsatz von Equalizern ist vielfältig. Allgemein werden Filter eigentlich zur technischen Verbesserung eines Signals eingesetzt. Manchmal sind sie auch notwendig, um ein Signal überhaupt weiter verarbeiten zu können. Sie kommen in der Funktechnik vor, werden in der Signalübertragung in digitalen Systemen verwendet und vieles mehr.
Auch der Equalizer ist ursprünglich als Entzerrer konzipiert worden, um ein in irgendeiner Form im Frequenzgang verbogenes (= verzerrtes) Signal wieder zu entzerren. So konnten anfangs viele Equalizer auch nur Signalanteile abschwächen. Dies war mit wenigen passiven Bauteilen wie Widerständen und Kondensatoren möglich. Mit der Hilfe von Röhren und Transformatoren zur Verstärkung verbreiteten sich Equalizer, die neben der Absenkung auch eine Anhebung ermöglichten. Die größte Wende brachte der Transistor, der als einfaches elektronisches Bauteil vom Anwender regelbare Verstärkungen ermöglichte.
Heute finden sich Equalizer nahezu überall, wo es um Musik geht: In der Stereoanlage, im Mischpult, in der DAW, selbst im Smartphone. Mal dienen sie der technischen Korrektur, mal hat ihre Anpassungen einen eher musikalischen Zweck.
So können wir mit einem Notch-Filter im Live-Betrieb störende Rückkopplungen herausfiltern oder im Tonstudio Resonanzen oder Störgeräusche.
Mit einem Peak-Filter senken wir überpräsente Bereiche eines Signals ab, um zum Beispiel das Dröhnen einer Bass-Drum zu verringern, Mulm aus einer Stimme zu entfernen oder Luft zu schaffen für ein Instrument, welches sonst von einem anderen überlagert würde. Wir heben vielleicht mit dem Peak-Filter den Präsenzbereich etwas an, um Stimmen mehr Durchsetzungsfähigkeit zu geben. Eventuell senken wir die Sibilanten etwas ab, um Zischlauten vorzubeugen. Mit dem High-Shelf machen wir das Signal luftiger und drehen Frequenzen oberhalb von 8, 10 oder 12 kHz rein. Das Low-Shelf-Filter schiebt die tiefen Frequenzanteile von Bass und Bass-Drum nach vorne und lässt beim Konzert die Hosenbeine flattern.
Der Tonmeister sorgt durch das Setzen von High- und Low-Cut-Filtern dafür, dass jedem Instrument nur der für ihn im Mix wichtige Frequenzbereich zugeteilt wird und räumt so das Klangbild schon vor der Mischung entsprechend auf.
An der Stereoanlage erhöhen wir gerne bei geringeren Lautstärken etwas die Bässe und die Höhen mit dem Equalizer (ähnlich wie die Loudness-Funktion), um die geringere Empfindlichkeit unseres Gehörs in diesen Bereichen auszugleichen.
Am Gitarrenverstärker formen wir unseren Lieblings-Sound mit den Bass-, Mitten- und Höhenreglern. Und auch am Bass und am Keyboard nutzen wir EQs, um den Sound zu formen. Hier wird der Equalizer also als klanggestaltendes Mittel eingesetzt und weniger zur Korrektur.
Auch ein Mikrofon ist ein Equalizer
Hat man beim Wort Equalizer immer sofort ein spezialisiertes technisches Gerät im Kopf, ist der wohl mächtigste Equalizer im Werkzeugkoffer eines Tontechnikers das Mikrofon. Insbesondere dynamische Mikrofone wie das Tauchspulenmikrofon oder das Bändchenmikrofon, aber auch Großmembran-Kondensatormikrofone haben einen ausgeprägten Eigenklang, für den verschiedene Modelle teilweise auch berühmt sind. Zudem bestimmt die Richtcharakteristik maßgeblich den Frequenzverlauf des zu übertragenden Signals. So können wir durch die Auswahl verschiedener Mikrofone das bewirken, was sonst die Reglerbewegung am Equalizer bewerkstelligen würde. Gleiches gilt für das Ausrichten des Mikrofons und den gewählten Abstand.
Ein Beispiel: Soll eine Stimme tief und wuchtig klingen, wird ein Mikrofon mit Nahbesprechungseffekt, das ich im geringen Abstand bespreche (oder besinge) den gewünschten Effekt liefern. Möchte ich einen eher seidigen Klang ohne viel Bass und mit schönen Höhen, wird ein Kondensatormikrofon mit etwas größerem Besprechungsabstand gute Dienste leisten. Für einen wuchtigen Bass-Drum-Sound mit viel Bassanteil sorgt ein Mikrofon mit Kugelcharakteristik oder einer Achtercharakteristik. Statt für die Tiefenstaffelung im Mix Höhen aus einem Signal herauszufiltern (zum Beispiel aus den Backing Vocals), greift der Tontechniker zu einem Bändchenmikrofon mit geringerer Höhenwiedergabe, das zugleich aber einen sehr ausgewogenen Frequenzgang besitzt.
Eine gute Mikrofonierung sorgt zudem für verringertes Übersprechen und ein besseres Resonanzverhalten. So bleiben zu starke Eingriffe mit dem Mischpult-EQ oder dem EQ in der DAW hinterher erspart und vielleicht können die Filter dann eher zur Klanggestaltung dienen, wenn gewünscht.
Exkurs: Die Sache mit der Phase
Wenn man über Equalizer spricht, muss man auch über die Phase sprechen. Die Phase eines Audiosignals ist eigentlich nicht hörbar. Wir betrachten bei der Phase den Zeitpunkt, an dem wir uns innerhalb eines Zyklus, also eines kompletten Wellendurchgangs, befinden. Angegeben wird dieser in Grad. Bei einem monofonen Signal können wir nicht hören, wann ein Zyklus beginnt und wann er aufhört beziehungsweise wo wir uns gerade im Zyklus befinden. Ob der Zyklus nun mit der positiven Halbwelle startet oder mit der negativen, ist nicht hörbar.
Man kann das relativ leicht testen, indem man ein Testsignal, zum Beispiel einen Testton oder Rauschen über einen einzelnen Lautsprecher wiedergibt. Nun dreht man die beiden Adern des Lautsprecherkabels, „verpolt“ den Lautsprecher also. Die Membran wird sich nun also immer dann nach außen bewegen, wenn sie eigentlich innen sein sollte und umgekehrt. Wir können den Effekt nicht hören.
Anders sieht das aus, wenn wir zwei Signale gleichzeitig wiedergeben. Je größer der gemeinsame Anteil zwischen beiden Signalen ist oder wenn sie identisch sind, desto eher hören wir einen eventuellen Versatz zwischen den Zyklen beider Signale.
Führen wir das Experiment zur Verdeutlichung mit zwei Speakern durch: Das Testsignal wird nun über zwei Lautsprecher wiedergegeben. Bei einem davon vertauschen wir die Adern des Lautsprecherkabels. Nun bewegt sich eine Membran immer nach innen, während sich die Membran des zweiten Lautsprechers nach außen bewegt. Diesen Effekt hören wir. Es kommt zu Auslöschungen im Gesamtfrequenzgang. Die Lautsprecher sind „out of phase“ oder phasenungleich.
Bei einem Equalizer werden Frequenzen durch die Bauteile leicht verzögert. Bei einer digitalen Implementierung wird diese Verzögerung durch zeitlich unterschiedliche Abgriffe des Samples erreicht. Durch die Mischung des verzögerten mit dem unverzögerten Signal, die nun beide eine unterschiedliche Phase besitzen, kommt es zu Anhebungen und Auslöschungen. Ein Equalizer nutzt also Phasenverschiebungen und führt zu Phasenverschiebungen.
Das ist alles überhaupt nicht schlimm, denn wie gesagt: Wir hören Phasenverschiebungen nur dann, wenn gleiche Signalanteile bei zwei Signalen vorhanden sind und bei einem davon die Phase verschoben ist. Interessant wird es immer dann, wenn wir Signale mischen und Equalizer bei Einzelspuren anwenden, die gleiche Signalanteile besitzen. Das ist zum Beispiel bei der Mikrofonierung eines Schlagzeugs mit mehreren Mikrofonen interessant. Hier kommt es aufgrund der Laufzeitverschiebung zwischen den verschiedenen Mikrofonen ohnehin schon beim Zusammenmischen zu einem Phasing, weshalb oft mit einem Maßband gearbeitet wird oder Mikrofone so lange verschoben werden, bis das Phasing nicht weiter störend ist. Setzt man nun aber einen EQ zum Beispiel auf dem Snare-Mikrofon ein, auf dem unweigerlich die HiHat mit zu hören ist und zugleich auf dem HiHat-Mikrofon, auf dem unweigerlich auch die Snare zu hören ist, kann sich die Phasenverschiebung durch den EQ negativ bemerkbar machen. Hier gilt es also immer, genau hinzuhören.
Linearphasige Equalizer versuchen übrigens dem Problem beizukommen, indem alle Frequenzen entsprechend ihrer Laufzeit verzögert werden. Am Ende kommt also trotz EQ-Einsatz ein Signal ohne Phasenverschiebung heraus. Allerdings führt das nicht nur zu einer höheren Latenz, sondern auch zu Problemen mit den Transienten.
Tipps für den Umgang mit dem Equalizer
Egal ob Hardware oder Sofwtare, der Umgang mit Equalizern muss geübt werden. Obwohl es hilfreich sein kann zu wissen, welchen Effekt das Anheben oder Absenken eines bestimmten Frequenzbereichs beim jeweiligen Instrument oder der Stimme hat, sind alle Angaben in Frequenztabellen immer nur grobe Richtwerte. Schon die Stimmung einer Bassdrum verschiebt beispielsweise die Kick-Frequenz. Noch ausgeprägter ist der Einfluss der Stimmung bei Trommeln, die auf eine Tonhöhe gestimmt werden, wie zum Beispiel bei Toms. Aus diesem Grund sind EQ-Presets immer nur grobe Anhaltspunkte, in welchem Bereich man zu suchen hat. Nimm diese Presets deshalb als Ausgangsbasis. Erhöhe die dort vorgenommenen Anhebungen und Absenkungen leicht und verschiebe dann die in den Presets eingestellten Center-Frequenzen etwas nach oben und unten, bis du das optimale Resultat erzielt hast.
Oder nimm deine Stimme auf, loope die Aufnahme und durchwandere mit einem Peak-Filter bei mittlerem Gain und einem mittleren Q das Frequenzband. Höre nun genau hin, wie sich die Stimme verändert. Bei einem besonders nervig klingenden Bereich wechselst du dann mal auf eine Absenkung und schaust, wie weit du absenken musst, damit es wieder angenehm klingt. Erhöhe auch mal den Q-Faktor, denn allgemein ist eine schmalere Absenkung immer besser als eine breite Absenkung. Bei Anhebungen ist es genau umgekehrt: Breite Anhebungen klingen „musikalischer“ als schmalbandige. Interessant ist bei Stimmen der Bereich zwischen 300 Hz und 3 kHz sowie zwischen 4 kHz und 8 kHz. Achte mal darauf, was hier bei Anhebungen oder Absenkungen geschieht. Du solltest feststellen, dass im Bereich zwischen 300 Hz und 3 kHz schon geringe Veränderungen große Auswirkungen haben. Das liegt an unserem Gehör, das hier besonders empfindlich ist. Möchtest du einen ähnlichen starken Effekt in den Bereichen darunter oder darüber erzielen, musst du viel stärker bearbeiten.
Nimm einen Sinuston bei 1 kHz. Kopiere ihn auf eine zweite Spur, sodass beide Spuren phasengleich abgespielt werden. Beide Spuren müssen die gleiche Lautstärke haben. Auf dem ersten Kanal fügst du nun einen EQ ein und setzt jeweils einen Low Cut und einen High Cut, zum Beispiel beide mit 24 dB/Oktave. Schalte zunächst die zweite Spur ohne EQ stumm und höre dir nur die Spur mit dem EQ an. Spiele mit den Low und High Cut Frequenzen herum. An dem Sinuston sollte sich nichts verändern (außer du kommst mit einem der beiden Filtern diesem sehr nahe oder unter bzw. überschreitest 1 kHz. Schalte nun die zweite Spur mit dem Sinuston ohne EQ dazu. Schalte zunächst den EQ aus. Du hörst beide Sinustöne phasengleich. Sie überlagern sich und durch die gleiche Phase erhöht sich der Pegel. Nun schalte den EQ mit den Low und High Cut Filtern ein. Spiele mit den Grenzfrequenzen der beiden Filter herum. Die Phase verschiebt sich und du wirst hören (und am Meter des Master-Kanals auch sehen), dass sich der Pegel der Summe mal erhöht, mal verringert. Dies geschieht immer dann, wenn durch die Bearbeitung eine Veränderung der Phase im Bereich von 1 kHz erreicht wird. Du hörst also die Auswirkungen des EQ. Schalte den zweiten Kanal ohne EQ testweise aus und alles hört sich wieder normal an, obwohl der EQ auf dem ersten Kanal nach wie vor aktiv ist. Dieses kleine Experiment verdeutlicht dir noch einmal, welche Auswirkungen die durch einen Equalizer erzeugten Phasenverschiebungen bei gleichen Signalanteilen haben können.
Ein sehr interessanter Artikel, der echt Spaß gemacht hat zu lesen.
Schön, wäre jetzt ein zweiter Teil, bei dem es mehr in die Praxis geht.
„…Mulm aus einer Stimme zu entfernen oder Luft zu schaffen für ein Instrument, welches sonst von einem anderen überlagert würde. Wir heben vielleicht mit dem Peak-Filter den Präsenzbereich etwas an, um Stimmen mehr Durchsetzungsfähigkeit zu geben…“
Was muss ich tun, um den Mulm los zu werden und wie genau arbeite ich an der Durchsetzungsfähigkeit? Um mal ein Beispiel zu nennen.
@Dennis Strahn „Mulm“ herrlich 😂… ich kenne das Wort nicht, aber habe eine konkrete Vorstellung davon, was damit gemeint ist…
@LouisWu13! Sehr guter Artikel. Ich habe tatsächlich bei Diskussionen im Netz über Mixe dieses Wort (mulmig) auch schon öfters gelesen. Selber sagt man oft „matschig“. Wobei dies eher auf den Gesamtmix zutrifft. Beides erklärt aber einfach einen untransparenten bzw. verwaschenen Mix oder eben reduziert auf einzelne Spuren wie Gesang, der undefiniert/verwaschen klingt und daher „mulmig“.
EQ: Ich persönlich bin sehr zufrieden mit dem internen Studioequalizer von Cubase. Der macht einen guten, stabilen Job und grafisch ist er auch kontrastreich. Das er etwas gröber arbeitet wie z.B. iZotope oder Fabfilter erleichtert meiner Ansicht nach das zu hörende Ergebnis, auch wenn diese feiner sind. Gute Boxen sind das A&O, um überhaupt den „Mulm“ zu hören. KI ist ebenfalls ein Segen für definierte Mixe in einfachen Räumen mit Hobbyequipmemt.
Kurzes klugscheißen: Wenn man die Adern eines Lautsprechers vertauscht ändert man die Polarität des Signals, nicht die Phase. Bei einem unendlich lang abgespielten Sinuston ist das zwar Jacke wie Hose, aber unendlich lange spielen wir den ja nicht ab. Ein um 180° gedrehtes Signal erhalten wir, wenn wir ein delay von der Länge 1/2f einfügen, wobei f die Frequenz ist.
@susuexp Ja, das stimmt. Deshalb steht ja auch „verpolt“ im Text. Das ist auch das, was der „Phase“-Schalter am Mischpult wirklich macht. Er ändert die Polarität. Der Effekt ist aber identisch, deshalb ist das am Beispiel des Lautsprechers schön nachzuvollziehen. Ist halt das klassische Beispiel dafür. Beim EQ ist es aber tatsächlich die Phase, die sich verändert.
@Markus Galla Na ja, auch der Schalter am Mischpult ist ja eigentlich ein „Polarity switch“, auch wenn sich da ähnlich wie beim Tremolo an der Gitarre, das ja eigentlich ein Vibrato erzeugt ein nicht ganz richtiger Sprachgebrach etabliert hat. Und klar jedes Filter stellt letztlich eine frequenzabhängige Veränderung von Phase und Amplitude da, beim Allpass ja sogar nur der Phase – die Amplitude bleibt über den Frequenzverlauf unverändert.
@susuexp Schrieb ich ja im Kommentar (in Bezug auf die „Phasenumkehr“ am Mischpult, die auch nur die Polarität ändert). Der Effekt der Polaritätsumkehr ist aber identisch zu dem der Phasenverschiebung um 180°. Die obere Halbwelle klappt nach unten und die untere nach oben. Vermutlich hat sich deshalb für die Polaritätsumkehr auch das Wort „Phasenumkehr“ eingebürgert.
@Markus Galla Nö, der Begriff Phasenumkehr für den Polaritätswechsel kommt tatsächlich eher von den Starkstromleuten (so wie dreiphasiger Drehstrom). Bei einer symmetrischen Verkabelung hab‘ ich keine drei, aber zwei Phasen – wenn ich die vertausche, dreh‘ ich die Polarität um.
Daß manche Hersteller Entwickler ohne Plan haben, die im UI nen Knopf mit „180°“ für die Polaritätsumkehr haben, kommt vielleicht daher, daß das (anders als bei den Mischpulten früher) Leute sind, die nie ein Kabel in der Hand hielten.
@Markus Galla „Der Effekt der Polaritätsumkehr ist aber identisch zu dem der Phasenverschiebung um 180°.“
Da muss ich leider doch auch noch mal Erbsen zählen, denn das ist falsch, auch wenn es immer wieder erzählt wird. Das liegt daran, dass als Beispiel immer wieder Sinusschwingungen herhalten müssen, und bei diesem Spezialfall stimmt es dann tatsächlich. Aber male dir mal eine Sägezahn mit 180° Phasenverschiebung vs Invertierung/ Verpolung auf, dann wird das sofort deutlich. Fällt die Flanke im Originalsägezahn ab, so tut sie das bei Phasenverschiebung immer noch, bei Verpolung steigt sie an.
Hallo Markus,
Herzlichen Dank für Dein interessanten Artikel! Einiges weiß oder vermutet man zwar aber hier alles in ein guten Zusammenhang zu lesen ist sehr gut :-)
Vielen Dank und viele Grüße, Garfield.
„…….. Leider hat die „Reglerkurve“ mit der „Frequenzkurve“ so überhaupt nichts gemeinsam…..“
Das ist natürlich übertrieben. Wenn die Regler einen deutlichen boost der Höhen darstellen wird sicherlich in den hohen Frequenzen kein Tal erzeugt.
Das ist damit nicht gemeint – siehe Screenshot oben. Dort kann man das sehr deutlich erkennen, wie die Reglerposition ist und wie der tatsächliche Frequenzverlauf ist, der erheblich drastischer ausfällt. Das berücksichtigen leider viele nicht und verwechseln deshalb die Darstellung am GEQ mit dem Frequenzverlauf.
@Markus Galla Ok Markus, das Bild habe ich tatsächlich nicht mit einbezogen. So macht das natürlich Sinn.
Danke für den interessanten Artikel. Grundlagen find ich immer besonders spannend – da weiß man besser was man tut :-D