Mikrofone zum Hammerpreis
Mikrofone in allen erdenklichen Preisklassen gibt es wie Sand am Meer. Und hier kommt ein Mikrofontest zweier besonders preiswerter Schallwandler. Aber ich kann euch versprechen, was ich jetzt vorstelle, sind Kandidaten, die nicht nur für Schnäppchenjäger und Einsteiger brauchbare Alternativen darstellen. Außerdem scheint bei diesen Mikrofonen jede Ähnlichkeit mit den Klassikern der Shure Bühnenmikrofone, Absicht zu sein. Die beiden Kandidaten in diesem Test heißen Behringer BA 85A und Behringer SB 78A.
Grundsätzlich haben wir es mit Handheld-Mikrofonen zu tun, sie unterscheiden sich allerdings in der Technik. Während das Behringer BA 85A ein dynamisches Mikrofon mit Tauchspule ist, kommt beim Behringer SB 78A eine Kondensatorkapsel zum Einsatz.
Im Test: Supernierenmikrofon Behringer BA 85A
Das Behringer BA 85A mit der Richtcharakteristik Superniere wird samt Mikroklemme in einem stabilen Kunststoffkoffer geliefert. Ein einfaches Datenblatt sowie das Reduziergewinde fürs Mikrostativ gehören dazu.
Schon optisch muss man beim Betrachten des Behringer BA 85A zweimal hingucken. Mit seiner markanten Bauform und dem kugelförmigen Drahtkorb mit blauem Gummiring kommt uns diese Erscheinung doch irgendwie bekannt vor – oder etwa nicht?
Getreu seiner klassischen Bauform liegt das Mikrofon mit 320 g Gewicht vernünftig in der Hand. Den Frequenzbereich hat der Hersteller mit 50 Hz bis 16.000 Hz angegeben, die Impedanz mit 300 Ohm. Für dynamische Mikrofone typisch, steckt dieser Schallwandler ordentlich was weg. So beträgt der maximale SPL hier satte 150 dB.
Blick auf die dynamische Mikrofonkapsel
Die Kapsel ist in einem weichen Gummiblock gelagert und damit vom Schaft zur Reduzierung von Handgeräuschen recht gut entkoppelt. Der Gummieinsatz lässt sich komplett herausziehen, wird aber mit einem Metallring in Position gehalten, sobald der Drahtkorb aufgeschraubt ist. Im Drahtkorb sitzt als Pop- und Spritzschutz ein Schaumstoffeinsatz, den man (Achtung Anwendertipp!) gelegentlich durch einfaches Auswaschen säubern sollte.
Die Verarbeitung macht insgesamt einen soliden Eindruck. Das Markanteste bei diesem Mikrofon ist aber der Preis. Das Behringer BA 85A ist für 25,- Euro (!) im Handel erhältlich. An dieser Stelle wird mancher Leser jetzt ganz bestimmt die Nase rümpfen. Aber – einfach weiterlesen und sich am Ende einen Gesamteindruck verschaffen.
Klangtest und Messergebnisse
Natürlich ist nicht nur für mich ein direkter Vergleich des Behringer BA 85A mit dem Shure Beta 58 A (jetzt ist es raus …) sehr interessant.
Neben verschiedenen Sprach- und Gesangstests sollen vor allem einige Messungen weitere Informationen liefern. Hier natürlich unter gewöhnlichen Bedingungen und nicht in einem schalltoten Raum.
Zum Einsatz kommt beim Testaufbau rosa Rauschen, das mit einem guten Studiomonitor beiden Schallwandlern abwechselnd zugespielt wird (Abstand ca. 15 cm / das Mikrofon ist auf die Mitte zwischen Woofer und Hochtöner gerichtet). Via Focusrite Interface geht es in die Analysesoftware Arta, die auf einem Windows 10 Rechner installiert ist. Zur besseren, sprich etwas glatteren Darstellung, sind die Messkurven in Arta jeweils mit einem 1/6 Smoothing versehen.
Neben rein psychologischen Effekten beim Hören, die ein Vergleich mit zwei Mikrofonen von 25,- Euro (Behringer) und 157,- Euro (Shure) zwangsläufig mit sich bringt, sprechen die Messkurven eine objektivere Sprache.
Messkurve 1 zeigt das Behringer Mikrofon. Erkennbar sind hier zwei Regionen mit deutlichen Anhebungen der Frequenzen. Ein Bereich liegt bei etwa 150 Hz, der andere (mit kleinen Dellen) bei 4.000, 5.000 und 6.000 Hz. Oberhalb von 7.000 Hz beginnt der Roll-off in den Höhen. Eine Senke ist zwischen 400 Hz und 1.500 Hz erkennbar. Unterhalb von 60 Hz ist der Roll-off in den Bässen zu sehen.
Messkurve 2 zeigt das Shure Beta 58 A Mikrofon. Natürlich gibt es hier Abweichungen zur Kurve des Behringer Mikrofons, aber so extrem anders fällt die Messkurve nicht unbedingt aus.
Zu den wichtigsten Unterschieden: Das Shure hat einen glatteren Frequenzverlauf in den Höhen, der beim Behringer mit einigen Dellen versehen ist. Während das Behringer schon ab 7.000 Hz mit dem Roll-off beginnt, liefert das Shure an dieser Stelle noch bis gut 10.000 Hz Pegel. Was die Bässe betrifft, sind sich beide Mikrofone wieder ähnlich.
Das Behringer orientiert sich also nicht nur optisch am Shure Beta 58A, sondern auch seitens der Klangcharakteristik. Dennoch zeichnet das Shure Beta 58 A in den Höhen deutlich feiner, was als Fazit zu den beiden Messungen deutlich wird.
In dieser Grafik sind beide Messkurven zum direkten Vergleich in einem Diagramm zu sehen.
Bei den Anwendungstests zum Behringer BA 85A wird die recht gute Isolierung der Kapsel vom Gehäuse deutlich. Handgeräusche sind minimiert und Pop-Geräusche werden durch den Drahtkorb effektiv unterdrückt.
Im Test: Kondensatormikrofon Behringer SB 78A
Das Kondensatormikrofon SB 78A hat sogar einen richtigen Zwilling, der mir in einem Vergleichstest schon einmal positiv aufgefallen war, das Kondensatormikrofon the t.bone MB 78 Beta. Hier geht es zum Vergleichstest mit dem MB 78 Beta.
Auch das Behringer SB 78A wird mit einer Mikroklemme im stabilen Kunststoffkoffer geliefert. Und auch hier gehören ein einfaches Datenblatt sowie ein Reduziergewinde zum Lieferumfang.
Der Frequenzgang ist im Datenblatt mit 50 Hz bis 16.000 Hz ausgewiesen, was für ein Kondensatormikrofon durchaus konservativ ist.
Im Gegensatz zum bereits vorgestellten dynamischen Behringer Mikrofon benötigt das Behringer SB 78A eine Phantomspeisung von 48 Volt, die von zeitgemäßen Mischpulten in der Regel zur Verfügung gestellt wird. Auch ist bei diesem Schallwandler die Richtcharakteristik eine andere, nämlich Niere, was sich grundsätzlich (wie auch beim Behringer BA 85A) auf die Positionierung/Aufstellung von Bodenmonitoren auswirkt.
Der maximale Schalldruck beim Behringer SB 78A beträgt 136 dB und die Impedanz liegt bei 200 Ohm. Mit einem Gewicht von 240 g ist dieses Mikrofon leichter als das Behringer BA 85A. Das liegt unter anderem an der geringeren Masse der Gesamtkonstruktion der Kapsel.
Eine praktische Besonderheit ist das schaltbare Low-Cut-Filter am Schaft. Damit können tieffrequente Signale wie Handgeräusche oder unschöne Übertragungen vom Stativ unterdrückt werden. Zur Klangformung kann dieses Filter natürlich ebenso eingesetzt werden. Bei den Messungen komme ich darauf zurück.
Blick auf die Mikrofonkapsel
Der längliche Drahtkorb lässt sich abschrauben und bietet im Unterschied zum Behringer BA 85A im Innern speziell an der Einsprechstelle etwas dichteren Kunststoff. Das ist auch logisch, weil die Kondensatorkapsel deutlich empfindlicher ist als eine dynamische Kapsel und auf Pop- und Windgeräusche viel heftiger reagieren würde.
In Gummi gelagert und mit drei Gummiösen auf langen „Stelzen“ angebracht, ist die Kapsel gut vom Schaft entkoppelt, sodass Handgeräusche minimiert werden.
Dieses Mikrofon ist ebenfalls gut verarbeitet und macht insgesamt einen robusten Eindruck.
Klangtest und Messergebnisse
Die Messung ohne Low-Cut zeigt schon fast eine ausgeglichene Kurve, die locker bis über 15.000 Hz reicht. Eine leichte Delle ist zwischen 400 Hz und etwa 1.200 Hz auszumachen. Was die Bässe betrifft, geht es ab 60 Hz in den Keller. Mit aktivierter Low-Cut-Schaltung werden die Bässe schon ab etwa 140 Hz reduziert. Das ist für meinen Geschmack etwas hoch angesetzt und nimmt Stimmen unter Umständen wichtiges Volumen. Andererseits schafft diese Absenkung der Bässe Klarheit in der Wiedergabe.
Mit diesen Messergebnissen ist das Behringer SB 78A nicht nur für Gesang- oder Sprachanwendungen gut geeignet, es hat auch seinen Platz bei der Abnahme von akustischen Instrumenten verdient. Beispielsweise bei der Aufnahme von Akustikgitarren, Flöten und anderen Klangerzeugern.
Absolute Preisleistungssieger. Nachdem mein altes dynamisches Sennheiser nicht mehr wollte habe ich kürzlich ein Behringer XM8500 für 15€ gekauft. Für die wenigen Vocals bei mir vollkommen ausreichend. Die hier sind bestimmt kein bischen schlechter.
Was mich mal interessieren würde:
wie weit geht denn die Klonerei durch Behringer bezüglich des Mikro-Korbes?
Bei meinem Shure Beta 58a ist nämlich der Korb vom ständigen Nahbesprechen schon leicht angerostet. Passt der Korb vom Behringer-Klon zufällig auch auf das Beta? Da kostet der Ersatzkorb nämlich soviel wie 2 ganze Behringer-Mics (der blaue Streifen macht das offenbar so teuer…).
@Archivicious Netter Gedanke. Der Korb passt leider nicht.
Hey, Leute, was ist das für eine Unsitte, Mikros zu testen, ohne uns daran teilnehmen zu lassen? Wo sind die Klangbeispiele..? Von Armin B. infiziert..?
@cher Man soll den Klang anscheinend aus den Messdaten ablesen. Ich mache das ab jetzt auch immer so, statt das Publikum mit Gitarre und Gesang zu behelligen, reiche ich in Zukunft einfach ein paar Mess-Charts runter.
Was man da an Strom und Gitarrenseiten einsparen kann!
Nun ja. Es gibt zwar Tonaufnahmen, aber für mich sind die Messdaten wesentlich aussagekräftiger. Schließlich ist jede Stimme anders und Einsprechwinkel bzw. -abstände können nicht immer exakt gleich gehalten werden. Auch die Lautstärke der Sänger/Sprecher variert zwangsläufig. Von daher gibt es bei Tonbeispielen systembedingt bereits Unterschiede.
Messkurven sind übrigens aufwändiger zu produzieren.
Sind euch dann zukünftig Tonaufnahmen lieber?
@p.ludl Für mich auf jeden Fall… Wenn ich Dir ein Recept für mein Abendessen schicke, und behaupte, daß es mir sehr gut geschmeckt hat, wirst Du immer noch nicht wissen, was genau ich meine… Danke im voraus.
@cher Same here. Ich kann an den Klangbeispielen immerhin erkennen, ob das Mikro eher auf der warmen oder kühlen Seite spielt und wie gut es auflöst.
Ok. Wird in Zukunft berücksichtigt.
Gibt es Erfahrungen mit preiswerten Mikrofonen? Oder müssen es immer die etablierten Marken sein?
@p.ludl Ich habe hier ein Audio-Technica MB 2K in Betrieb (Amp-Abnahme und manchmal sogar Vocals) und ein T Bone SCT 700 (Vocals, Akustikgitarre), die sind beide auf der eher preiswerten Seite. Für die jeweiligen Mikrofonständer habe ich jeweils ungefähr den gleichen Betrag ausgegeben.
Für meine Homerecording-Zwecke ohne jede professionelle Absicht reicht das völlig aus.
Ich werde es aber mit dem SB 78 A auch mal probieren, mir sind Marken eigentlich völlig egal. Behringer hat allerdings selbst bei mir nicht den besten Ruf.
Würdet ihr das Behringer SB 78A oder das T.Bone MB 78A nehmen, sind sie komplett baugleich?