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Workshop DIY: Gitarrenverstärker selber bauen

Die Kunst des DIY - Bau eines Röhrenverstärkers!

11. Mai 2021
Workshop DIY: Gitarrenverstärker selber bauen

Workshop DIY: Gitarrenverstärker selber bauen

Nachdem wir euch mit diesem Workshop gezeigt haben, wie man ein Verzerrer-Pedal baut, wollen wir uns heute ein etwas komplizierteres Unterfangen ansehen – namentlich: den Bau eines Röhrenverstärkers. Da wir es hier im Gegensatz zum letzten Mal mit gefährlich hohen Spannungen zu tun haben, vorab zunächst ein Sicherheitshinweis:

Sicherheitshinweis:

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  1. Die in diesem Workshop beschriebenen Arbeiten dürfen nur (!!) von einem ausgebildeten Elektronik-Fachmann an einem professionellen Arbeitsplatz durchgeführt werden!
  2. Der Amp muss vor allen Arbeiten an der Schaltung vom Stromnetz (Stecker ziehen!!) getrennt werden, und alle Kondensatoren müssen entladen sein.
  3. Der Autor dieses Workshops und/oder AMAZONA.de können keine Haftung für körperliche Schäden oder Defekte an Bauteilen und Geräten übernehmen!

 

Zu allererst sollte man sich von der Illusion verabschieden, mit dem Selbstbau einen Haufen Geld zu sparen und dann innerhalb von ein paar Stunden einen achtkanaligen 100 Watt Boutique-Amp vor sich stehen zu haben. Die Wahrheit ist, dass man beim Kauf eines hochwertigen Bausatzes natürlich die Arbeitsstunden für den Zusammenbau spart, dafür aber im Zweifelsfall mangels Erfahrung und Ausrüstung ziemlich lange an der Lötstation sitzt. Will sagen: Faulheit ist hier fehl am Platz, für 800 Dollar gibt es einen hübschen einkanaligen Dr. Z in erstklassiger Qualität – 100% fehlerfrei von Profis handverdrahtet. Wer allerdings Lust hat, etwas zu lernen über den Aufbau eines Röhrenamps und am Ende einen wirklich „eigenen“ Amp haben möchte, der sollte weiterlesen.

Edel: Tweed Champ von Tube Amp Doctor

DIY – Workshop – so baust du einen Röhrenverstärker

Die Wahl des Bausatzes fällt in Deutschland nicht allzu schwer, da die amerikanischen Anbieter zum Großteil 110V-Trafos anbieten, die sich hierzulande nur umständlich betreiben lassen. Ich rate für den Anfang außerdem davon ab, Teil-Bausätze zu kaufen oder die Einzelkomponenten anhand einer Schaltung selbst zu besorgen. Beliebtester heimischer Anbieter ist mit Sicherheit Tube Amp Doctor – seit 1993 die vielleicht verlässlichste Adresse für Amp-Hersteller in Deutschland.

Die Top 10 der deutschen Verstärkerbauer!

Hier bekommt man großartige Tweed-, Blackface- oder Plexi-Kits inklusive tollen Gehäusen und einer großen Auswahl an Lautsprechern. Der kleinste Bausatz, ein Tweed Champ 5F1, schlägt mit einem Jensen Alnico 8“-Speaker mit 560,- Euro zu Buche (zum Vergleich: Fender handwired ’57 Reissue Champ: 900,- Euro). Ich habe mich trotzdem für ein englisches Modell von Torres namens Tiny Tone Marshall mit einer kleinen Klangregelung, zwei 12AX7 Preamp-Röhrenund einer niedlichen 6AQ5 in der Endstufe entschieden. Der kompakte Combo kommt auf 1,5 Watt Leistung und ist damit bestens geeignet für volle Endstufensättigung in Omas Wohnzimmer. Dachte ich jedenfalls – doch dazu am Ende des Artikels mehr. Mit einem Jensen Classic 8“ landet man hier preislich bei etwa 400 Euro (inkl. Porto).

DIY Röhrenverstärker: Vorbereitung, Arbeitsplatz und Werkzeug

Grundsätzlich ist es hilfreich, vor dem Bau eines Amps seine Elektrotechnik-Kenntnisse aufzufrischen und sich etwas über Röhrenamp-Technik zu informieren. Es gibt wunderbare Bücher zu diesem Thema, günstig und gut fand ich Dave Hunter’s Guitar Amp Handbook, das neben Grundlagen auch einige interessante Interviews und ein eigenes, sehr individuelles DIY-Projekt enthält. Dieses „Two Stroke“-Kit ist über Victoria in den USA erhältlich, meines Wissens auch mit 230V Trafo. Außerdem sollte man seine Werkzeugkiste nach folgenden Utensilien durchforsten: Feinlötkolben, Seitenschneider, Abisolierzange, Pinzette, gute Schraubendreher und, ganz wichtig, ein Multimeter bis 500V mit Krokoklemmen. Der Arbeitsplatz sollte wie immer aufgeräumt und sauber sein. Eine Gummiunterlage und eine vernünftige Lampe ist ebenfalls sehr hilfreich. Ein kleines Kit ist gut an einem freien Wochenende fertigzustellen. Wenn man das letztere wie ich nur selten hat, sollten die Arbeitsschritte sinnvoll aufgeteilt werden. Den Amp ausgerechnet um drei Uhr nachts das erste Mal einzuschalten, wenn man die Augen kaum noch offen halten kann, halte ich für extrem gefährlich.

Speziell: Dave Hunters Two Stroke von Victoria

So baust du einen Gitarrenverstärker: An die Arbeit

Nach dem Lesen und Verstehen der Anleitung, die Fall des Torres- Kits zwar umfangreich, aber nicht immer chronologisch und zudem auf englisch verfasst ist, kann es losgehen. Da die Zahl der Bauteile bei einem einkanaligen Röhrenamp relativ überschaubar ist, rate ich dazu, die Packliste durchzugehen und sich einen Überblick zu verschaffen. Erste Aktion ist der Bau des Eyelet-Boards, welches von Torres in Einzelteilen geliefert wird. Diese Lösung ist zwar zeitraubend, bietet aber Spielraum für Änderungen der Schaltung durch den ambitionierten Selbstbauer. Die Phenolharzplatte wird an den entsprechenden Kontaktpunkten vorgebohrt und die Lötösen mit einer entsprechenden Zange festgenietet. TAD ist an dieser Stelle gnädig und liefert fertige Boards mit seinen Kits. Netz- und Ausgangstrafo können ebenfalls schon zu Beginn am Gehäuse befestigt werden, am besten möglichst weit auseinander. In der Regel werden die Kit-Chassis vorgebohrt geliefert, es sind jedoch teilweise zusätzliche Bohrungen für Kabeldurchführungen oder die Befestigung des Eyelet-Boards am Chassis von Nöten. Im letzten „lötfreien“ Arbeitsschritt können bereits die Röhrensockel, Potis, Schalter, Sicherungen, Lautsprecherbuchse und die Kontrolllampe angebracht werden. Die Verdrahtung der Eingangsbuchse(n) sollte besser außerhalb des Gehäuses erfolgen. Trotzdem ist es hilfreich, alle großen Bauteile testweise festzuschrauben, um die komfortabelste Position für das Eyelet-Board zu ermitteln.

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Der Anfang: Grobmontiertes Chassis

Lötarbeiten am neuen Gitarren-AMP

Um mit dem Einfachsten zu beginnen, kann zunächst das Kabel für den Lautsprecher zugeschnitten und mit der passenden Klinkenbuchse verlötet werden. Danach wird die Hauptplatine anhand des Schaltplans bestückt, was bei dieser einfachen Schaltung in einem Durchgang geschehen kann. Beim Einlöten der Bauteile muss dann allerdings darauf geachtet werden, welche Löt-Ösen schon komplett verzinnt werden können und an welchen Stellen noch Litzen einzulöten sind. Torres liefert passende Litzen in verschiedenen Farben, die möglichst logisch verbaut werden sollten (z.B. Rot – Hochspannung, Schwarz – Masse) um bei der Verdrahtung nicht durcheinander zu kommen. Leider sind diese Standardleitungen eher flexibel und lassen sich nicht so schön verlegen wie die steiferen, stoffummantelten Vintage-Litzen, die TAD in seinen Kits verwendet. Manche Verdrahtungen können erst im Gehäuse vorgenommen werden, die meisten Verbindungen zum Eyelet-Board lassen sich jedoch außerhalb vorbereiten. Die Enden sollten allerdings ausreichend lang gelassen werden und erst bei Bedarf gekürzt und abisoliert werden.

Workshop E-Gitarre: Wechselstrom und Heater

Bevor nun die Montage der vorbereiteten Platine erfolgt, kümmern wir uns erst einmal um den etwas heiklen Wechselstromteil des Amps. Für die Verdrahtung des Netztrafos müssen beim Torres Kit die beiden mittleren Abgriffe der Spule verdrillt und isoliert werden, um primärseitig 230V anschließen zu können. Der Schutzleiter der Kaltgerätebuchse wird mit dem Gehäuse verbunden, der Neutralleiter mit dem entsprechenden blauen Kabel des Trafos und der Außenleiter über Netzschalter und Sicherung mit dem braunen Anschluss am Trafo. Die vier Sekundäranschlüsse, hier sind es einmal 280V und einmal 6,3V für die Kontrolllampe und die Röhrenheizung, werden am besten mit Lüsterklemmen einzeln isoliert. Nach erneuter Überprüfung dieser Verdrahtung kann der Amp zum ersten Mal eingeschaltet werden. Ab jetzt wird es gefährlich – bitte erst mal nichts mehr anfassen. Die Spannung an den Sekundärabgriffen des Trafos  kann an den Lüsterklemmen komfortabel mit dem Multimeter gemessen werden (Jeweils den passenden Messbereich wählen!). Wenn die Werte mit den Daten des Trafos übereinstimmen kann es weitergehen. Die Kontrolllampe und die Sockelanschlüsse für die Heater werden verdrahtet. Danach sollte der Amp erneut eingeschaltet werden und an allen Sockeln die Spannung überprüft werden. Ab jetzt leuchtet immerhin schon ein Lämpchen, aber der Amp ist noch lange nicht fertig.

Ausgangstrafo und weitere Verdrahtung

Die Sekundäranschlüsse des Ausgangstransformators werden mit der Klinkenbuchse an der Rückseite des Amp-Chassis verbunden. Welche Kabel für welche Lautsprecherimpedanz von Nöten sind, kann der Anleitung entnommen werden. Die beiden übrigen Kabel werden einzeln mit Schrumpfschlauch isoliert. Jetzt sollte die Hauptplatine eingesetzt werden. Die weitere Verdrahtung habe ich bei diesem Kit in einem Arbeitsschritt vorgenommen. Zunächst werden die Primäranschlüsse des Ausgangstrafos mit dem Board verlötet. Danach folgen die Spannungsversorgung des Netzteils vom Netztrafo und die sternförmige Masseverdrahtung, Audio und Netzteil getrennt. Schließlich können die Röhrensockel und Potis mit der bestückten Platine verbunden werden. Dieser Einbau ist nicht ganz einfach und erfordert viel Konzentration. Das Eyelet-Board und die Input-Buchsen sollten erst zum Schluss nach sorgfältiger Prüfung aller Verbindungen endgültig mit dem Chassis verschraubt werden. Dann wird die Endstufenröhre eingesetzt und der Lautsprecher angeschlossen, um eine Last für den Ausgangstrafo zu haben. Danach kann der Amp eingeschaltet werden, um die Schaltung durchzutesten. Zur Prüfung des Netzteils (in diesem Fall arbeitet der Amp mit Diodengleichrichtung) werden die Spannungen an drei Punkten der Platine überprüft. Wenn diese Werte mit den Herstellerangaben übereinstimmen, kann es weitergehen – Vorstufenröhren und Potiknöpfe können installiert werden.

Fertig: Verdrahtetes Chassis

Wichtig: Elkos entladen

Egal für welchen Bausatz ihr euch entscheidet – eine Sache gilt es immer zu beachten. Sobald das Netzteil verdrahtet ist (bei größeren Amps handelt es sich um ein separates Board) und einmal in Betrieb war, müssen die dort verbauten Elektrolytkondensatoren jedes mal entladen werden, bevor weitere Arbeiten vorgenommen werden können. Hier herrscht akute Unfallgefahr. Die beste Lösung ist ein 10kOhm-Widerstand, der sich komfortabel an einem zentralen Masseanschluss am Netztrafo anlöten lässt. Zum sicheren Entladen der Elkos stellt man das Voltmeter auf den 500V Gleichstrombereich und verbindet zunächst die schwarz isolierte Krokoklemme mit dem Entladewiderstand und dann die rote Klemme nacheinander mit den Pluspolen der (in diesem Fall drei) Elkos. So kann man die verbleibende Spannung gut ablesen und geht sicher, dass die Kondensatoren sich wirklich entladen.

Bauanleitung für Gitarrenverstärker: Bias-Einstellung

Das Bias steuert den Strom, der durch eine Röhre fließt und definiert damit den Arbeitspunkt der Röhre. Die Art und Einstellung dieses Arbeitspunktes hängt vom Verstärkertyp ab. Ohne die korrekte Einstellung der Röhren kann es zu unerwünschtem Brummen, Störgeräuschen oder Verzerrungen kommen. Beim vorgestellten Torres-Kit gestaltet sich der Bias-Check relativ einfach, da an der richtigen Stelle an der Kathode der Endstufenröhre bereits ein 1Ohm-Messwiderstand in der Schaltung vorhanden ist. Nach dem Ohmschen Gesetz (Spannung ist direkt proportional zum Strom, U=R*I) ist die an diesem Widerstand abfallende Spannung in mV gleich dem fließenden Strom in mA. Laut Torressind für die verbaute Röhre Ströme von 27 bis 33mA im Rahmen und bedürfen keiner Änderungen. Falls doch etwas nicht passen sollte, muss der Widerstand an der Kathode der 6AQ5 verändert werden. Ein entsprechender Widerstand zum Tauschen liegt dem Kit bei. Alternativ kann an dieser Stelle auch ein Bias-Poti eingebaut werden, um den Strom kontinuierlich einstellen zu können. Wer mehr zu diesem Thema wissen möchte, dem sei die Infoseite von Tube-Town, einem weiteren empfehlenswerten DIY-Shop, ans Herz gelegt (Link am Ende dieser Seite).

Endmontage des Gitarren-AMPs

Wenn alles gut gelaufen ist, sitzt ihr jetzt vor dem offenen Chassis, habt den Lautsprecher und die Gitarre angeschlossen und hört „Sweet Music“. Alles klar, dann kann jetzt die Endmontage erfolgen. Man sollte hierzu die Elkos noch einmal entladen, je nach Konstruktion des Amps kann das Ganze ziemlich tricky werden. Im Zweifelsfall ist es besser, die Röhren vorsichtig auszubauen und erst wieder einzusetzen, wenn wirklich alle Schrauben sitzen. Beim vorgestellten Kit ist das Chassis über lange Schrauben und die aus dem 19“-IT-Bereich bekannten Käfigmuttern oben am Combo aufgehängt. Wer diese Teile genauso hasst wie ich, bekommt bei Conrad sehr praktische Cage Lok Schnell-Muttern, bei denen die Verletzungs- und Zerstörungsgefahr nicht so hoch ist.

Vergleich: Original und Version mit Piping

Noch ein Wort zu meinen letzten Schönheitskorrekturen, die ihr auf dem Foto sehr gut sehen könnt: Mir persönlich war das Torres- Logo für den kleinen Amp etwas zu groß, daher habe ich es entfernt. Außerdem wurde noch ein dezentes weißes Piping angebracht, was die Kiste schon relativ „Boutique“ aussehen lässt. Fertig ist der selbstgebaute Amp. Was die Lärmbelästigung betrifft, kann ich Omas Wohnzimmer übrigens als Proberaum vergessen – das Ding ist nämlich verdammt laut!

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Forum
  1. Profilbild
    oosborne

    Hey, super dass ihr diesen Workshop hier rein gestellt habt!!

    Noch ein paar Tipps für Nachbauer:
    1) Man darf die Heizungsleitung gern noch stärker verdrillen
    2) Die Erdung gehört an eine einzelne seperate Schraube an der nichts anderes ist.
    3) Direkt daneben sollte eine Aufkleber mit dem „Erde“ Symbol.
    4) Kabel sollten immer so kurz wie möglich gehalten werde – das grüne, was zur V2 geht ist unnötig lang
    5) Die Heizung sollte andere Kabel nur rechtwinklig kreuzen und den größt möglichen Abstand von ihnen haben

    6) Wenn ihr mit so einem DIY-Amp auf einer Bühne spielt, würde ich euch als Techniker nicht zulassen, da mir das Risiko zu hoch wäre..

    Liebe Grüße!

    OO

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