Sound & Praxis mit dem Acoustic G60T
Der Cleanchannel
Nach einer kurzen Aufwärmphase und dem Umlegen des Standby-Schalters meldet sich der GT60T mit einem deutlichen Krachen zum Dienst an. Danach herrscht aber fast schon bleierne Stille, das Rauschspektrum des Amps ist nämlich erstaunlich gering, sodass auch bei leise gespielten Sessions das Signal nicht hinter einer Rauschwand verschwindet. Der Cleanchannel beeindruckt mit einem offenen, dynamischen und obertonreichen Sound, der selbst bei voll aufgeregeltem Volume-Regler und einer Humbucker-bestückten Gitarre am Start keinerlei Anstalten macht, irgendwann in die Zerrung gehen zu wollen. Das ermöglicht absolut saubere Cleansounds selbst bei sehr hohen Lautstärken, obwohl eine röhrentypische Steigerung der Dynamik beim Anheben des Volume-Reglers schon auch in den Fingern spürbar wird.
„Typisch Röhre“ arbeitet auch der Equalizer, dessen Frequenzbänder sich beim Anheben bzw. Absenken immer auch ein wenig gegenseitig beeinflussen. Das ist besonders spannend, denn hinzukommt noch das veränderte Klangverhalten, wenn das Mastervolume erhöht wird und somit die Endstufe in die Sättigung geht: Dann kann es unter Umständen noch einmal ganz anders klingen. Egal, wie es auch klingt, auf Wunsch kann das barbarisch laut sein – mit dem Acoustic G60T kann man sich auch Anno 2018 ohne jegliche Zusatzbox und in jeder Band garantiert Respekt verschaffen.
Der Overdrivechannel
Nach dem Umschalten auf den Overdrivechannel und ein paar angespielten Licks wird klar, wieso der G60T immer auch als Clone des Boogie Mark I galt. Hier singt und schmatzt es nicht weniger fett, wie es bei den Amps aus Petaluma der Fall war bzw. ist. Wie gesagt, der kleine Acoustic ist kein High-Gain-Bolide, die erreichbare Verzerrung reicht aber locker für alle Spielarten der Rockmusik. Wer mehr Gain benötigt, der kann ja auf dem Pedalmarkt zuschlagen. Zu empfehlen sei jedoch dann ein linearer Booster, der mit seinem eigenen Sound den Leadsound des GT60T möglichst nicht zu sehr aus der Bahn wirft.
Stichwort Pedale: Mein Pedalboard ließ sich ohne Probleme im Effektweg platzieren und nutzen. Eine prima Sache, denn mir persönlich gefiel bzw. gefällt der Klang der Accutronics Hallspiralen noch nie wirklich und auch in diesem Fall fehlt mir der wirkliche Wille zur Begeisterung. Von daher kann man den edlen Vintagesound des Amps auch mit einem würdigen Reverb auskleiden. Oder mit Echo, Phaser, Flanger. Oder vielleicht auch mit allem gleichzeitig, Modulationseffekte fühlen sich nun mal im Effektweg am wohlsten.
Hören wir rein in den Sound des G60T. Die nächsten fünf Klangbeispiele zeigen, angefangen von unverzerrten, über Crunchsounds bis hin zum maximalen Gain des zweiten Kanals die Flexibilität dieses Verstärkers. Abgenommen wurde der Amp mit einem AKG C3000 Mikrofon, als Gitarre wurde meine Music Man Silhouette benutzt. Viel Spaß beim Durchhören!
Klangbeispiel 1 : Der Cleansound mit Picking
Klangbeispiel 2 : Der Cleansound mit Strumming
Klangbeispiel 3 : Der Crunchsound
Klangbeispiel 4 : Leadsound im Solo Style
Klangbeispiel 5 : Leadsound im Riff Style
Sehr schöner Test und ein cooler Amp. Mir ist vor Jahren ein Acoustic Controll Corporation 160 Head mit einem 2×12 Celestion Greenback Cabinet unbekannter Herkunft für damals CHF 400 über den Weg gelaufen. Das breite Grinsen von damals sitzt mir immer noch im Gesicht. Der Amp hat zwei Kanäle, die in Serien geschaltet sind und noch eine Boost-Funktion (über ziehen des Bass-Reglers). Somit ein sehr ergiebiges Gainstaging und er kann so richtig laut. Wie bei Deinem ist die Verarbeitung 1A und alles hat die Zeit seit den 80ern gut überdauert.
Vor gut 15 Jahren hatte ich den Accoustic GT 100 Combo. Mir gefiel der Sound sehr gut. Es war damals ein Speaker von ElectroVoice verbaut. Der Amp klang besser als die Soundbeispiele auf dieser Seite. Er konnte allerdings kein High Gain Brett liefern.
sehr cooler Test! Danke dafür :-) auch die soundbeispiele sind gut gewählt, gibt einen tollen eindruck. vor allem der clean-sound klingt richtig gut
@bassguitar3003 Danke :)
Der brutale Headroom von dem Klotz ist aber kaum auf ne mp3 zu kriegen …
Ich hatte früher mal dieses geile Teil und denke gerade darüber nach, ihn mir wieder zu beschaffen. Die Klangbeispiele geben leider nur unzureichend die Vielseitigkeit des Acoustic Amps wieder. Er kann – zusammen mit einer guten Stratocaster – flirrenden Funk, er kann mit einer Humbucker-Gitarre und dem Bassbooster astreine Jazz-Sounds, und er kann diesen cremigen, Boogie-mäßigen High-Gain liefern. Ich kann Overdrive-Pedale nicht leiden, brauchte ich mit diesem Amp auch nicht. Ich fand und finde ihn extrem vielseitig. Im Bandgefüge hat er sich sehr gut durchgesetzt. Einziges Manko: Sauschwer. Und es braucht viel Fingerspitzengefühl, um auch die Techniker an der PA glücklich zu machen, er geht sehr schnell von sehr leise zu brüllend laut über.