Da steppt der Bär
Der Berliner MFB Tanzbär ist eine vollanaloge Drummachine mit sage und schreibe 14 analogen Perkussionsinstrumenten, zwei digitalen Synthesizer-Stimmen und umfangreichen
Sequencer Möglichkeiten. Dazu bedient MFB noch eine Preisnische, die mit vergleichbaren kommerziellen Produkten zur Zeit nicht besetzt ist. Wie gut der Tanzbär diese für sich einzunehmen vermag, lesen Sie in diesem Test.
Erstkontakt mit dem Tanzbär
Der Name, noch dazu in Zusammenhang mit Berlin, weckt allerlei Assoziationen, die hier allesamt nicht aufgegriffen werden, genauso wenig wie der Unterschied zwischen deren Metaphorik und der Realität, der sie entnommen sind.
Der Tanzbär ist mit ca. 1,1 kg ein echtes Leichtgewicht und passt mit etwa 333 x 165 x 55 mm auch bequem in den Rucksack. Betrieben wird er über einen 12V-Anschluss, ein entsprechendes Netzteil wird mitgeliefert. Angeschaltet wird jedoch am Gerät selbst. Der Zustand des Netzteils bleibt davon unberührt. Das stabile Aluminiumgehäuse wird an den Seiten mit ebensolchen Echtholzseitenteilen nicht nur verziert, sondern auch besser greifbar gemacht. Ich würde auf Kirschholz tippen. Trotzdem klingt das Gehäuse recht hohl, wenn es hingestellt wird.
Von den vielen Potis ist zwar keines verschraubt, haben aber nur minimales Spiel. Da muss schon fester dran gewackelt werden, bis es auffällt.
Was den Drehwiderstand der Potis angeht, so finden wir die Parameterpotis viel zu leichtgängig und die Lautstärkeregler der Percussions viel zu schwergängig. Nochmals erschwerend kommt hinzu, dass die Lautstärkepotis keine Kappen haben. Das macht sie recht unangenehm in der Handhabung. Jedoch sind auch die Bohrungen für die Potis sehr knapp bemessen, so dass diese daran schleifen. Wahrscheinlich wird sich das Problem bei längerer Anwendung von selbst erodieren.
Die Taster sind präzise, mit klarem Druckpunkt, aber auffallend laut, was wohl mit dem Widerhall im Gehäuses selbst zusammenhängt. Streckenweise fühl man sich schon bei der Arbeit am Gerät gestört, will/muss man bei Zimmerlautstärke arbeiten. Beim Live-Auftritt sollte das allerdings nicht ins Gewicht fallen.
Features
Der Tanzbär bietet 14 Perkussionsinstrumente, zwei Bassdrums und jeweils eine Snare, Rimshot, Cymbale, Open-Hat, Closed-Hat, Claves, Claps, drei Toms sowie Cowbell und Maracas. Für 10 der Schlaginstrumente gibt es sechs Audioausgänge in Dual-Mono-Ausführung, d.h. eines auf dem linken und das andere auf dem rechten Kanal. Nur Bassdrum und Claps haben komplett eigene Ausgänge. Am Audioausgang liegt die Summe aller Percussions an.
Zusätzlich stehen noch zwei weitere digitale Synthesizer-Simmen zur Verfügung, von denen die erste als „Lead‟ bezeichnet wird und die andere als „Bass‟. Diese beiden Stimmen haben noch ein Tiefpassfilter, das im Sound-Menü über den Data-Regler eingestellt werden kann.
An Schnittstellen gibt es zwei MIDI-Eingänge. Der erste dient dem Spielen der Klänge des Tanzbären. Wobei seltsamerweise der Lead auf MIDI-Kanal 1 ansprechbar ist, der Bass auf Kanal 2 und die Percussions auf Kanal 3. Das ist unserer Meinung nach etwas unpraktisch gewählt. Denn als Drummachine sollten die Drums auch erste Priorität haben, sodass man anschließen und loslegen kann und nicht erst anschließen, irgendwo noch den MIDI-Kanal wechseln und dann loslegen. Alle Instrumentenparameter sind über diese Buchse auch von außen per MIDI-Clock und -Controller, z.B. von der DAW aus, steuerbar. Der zweite MIDI-In dient ausschließlich der Synchronisation per MIDI-Clock, welch ein Luxus. Über den MIDI-Out werden Clock, SYS-EX Dumps und die MIDI-Noten der Pattern ausgegeben, die Controller-Daten der Regler aber nicht.
Des weiteren gibt es noch 3 CV-, zwei Gate-, einen Start- und einen Sync-Anschluss. Die Buchsen können am Gerät sowohl als Eingänge, als auch als Ausgänge konfiguriert werden. Auf Eingang geschaltet wird auf CV1/Gate 1 der „Lead‟ angesprochen, während CV2/Gate 2 den „Bass‟ anspricht, der noch mit einem Accent-Step beeinflusst werden kann. Mit CV3 wird die Cut-Off Frequenz des Tiefpassfilters für den Bass kontrolliert, dessen Werteverlauf am Gerät auch über den DATA-Regler eingegeben werden kann. Interne CV/Gate-Sequenzen werden auch an den entsprechenden Buchsen ausgegeben, um externe analoge Klangerzeuger zu steuern.
Bedienung
Beim Tanzbären hängt alles davon ab, in welchem der drei Betriebsmodi man sich gerade befindet, die über Shift+15 durchgesteppt werden. Bei Manual ist die LED zweifarbig grün, bei Step ist sie grün und rot und bei Jam ist sie grün/orange. Das kommt daher, dass der Tanzbär bei solchen „Unterfunktionen‟, die ausgewählte Grundfunktion meistens immer noch mit anzeigt und den Anwender darüber informiert, wo er sich gerade befindet.
Im Manual Modus werden keine Parameteränderungen aufgezeichnet, sondern sind nur per Hand veränderbar. Im Step-Modus kann das Gerät schrittweise programmiert und Parameteränderungen aufgezeichnet werden. Es gibt auch eine Undo-Funktion, die mit Drücken von Select aktiviert wird. Der Jam-Modus ist die Live-Variante des Step-Modus und es können, wenn der Aufnahmemodus aktiviert wird, die Parameter ebenfalls live verändert werden.
Der Record-Modus wird über den obersten linken Taster Rec/ManTrig und das gleichzeitige Drücken einer der 16 Taster zum Auswählen eines Instrumentes aktiviert. Das ausgewählte Instrument bleibt dabei immer durch die zweifarbige Anzeige des LED erkennbar. Hat der Anwender dieses Konzept verstanden, ist schon ein Großteil des Tanzbären verstanden.
Kommen wir zur eigentlichen Drum-Programmierung. Pro Klangparameter gibt es einen Regler, der das macht, was draufsteht. Es gibt noch einen weiteren Parameter für die meisten Instrumente, der über den Data-Regler eingestellt werden kann, sobald das Instrument über Rec/ManTrig+Instrument zur Step-Programmierung ausgewählt wurde. Das geht auch bei laufendem Sequencer im Jam-Modus. Bei etlichen Parametern, besonders bei den Decay-Parametern, ist der Regelweg nicht optimal und kann bis zu einem Drittel des Weges brachliegen, oder die Klangänderung nimmt auf einmal exponentiell zu. Es lässt sich mit etwas Feingefühlt trotzdem gut damit arbeiten.
Die Synthesizer sind da schon etwas schwieriger zu programmieren. Im Step-Modus ist die Kombination Rec/ManTrig+1 für den Lead und 2 für den Bass auszuwählen. Nun können am Sequencer die einzelnen Schritte gesetzt werden. Für die Noteneingabe wird zusätzlich noch der Sound-Taster gedrückt. Die rot-leuchtenden Steps erlöschen und nur eine grüne LED auf Step 1 bleibt übrig. Die grüne LED zeigt den Step an, auf dem sich der Sequencer gerade befindet. Die Taster selbst sind nun der Notenbeschriftung über den LEDs zugeordnet, d.h. 1-12 sind für C bis zum nächst höheren C und mit den Tasten 14-15 wird deren Oktavenlage ausgewählt. Beim Betätigen einer der Tasten 1-12 springt der Sequencer dann automatisch zum nächsten Schritt. Hat man sich vertan, kann mit dem Taster „Pattern‟ und „Shift‟ nach links und rechts navigiert werden. Ein Pause wird durch „A/B‟ eingefügt, ein Haltebefehl mit „Select.‟ Ein weiteres Betätigen des Sound-Tasters beendet diesen Modus wieder. Das ist aber auch schon der schwierigste Teil des Tanzbären. Es wäre noch genial gewesen, wenn die Synthesizer bei laufendem Sequencer einfach mit dem Data-Regler für die Tonhöhe hätten programmiert werden können.
Die Bassdrum 1, die Claps, die drei Toms/Congas und die Cowbell sowie die zwei Synthesizer-Stimmen haben noch weiter Klangvariationen. Der Zugang wird im Rec/ManTrig-Modus durch Blinken des Sound-Tasters angezeigt. Es steht auch eine dreistufige Accent- und eine Bending-Funktion über den Data-Regler für die beiden Bassdrums, die Snare und die Toms zur Verfügung. Dieses Feature war allerdings noch fehlerbehaftet und aktivierte mitunter alle Schritte einer Sequencer-Spur.
Was hingegen für ein großes Hallo sorgte, war das A/B-Pattern- und Fill-Konzept, also 32 Steps und Patternabfolge. 16-Step-Pattern sind ja so yesterday. Es lassen sich mit der Fill-Funktion auch mehrere Pattern miteinander verknüpfen, auch die Shuffle-Funktion. Die Roll/Flams-Funktion ist etwas umständlich zu handhaben. Die 16 Muster, die per Halten der Taste ausgewählt werden, gelten erst für den nächsten gesetzten Step. Auch ob es so eine gute Idee war, die zwei Funktionen auf eine Taste zu legen und deren Aufruf vom Betriebsmodus abhängig zu machen, darf bezweifelt werden.
Der Sound des MFB Tanzbär
Dass der Bär nur so brummt, stellt er locker unter Beweis. Es drückt, knallt und zischt, wie man es nur haben will, ohne es jedoch mit dem Low-End zu übertreiben. Man sollte hier nicht das Fehlen eines ultratiefen 909-Low-Ends mit dem Fehlen von Qualität gleichsetzen. Gegen die Brachialität einer Jomox 999 kommt der Tanzbär nicht an, sondern ist da mehr kuschelig kickend.
Alle Instrumente klingen sehr gut und passen auch im Charakter sehr gut zusammen. Die Klangbandbreite von Snare und Bassdrums reichen von Roland-like bis zu fast-akustisch. Wobei die meisten Instrumente auch noch getuned werden können, um in einen bestimmten musikalischen Kontext zu passen. Der Lead und der Bass, die im ursprünglichen Konzept nicht vorgesehen waren, sind zwar sehr simpel, können jedoch gut zur Unterstützung der Rhythmussequenzen eingesetzt werden. Jedoch kam es ab und zu mal vor, dass sie Notenhänger hatten.
Der MFB Tanzbär on YouTube
A nice Techno-Sequence:
Und ein wenig Tweaking:
Hallo,
als Besitzer des Schlagzwergs stellt sich mir zum einen die Frage, ob der Tanzbär nur ein Schlagzwerg in neuem Gehäuse ist und zum zweiten vor allem, ob sich die beiden im Sound unterscheiden. Offensichtlich hat der Tanzbär ja die vielfältigen Einbindungsmöglichkeiten in Modularsysteme eingebüßt, aber ansonsten sieht das ja recht ähnlich aus. Gibt es hier Erhellendes ?
Vielen Dank !
Hi Baltan,
Gute Frage in wie weit sich die beiden schaltungstechnisch unterschieden.
Worin sie sich aber definitiv unterscheiden ist ihre „Zielgruppe“. Der Schlagzwerg ist ja ehr für den CV-Studioverbund und für Soundtüftler konzipiert, während der Tanzbär auf Einzelbetrieb und Live-Performance getrimmt ist und auch dreimal so viele unabhängige Instrumente bietet. Von daher sind die beiden als Produkte schonmal nicht austauschbar.
Leider ist der Schlagzwerg auch nur noch gebraucht zu bekommen.
Aber ich schau mal was ich rausfinden kann (am Wochenende ist natürlich keiner da).
Ein schönes selbiges noch,
M. :)
Hallo
Grundsätzlich basieren die Schaltungen beim Tanzbär auf der 503 und der 522, wurden komplett überarbeitet bzw. neu entwickelt und teilweise erweitert, z.B. Kick-Transienten. Beim Schlagzwerg entsprechen die Sounds weitestgehend der 503. Wenn die Modulareinbindung ein wichtiges Kriterium für dich ist, dann gibt es zum Schlagzwerg keine Alternative. Der Tanzbär hingegen hat mehr Sounds (zwei verschiedene Kicks, die ganzen Percussions) und den viel komplexeren Sequenzer, ist aber auch umständlicher zu bedienen.
Mich würde interessieren, wie weit sich die beiden Bass und Lead Synthesizer am Gerät editieren lassen. Zumindest auf den Fotos kann ich keinen Hinweis auf eine Hüllkurve (geschweige denn 2) oder ähnliches finden. Oder spucken die beiden Synthies immer nur den gleichen Sound aus, der sich lediglich mit Cutoff und Accent editieren lässt?
Kurze Antwort: Korrekt.
Keine Editiermöglichkeiten außer LowPass und Accent, auch nicht über MIDI, keine (editierbare) Hüllkurve, außer Gate, nur eine Wellenform.
Also ich finde den Sound sehr enttäuschend. Was ist den das für eine Cowbell? oder der Clap?? Komisch! Mir gefällt eigentlich nur die BD2, und dafür genügt es vermutlich einen 503 zu kaufen. Schade, ich hatte hohe Erwartungen in den tanzenden Bären ;(
Was nützen die ganzen parameter locks und der bestimmt gute Sequenzer, wenn die Kiste einfach nicht kickt? Nix!
Geschmacksache, aber die Demos hier sind auch wirklich nicht besonders überzeugend. Der Bär kann aber auch ganz anders und groovt für meinen Geschmack wie die Sau :-)
https://soundcloud.com/mfb-instruments/mfb-tanzb-r-preset-pattern-1-2
LOL!
Erklär mir bitte mal wie die Preset auf Soundcloud besser klingen sollen als die Werkdemos hier?
Das sind nämlich auch die Werkpresets.
„Mir gefällt eigentlich nur die BD2, und dafür genügt es vermutlich einen 503 zu kaufen.“
Die BD2 vom Tanzbär entspricht eher der 522. Bei der 503 basiert die Bassdrum auf einer verbogenen Dreieckswelle, die per Pitchhüllkurve moduliert grob in Richtung 909-Kick geht, und immer etwas rauer klingt. (im TB > BD1)
Sorry, das hab ich dann wohl verwechselt. Dann genügt es für mich einen 522 zu kaufen ;) Auf alle Fälle finde ich die BD2 klasse. Aber mich würde auch wiklich mal eure Meinung zu dieser cowbell und zu dem clap interessieren!
ajo, klar sind das die gleichen Patterns, aber IMHO ist es wenig hilfreich den Gesamteindruck und den Groove einzuschätzen wenn sich alle paar Sekunden die Geschwindigkeit ändert, wie in deiner Demo. Zudem hat das Soundcloud Sample auch mehr und bessere Patterns.
Aber hier noch was von ner ganz anderen Baustelle: http://www.....session-c/
Cheers
Die Werkpresets des Tanzbären stammen ebenfalls von Herrn yapacc, nur so nebenbei.
:)
danke für die Info :)
Hat denn jemand schon etwas von der geheimnisvollen „neuen Maschine“ gehört? MFB hatte ja im Juli ein Teaserfoto auf Facebook geteilt…zu sehen gab’s aber nur Platine….