Endlich gerettet: Die Stadt Köln führt das Studio für Elektronische Musik des WDR weiter
Endlich! Die Odyssee des Studios für Elektronische Musik (SEM) ist beendet und damit sein Fortbestehen für die Zukunft gesichert. Die Stadt Köln übernimmt vom WDR das SEM! Der Vertrag wurde am 23.10.2023 unterzeichnet. Lange war die Unterbringung dieses geschichtsträchtigen Studios nicht gesichert. Nun wird es eine neue Heimat unter dem Konzept „Zamus 2.0/SEM finden. 295.000 Euro jährlich sichern den Fortbestand des SEM. Die Honorationen der Stadt Köln sind stolz auf diesen Erwerb.
So führt die Oberbürgermeisterin Henriette Reker aus:
„Im Studio für Elektronische Musik des WDR nahm bereits in den 1950er Jahren seinen Anfang, was spätestens seit ‚Can‘ aus Köln und ‚Kraftwerk‘ aus Düsseldorf Generationen von Künstler*innen beeinflusst hat, beispielsweise ‚Pink Floyd‘ oder die Beatles. Elektronische Musik ist weder aus der Neuen Musik noch aus der Popmusik wegzudenken, und ihr Kern liegt in Köln. Die Stadt Köln ist stolz darauf, das Studio mit neuem Leben zu füllen und das kulturelle Erbe weiterzutragen. Wir planen, das SEM für zeitgenössische Musiker*innen und das Publikum in seiner kulturhistorischen Bedeutung und seinem Wert für experimentelle elektronische Musik an einem neuen Standort erlebbar und bespielbar zu machen. Dieser Schritt stärkt die Musikstadt Köln in einem ihrer besonderen künstlerischen Profile: der elektronischen Musik. „
Es ist einfach fantastisch, dass dieses geschichtsträchtige Studio weiterleben darf und für zeitgenössische Musiker und Musikerinnen zugänglich gemacht wird. Hier liegt einer der Ursprünge dessen, mit dem sich tagtäglich viele unserer Leser und Leserinnen beschäftigen.
Ende Oktober 1951 entschied sich der Nordwestdeutsche Rundfunk, dass es ein Studio für elektronische Musik benötigt. Es sollte noch über 10 Jahre dauern, bis Robert Moog und Don Buchla mit ihrern Erfindungen aktiv werden.
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Eines der ersten Instrumente, die im SEM zu finden waren, war das Monochord von Friedrich Trautwein, dem Erfinder des Trautonium. Herbert Eimert war der erste Leiter des SEM. Eine wichtige Rolle in den ersten Gründungstagen hatte auch Werner Meyer-Eppler, der schon 1949 den Begriff elektronische Musik verwendete. Die Ansätze waren damals radikal. Für Meyer-Eppler war der Einsatz von elektronischen Musikinstrumenten nicht mit elektronischer Musik gleichzusetzen. Sie sahen voraus, dass es mit den elektronischen Mitteln sehr einfach werden würde, Musik zu machen.
Sehr bekannt wurde das SEM, weil es die Wirkungsstätte von Karlheinz Stockhausen war. Auch Iannis Xenakis hat im SEM gearbeitet. Das SEM erlebte in seiner Geschichte viele Veränderungen, technische Wandlungen und künstlerische Auseinandersetzungen. Das Haus, indem das SEM untergebracht war, wurde 2001 verkauft und das SEM wurde in Kellerräumen des WDR eingelagert. Allerdings konnte es dort nicht im vollen Umfang genutzt werden, weil die Räumlichkeiten zu klein waren, um alle Elemente gleichzeitig nutzen zu können.
Wer sich mit der Geschichte des SEM auseinandersetzten möchte, empfehle ich den sehr gut recherchierten Wikipedia Eintrag.
Was denkt ihr? Sollte man das SEM erhalten oder ist das Schnee von gestern?
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Zitat: Elektronische Musik ist weder aus der Neuen Musik noch aus der Popmusik wegzudenken, und ihr Kern liegt in Köln.
…
Die „Elektronische Musik“ ist aus musikwissenschaftlicher Sicht ein Teilbereich der Neuen Musik und hat mit der Verwendung von elektronischen Instrumenten bei der Produktion von Popmusik nichts zu tun.
@Dirk Matten Was erwartest du auch von Henriette? …. Es gibt aber sogar ein Referat für Musik mit Dr. Hermann-Christoph Müller. Anscheinend war er aber hier nicht beteiligt, denn er sollte es besser wissen.
Ist natürlich die Frage ob man immer alles aufbewahren muss. Was ist als Geschichtsträchtig anzusehen oder eben nicht? Siehe die große Anzahl an Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Aber in den Fall, auch wenn es viel Platz wegnimmt, sehe ich es ein. Es wäre vielleicht anders wenn elektronische Musik keinen Siegeszug errungen hätte. Aber die Jahre nach diesem Studio ließen uns eines besseren belehren. Die heutige junge Generation hinterfragt es schon gar nicht mehr, wenn Melodien von aktuellem Schlager oder Pop elektronisch erzeugt werden und auch so klingen. Das WDR-Studio war eines der Startlöcher dessen und verbreitet das verlorene bzw. unbekannte Wissen. Cool wäre vielleicht ein Nebenraum mit aktuellem Equipment als Kontrast/Vergleich.
@Filterpad Darf ich einmal vorsichtig fragen, welche Musik, die hier entstanden ist, du schon einmal aufmerksam gehört hast?
@Dirk Matten Klar! Stockhausen – Tanz der Jünglinge. Fand ich zum einen faszinierend im Vergleich zu damaligen Verhältnissen, aber für meine melodiöse Ader natürlich schrecklich. 😆 Ich hörte das schon vor diesem Bericht, aber (eher) unwissend das es dort entstanden ist. Im Prinzip suchte ich nach Werken von Stockhausen und stieß auf dieses. Ich weiß, du trennst die rein elektronische Musik im Vergleich zur Verwendung der Klänge als Stilmittel in zeitgenössischen Produktionen. Hab ich schon verstanden. 👌
@Filterpad Die Zusammenstellung und innere Zusammensetzung des Klangmaterials geht also bereits einen Schritt weiter, als bei den bis dahin bekannten Beispielen; die Unterwerfung des Materials unter die ordnende Vorstellung des Komponisten und die Anpassung eines gegebenen Materials an die neuen Forderungen musikalischer Form könnten das Unheil abwehren, daß umgekehrt der Komponist von den Bedingungen des Materials beherrscht würde und aus den Widersprüchen von Material und Kompositionsmethode der ersten Jahrhunderthälfte nicht mehr herausfände.
Fortsetzung unten
@Dirk Matten Ok, ok. Verstehe. Aufgedunsener, ipsoamouröser Snobismus vs. das übliche, erdachte, postulierte Pöbelniveau. Du hast sicher Finnegan’s Wake als Bettlektüre auf dem Nachtkästl, hilfsweise den Mann ohne Eigenschaften. Sollen doch die Kulturbanausen sehen, wo sie bleiben. Kulturbanausen, das sind die, die sich einbilden, einen Beckett einfach so lesen und verstehen zu können, ohne erst einmal tonnenweise Interpreten durchgewälzt zu haben. (Genau über diese Interpreten lachte Beckett Zeit seines Lebens herzlich und meinte, natürlich sollte sein Werk so gelesen werden, wie es daherkommt. Und, guess what: das geht! Hab ich immer gemacht!) Mannomann. Solches Verhalten bei ansonsten liebenswürdigen Mitmenschen habe ich zum letzten Mal im Studium erlebt, lang ist es her und ich bereue nichts.
@Filterpad Fortsetzung
Prinzipiell geht es überhaupt nicht um die Verwendung ungewohnter, unbedingt neuer Klänge – derart modische Chocs verbrauchen sich sehr schnell-, sondern darum, daß die musikalische Ordnung in die Schwingungsstruktur der Schallvorgänge hinein getrieben wird, daß die Schallereignisse in einer Komposition integraler Bestandteil dieses und nur dieses Stückes sind und aus seinen Baugesetzen hervorgehen: Textur des Materials und Struktur des Werkes sollen eins werden; mikrotonale und makrotonale Form müssen gemäß der Formidee für jedes Werk wieder neu in Übereinstimmung gebracht werden.
Dabei sind die bisherigen Vorstellungen von musikalisch >tauglichen< Schallvorgängen zu revidieren: Jeder überhaupt nur vorstellbare Schall kann, wenn er aus der komponierten Struktur eines Werkes notwendig hervorgeht, musikalisch verwendet werden. Klänge, Geräusche - wie immer sie beschaffen sein mögen - sind zunächst bloßes Material, und nichts veranlaßt dazu, gewisse Schallvorgänge von vorneherein für den musikalischen Prozeß auszuschalten. Karlheinz Stockhausen - Arbeitsbericht 1952/53: Orientierung, Seite 35 unten
@Filterpad Wenn man schon Musik so einordnet, ob man dazu mitpfeifen kann oder nicht, dann sollte wenigstes der Titel der Komposition richtig zitiert werden, denn der lautet: „Gesang der Jünglinge im Feuerofen“ und nicht „Tanz …“. ufz, ufz, ufz …
Hallo Sven, Danke für den interessanten Beitrag!
Zwei kleine Korrekturen: „Es sollte noch über 20 Jahre dauern, bis Robert Moog …“ ist etwas viel, eher „über 10 Jahre“ (1951 SEM -> 1964 erster Moog-Synth).
„2001 wurde das Haus (…) verkauft und in Kellerräumen des WDR eingelagert.“ Ich verstehe natürlich, was Du meinst, aber es macht viel mehr Spaß, sich vorzustellen, was Du geschrieben hast ;)
@chardt Danke für den Hinweis. Das Raumzeitkontinuum wurde korrigiert. :-)
Stockhausen über Popmusik
https://www.youtube.com/watch?v=Ft0ib7d5Pd4
@Dirk Matten Viele Künstler hätten besser lieber die Klappe gehalten und sich nur in ihrer Kunst ausgedrückt.
Da habe ich eine andere Meinung. Ich hatte über die Jahre mehrmals persönlichen Kontakt zu Karlheinz Stockhausen und schätze ihn ganz besonders.
Sieh dir mal das Video oben an, in dem er Kontakte erklärt.
@Dirk Matten Mich interessiert die Kunst der Künstler.
Was die darüber erzählen (oder über irgendwelche anderen Themen), ist mir völlig schnurz.
Schön, wenn du ihn privat kennst und ihr euch mögt. Das ist aber eine andere Ebene.
Es ist schön, dass dich die Kunst interessiert. Hast du dazu etwas Bedeutendes beizutragen? Bin interessiert.
@Dirk Matten Danke für den Fund! 🙂👍
Danke Köln!
Geht so lange gut, bis das Gebäude, in dem das alles aufbewahrt wird, über einer KVB-Baustelle zusammenfällt.
Für sich genommen aber natürlich eine echt tolle und wichtige Sache!!
In Köln geht sowas, beste Stadt! 👌
Die 8 Milliarden GEZ-Zwangsgebühr jährlich reichen natürlich nicht, um so etwas zu erhalten. Da muss noch der Steuerzahler in Form der Stadt Köln einspringen.
Beschämend.
@WOK Hmm. Würde der WDR das Studio selber be- und erhalten, hätten auch wieder irgendwelche ÖR-Kritisierenden gerufen, dass das eine Zweckentfremdung der Gebühren sei…..
@WOK Die Aufgabe des öffentlich rechtlichen Rundfunks ist die Produktion von Programmen und nicht die Unterhaltung von historisch bedeutenden Studios.
@Dirk Matten …………..und eigene Kunstsammlungen anzulegen, zu bewerten und zu finanzieren!
Grüße von Vati
Ich bin recht froh dass derartig geschichtsträchtige Studios erhalten werden anstatt dass Hainbach oder irgend ein anderes Youtube-Genie es sich krallt und damit noch ein paar letzte Clicks generiert, bevor alles in der Contenthölle verrostet.
@Bave the Dutcher Ohne Deine Aussage abschwächen oder relativieren zu wollen – ich sehe das ziemlich genau so – bin ich doch der Meinung, dass Onkel Hainbach eher zu einem der besseren YouTubern gehört. Oder sagen wir mal so: Ich nehme ihm voll ab, dass er das gut findet, was er da macht und nicht einfach nur Clicks generieren will. 🙂
@Flowwater Danke. Ich fand ihn eh auch recht lieb und kauzig und so und freue mich für ihn dass er sich selber super findet aber nach dem fünften, sechsten Video und einem Collabvideo von Haini, Kuckuck und No Mum fuckt mich diese Wiederholungswalze derartig an, dass ich schreien möchte. Die bedienen sich schamlos an der Avantgarde und DIY Szene und feiern sich als Protagonisten ebendieser. Mein Mittelfinger hat inzwischen eine Dauererektion während dieser Videos.
@Bave the Dutcher Zu »Look Mum No Computer« und »Cuckoo« kann ich auch nur private Meinungen von mir geben, die eine Menge über mich aber nur wenig über die Protagonisten offenbaren. Das muss ja nicht sein.
Grundsätzlich misstraue ich Musik-YouTubern, deren Musik ich so gar nicht mag oder die gar keine Musik veröffentlichen. Und ich bin echt tolerant, was die Musik von anderen angeht. Es muss nicht mein Stil sein, aber ich muss ein gewisses Handwerk erkennen können. Einen gewissen Stil, der sich durch die Musik zieht. Eine gewisse bescheidene Begeisterung. Dann kann ich auch aus den Videos etwas lernen (so war es zumindest bisher immer).
Und, nur mal so als – zugegeben extremes – Beispiel, was ich meine: Ich habe beim Stöbern in »Hör Berlin« den »Métaraph« entdeckt. »Hard Techno« ist nun wirklich nicht mein Stil. Aber nachdem ich dem Kollegen eine Weile zugesehen habe … der meint das echt ernst, was er da macht. Und davor ziehe ich meinen Hut (und bewegen kann er sich auch noch).
Als Kölner glaube ich das erst, wenn ich das Studio betreten darf.
@Spectral Tune Gute Frage: Wird es denn öffentlich zugängig sein und wenn ja ab wann?
@Slowdive Bis so ein Museum/eine Ausstellung/ein Retro-Studio zum Anfassen fertig konzipiert und aufgebaut ist, können schon mal 3-5 Jahre ins Land gehen. Gibt es denn schon einen geplanten Standort?
@Tischhupe Drei bis fünf Jahre halte ich für eine sehr optimistische Schätzung — in so kurzer Zeit läßt sich der Kölsche Klüngel TM nicht bewegen, geschweige denn: beseitigen.
Und dann noch der U-Bahn-Bau…
An den Klüngel habe ich natürlich nicht gedacht. Also dann 10 Jahre! Als Optimist hoffe ich auf 5 Jahre. 😁
Hoffentlich wird es auch benutzbar! Dann freue ich mich darüber. Noch ein Museum für alte Geräte braucht man nicht unbedingt…..
@Davy Hier geht es wohl in erster Linie darum, die damaligen Arbeitsweisen der Komponisten bei der Realisation der Elektronischen Musik im Generellen und im Speziellen darzustellen. Dazu gehört dann auch ein Raum, in dem man die Werke unter optimalen Bedingungen hören kann. Eine Einführung in die jeweilige Komposition sollte und wird hoffentlich dazu gehören. In wieweit die Benutzung der Geräte aktuell sinnvoll ist, darf bezweifelt werden, führte ja die Annahme, dass es nicht so sei, damals zur Auflösung des Studios.