Yamaha Montage, Soundprogrammierung für Eilige
Willkommen zum ersten Yamaha Montage Workshop (den zweiten findet Ihr HIER), den wir in 3 Kapitel aufgeteilt haben.
- Kapitel 1 ist für schnelle Änderungen gedacht und richtet sich an alle Keyboarder, die sich am liebsten den Songs und wie man sie spielt widmen, aber mit großartigen Exkursionen in weitverzweigten Displaymenüs weniger am Hut haben.
- Kapitel 2 handelt von Controllern, Motion Sequence, Arpeggio beim Live-Set und wie man damit gekonnt eine Performance gestalten kann.
- Kapitel 3 dürfte vor allem Klangtüftler interessieren, wir werfen nämlich einen ersten detaillierten Blick auf die Sound Engine FM-X.
Kapitel 1: Schnelle Klangänderungen
Obwohl das Instrument werkseitig bereits sofort spielbar ist, schließlich kommt es mit vielen Presets direkt aus dem Karton, passt nicht alles für jeden. Also ist erste Ambition: Möglichst sofort alle möglichen Korrekturen an den Presets vornehmen.
Nachdem der komplette Factory Content also gesichtet und durchgespielt ist, findet man sich fürs Erste zumindest in der Organisationsstruktur schon mal ganz gut zurecht. Wie und wo sind die Bedienelemente angeordnet, was muss man tun, um Sounds zu speichern, grundsätzliches Handling also. Was auch notwendig ist, denn nichts ist nerviger als zielloses Rumsuchen, wenn sowieso gerade keine Zeit für irgendwelchen Technikzinnober übrig ist und man bei einem Preset lediglich mehr Hall haben will oder die Tonansprache einfach nicht genügend unmittelbar ist.
Doch bevor Sie nun, wie im Folgenden beschrieben, konkret Hand anlegen, ist erst ein weiterer schneller Blick auf die Montage Struktur notwendig. Die Sounds werden nämlich in mehreren Ebenen verwaltet. Neben den Live Sets kennt der Montage Performance. Die besteht aus einem bis mehreren Parts und jene wiederum aus bis zu acht einzelnen Elementen. Diese werden mit den Engines AWM2 und FM-X erzeugt und können um Arpeggios und Drums ergänzt werden. Ganz schön komplex, nicht wahr? Und so geht das beim Montage munter weiter, je tiefer man in die Menü-Katakomben eindringt. Was einerseits eine schöne Sache ist, denn mit dieser Unmenge an Möglichkeiten lassen sich vor allem langfristig wahnsinnig viele Sounds, Grooves und Klanglandschaften basteln. Kurz gesagt: Jeder Montage Besitzer wird jahrelang Spaß an seinem Instrument haben. Und immer wieder Neues entdecken können. Die Kehrseite der Medaille ist der weitverzweigte Zugang zu all diesen Heilsbringern. Das ganze Montage Innenleben ist nämlich derart umfangreich geraten, dass man gut daran tut, sich stets nur einer bestimmten Sache zu widmen. Step-by-Step heißt also die Devise, und wir fangen an mit solch schnellen Änderungen.
Auf der linken Panelseite sehen Sie in der obersten Reihe LED-umkranzte Drehregler, unten drunter einen Schwung Slider. Dieses Set ist auf der Stelle Ihres! Nahezu alle wesentlich für den Sound verantwortlichen Einstellmöglichkeiten finden Sie hier und jeder Dreh daran wirkt sich unmittelbar aus. Die Werteschritte sind zwar meistens etwas grob, das soll aber fürs Erste nicht stören. Und Sie müssen auch nichts erst erlernen, um hier zum schnell erreichbaren Ziel zu gelangen. Es ist lediglich notwendig zu wissen, für was die jeweils gut sind. Übersetzen wir mal einige englische Begriffe und was man damit macht, in etwas simplifizierte deutsche Musikersprache:
In der obersten Reihe, die links mit TONE bezeichnet ist, gibt es folgende Regelmöglichkeiten, die in erster Linie Klangfarbe und -verhalten betreffen:
- Cutoff: Klangfarbe von dumpf bis brillant
- Resonance: Klangschärfe von blass bis brizzel und wow
- Depth: Intensität eines individuellen Parameters
- Portamento: Stufenloses Gleiten von Ton zu Ton schnell bis langsam
- Attack: Tonansprache von direkt bis dauert länger
- Decay: Abklingzeit von schnell bis langsam
- Sustain: Lautstärke gehaltener Töne von leise bis maximal
- Release: Taste loslassen, dann ist Sound weg bis klingt eine Weile aus
Die darunter liegende EQ/FX Reihe, gedacht für die Feinabstimmung, ist eher selbsterklärend.
Mit Druck auf die hintergrundbeleuchteten Taster links dieser Drehregler bestimmen Sie, welche Reihe gerade aktiviert sein soll. Und großer Vorteil: Es sind Endlosregler, wodurch es nie zu ungewünschten Wertesprüngen kommt, wie das bei normalen Drehreglern der Fall ist. Sie schauen einfach, bis zu welcher Position die LED-Kränze jeweils leuchten und wissen sofort, in welche Richtung Sie für Anheben oder Absenken eines Wertes drehen müssen.
Das Beste daran: Im Display können Sie sich die jeweilige Voreinstellung einer Performance als Übersicht ansehen. Dort finden Sie auch heraus, welche Parameterkontrolle für die betreffende Performance hinterlegt ist.
Unter diesen Drehreglern sind 8 Slider, die in erster Linie als Volume-Regler dienen. Bei Klängen, die, wie oben beschrieben, aus mehreren Einzelelementen bestehen, können Sie diese also beliebig neu abmischen. Dabei müssen Sie zuerst die aktuell eingestellte Position anfahren.
Nun ein paar Beispiele, wie Sie in der Praxis damit superflott umgehen können und bei den Presets Hand anlegen, wo es nötig ist. Dazu drücken Sie nun den CATEGORY SEARCH Taster auf der rechten Panelseite, wonach die Auswahlübersicht im Display angezeigt wird. In diesem Fall wählen Sie die Kategorie Pad/Choir und dann die Performance
FM PWM Pad
Sobald Sie den TONE-Button links neben den Controllern betätigen, werden alle vorprogrammierten Einstellungen im Display angezeigt. Wir sehen auch, dass es ein Layer mit drei Elementen ist. Wenn Sie nun diesen Sound anspielen, dann fallen auf Anhieb einige Grundeigenschaften auf: Die Tonansprache ist nicht wirklich direkt, der Klang schwingt erst ein. Auch braucht es einen Moment, bis er nach Taste loslassen ganz ausgeklungen ist. Das wollen wir ändern. Für die Tonansprache ist der ATTACK-Regler zuständig, den also ganz nach links drehen. Nun ist der Sound nach Tastenanschlag sofort da. Das zu lange Ausklingen nach Taste loslassen wird mit RELEASE korrigiert. Dafür stellen wir den Regler auf etwa 10 Uhr. Damit die Sache etwas dumpfer klingt, bringen Sie nun den CUTOFF-Regler in Position 11 Uhr. Davon profitiert die Dynamik, denn bei festem Tasten anschlagen gibt’s jetzt viel Brillanz, bei sanftem wird’s dumpfer. Falls der voreingestellte Echo-Effekt stört, dann drücken Sie im Display einfach auf FX, das ist ganz oben zu finden, und es öffnet sich eine neue Page. Die Funktion Insertion FX steht hier auf ON, drücken Sie drauf und mit OFF ist das Echo weg. Möchten Sie das Ergebnis, außer FX, als neue Performance dauerhaft speichern, dann betätigen Sie nun den STORE-Button, der ist rechts neben den Dateneingabetastern zu finden. Und speichern diese Performance unter einem neuen Namen ab.
Etheral
Das gleiche Spiel ziehen wir jetzt für diese Performance durch. Korrektur Nummer 1 ist wieder die Ansprechzeit, die wird mit ATTACK auf 0 gebracht. Anschließend gibt’s mehr Brillanz, dazu kommt CUTOFF auf Position 2 Uhr ins Spiel. Die Nachklingzeit ist recht lang, also wird sie mit RELEASE auf Position 11 Uhr verkürzt. Ist noch zuviel Hall drauf, der wird mit REVERB auf Position 12 Uhr gemildert. Und schließlich darf es, vor allem zugunsten des dynamischen Anschlagsverhalten, mit RESONANCE auf Position 2 Uhr etwas schärfer klingen. Der folgende Audio-Track zeigt das im Schnelldurchlauf.
Ocean Pad
Und noch ein drittes Beispiel. Wieder bringen wir mehr Brillanz ins Spiel, dazu setze ich CUTOFF auf Position 2 Uhr. Die Abklingzeit wird mit RELEASE auf Position 11 Uhr etwas verkürzt. Anschließend mischen wir die 3 Parts neu, indem Part 1 auf 70%, Part 2 auf 90% und Part 3 auf 70% eingestellt wird. Ist es zuviel der Effekte, dann werden die für den Moment einfach ausgeschaltet: Insertion FX und System FX OFF. Hinterher kann bei die ATTACK mit Position 0 noch auf schnellere Tonansprache getrimmt werden.
Das Schöne an dieser Sache ist: Sie können das ohne besonderen Zeitaufwand mal eben während der Bandprobe oder Studio-Recording für bestehende Presets auch gleich auf einem User-Speicherplatz dauerhaft sichern! Fällt es Ihnen also gerade eben mal ein, im Songkontext ein Werkspreset ruckzuck feinzutunen, dann klappt das auf diese Weise ganz wunderbar. Das gilt lediglich nicht für die globale Effektschaltung.
Kapitel 2: Live Set Performance
So toll schon auf den ersten Blick die Live Sets klingen mögen, eigentlich entpuppt sich das tatsächliche Potential erst bei genauerer Untersuchung jedes einzelnen davon. Sind bei den Performances insbesondere die Realtime Knobs interessant, weil man mit denen unmittelbar in den Klang eingreifen kann, kommen bei den Live Sets speziell die Arpeggien und Motion Sequences dazu. Sie haben also einen mächtig umfangreichen Besteckkasten vor sich. Den muss man aber erst in den Griff kriegen und für die eigenen Zwecke bändigen. Zunächst gilt es daher, sich einen Überblick der werksseitigen Vorprogrammierung zu verschaffen. Wir nehmen das praktische Beispiel
Live Set Preset Synth 3, The Green Flash
Es ist gut geeignet, klanglich einigermaßen charmant und verträgt dadurch viele Minuten Testzeit. Die Funktionsweise der Realtime Controller kennen Sie bereits von den Performances, schauen wir uns nun die Scene Optionen der Motion Sequences und Arpeggien an. Es gibt bis zu 8 programmierbare Lanes, die werden mit den blau hintergrundbeleuchteten Buttons unterhalb der ihnen zugeordneten Slider aufgerufen. Da die nicht beschriftet sind und auch frei belegbar, muss erst deren aktueller Status erkundet werden. Im Falle The Green Flash haben wir es zu tun mit
- 1: Volume Kontrolle fürs Pad
- 2: Schnelles Arpeggio, das auch per Superknob abrufbar ist
- 3: Arpeggio, ein bisschen TD Style, ist bei Scene 2, 3, 6 und 8 verfügbar
- 4: Drums, in Varianten bei Scene 3, 4, 5, 6, 7
- 5: Wavesequence-artiger Groove
Mit den Slidern können Sie die deren Volumes kontrollieren und mit Arp und Motion OFF ist der ganze Begleitzinnober komplett ausgeschaltet. Per Modulation Wheel regelt man die Brillanz des Pad-Sounds, Assign Button 1 dünnt es aus, Assign Button 2 schaltet einen Octave-Effect dazu.
Das ist nicht gerade wenig und muss man sich erstmal merken. Ich schreibe mir so was regelmäßig handschriftlich in eine Kladde, damit es bei Bedarf schnell zur Hand ist. Man kanns natürlich auch ins iPad tippen. So kommt es im Laufe der Zeit zu einer Art fortlaufende Sammlung und stellt ruckzuck das Favoriten-Repertoire zusammen – ungemein praktische und komfortable Angelegenheit.
Mit folgendem Audio-Track demonstriere ich das gerade Beschriebene mit besagtem The Green Flash Live Set Preset. Das ist keine Produktpräsentation, sondern ist mal eben live eingespielt, genauso wie das bei Ihnen zuhause oder im Studio abläuft.
Wie Sie hören, habe ich nach und nach im Schnelldurchlauf die Scenes abgespult, Modulation Wheel und Assign Buttons betätigt, zwischendurch den Superknob. Machen Sie das mal selber, die Dokumentation für die Scenes und Controller haben Sie ja schon. Das mit allen Live Sets mal geruhsam durchprobieren und der nächste Winter kann kommen.
Kapitel 3: FM-X Engine
Wenn Sie sich noch nie genauer mit FM = Frequenzmodulation befasst haben, aber nun einen Montage besitzen, dann ist jetzt die beste Gelegenheit, diese Synthese kennenzulernen. Dieser wird gerne angedichtet, sie sei total kompliziert und schwer zu verstehen. Beides ist Urban Legend. Im Gegenteil, Frequenzmodulation ist eine völlig logisch organisierte Angelegenheit und erfordert lediglich, sich einmal gründlich damit zu befassen. Anschließend heißt es insbesondere praktische Erfahrungen damit sammeln. Denn die sind es, die einem den Umgang mit FM leicht fallen lassen. Bevor es für Sie hier weitergeht, können Sie daher noch einen Blick in die Theorie werfen, wir hatten vor einer Weile einen umfassenden Artikel veröffentlicht, Sie finden den hier
Beim Montage Workshop setzen wir FM-Grundkenntnisse voraus und schreiten gleich zur Tat. Als Beispielsound dient uns das Preset
„Cutoff: Klangfarbe von dumpf bis brillant
Resonance: Klangschärfe von blass bis brizzel und wow
Depth: Intensität eines individuellen Parameters
Portamento: Stufenloses Gleiten von Ton zu Ton schnell bis langsam
Attack: Tonansprache von direkt bis dauert länger
Decay: Abklingzeit von schnell bis langsam
Sustain: Lautstärke gehaltener Töne von leise bis maximal
Release: Taste loslassen, dann ist Sound weg bis klingt eine Weile aus“
hahaha, das nenne ich wirklich mal kurz und knackig. Aber mehr braucht es eigentlich ehrlich nicht.
Genau! Sollte man als gedruckten ADSR Spicker jedem Synth beilegen :-)
Klasse Artikel! Danke und mehr davon bitte.
Danke für den Beitrag weil ich ein absoluter FM Fan bin und den Synth jetzt schon länger auf meiner Liste habe…
Nur 2 Worte zu den Soundbeispielen, die ersten 3 Beispiele klingen für mich wie in mono aufgenommen… Man hört zwar einen Delay aber auch der ist mono… DIe Breite hört man dann erst bei den nächsten Beispielen… Ansonsten alles gut…
@Xenox.AFL Sind Stereo Files, beide Kanäle sind für den Zweck der Demo auf Dual Mono getrimmt.
@k.rausch Danke für die Info, klingt erstmal… Komisch! ;) Ist man gar nicht mehr gewöhnt… :) Freue mich auf die nächsten Artikel…
Schöner Artikel, der Montage ist m.M. nach wirklich der beste zur Zeit erhältliche Synth, vor allem FM hat es mir angetan, man kann unglaubliche Klänge damit fabrizieren, das im Zusammenspiel mit Arp und Motionsequenzer….wow.
Ich hab allerdings ein halbes Jahr gebraucht, um da einigermassen durch zu steigen, aber dann :-)
@Trooper Ein halbes Jahr ist sehr schnell. Selbst langjährige DX7 Besitzer stehen heute noch vor Rätseln. Bei der FM-X Abteilung hat Yamaha einen guten Job gemacht, alles neu organisiert und damit den Zugang erheblich vereinfacht. Lediglich das Envelope Programming ist umständlich wie eh und je.
Ich hätte mir gewünscht, alle meine bisherigen Synthie so ausführlich beschrieben und erprobt zu bekommen wie es der Autor macht.
Trotz einiger ähnlicher Artikel von Yamaha Mitarbeiten habe ich wieder etwas dazu gelernt.
Was mir allerdings bisher beim MONTAGE gefehlt hat, war ein Master EQ. So mussten viele Performances der Raumakustik oder dem persönlichen Eindruck einzeln angepasst werden, bis ich mir einen kleinen und preiswerten EQ kaufte und diesen vor die Aktivboxen schaltete.