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Interview: Jürgen Michaelis – Jomox, from X-Base to Sunsyn

The Head Behind Jomox

22. November 2009

Der ganze Musikmarkt ist besetzt von den Major-Companies. Der ganze? Nein – in einigen Nischen überleben auch die Kleinen ganz gut. Wie zum Beispiel der Berliner Synthie-Produzent Jomox.

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Kleine Jungs möchten Lokomotivführer werden. Pilot. Oder Polizist. Später dann gibt man sich auch mit dem Posten des Filialleiters der örtlichen Kreissparkasse zufrieden. Oder wird – wenn alles schief läuft – Chefredakteur einer Musikzeitschrift. Aber wie kommt man dazu, ein Hersteller für Synthesizer und anderes elektronisches Musikgerät zu werden? Wir fragten Jürgen Michaelis, den Chef von Jomox. Und so ganz nebenher erfahren wir auch noch, was ein Leiterschaukel-Pickup-System ist, warum Jürgens erster Drumcomputer auf dem Müll landete, auf welchen Umwegen der Name Jomox entstand und was sich hinter der resonanten Neuronensynthese verbirgt. Und so viel sei vorab verraten – es wurde ein sehr fröhliches Interview.

AMAZONA.de:
Lass mich raten – Du hast schon als Kind alles auseinander genommen…

Jürgen:
Stimmt. Und später als Jugendlicher hab ich dann an Gitarren rumgebastelt und mit Telefonhörern irgendwelche Pickups zusammengebaut. Genau… ( erinnert sich)… ich hatte da so ein Leiterschaukel-Pickup-System entwickelt, da war ich 16 oder so.

AMAZONA.de:
Erklär mir als Keyboarder mal…

Jürgen:
So schlaff gespannte Saiten auf einer Gitarre, dazu Magneten so platziert, dass die Saiten in dem Magnetfeld geschwungen haben.. und dann über die Saite als Leiter… also… so ein Einwindungspickup… das geht! Das hab ich dann in so einem Schuhkarton-Röhrenverstärker tierisch verstärkt und.. das klang gar nicht mal so schlecht

(kurze Unterbrechung wegen beidseitigem Lachanfall)

AMAZONA.de:
Und dann kam sicher irgendwann das passende Studium?

Jürgen:
Ja, ich hab mal Elektrotechnik studiert…

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AMAZONA.de:
Mit Abschluss?

Jürgen:
(lacht wieder)
Nee, ich bin ein völlig abgebrochener Typ. Ich hab Musik gemacht, hatte ne Freundin mit Kind und Uni ist ein bisschen kurz gekommen – und hatte eigentlich auch keinen Bock auf die Uni. Ich hatte auch das Gefühl, dass ich da nichts lerne, was mich wirklich interessiert und dass man eigentlich nur geknechtet wird und durch so eine Mühle gewurstet wird. Ich hab mich aber ziemlich lange hingequält, um das Studium wirklich abzubrechen…

AMAZONA.de:
Wie viele Semester hat die Qual gedauert?

Jürgen:
Ach endlos… 20 Semester hatte ich am Schluss.. oder so…

AMAZONA.de:
Bei mir nur 10 – dafür aber gleich zweimal… Können wir also abhaken unter „nutzlos“.

Jürgen:
Nicht wirklich. Ich hab als Student viele Jobs in Elektronikfirmen gemacht. Ich hab bergeweise Computerkarten gelötet, und Messsteuersysteme aufgebaut für Tanklagersteuerungen. Ich hab 1986  sogar schon an einem 286er Highspeed-Rechner CAD gemacht und so was…

AMAZONA.de:
Was hast Du eigentlich für ein Instrument gespielt? Ich würde ja mal auf Keyboard tippen…

Jürgen:
Nee, Gitarre in einer Rock-Pop-Band. Kennst Du nicht. Mock Orange hieß die, eine  Berliner Band. Wir haben immerhin etliche Male im Quasimodo gespielt, aber über die Stadtgrenzen sind wir nie gekommen. Hat auch nichts mit elektronischer Musik zu tun, es war eigentlich eine Popband.

AMAZONA.de:
Damit hast du  ja dann anscheinend auch nicht das große Geld gemacht. Was dann?

Jürgen:
1989 hab ich dann bei einem Berliner Musikladen, bei „Sound & Drumland“ angefangen, als Techniker. Nach vier Jahren dann hat sich die gesamte Technikercrew aber mit mir selbstständig gemacht.

AMAZONA.de:
Also 93. So lange gibt es Jomox schon?

Jürgen:
Nein, das war nicht Jomox. Wir hatten in Kreuzberg eine Reparaturwerkstatt aufgemacht. Die hieß X-Tended. Gibt es übrigens noch heute – allerdings ohne mich. Wir haben alles repariert was kam, Keyboards, Sampler, Verstärker, Bandmaschinen, Studioeffekte… total Breitband…

AMAZONA.de:
Und wann ging das dann mit Jomox los?

Jürgen:
Schon während der X-Tended Zeit. Da hab ich Jomox als Label gegründet, das war 1995. Ich hatte begonnnen, neben Reparaturen auch Modifikationen anzubieten. Ich hab da zum Beispiel MIDI-Interfaces gebaut für den Moog und andere Analoge. MIDI-2-CV, Nachrüstkits für Polyphone und so was. Und das hab ich alles unter dem Namen Jomox laufen lassen, um mich da ein bisschen abzugrenzen.

AMAZONA.de:
Woher hattest Du Erfahrung dazu?

Jürgen:
Ich hab damals eben auch viel rumgefrickelt. Für Pixelpark hab ich zum Beispiel mal einen 3D-Joystick gebaut. Da hab ich mich dann in so einen Controller eingearbeitet – und daraus ist dann das erste MIDI-Interface entstanden.

AMAZONA.de:
Und wann ging’s dann mit den Soumd-Erzeugern los?

Jürgen:
1996 hab ich dann angefangen die XBase zu bauen.. Die war ursprünglich nur so gedacht als Bassdrum-Modul. Dann kam aber noch ein Sequenzer dazu.. Mir wurde aber klar: Sequenzer und Bassdrum ist ein wenig dünn, da muss noch mehr dran sein, wenigstens eine Snare. Bass und Snare ist aber auch nicht das Wahre, also habe ich doch noch eine HiHat dazugetan. Ich wollte gar nicht so ein Riesending, ich wollte nur so ein kleines Böxli bauen. Letzten Endes dachten wir uns dann, dass wir gleich nen ganzen Drumcomputer bauen könnten, wenn wir schon mal so weit sind (lacht)

Jomox XBase 09

AMAZONA.de:
Hört sich an, als hätte das was länger gedauert…

Jürgen:
Das hat dann auch das ganze Jahr gedauert – was nach den MIDI-Interfaces der erste offizielle Klangerzeuger von Jomox. Wobei aber schon in den 80ern mal einen Drumcomputer gebaut hatte. Der ist aber nie fertig geworden (lacht). So mit analogen Klangerzeugern und allem möglichen Schnickschnack. Den hab ich jetzt kürzlich auf den Müll geschmissen, den hätte ich eh nie mehr an den Start bekommen. Da musste man in Hexzahlen die Patterns programmieren, völlig krude (lacht wieder).

AMAZONA.de:
Ich hab ja schon überlegt, wie Du auf den Namen Jomox gekommen sein könntest. J für Jürgen und M für Michaelis… X für X-Tended…. aber wo kommen die ‚O’s her?

Jürgen:
Genau… Jürgen Michaelis bei X-Tended… sollte das heißen. Das Logo hatte ich aber mit so einer komischen Schrift gemacht, da waren so Trennzeichen dazwischen, das waren solche Strichpunkte, die sahen aus wie „O“s – und da hat jeder gleich Jomox draus gesehen. Eigentlich sollte es ja JMX heißen.

AMAZONA.de:
Und wie viele Leute seid Ihr jetzt bei Jomox?

Jürgen:
Ich bin bis auf gelegentliche Praktikanten und natürlich einige Freiberufler momentan alleine. Das hat den Vorteil, endlich mal wirklich Geld zu verdienen – *g*

AMAZONA.de:
Euer Vertrieb…

Jürgen:
…läuft über ein weltweites Händlernetz, das in vielen Jahren gewachsen ist.

AMAZONA.de:
Wer gehört dazu?

Jürgen:
Ich, meine Frau und mein Über-Ich. Und viele Freelancer:

Volker Schmidt Webshop/Webpräsenz, Jens Korth Programmierung SysEx Tools, Johannes Laue, Grafik DesignX-Tended, Kai Roeske Reparaturen  und natürlich die ganzen Lieferanten.

AMAZONA.de:
Und wer macht die Entwicklung?

Jürgen:
Das mach ich… (grinst)

AMAZONA.de:
Ganz alleine?

Jürgen:
Ja. (lacht) Das ist mir manchmal schon ein bisschen peinlich, aber das ist so… Das Problem ist ja immer, wenn die Firmen größer werden und die Entwicklungsabteilung auch ne bestimmte kritische Masse überschreiten, dann entscheiden ja nicht mehr einzelne Leute, sondern so ein Konglomerat. Welche Produkte wie auszusehen haben, da bleibt ja viel auf der Strecke. Auch viele Ideen und viel Kreativität.

AMAZONA.de:
Bedeutet das dann nicht für dich mehr Arbeit?

Jürgen:
Jein. Bei einem sehr komplexen Gerät wie etwa bei dem SunSyn hast du sehr viel Overhead an Kommunikation, um die ganzen Schnittstellen überhaupt zu definieren, um die ganzen Sachen miteinander arbeiten zu lassen. Und der ganze Kommunikationsaufwand frisst bis zu 70% der gesamten Performance. Schau dir das mal an bei anderen Firmen, wie oft die in Besprechungen sitzen und wie viel Zeit die aufwenden, um Informationen auszutauschen.

AMAZONA.de:
Kümmerst Du dich dann auch noch – neben der technischen Entwicklung – um Desígnfragen?

Jürgen:
Teils, teils. Beim Sunsyn und bei der Airbase nicht, das hat Frank Dellen gemacht, der ist Industriedesigner, die XBase habe ich komplett alleine gemacht.

AMAZONA.de:
Also ist Jomox eigentlich ein Ein-Mannbetrieb mit Büro? Ist ja praktisch, da spricht man auf jeden Fall immer mit dem Chef, wenn man anruft…

Jürgen:
(lacht)..
ja, das stimmt! Hier sprichst Du immer mit dem Chef. Ja genau

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Forum
  1. Profilbild
    dibo

    Nach dem Artikel über Jürgen Michaelis mußte ich mich nun doch mal anmelden.
    Liebes Amazona Team, einen herzlichen Dank für eure Seite und für dieses Interview.

    Ich habe den T Resonator von Jomox und bin sehr zufrieden. Deshalb war ich sehr neugierig etwas über seinen Erfinder zu erfahren.
    Herr Michaelis, bitte weiter so.
    Und wenn die Sachen unkonventionell und experimentell sind, mein Schaden soll es nicht sein.

    Gruß Dirk

  2. Profilbild
    acidnoid

    danke für das ausführliche interview. witzige und interessant. auch das projekt vom thilo frank spannend…

    in der auflistung fehlt dann doch die SE XBase 09 Dr. Walker edition…

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