... auf Millionen von Dance-Tracks
Als 1984 in Deutschland die Roland TR-909 für rund 2000 DM auf den Markt kam, war sie wie in vielen anderen Ländern erst einmal ein großer Flop. Die Hybridtrommelmaschine, entworfen von dem Entwicklerteam um Tadao Kikumoto, war als Schlagzeugersatz für Pop- und Rockmusiker gedacht. Das Zielklientel war nicht sehr begeistert, schließlich klang das Gerät ja überhaupt nicht wie ein echtes Schlagzeug. Erst Jahre später, nachdem die Produktion längst eingestellt war, prägte der synthetische Klang der Roland TR-909 House und Techno wie keine zweite Drummachine.
Der Roland TR-909 Drumcomputer
Das Design des berühmten Techno-Klassikers spiegelt schön den Zeitgeist der ersten Hälfte der 1980er Jahre wider. Gerade das hellgraue Stahlblechgehäuse, die dunkelgrauen Kunststoffseitenteile und die dicken, kantigen Step-Taster erinnern an den guten alten Commodore 64.
Im Gegensatz zu dem Vorgängermodell Roland TR-808 fällt die TR-909 ein bisschen kleiner und leichter aus: sie misst 48,6 Zentimeter in der Breite, 30 Zentimeter in der Tiefe, 10,6 Zentimeter in der Höhe und bringt dabei 4,5 Kilo auf die Waage.
Wie es sich für einen ordentlichen Schlagzeugersatz gehört, verfügt das Gerät über zehn gängige Instrumente: Bass- und Snaredrum, Low, Mid und High Tom, Clap, Rim, Hihat (geöffnet und geschlossen), sowie Ride und Crash Becken. Alle Instrumente verfügen über eine analoge Klangerzeugung, außer Hihat, Ride und Crash, die auf 6-Bit Samples basieren.
Zur Klanggestaltung ist die Bedieneroberfläche mit 29 Potis bestückt, wovon lediglich der Tempo- und Mastervolume-Regler groß und griffig ausfallen. Die restlichen Potis sind sehr klein und liegen zudem recht nah bei einander. Hieran lässt sich gut erkennen, dass das Gerät ursprünglich überhaupt nicht für wilde Klangschraubereien konzipiert worden war, sondern der Benutzer einfach nur seinen Drumsound einstellen sollte, um anschließend einzelne Pattern oder Songs abfeuern zu können.
Zum Grooven werden die Instrumente schließlich durch den Stepsequenzer gebracht, dessen 16 Lauflichttasten entweder zum Setzen von Noten per Step oder zum manuellen Triggern der einzelnen Instrumente dienen.
Klangerzeugung der TR-909
Die Instrumente der Drummachine wurden mit unterschiedlichen Parametern ausgestattet, manche großzügiger, andere recht rudimentär, aber zumindest besitzt jedes Instrument einen eigenen Volume-Knopf.
Bass, Snare und die Toms verfügen über die Regler Tune und Decay, wobei bei der Snare das Decay als Tone durchgeht. Bei der Bassdrum kann zusätzlich die Attack-Zeit eingestellt werden, während das Snappy-Poti der Snare den Rauschanteil bestimmt. Handclap und Rimshot lassen sich tatsächlich nur in der Lautstärke regeln, worauf zwangsläufig ihr unverwechselbarer Sound beruht. Leider können sie genau deswegen nicht immer zum Einsatz kommen, gerade wenn das Tuning der restlichen Instrumente völlig anders geartet ist.
Für die Hihat, das Ride- und das Crashbecken werden wie bereits erwähnt Samples verwendet, die einst in den R&D-Studios London aufgezeichnet worden sind.
Auch die Hihat hat wie Clap und Rim ein festgelegtes Tuning, besitzt aber dafür zwei analoge Hüllkurven zur Bestimmung der Länge der geschlossenen und geöffneten Hihat.
Das Ride- und das Crashbecken haben wiederum keinen Envelope-, dafür aber jeweils einen Tuning-Regler. Hierbei verändert sich natürlich in Abhängigkeit zu der Tonhöhe die Länge des Samples.
Anschlüsse der Groovebox TR-909
Auf der Rückseite der Roland TR-909 befindet sich eine Vielzahl an Anschlüssen. Zunächst einmal gibt es einen Stereo-Master-Ausgang, bei dessen Nutzung die Toms und Cymbals festgelegt im Stereobild verteilt werden. Dieser ist bei Bedarf aber auch mono verwendbar.
Jedes Instrument besitzt einen separaten Ausgang und wird beim Einstecken eines Kabels von der Summe getrennt. Bei allen Audioausgängen handelt es sich um 6,3 mm Klinkenbuchsen.
Als allererste Drummachine verfügt die TR-909 über die damals neuartige MIDI-Schnittstelle. Sie ist mit zwei MIDI-Outputs und einem Input ausgestattet und kann synchronisiert, extern getriggert oder als Mastersequenzer verwendet werden. Um die Kompatibilität zu älteren Roland-Geräten zu bewahren, wurde noch ein fünfpoliger Din-Sync-Port eingebaut, der Anschluss an den legendären musikalischen Partner der 909, die TB-303, bietet.
Ein analoges 14 Volt Triggersignal kann über den Rimshot programmiert und über einen zusätzlichen Ausgang ausgegeben werden, wenn zum Beispiel das CV-Gate eines analogen Synthesizers gesteuert werden soll.
Zusätzlich kann die Trommelmaschine via Fußschalter gestartet und gestoppt werden, und auch eine Datensicherung ist auf gleich zwei Wegen möglich: einerseits über die damals übliche Backup-Funktion via Tape (eine äußerst zeitraubende und nervige Angelegenheit), andererseits über den zu dieser Zeit recht fortschrittlichen Steckplatz für ein Memory Cartridge.
Der Lauflicht-Sequenzer
Der allseits beliebte Stepsequenzer der TR-909 lässt sich in unterschiedlichen Skalierungen und Längen programmieren und verfügt dabei über insgesamt 96 Pattern. Im Gegensatz zur TR-808 wurde nicht nur die Anzahl der Pattern erhöht, sondern auch die Anzahl der Songs.
Insgesamt acht Songs lassen sich bei einer maximalen Länge von 896 Takten speichern. Das Tempo kann dabei zwischen 37 und 290 BPM eingestellt werden.
Zu den Besonderheiten des Stepsequenzers gehören auf jeden Fall die Shuffle- und Flame-Funktionen, die der TR-909 einen wunderbaren Groove verleihen und die Beats erst richtig zum Rollen bringen. Ebenso wichtig sind aber auch die zwei unterschiedlich setzbaren Accents. Zum einen lassen sich bis auf Clap, Rimshot und Cymbals alle Instrumente in zwei Anschlagsstärken editieren, zum anderen gibt es einen übergeordneten Accent, der per Step gesetzt wird und alle Instrumente betont. Wie stark diese Betonung ausfallen soll, kann über ein separates Poti geregelt werden. Gerade der globale Accent ist maßgeblich verantwortlich für das tatsächliche Soundpotential der TR-909. Erst mit ihm lässt sich das klanglich volle Pfund aus dem Gerät holen, was insbesondere für Bass, Snare und die Toms gilt.
Wie bei den meisten Steppsequenzer ist die Bedienung äußerst intuitiv, jedoch gibt es ein großes Manko im Gegensatz zur TR-808. Zwischen dem Modus, in dem ein Pattern editiert wird und dem, der zum Wechseln der Sequenzen dient, kann nicht hin und her gesprungen werden, ohne den Sequenzer zu stoppen. Das ist störend, schränkt ein und ist vor allen Dingen in Hinblick auf eine Live-Performance höchst unflexibel. Auch auf die sehr musikalischen Fill-in-Buttons der 808 wurde leider verzichtet.
Dafür kann aber ein externes MIDI-Gerät mit dem Stepsequenzer programmiert werden. Hierfür stehen 1 1/3 Oktaven zur Verfügung.
Der typische TR-909-Sound
Den Klang der Roland TR-909 kennt einfach jeder – ob gewollt oder nicht! Selbst der größte Musikfeind wird in den 1990er Jahren nicht daran vorbei gekommen sein. Viele werden den Sound wahrscheinlich auch einfach Dank Scooter, Blümchen und Co. zu hassen gelernt haben – aber auch die kennen ihn, egal ob wissentlich oder unwissentlich!
Jedes der Instrumente hat einen durch und durch charakteristischen Sound, der in den letzten 25 Jahren unzählige Male verwendet wurde.
Allen voran natürlich die äußerst harte und fette Bassdrum, die, egal in welcher Einstellung, nie wirklich smooth ertönt, aber dadurch auch perfekt für Techno geeignet ist. Gerade in der unteren Hälfte des Tuning-Bereiches erzielt man sehr gute Ergebnisse, während bei einer hohen Stimmung die Klangästhetik immer fragwürdiger wird.
Die Snare hat einen schönen forschen Sound, kann tief gestimmt und ohne Noise auch als Tom- oder Percussion-Ersatz durchgehen oder eben ganz klassische Noise-Teppiche erzeugen.
Ebenfalls sehr hart sind die Toms, mit denen ein schönes Bassfundament geschaffen werden kann, die aber auch ohne Probleme bei erhöhtem Tuning in gepflegter Flippermanie ertönen können.
Rimshot und Clap haben, wie bereits erwähnt, ihren einen festen Sound, der aber auch eine markante analoge Färbung besitzt.
Zu guter Letzt sind es natürlich noch die Hi-Hat und die Cymbals, die durch ihre 6-Bit-Beschaffenheit den Sound der TR-909 prägen. Sie ertönen roh, crunchig und punchig und ergänzen wunderbar die analogen Instrumente.
Aktuelle alternativen zur Original Roland TR-909
Leider hat sich der Kultfaktor der Roland TR-909 auch extrem im Preis niedergeschlagen. Zwischen 4.000,-€ und 5.000,-€ sind heute realistisch für ein gut erhaltenes Original. Es gibt aber auch schon Fantasiepreis auf einschlägigen Plattformen, die jenseits der 8.000,-€ liegen.
Da lohnt sich der Blick auf die Alternativen, die es inzwischen in mannigfaltiger Weise am Markt gibt.
Behringer RD-9
An erster Stelle wäre hier die Behringer RD-9 zu nennen, die soeben auf den Markt gekommen ist. Für 349,- erhält man einen extrem preisgünstigen Klon des Originals, der sich im Test wie auch im Audiovergleichstest wirklich wacker geschlagen hat.
Roland TR-09
Roland selbst hat 2017 unter der Bezeichnung Roland TR-09 einen eigenen Nachbau, allerdings mit digitaler Klangerzeugung, herausgebracht. Der kleine Boutique-Drumcomputer.
Roland TR-8 und TR-8S
Diese beiden vielseitigen Drummachines mögen zwar optisch nicht dem Vorbild entsprechen, beherbergen aber richtig gute virtuelle Versionen der TR-909 in ihrem Inneren. Die Roland TR-8 und ihr Nachfolger Roland TR-8S darf man getrost als die modernsten TR-909-Varianten am Markt bezeichnen.
Darüber hinaus können die beiden aber nicht nur die Sounds dieses einen Klassikers erzeugen, sondern auch die Klänge vieler weiterer TR-Derviate wie die Roland TR-808 oder die sample-basierte TR-707 und mehr. Zusätzlich lassen sich in die „S-Klasse“ auch noch eigene Samples laden – und die Bedienung ist in vielen Punkten ähnlich wie die des Klassikers.
Acidlab Detroit
Acidlab hat Ende 2016 mit dem „Detroit“ ebenfalls einen Klon angekündigt, der aber bislang noch nicht erschienen ist. Vielleicht weiß hier einer der Leser, was aus dem Projekt geworden ist.
Din Sync RE-909
Auch kündigte Din Sync im Juni 2020 einen Hardware-Klon an, doch auch zu diesem Projekt gibt es bislang keine weiteren Informationen.
Die TR-909 als Plug-in
Die Anzahl an Plug-in, viele davon Sample-basiert, ist mittlerweile fast unüberschaubar. Die wohl überzeugendsten virtuellen Versionen kommen von Roland selbst (Software Rhythm Composer TR-909) sowie …
… von der D16 Group unter dem Namen Drumazon:
Die Roland TR-909 in der Eurorack-Welt
Und auch die Eurorack-Welt wurde längst vom Sound der Roland TR-909 infiziert. Zahlreiche Module haben sich ganz der Klangerzeugung der berühmten Drum- und Percussionsounds verschrieben. Allen voran wäre hier vor allem die Modulreihe von TipTop-Audio zu nennen, die wir im Oktober 2018 getestet haben.
Die Roland TR-909 on YouTube
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Die habe ich ja noch nie gehört ;P.
Kleine Ergänzung zum TR-8S von Roland (soll nicht besserwisserisch klingen, sondern auf ein kleines aber feines Detail Hinweisen):
In der Firmware-Version 2 sind »FM-Synth-Engines« hinzu gekommen. Die sind eigentlich zur Emulation von Drum-Sounds gedacht, man kann sie aber auch – wenn man wollen würde – tonal verwenden. Und die ACBs – also analoge Emulationen der Drum-Sounds mittels Samples und Filtern – gab es auch schon vorher. Die Kiste feuert also nicht einfach nur Samples ab.
Der TR-8S ist für mich auch der Hinweis, dass Roland dem firmenweit einsetzenden Dämmerzustand entronnen ist und nun wieder am Puls der Zeit mitzupft. Ich finde die Kiste superspannend und nebenbei sieht sie auch noch sehr cool aus; so mit der Beleuchtung und so. Sie ist einer der Gründe, warum ich bei meinen Überlegungen zum Thema »Welche Drum-Machine kaufst Du Dir« echt richtig lange nachdenken musste.
@Flowwater Lieben Dank für die Ergänzung. Ja, die TR-8S ist mir auch ans herz gewachsen :)
„+ Midi“
Wenn Ich richtig informiert bin ist Midi „out of the Box“ im Slave-Betrieb aber auch nicht das gelbe vom Ei.
Da braucht es ein update in Form eines IC-Wechsels (V4.0 oder so).
Da sollte man beim Gebrauchtkauf mal nachfragen.
Evtl. kann wer darauf noch genauer eingehen. Ich bin mir nämlich nicht sicher ob Ich das grade verwechsele…
– Stereo out
Es gibt zwar einen Stereo Ausgang aber keine panning Möglichkeit am Gerät.
Bei Nutzung des Stereo outs werden die Instrumente durch feste Widerstandswerte im Panorama verteilt.
man sollte auch erwähnen, dass das TR-909 zum ersten Mal auf dem Album “Remission“ von Skinny Puppy im Jahr 1984 eingesetzt wurde. 1985 brachten schließlich The Rah Band mit dem Song “Clouds Across The Moon“ und Phil Collins mit “Take Me Home“ den TR-909 in den Top 10 Charts.
@8 Bit Fighter Wie kann man da sicher sein? Hatten die das Gerät direkt von Roland bevor es in den Verkauf kam?
Die Drumachine mit der Synthese und den Samples die einfach so Dermaßen knallt dass es eine Freude ist!!!! Darum ist die Messlatte kaum zu erreichen und dieses Teil ist pure Magie. 2004 hatte ich die Möglichkeit eine TR 909 für 1900 Takken zu kaufen uuuund leider war mir zu dieser Zeit nicht bewusst dass ich jetzt eine will. Die Acidlab Detroit wär natürlich die Lösung. Acidlab rockt!!!!
Die Sounds sind meiner Ansicht nach auch für moderne EDM-Produktionen unschlagbar. Besonders die Snare und Hats. Ich greife auch immer wieder (ungewollt) darauf zurück. Allerdings als Sample, denn: Wer hat schon ein Original? Dank Samplingtechnologie und Behringer für jedermann erschwinglich. Moralische Aspekte ausgenommen.
@Autor: Das „Acidlab Detroit“-Bild sitzt (zumindest bei mir) nicht an der richtigen Stelle.
Super Maschine!