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Feature: Mit der Band auf großer Tour, Livemusik, Stage

Vorsicht Fallstricke! Wie die Tournee zum Erfolg wird

1. Dezember 2022

Mit der Band auf großer Tour

Bei allem wirtschaftlichen Pessimismus, der in den vergangenen Jahren sein Unwesen innerhalb der Live-Musikbranche treibt, es gibt sie noch, die so genannten „großen Tourneen“. Dabei meine ich jetzt nicht die weltweiten Tourneen der internationalen Superstars der jeweiligen Musikrichtungen, die ohnehin aufgrund ihres Status bis an den Rest ihrer Existenz bestens funktionieren werden, sondern das Segment, das über den Bereich „aufgesparter Jahresurlaub abzgl. Familie“ oder aber „Wochenende Cover innerhalb des örtlichen Bundeslandes“ hinausgeht. Dieser Bereich wird häufig durch den semi-professionellen Musiker abgedeckt, dessen künstlerisches Einkommen nicht zum Überleben reicht und deshalb häufig durch einen Halbtagsjob abgesichert wird, dessen Prioritäten aber zu 100 % auf der Musik und ihren Möglichkeiten liegt. Gerne können hier einmal vier Wochen oder mehr am Stück zusammenkommen, die viele Punkte in einem anderen Licht erscheinen lassen, als wie man es sich vorher vorgestellt hat. Schauen wir uns das wirtschaftliche, soziale und technische Minenfeld einmal genauer an.

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Feature Grosse Tournee

Große Tour, Open Air

Zeiten ändern sich: Mit der Band auf großer Tour, Livemusik, Stage

Wie die meisten wahrscheinlich wissen, hat sich die Definition einer Tournee in den letzten beiden Dekaden diametral entwickelt. Hatte die Live-Performance noch vor einiger Zeit die Funktion, ein neues Album der Band, des Künstlers zu promoten, mit dem der Großteil des Gewinns erwirtschaftet wurde, so hat sich diese mittlerweile umgekehrt. Heute bringt man ein neues Album auf den Markt, um einen Grund für eine Tournee zu haben, da sich mit dem Vertrieb und Verkauf eines klassischen Tonträgers keinerlei Gewinn mehr erwirtschaften lässt. Die aktuellen Media Control Charts sind nicht ohne Grund im Ansehen gesunken, da mittlerweile schon ein Verkauf von knapp 3.000 Alben innerhalb einer Woche für einen Platz 2 ausreicht. Die berühmte Top 10 Platzierung ist demnach nur noch ein Glänzen in den Augen der Musiker, wobei der Kaufmann schmunzelnd abwinkt. Und was sich im Bereich Streaming unterhalb Multi-Millionen-Grenze „verdienen“ lässt, dürfte mittlerweile auch bekannt sein.

Feature Grosse Tournee

Große Tour Südkorea Busan Festival

Von daher bietet das Live-Spielen in Kombination mit dem wichtigsten Aspekt des Tourens, dem Verkauf von Merchandise, bei größeren Acts auch noch der Absatz von VIP-Tickets, die letzte Bastion einen nennenswerten Gewinn einzufahren, wobei sich die Aufteilung Gage = Deckelung der Reise- und Transportkosten, Merchandise = Gewinn der Tournee in der Größenordnung bis durchschnittlich ca. 300 Besucher pro Show etabliert hat. Wer nun eine stramme Tourneeplanung, möglichst ohne Day-offs für mehr als einen Monat in Angriff nimmt, sieht sich gerade zu Beginn seiner Karriere mit gleich mehreren Unwägbarkeiten konfrontiert, die je nach Ansammlung und Anhäufung das Boot „Tournee“ schnell zum kentern bringen kann. Von daher, auf was gilt es bei einer „großen Tournee“ alles zu achten?

Feature Grosse Tournee

Große Tour Busan Festival Sjowtime

Mit der Band auf großer Tour – Physis

Man muss nicht wie der Autor dieses Artikels ein gewisses Kontingent an Dekaden überschritten haben, um zu wissen, dass eine Tournee, die die Abfolge „Fr., Sa., evtl. So. auf Tour, danach vier Tage zu Hause“ überschritten hat, eine körperliche Mammutaufgabe darstellt. Was nach außen hin gerne als „2 Std. Show, ansonsten cool im Bus abhängen und Videospiele spielen“ dargestellt wird, verlangt dem Körper insbesondere im Bereich Schlafmangel/-ungleichgewicht weit mehr ab, als man sich am Anfang vorstellen kann. Mit Anfang 20 erscheint das Ganze wie ein Witz, kommt man doch locker eine Woche gefühlt ohne Schlaf aus und feiert jeden Tag, dass die Schwarte kracht, aber auch diese Woche geht zu Ende und mit ihr die Kondition. Mit jedem Tag, den man sich auf Tour befindet, verliert man einen Teil seiner Kondition, was irgendwann in der totalen Erschöpfung endet. Von daher, je mehr man seinen Körper im Vorfeld auf Fitness, gesunde Ernährung und ausgeglichenen Tagesablauf getrimmt hat, umso länger hält man letztendlich durch.

Feature Grosse Tournee

Große Tour Loreley

Mit der Band auf großer Tour – Psyche

Noch stärker als Punkt 1 schlägt Punkt 2 zu, da man sich hier nicht adäquat vorbereiten kann. Nur wer es schafft, für den Zeitraum der Tour seine Privatsphäre komplett aufzugeben, kann den Touralltag wirklich genießen. Wer mit Hotelbetten arbeitet und sich den Luxus von Einzelbetten leistet, kann sich unter Umständen noch ein kleines Refugium aufbauen, in das er sich zumindest teilweise zurückziehen kann. Wer hingegen mit Nightlinern/Tourbussen arbeitet, ist gezwungen, seinen persönlichen Tagesablauf der kompletten Tourparty unterzuordnen. Es herrschen extreme Enge, völlig unterschiedliche Vorstellungen über die Raumtemperatur, immer zu wenig Platz für alles, nicht zu vergessen das Schlafen auf einem röhrenden Diesel, der vielleicht mit etwas Glück mittelfristig durch einen Elektromotor ersetzt wird. Dieses Szenario zermürbt jeden, der nicht entweder seit Jahren dieses Prozedere kennt oder aber seine Psycho gut im Griff hat.

Feature Grosse Tournee

Stagebox Israelian Club Style

Mit der Band auf großer Tour – Equipment

Um es kurz auf den Punkt zu bringen, es muss, nicht es sollte, es MUSS auf einer längeren Tour alles, wirklich alles doppelt vorhanden sein. Nicht nur standesgemäß die Gitarre und vielleicht noch ein Ersatzkabel, nein wirklich alles. Netzteile, Bodeneffekte, Netzkabel, Gitarrengurte, DI-Boxen, Verstärker, Boxen, In-Ear-Systeme, Sender, Mikrofone, einfach alles. Ich habe Tourneen erlebt, wo dem Keyboarder während der Show eine C-Taste abgebrochen war, woraufhin er seine spontane Leistungsfähigkeit im Bereich Umkehrungen unter Beweis stellen konnte. Oder aber Keyboarder, deren Keyboard komplett den Geist aufgegeben hatte und man zumindest für Layer-Arbeit die Tastatur des Mac Books zweckentfremdete.

Dazu gesellen sich natürlich noch Verschleißteile wie Saiten, Drumsticks, Felle, Gaffa Tape, aber auch ungewöhnliche Sachen wie zum Beispiel die Cerumen-Filter der In-Ear Systeme. Sobald sich die Filter zugesetzt haben, gibt es keinerlei Höhen mehr auf den Ohrhörern, was das Monitoring ad absurdum führt. Dass jedes Teil vorher natürlich auf seine Funktionstüchtigkeit untersucht werden sollte, erklärt sich ja von selbst, aber ihr glaubt nicht, wie oft Kollegen mit leeren Batterien am Venue erscheinen. Hilfreich ist es, vor Tourstart Artikel wie z. B. Batterien im Maxipack zu besorgen, damit sich jeder daraus bedienen kann und die Kosten von den Toureinnahmen begleichen zu lassen. So haben auch die Kollegen ein funktionierendes Equipment, die ihre Verantwortung für Sound und Funktionalität nur bis zur Output-Buchse ihres Instrumentes übernehmen und glaubt mir, auch ich habe solche Vertreter in meinem direkten Arbeitsumfeld.

Mit der Band auf großer Tour

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Ein weiterer Punkt, wenn nicht der wichtigste Punkt einer großen Tour ist die Verpackung in Cases. Ich kenne Kollegen, die am Check-in-.Schalter der Fluglinie ihr Instrument im Pappkarton der Auslieferung einchecken und sich wundern, dass am Zielort mehr Kleinholz als sonst etwas ankommt. Professionelle Flightcases oder zumindest hochwertige Hardshell-Cases gibt es mittlerweile für wirklich kleines Geld und wem sein Instrument nicht wenigstens diesen Schutz wert ist, der hat zumindest die Verpflichtung gegenüber dem Tourtross, dass er jeden Abend ein funktionierendes Equipment anbietet.

Feature Grosse Tournee

Große Tour, Club

Mit der Band auf großer Tour – Tourneen im Ausland

Die Besonderheiten von Auslandstourneen würden den Umfang dieses Artikels um ein Vielfaches sprengen, allein das Thema Visa würde schon gleich mehrere Berichte in Anspruch nehmen, von den Themen Einfuhrbestimmungen, Netzspannungen, Funkfrequenzen, Ausländersteuer, Aufenthaltserlaubnis und vieles, vieles mehr ganz abgesehen. Von daher lassen wir den Bereich Übersee einmal außen vor und beschäftigen uns nur mit den wichtigsten Punkten im Bereich EU, was die Problematik deutlich vereinfacht. Von unseren Schweizer Freunden einmal abgesehen, die einem mit ihren Ein- und Ausfuhrbestimmungen zum Teil den letzten Nerv rauben können, lässt es sich in der EU vergleichsweise gut touren. Die Währung ist (noch) größtenteils die Gleiche, es gibt keine physischen Grenzkontrollen mehr, wir fahren alle auf der rechten Seite und unsere Netzspannung ist mehr oder minder auf 230 V festgelegt. Zudem sind die Netzstecker größtenteils kompatibel, Ausnahmen wie die Nicht-EU-Länder GB und CH gilt es bei einem Abstecher zu berücksichtigen.

Mit der Band auf großer Tour

Von den Entfernungen zwischen den Ländern einmal abgesehen, gibt es je nach Land tatsächlich nur ein großes Problem, das man immer im Hinterkopf behalten sollte, das Problem der Kommunikation. Der Fakt, dass in jedem Land Englisch die erste Fremdsprache in der Schule ist, scheint in einigen Ländern immer noch nicht angekommen zu sein. Die Situation ändert sich leider nur sehr, sehr langsam und gerade im lokalen Musikbereich ist man je nachdem ohne rudimentäre örtliche Sprachkenntnisse komplett aufgeschmissen, wobei es ein typisches Nord-Süd-Gefälle gibt. Während man in den skandinavischen Ländern oder auch den Niederlanden zumeist auf ein hervorragendes Englisch trifft, besetzen leider immer noch Länder wie Griechenland, Italien oder Spanien zumindest im Musikbereich die letzten Plätze. Ich weiß nicht, wie oft mein Backliner Bernie, der fließend Spanisch spricht, uns schon den Arsch gerettet hat, von einer einfachen Bestellung im Restaurant bis hin zur Sicherheitskontrolle an einem internationalem Flughafen in Spanien. Nicht ein Wort Englisch!

Mit der Band auf großer Tour

Von daher sollte man sich rechtzeitig mit den Translator-Funktionen seines Handys vertraut machen. Beide Betriebssysteme verfügen mittlerweile über gute Funktionen, sodass man zumindest die wichtigsten Punkte in der Landessprache besprechen kann. Bzgl. der musikalischen Fachterminologie versagen die meisten Programme dann aber doch.

Einen Tipp zum Abschluss, nichts kommt bei ausländischen Shows so gut an wie ein paar Ansage-Floskeln in der jeweiligen Landessprache. Natürlich kann man die jeweilige Landesfahne nach der Zugabe schwenken, was aber einen recht hohen logistischen Aufwand bedeutet und einige Transportkosten mit sich bringt. Da ist man zum Beispiel mit „Witajcie przyjaciele, cieszymy się, że jesteśmy z wami.“ (Polnisch) in Lautschrift besser bedient.

Viel Spaß und viel Erfolg bei euren Shows!

Feature Grosse Tournee

Große Tour, Wacken

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Forum
  1. Profilbild
    Sven Rosswog RED

    Ich kenne einige Musiker und Musikerinnen die da keine Lust mehr drauf haben. Es ist halt harte Arbeit. Bei Metallica und Stones sieht man Luxushotels, Masseure und weiss der Geier was noch alles um die Strapazen angenehm zu gestalten. Wer kann sich das schon leisten? Die Mehrheit des Tourtross eines Megaacts wird auch nicht von der Annehmlichkeiten der Kern-Band profitieren. Auf der Tube befinden sich genug Dokus die den Bühnenaufbau eines Topacts begleiten und da werden auch die Arbeitszeiten thematisiert. Selbst Musiker, die ich für berühmt halte, waren vor und nach dem Konzert noch Teil des Bühnen Auf und Abbau, um Kosten zu drücken. Schon komisch, dass etwas was uns allen so viel wert ist unter teilweisen schlechten Arbeitsbedingungen zustande kommt. Anderes furchtbare auf der Welt wird geradezu mit Geld zugeschi……..die Prios mal wieder.

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