Vintage Latin-Groove
Wir schreiben das Jahr 1985. Halbwegs realistisch klingende Sampler sind ein rares und teures Gut, und die wenigen erhältlichen ebenfalls hochpreisigen Drumcomputer bieten entweder synthetische Sounds oder wenige gesampelte Standard-Drums. Wer einigermaßen bezahlbare Rhythmusspuren für seine Produktion sucht, fand am Markt nichts, was ihm weiterhilft. Selbst die zeitgleich erschienene Roland TR-707 war vor allem mit einem klassischem Rock-Kit ausgestattet,
Doch Roland hatte die Zeichen der Zeit erkannt und zur Roland TR-707 ein Schwestermodell vorgestellt, welches durch seine Sample-Auswahl, auf Percussion-Parts spezialisiert war.
Überblick zur Roland TR-727
Anders als die metallenen robust gebauten Vorgängermodelle Roland TR-808 und Roland TR-909 kommt die TR-727 im deutlich kleineren und leichteren Kunststoffgehäuse daher. Äußerlich wirkt sie in ihrer schlichteren Bauweise eher wie eine Spielzeugversion der berühmten Klassiker.
Von der bereits bei Amazona.de getesteten Roland TR-707 unterscheidet sie sich optisch nur durch einen anderen Aufdruck und die blaue Farbgebung. Der innere Aufbau ist identisch, aber anstatt des Drumkits in der TR-707 finden sich in der Roland TR-727 ausschließlich lateinamerikanische Perkussionsinstrumente, nämliche Hi- und Low-Bongo, Mute- und Open- Hi Conga, Low Conga, Hi- und Low Timbale, Hi- und Low Agogo, Cabasa, Maracas, Short- und Long Whistle, Quijada und Star Chime.
Es gibt einen Song- sowie einen Pattern-Mode, Step- und Tap-Eingabe, Shuffle und Flam, Einzelausgänge für alle Instrumente, MIDI, DIN Sync und weitere Anschlüsse, ein externes Netzteil – alles wie bei der Roland TR-707. Dank des großzügigen und übersichtlichen (allerdings unbeleuchteten) Displays hat man den Groove wesentlich besser im Blick als z.B. bei den großen Vorgängern.
Akzente
Eines der Highlights der Roland TR-Maschinen ist die globale Accent-Funktion, mittels der man die Schwerpunktsetzung im Groove insgesamt einstellen kann. Die Roland TR-727 verfügt wie die Roland TR-707 nicht über einen individuellen Accent, dafür ist der globale Accent aber zweistufig. Der ganze Beat erfährt hierdurch eine deutliche dynamische Ausprägung, die dann insgesamt über einen Regler stufenlos einstellbar ist. Der auf den ersten Blick scheinbar überlegene MIDI-Sequencer mit seinen 127 Velocity-Stufen kann zwar Einzelinstrumente sehr differenziert dynamisch ansteuern – der schnelle Zugriff auf die Makrodynamik des Grooves bleibt dem Anwender jedoch meist verwehrt. Für die Rhythmuswahrnehmung sind aber weniger die Feinheiten in der Lautstärke einzelner Instrumente entscheidend, als vielmehr die Schwerpunkte in der Gesamtstruktur.
Durch diese Möglichkeit, Betonungen kontinuierlich zu verstärken bzw. abzuschwächen, findet man spielend den Sweetspot eines Grooves – insbesondere auch im Zusammenhang mit anderen Elementen des Arrangements.
Im Beispiel ist die Accent-Funktion zunächst abgeschaltet und wird dann stufenlos bis zum Maximum erhöht. Anschließend wird sie abrupt deaktiviert und dann wieder eingeschaltet. Die Lautstärkeverhältnisse wurden hierfür angepasst.
Zusammenspiel
Der Nutzen einer Roland TR-727 für sich genommen ist zugegebenermaßen eher gering. Denn ein moderner Beat ist ohne Kick- und Snaredrum natürlich nicht komplett. Ihre Stärken spielt sie daher erst im Verbund mit einer der anderen TR-Maschinen oder einem Sampler aus. Die lateinamerikanischen Sounds erweisen sich nämlich als ausgezeichnete Ergänzung, die einem Groove oft das gewisse Etwas, die nötige Komplexität oder einen treibenden Charakter geben können. Deshalb ist die Roland TR-727 in unzähligen elektronischen Tanzmusik Produktionen der 80er und 90er meist neben den anderen Drum-Legenden zu finden, mal mehr im Vordergrund wie etwa in Phutures Klassiker „Acid Tracks“, oftmals aber auch als unauffälliger „Füller“ für die Lücken im Groove.
Neben der erwähnten Accent-Funktion ist der schnelle Zugriff über die TR-typische Patternprogrammierung sowohl Live als auch im Studio wiederum äußerst hilfreich.
Sound
Der Klang der Roland TR-727 ist von ausgesuchter Knackigkeit und setzt sich sehr gut im Mix durch. Trotz (oder gerade wegen) der niedrigen digitaler Auflösung und den damit verbundenen Artefakten ist der Sound – insbesondere über die Einzelausgänge – sehr klar und strahlend. Die analogen VCAs (spannungsgesteuerte Verstärker) sorgen für Druck und – aufgrund kleiner Schwankungen – Lebendigkeit, die man mit simplen Samples nicht erreichen kann.
Modifikationen
Findige Bastler haben den Funktionsspielraum sowohl der Roland TR-707 als auch der Roland TR-727 deutlich erweitert, indem sie zusätzliche Regler zum Ändern der Tonhöhe angebracht und sogar neue Eproms mit Drumsets anderer Drumcomputer, etwa Roland TR-808 und Roland TR-909, eingesetzt haben.
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Zitat: Der auf den ersten Blick scheinbar überlegene MIDI-Sequencer mit seinen 127 Velocity-Stufen kann zwar Einzelinstrumente sehr differenziert dynamisch ansteuern – der schnelle Zugriff auf die Makrodynamik des Grooves bleibt dem Anwender jedoch meist verwehrt. Für die Rhythmuswahrnehmung sind aber weniger die Feinheiten in der Lautstärke einzelner Instrumente entscheidend, als vielmehr die Schwerpunkte in der Gesamtstruktur. Zitat Ende
Ich finde für die Rhythmuswahrnehmung weniger die Lautstärke, als vielmehr die Position der Schläge im Zeitraster wichtig. Und, falls ich mich da richtig erinnere, haben diese 2 Geräte eine „Auflösung“ von 1/32. Und falls das so ist, wäre der Sequenzer in der Box nur was für rhythmische Grobmotoriker. Yamaha war da mit RX 11/15 schon einiges weiter.
Als Ergänzung zu einer klassischen Drummachine sehr empfehlenswert (ich hab eine jomox xbase 09). Leider kein Eingriff in den Klang möglich. Kennt jmd Anleitungen zum circuit bending bzw. Kits die man kaufen kann? thanx