Money for nothing!?
Nachdem Dire Straits mit Mark Knopfler an der Spitze Ende der 70er und Anfang der Achtziger die Musikwelt mit ihrem unaufgeregten aber originellen Stil aufgemischt hatten und dem Rock neue Türen geöffnet hatten, brachten sie mit „Brothers in Arms“ 1985 ihr sicherlich bekanntestes Album heraus und schafften so den internationalen Durchbruch auf die ganz große Bühne. Neben den musikalischen Leistungen, die das Album bis heute zu einem der wichtigsten Veröffentlichungen der Band und des britischen Rock machen, steckten auch hinter den Kulissen der Platte überraschende Produktionstechniken und interessante Strategien. Im Making of: Dire Straits Brothers in Arms, gehen wir dem Entstehungsprozess und dessen Ergebnis näher auf den Grund.
Dire Straits Brothers in Arms: Die Vorgeschichte
Mitte der Achtzigerjahre hatten die Dire Straits während eines kometenhaften Aufstiegs vier Alben herausgebracht und hatten mittlerweile eine weltumspannende Fangemeinde. In all diesen Jahren hatten sich die Alben allerdings an einigen Grundzügen des Dire Straits Stils orientiert und die darauf enthaltenen Songs wichen nur recht selten davon ab.
Nicht, dass Dire Straits im Laufe der Jahre seit ihrem Debüt, den vier Studioalben und ihren Singles sowie dem fantastischen Livealbum „Alchemy“ keine Entwicklung vollzogen hätten. Im Gegenteil: Die Songs der Band wurden technisch ausgereifter, was vor allem an dem Unterschied zwischen frühen Studioversionen und späteren Liveaufnahmen zu hören ist. Zudem nahm man sich etwas mehr Zeit für die etwas ausladenderen Stücke auf den Alben, die nicht als Singleauskopplung im Radio liefen und selbst die Singleauskopplungen selbst wurden mit der Zeit länger, symphonischer und vielleicht auch ein wenig sperriger.
Und vor allem hielten Dire Straits an ihrem Grundsound fest, der etwas offener und vergleichsweise Clean produziert war. Die Leadgitarre war nur selten angezerrt und dann auch für eher kurze Passagen, wie in „Private Investigations“ und der Stil bis zum vierten Album „Love over Gold“ orientierte sich an einem tighten Schlagzeug, der meist cleanen Gitarre Mark Knopflers und einem eher zurückhaltenden Einsatz von Synthesizern und Instrumenten außerhalb der Kernband. Natürlich war das kein Dogma, dem die Band anhing, aber der „rugged“ Country- und Blues-Einfluss blieb bis zum vierten Album dominant und die Produktion trotz sphärischer Kompositionen relativ trocken und direkt.
Dire Straits Brothers in Arms : Ein Vorstoß in den Pop?
Nach einer dreijährigen Schaffenspause und ausgedehnten Touren um die halbe Welt trafen sich Dire Straits erneut im Studio, um am nächsten gemeinsamen Studioalbum zu basteln und vielleicht war es die Erfahrung der vielen Konzerte oder der Zeitgeist und die Explosion neuer Aufnahmetechniken und Kulturen, die die Band inspirierte. Denn Dire Straits Brothers in Arms sollte ein wenig anders werden als die Vorgängeralben und die Platte sollte Dire Straits in ihren Stil nachhaltig beeinflussen.
Nachdem die Band die Songs über den Sommer 1984 geschrieben und einstudiert hatten, traf man sich gemeinsam mit dem Produzenten Neil Dorfsmann im Herbst desselben Jahres auf der karibischen Insel Monserrat. Wohl auch, um dem englischen Winter zu entgehen. Mark Knopfler, der ebenfalls als Produzent des Albums agierte, war in Sachen Tonqualität ein absoluter Perfektionist und suchte immer nach Möglichkeiten und Equipment, um den Sound seiner Songs und der Band zu verbessern.
Für die Aufnahmen von Dire Straits Brothers in Arms investierte er in eine technische Neuerung, die sich in dieser Zeit nur wenige leisten konnten und selbst in großen Tonstudios noch eine Rarität darstellte: Einen digitalen Sony 24 Track Recorder (wahrscheinlich ein PCM 3324). Einer der ersten digitalen Tape Recorder im Einsatz, was Brothers in Arms zu einem der ersten komplett digital produzierten Alben der Musikgeschichte machte.
Dire Straits Brothers in Arms: Die Aufnahmesituation
Nachdem sich die Studiomusiker, Mark Knopfler an der Gitarre, Alan Clark am Piano und der Hammondorgel, John Illsley am Bass, Guy Fletscher an den Synths und Terry Williams an den Drums zusammengefunden hatten, ging es an die Verteilung der Musiker im Studio. Das war keine ganz so leichte Aufgabe, denn obwohl das Studio mit modernster Technik ausgestattet wurde, war es immer noch recht klein und so musste man sich auf den etwa 55 Quadratmetern einrichten so gut es eben ging.
Das Schlagzeug wurde direkt vor das Fenster zum Kontrollraum gestellt und rund herum mikrophoniert. Für das Piano und die Orgel, Letztere lief über einen Leslie-Speaker, wurden jeweils zwei kleinere Kabuffs errichtet, um sie vom Rest des Studios zu isolieren und die Verstärker des Basses und der Gitarren Mark Knopflers wurden in der Gesangskabine aufgebaut. Knopflers Amps wurden mit einem Shure SM57s, einem 451s und einem Neumann U67s für den Ambientsound abgenommen.
Der Klang macht die Musik: Money for nothing
Naturgemäß mussten die Verstärker immer wieder aufgebaut und neu mikrophoniert werden, wenn die Instrumente bei den aufnahmen wechselten und so soll es zu einem Zufall gekommen sein, dem wir heute den unverwechselbaren Gitarrensound von „Money for Nothing“ zu verdanken haben. Der Legende nach, soll das Set-up der Aufnahme Mark Knopflers Gibson Les Paul für das unvergessliche Riff nur halb fertig gewesen sein, während Mark noch an dem Sound bastelte. Grundstock war der Steg-Pickup (viele versuchen, den mittig kompakten Sound des Riffs bis heute auf dem Neck-Humbucker zu kopieren), ein heruntergeregeltes Tone-Poti und vielleicht ein Tube Screamer in Kombination mit einem Laney Amp.
Doch während Mark herumexperimentierte und versuchte, sich an einen ZZ-Top-Sound heranzupirschen, fiel einem Assistenten der röhrende, fette und ziemlich dreckige Sound auf, den die noch „falsch“ ausgerichteten Mikrofone produzierten. Eines derselben war noch auf den Boden gerichtet, während das andere noch zu weit vom Speaker positioniert war. Kurzerhand entschied man sich den Klang in der gegebenen Form zu verwenden und nicht weiter zu bearbeiten und es sollte DER neue Kultsound von Dire Straits werden. Und das, obwohl er dem sonstigen Sound Knopflers ziemlich diametral gegenüberstand.
Überhaupt verdient der Song etwas mehr Aufmerksamkeit. Als weiterer Songwriter ist für „Money for Nothing“ kein geringerer als Sting aufgeführt, der das 1:40 minütige Intro einsang, das mit beinahe psychedelischen Synthesizersounds vor sich hin mäanderte und so auch auf einem Pink Floyd Album hätte auftauchen können. Er singt im Lied die zweite Stimme und während des Outros ist ein Melodieschnipsel aus „Don’t stand so close to me“ mit neuem Text („I want my MTV) immer wieder zu hören. Sting soll in dieser Zeit in der Gegend surfen gewesen sein und sein Gastauftritt war eine spontane Idee bei einem gemeinsamen Abendessen mit der Band. So kann es manchmal auch gehen.
Kritik an der Popkultur oder einfach Spaß?
Inhaltlich dreht sich das Lied um den Blick zweier Arbeiter auf den Lebensstil und das Wirken einer exzentrischen Superstarklasse. Mit ein wenig Gitarrenspiel, abgehobener Kleidung („See the little faggot with the earring and the makeup?“) und reichlich Sex-Appeal schafft man es dank MTV zum Superstar. Der Kommentar zu dieser Art der Musikvermarktung basiert wohl auf den Äußerungen eines Mitarbeiters eines Haushaltewarengeschäfts in New York, der später auch als Figur in dem Musikvideo zu dem Song verewigt wurde. Es war das erste, fast ausschließlich am Computer animierte 3-D-Musikvideo und wirkt aus heutiger Zeit irgendwie gruselig und etwas krude. Uncanny Valley! Mitte der 80er war das aber State of the Art.
Mittlerweile hat sich um die oben genannte Textzeile eine Kontroverse entwickelt, weil der Ausdruck „Faggot“ eine homophobe Beleidigung darstellt. Allerdings könnte man auch argumentieren, dass es sich um ein Zitat einer anderen Person als den Sänger handelt und der Begr0iff vor 30 Jahren noch etwas anders besetzt war. Größtenteils hat sich der Streit um die Lyrics jedoch wieder gelegt.
Die Story von „Money for Nothing“ kann durchaus als kritisch gegenüber einer hemmungslosen Vermarktung und Glorifizierung moderner Popmusik verstanden werden, und wie es die Ironie des Marktes so will, war das Musikvideo nicht nur das am häufigsten gespielte Video bei MTV zu seiner Zeit, sondern mit Abstand auch die kommerziell erfolgreichste Single von Dire Straits überhaupt. That’s the way you do it!
Dire Straits Brothers in Arms – die richtige Mischung aus Pop und Balladen
Aber Dire Straits Brothers in Arms ist nicht nur wegen des kommerziellen Erfolges bemerkenswert. Es markiert auch eine Veränderung in der Produktion und dem Songwriting der Band. Mit dem Album orientierten sich Dire Straits etwas mehr am zeitgenössischen Pop, als in den vorherigen Alben. Das fällt vor allem am Schlagzeugsound auf, da die Snare hier deutlich räumlicher und ein wenig dominanter klingt als zuvor und auch bei Dire Straits eine Extraportion Gated Reverb drauf gepackt wurde. Das war eben ein Trend, dem sich in dieser Zeit kaum einer entziehen konnte.
Auch die Songstruktur wurde etwas radiofreundlicher – nicht komplett – aber insbesondere bei den ersten drei Songs kann diese Tendenz beobachtet werden. Gerade diese Songs sind mit eingängigen Riffs und Melodien versehen, die Hooks leicht zu merken und mitzusingen. Insgesamt waren viele Lieder auch kürzer, was allerdings nur für die Radio-Edits und die Plattenversionen gilt. Die CD-Mixes waren teilweise deutlich länger und waren mit ausladenden Intros und Fade-outs ausgestattet. Diese Strategie wurde vor allem verfolgt, um mit der längeren Gesamtspielzeit die deutlich teurere CD-Version vor den Kunden zu rechtfertigen. Und es funktionierte: die CD verkaufte sich trotz des höheren Preises wie geschnitten Brot.
Nach den ersten drei Songs des Albums schlägt der Ton jedoch ein wenig um. Mit „Your latest Trick“ wagt man sich schon fast in einer Easy Listening Jazz-Soul Richtung, die von dem Trompeten-Intro angeführt in eine recht ruhige Ballade mit einer ziemlich „drivigen“ Gitarren mündet. Das Hauptthema, wurde im Song von Michael Brecker am Saxophon verewigt und orientiert sich hörbar an Knopflers Solointermezzo für den Film „Local Hero“.
Auch die Country-Balladen „Why Worry?“ und „The Man’s Too Strong“ in dem die 1932er National Resonator Gitarre vom Cover so prominent zum Einsatz kommt, sind sehr ruhig und nicht mehr ganz so poppig, jedenfalls im Vergleich mit dem Einstieg in das Album. In „Ride across the river“ experimentierten Dire Straits sogar mit tropischen Klängen und seichten Reggaeeinflüssen, die etwas untypisch für die Briten klingen. Vielleicht ein Einfluss des Gastlandes für die Aufnahmen?
Mit „One World“ kommt das Album mit einem kurzen und knackigen Bluespop-Stück, dass so auch von Peter Gabriel hätte sein können, wieder in die Gegend radiofreundlicher Hits mit eingängiger Hook und einem Drive mit klarem Schlagzeug und Slap-Bass. Das lockert das Album etwas auf, bevor mit dem Titelstück Brothers in Arms die vielleicht bekannteste Ballade der Band das Album abschließt.
Brothers in Arms: Die vielleicht wichtigste Ballade der Dire Straits
In dem Song geht es um den kurzen aber heftigen Krieg zwischen Großbritannien und Argentinien um die Falklandinseln, einigen unbewohnten Felseninseln im Südatlantik, bei dem rund 900 Menschen umkamen. Knopfler gab später an, den Text aus der Sicht eines sterbenden Soldaten geschrieben zu haben, der zum Ende des Krieges mit ihren „Waffenbrüdern“ aufruft. Neben der politischen Bedeutung des Songs, der einen Konflikte verurteilte, der in der britischen Zivilbevölkerung großen gestützt wurde, war der Song musikalisch sehr prägend für den Stil Dire Straits und Mark Knopflers.
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Brothers in Arms – Ein neuer Knopfler Sound
Der Song ist mit einem langen Streicher-Intro aus dem Synthesizer relativ minimalistisch gehalten. Später kommen noch ein einfacher Schlagzeugbeat und ein Basslauf hinzu. Getragen wird der Song vor allem durch Knopflers Gesang und einem der besten Gitarrensounds aller Zeiten. Letzterer kommt erneut von der in diesem Album öfter eingesetzten Gibson Les Paul. Wie auch bei „Money for Nothing“ ist die Gitarre etwas angezerrt und der Ton etwas herunter geregelt, wenn auch nicht ganz so stark. Knopfler komplementiert mit kleineren Licks die Gesangsmelodie und nutzt dafür einen leicht angezerrten Sound, der einerseits ähnlich sanft und weich ist wie der Gesang, stellenweise aber bedrohlich knurrt und so perfekt zu einem Antikriegslied passt.