Profi E-Drums vom Roland Gründer
Der Hersteller ATV ist keineswegs ein Neuling auf dem E-Drum-Markt. So wurde das Unternehmen bereits 2013 von Ikutaro Kakehashi, dem Gründer von Roland Corp., ins Leben gerufen und hat bereits 2015 mit dem aFrame ein neuartiges digitales Percussion-Instrument im Electronic Drum Segment präsentiert. Nun stand uns aus der Produktgruppe E-Drums das EXS-3 Kit zum Test zur Verfügung, das preislich in der Mittelklasse angesiedelt ist. Es besteht aus einem 5-teiligen Drumset mitsamt Rack und dem xD3 Drum-Sound-Modul. Mit dem gleichen Sound-Modul ausgestattet ist das größere Modell EXS-5. Es bietet allerdings größere Komponenten, so u.a. eine 13″ Kick- und Snare-Drum, größere Toms sowie einer 14″-HiHat, zwei Crash Becken (anstatt einem wie beim EXS-3) und ein 16″ Ride Becken.
Auspacken und Aufbauen des ATV EXS-3
Das ATV EXS-3 (der Modellname EXS steht für „Experience Series“) kommt in zwei Kartons ins Haus: der eine beherbergt das Rack XD-R550 und der andere die Pads, das Sound-Modul und das Zubehör.
Der schmale Karton mit dem Rack offenbart eine unkonventionelle Fixierung der Einzelteile. Diese liegen in zwei Ebenen auf einer Kartonagenplatte übereinander und werden an dieser nur mittels Kabelbinder fixiert. Das nenne ich mal simpel und platzsparend! Auch erleichtern die auf den Platten abgebildeten Positionen der Einzelteile das erneute Verpacken des Racks (schade nur, dass keine neuen Kabelbinder beiliegen – jedoch wird das den Endverbraucher weniger stören – er möchte das Set ja schließlich behalten).
Das Grund-Rack sowie die Klammern kommen in schwarzer Ausführung daher. Allein die Beckenarme, die Beine des Kick-Pads und die L-Rods für die Drum-Pads sind in Chromausführung gehalten. Auf allen Alurohren kleben Buchstaben und somit sind diese beim Zusammenbau schnell zu identifizieren. Die vertikalen Mittelträger des Racks tragen bereits je eine Memory-Clamp in passender Position zu den horizontalen Verbindungsrohren – so muss man die richtige Höhe nicht erst durch Herumprobieren „suchen“ – sehr sinnvoll! Auch sind alle Klammern mit Flügeln ausgestattet. Somit hat der Drum-Key erst einmal Pause. Die recht schweren L-Rods verweigern sich hinsichtlich des Zusammensteckens allerdings in die Aufnahme der Klammer – hier ist einiges an Kraft notwendig, um diese trotz loser Klemme ineinander zu schieben. Das sollte auf jeden Fall verbessert werden.
Beim Auspacken der 4 Mesh-Pads (xD-P10M) in 10“-Größe ist die Verwandtschaft mit den Roland Pads nicht von der Hand zu weisen. Drei davon werden als Tom-Pad eingesetzt und eines als Snare-Pad.
Ebenso erweist es sich bei den Becken-Pads. Wenngleich die ATV-Modelle in 12“ für das Crash (aD-C12) und in 14“ für das Ride (aD-C14) eine neuartige, glatte und weichere Silikon-Oberfläche und damit zugegebenermaßen einen etwas schickeren Eindruck machen. Stellt sich nur die Frage: Wie schnell wird diese Stickmarks davontragen?
Die HiHat (aD-H12) besteht aus einem gewölbten Top-Becken und einem Controller-Becken, das etwas kleiner als das Top-Becken ausfällt und durch seine Form auffällt. So hat es nicht nur einen Anschluss für ein Netzteil, sondern weist auch eine quadratische Aussparung auf, die für das Anschlusskabel des Top-Beckens vorgesehen ist – denn nur so kann sich das Beckenpaar trotz Kabel schließen. Die Montage auf einem HiHat-Ständer (nicht im Set enthalten) ist schnell erledigt, denn die Clamp des Top-Beckens ist bereits vormontiert.
Das wappenförmige Kick-Pad (xD-K10) kommt mit ordentlichem Gewicht daher – denn es wurde ein 10“ Mesh-Pad in die Blechkonstruktion eingearbeitet. Somit bietet es auch zwei Schlegel einer Doppelfußmaschine genügend Platz. Die stabilen Beine sichern es zuverlässig vor dem Verrutschen und die Montage einer Standard-Fußmaschine funktioniert tadellos.
Der Multi-Trigger-Kabelbaum ist beschriftet und eignet sich aufgrund der bereits vorhandenen Fixierung durch Kabelbinder auch zum Verlegen entlang der vertikalen Rack-Rohre. Das Drum-Modul platziere ich entgegen der Beschreibung zwischen Hi-Hat und Crash-Becken am Rack, da es mein Aufbau links der HiHat platztechnisch wie vorgesehen nicht mehr zulässt. Das geht dennoch in Ordnung, da es auch von dort gut ablesbar und gut zu bedienen ist.
Layout und Aufbau des ATV xD3 Drum-Moduls
Ungewöhnlich in mattem Silber und in kompaktem Layout kommt das Sound Modul xD3 daher, das in gleicher Weise beim größeren Bruder EXS-5 zum Einsatz kommt. Die Oberseite weist neben dem Ein/Ausschalter und dem monochromen Display nur Taster und einen Drehknopf auf. Von Vorteil sind die klaren Beschriftungen der Tasten: So gewähren die Tasten 1 bis 5 direkten Zugriff auf die Drum-Kits, die Tasten Plus und Minus steuern die Lautstärke, die Home-, List-, Back- und Enter-Buttons das Menü, ein Play- und Stopp-Button stehen für die Song-Wiedergabe und das Metronom-Symbol schaltet das selbige ein und aus. Apropos ausschalten: Das Modul hat eine einstellbare Auto-Power-Off-Funktion – an den HiHat-Controller darf man selbst denken!
Rückseitig befindet sich die DB-25 Schnittstelle für das Multi-Trigger-Kabel, die beiden Stereo-Out-Buchsen, ein zusätzlicher Eingang für ein zweites Crash-Becken als 6,3 mm Klinkenbuchse und eine 3,5 mm Miniklinkenbuchse für ein Audio-In-Signal. Daneben befinden sich eine MIDI-Out-Buchse, ein USB 2.0 Anschluss, die ebenso für MIDI-Daten zur Verfügung steht und ein SD-Card-Slot, der für den Import und das Speichern von Songs und Sound-Daten genutzt werden kann. Es werden SD- und SDHC-Karten von 2 GB bis zu 32 GB unterstützt.
Die Unterseite weist eine bereits integrierte Modulhalterung auf, die einfach mittels eines Adapters in eine Rack-Klemme eingesteckt wird.
ATV macht keinen Hehl daraus, dass das xD3 Modul nur 5 Drum-Kits mitbringt – frei nach dem Motto: Weniger ist mehr (oder wer benötigt wirklich alle Drum-Kits eines Moduls?). Es beschränkt sich auf die Kits Modern Rock, World Pop, Swing, Heavy Rock und Speed Metal.
Die Samples klingen ausgesprochen gut und sind stilistisch auch untereinander anwendbar (vgl. Soundfile 03 – Pop Groove with Swing Kit). Auffällig natürlich klingen nicht nur die Toms und Snares, sondern auch die Becken-Sounds, die sogar mit einer recht langen Ausklingzeit daherkommen.
Übrigens bietet der Hersteller in seinem Sound-Store vier weitere Drum-Kits zum kostenfreien Download an (Neo Jazz, 80s Mashup, 4 on the floor und Modern Rock 2). Direkt nach Testende wurde seitens des Herstellers der Download von 9 weiteren Kits angekündigt – Registrierung auf der ATV-Website vorausgesetzt – um das Portfolio an Sounds zu erweitern: „Studio Works“ soll ein Abbild von typischen Recording-Sounds sein, VINTAGE beherbergt „old school sounding drums“, „Hard Bop“ eignet sich für Attack-volleren Jazz-Style, „NOLA“ verspricht New-Orleans-Sounds inklusive China-Cymbal, Songwriter offenbart „low-pitched sounds“, Music City bietet einen trockenen akustischen Sound, Whack Whack bringt ebenso wie Sploinky neben Piccolo-Snares auch „hard attacked vintage Drums“ und „Old School“ offeriert warme akustische Sounds, die sich für Unplugged-Umgebungen eignen sollen.
Ebenso findet sich auf der ATV-Website auch eine deutschsprachige Kurzstart-Anleitung. Die weitere Bedienung der Menüpunkte ist folglich nur in der englischsprachigen Anleitung vorhanden – allerdings erübrigt sich diese auch, da der Zugriff auf die Menü-Funktionen logisch aufgebaut ist und dementsprechend umgehend gelingt.
ATV EXS-3: Let’s get it started!
Nach dem Einschalten des Sound-Moduls findet man sich demnach schnell zurecht, denn der Home-Screen zeigt alle wichtigen Infos an. Das erste Set „Modern Rock“ kommt mit sehr gutem akustischen Klang daher. Die Response der Pads ist gut und die Anschlagstärke differenziert gut den Sound – und das quasi aus dem Stand heraus ohne weitere Einstellungen. Auch die Ansprache des HiHat-Beckens ist sensibel und das Zusammenspiel beim Öffnen und Schließen der Maschine funktioniert tadellos. Das macht Laune!
Analog zur Schlagstärke wird die Länge des Ausklingens angepasst. Während des Spiels erscheint im unteren Bereich des Displays die Visualisierung der Dynamik und des Timings in durchlaufender Form – aktiviert man das Metronom wird der gewählte Beat als Punkteraster eingeblendet. Möchte man den Side-Stick-Sound verwenden, so ist dieser separat zu aktivieren und steht dann beim Auflegen des Sticks zur Verfügung.
Die Lautstärke der einzelnen Instrumente ist aufgrund der gemeinsamen Übersicht aller Inputs zueinander komfortabel und schnell eingestellt. Das Metronom lässt Anpassungen im Tempo, Beat, Note, Sound (zur Auswahl stehen hier Claves, Cowbell, Classic, Electro und Beep 1 und 2) sowie der Lautstärke zu. Interessant ist die Funktion „Start with Crash 1“: Schlägt man dann das Becken an, so wird der Takt nur kurz abgespielt (einstellbar auf einen oder zwei Takte) und verstummt wieder – ähnlich einem Einzähler. Im Spielverlauf kann durch erneutes Anschlagen des Beckens das Metronom wieder hinzugeschaltet werden – quasi zum Selbst-Check des eigenen Timings. Eine simple, aber durchaus nützliche Funktion!
Zudem ermöglicht das Modul das Abspielen von WAV-Files und Song-Daten (inklusive Loop-Funktion) von der SD-Card. Hierfür liegt dem Modul ein Mini-SD-Adapter samt 8 GB Mini SD-Karte bei. Beim Einstecken derselben sind 20 Songs aus verschiedenen Stilrichtungen abrufbar, die stets mit einem Einzähler und einer Tempovorgabe beginnen. Die Auswahl reicht von der Ballade und Jazz-Nummern über den Pop- und Rocksong bis hin zum Metal-Rock mit gewaltigen Gitarren. Neben der internen Recording-Funktion befinden sich noch die zu erwähnenden Trigger-Einstellungen und der „Cross talk Cancel Wizard“ im System-Menü. Mit diesem können Übersprechungen zwischen den Pads eliminiert werden. Sehr erfreulich ist es, dass es unter den werksseitigen Voreinstellungen zu keinerlei Diskrepanzen kam und dieser Menüpunkt erst gar notwendig wurde!
Beim Wechsel der Sound-Kits dauert das Laden einen kurzen Moment – der Ladevorgang ist im Display mittels Ladebalken ersichtlich. Das „World Pop“ Drum-Kit eignet sich mit seinem smoothen und eher gedämpft wirkenden Sounds zur Begleitung von Singer/Songwritern. Das Swing-, Heavy Rock- und Speed Metal Kit machen ihren Namen alle Ehre und sind ebenfalls gut einsetzbar.
Wenngleich die Hardware unter so manchem kräftigen Schlag doch etwas ächzen muss – so löste sich die Snare-Klemme recht schnell beim Spiel mit vielen Rim-Shots. Das ist unschön!
Auch wäre ein größeres Snare-Pad als die Tom-Pads sehr vorteilhaft. Die Becken-Pads tragen trotz glatter Oberfläche auch nach längerem Spiel keine(!) Stickmarks davon – das ist sehr erfreulich. Das Abstoppen der Becken-Sounds kann am vollen Umfang der Pads erfolgen – unabhängig von ihrer Position. Das Ancrashen der Becken gelang jedoch nicht immer an allen Stellen. Die beiden gewölbten Becken stellen eine HiHat-Konstruktion mit Hohlraum dar – somit klingt das Spielen auf der Hi-Hat doch deutlich lauter als mit vergleichbaren Modellen. Das Display mit beleuchteten Tasten ist auch in dunkler Umgebung gut ablesbar.
Keine elektronischen kits? Bei Roland ist ja immer ein 808 kit dabei. Schade.
@Numitron Hallo Numitron,
ja, ATV setzt ausschließlich auf akustische Sounds – auch in den ergänzenden Download-Kits.
VG
1500 EUR bzw. knapp 2000 EUR und dann keine Einzelausgänge? Wie kann ein Drummer denn damit seine Parts ordentlich separat z.B. in einer DAW aufnehmen und sie ordentlich klanglich nachbearbeiten wenn aus dem Modul nur die Stereo-Summe abgegriffen werden kann?
@amyristom Hallo amyristom,
danke für deine Anmerkung. Du hast recht, das Feature „Einzelausgänge“ ist bei den Mittelklasse E-Drum Sets noch nicht enthalten, das findet sich wenn dann bei den Oberklasse E-Drum Sets. ATV bietet bislang kein „höheres“ E-Drum Set oder Soundmodul an, somit gibt es von ATV aktuell keines mit Einzelausgängen.
VG
@Christian Herrmann Welche Drumsets haben denn tatsächlich Einzelausgänge?
Rolands Schlachtschiff VAD506 ja nun z.B. auch nicht…
Was ich auch mehr als nur ein bissi komisch finde, weil eigentlich sollte das konstruktionsseitig nur wenig Aufwand bedeuten. Und ich gehe davon aus, dass nicht nur amyristom und ich das gerne hätten…
Alles prima, Sounds, Trigger und Spielbarkeit.
Aber habt ihr mal das Bassdrumfell gewechselt? Was euch da alles entgegen kommt ist beachtlich. Muttern, Gummipuffer und die Schrauben der ATV Logo Bassdrumblende. Die ist mit 6 Schrauben befestigt und diese haben die unangenehme Eigenschaft sich loszurappeln. Und dann kann man die Bassdrum komplett auseinander nehmen und kommt richtig ans fluchen. Ich habe die Muttern für die Fellbefestigung festgeklebt. Auf so eine Idee hätten die Design vor Funktion Kollegen durchaus kommen können.
Es ist ein echtes Ärgernis und bei dem Preis nicht in Ordnung.