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Test: BOSS SY-300, Gitarrensynthesizer

Macht aus deiner Gitarre einen Synthesizer

27. Oktober 2015

Was wären Musiker wie Pat Metheny, Steve Hackett, Mike Oldfield, Andy Summer und unzählige weitere alte Helden ohne den Roland GR-300 gewesen? Iron Maiden machten Gitarrensynthesizer für härtere Gangarten salonfähig. Roland überraschte uns vor nicht langer Zeit mit dem ebenfalls blauen GR-55. Dieser ist ein vielseitiger Gitarrensynthesizer mit einigen Anleihen der VG-Reihe, jedoch weniger ein „Synth zum Schrauben“.

Und hier ist der neue BOSS SY-300, der in seinem Konzept zurück zum Ursprung der Roland Gitarrensynthesizer zurückkehrt. Die Bedienung und der Klang stehen im Mittelpunkt. Ob BOSS mit dem SY-300 nach langer Zeit wieder ein Meilenstein unter Gitarrensynthesizern geglückt ist, erfahrt ihr hier.

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3-SY-300

— Der BOSS SY-300 —

Einblick in den BOSS SY-300 Gitarrensynthesizer

Der SY-300 von BOSS ist ein einfach aufgebauter, jedoch sehr leistungsstarker Gitarrensynthesizer, der ohne speziellen Tonabnehmer auskommt. Bei den bisherigen Modellen wie dem GR-55, dem VG-88 sowie VG-99 und sämtlichen GK-Effektgeräten sind spezielle hexaphonische Tonabnehmer erforderlich. Es gab natürlich auch immer wieder Gitarren mit diesen Tonabnehmern, Fender stellt zum Beispiel in Kooperation mit Roland „GK-Gitarren“ her. Sofern man keine spezielle Gitarre hat, musste man diesen Tonabnehmer jedoch selbst montieren oder montieren lassen.

Wer als Gitarrist live noch eine zweite oder dritte Ersatzgitarre haben will, muss also mit einigen zusätzlichen Ausgaben rechnen, da so ein Pickup rund 160,- Euro kostet. Wirklich flexibel ist man mit dieser Lösung auch nicht, wenn die eigene Gitarrensammlung in den zweistelligen Bereich geht.

Gitarrensynthesizer sind in der heutigen Zeit leider nicht so stark verbreitet wie Synthesizer mit Tasten, was ich sehr schade finde. Bis auf den Vertreter aus eigenem Hause, dem GR-55, steht der SY-300 ziemlich konkurrenzlos da.

Äußeres

Das Gehäuse ist, man glaubt es kaum, blau und aus stabilem Metall, so wie seinerzeit der legendäre GR-300 und zuletzt der GR-55. Über den GR-55 haben wir hier bereits berichtet.

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— Familienfoto —

Im Zentrum der Oberseite steht das große, beleuchtete Display, das durch seine großen Zeichen auch auf dunklen Bühnen gut ablesbar ist. Darunter befinden sich vier große Drehregler, mit denen wir in den Untermenüs den Sound einstellen können. Das Prinzip kennen wir vom V-Synth GT oder Jupiter-80. Mit Pfeiltasten erreichen wir sogenannte „Quick Displays“. Hier werden die vier Regler zu Makros und lassen sich mit eigenen Funktionen versehen. In der oberen rechten Ecke sitzt der Select-Drehregler. Er entspricht einem großen Haupteingabe-Regler, der sich außerdem für Bestätigungen auch drücken lässt. Zudem lassen sich mit ihm unsere Sounds durchschalten.

Auf der unteren Oberseite sind vier Fußschalter angebracht. Mit dem ganz linken schalten wir den Gitarrensynthesizer auf Bypass. Danach ist nur noch unsere ungefilterte Gitarre zu hören. Daneben befindet sich „CTL 1“. Hier können wir in jedem Preset noch einen zusätzlichen Effekt oder Einstellung hinzuschalten (sofern wir eine erstellt haben). Mit den beiden rechten Fußschaltern schalten wir bequem durch die Presets. Die Oberseite ist ohne Bedienungsanleitung leicht verständlich und selbsterklärend.

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— Stirnseite mit den Anschlüssen —

Die Stirnseite bietet eine Reihe an Anschlüssen. Ganz rechts befindet sich der Input, und das ist das Besondere – als Klinkeneingang. Und das muss ja nicht zwingend eine Gitarre sein. Dazu gleich mehr. Wir erreichen eine THRU- und eine /RETURN-Buchse. Dadurch können wir den SY-300 gut in unser Pedalboard integrieren. Daneben befinden sich vier Klinkenausgänge. Einmal Main-Out links/rechts und noch einmal Sub-Output links/rechts.

Der BOSS SY-300 besitzt auch MIDI. Wer aber an dieser Stelle denkt, man könnte mit der Gitarre etwa externe Synthesizer steuern, wird enttäuscht werden. Hier geht es um Program Change und MIDI-Thru. Mit einem anderen (BOSS-) Pedal zusammen lassen sich gleichzeitig die Sounds umschalten. Neben den beiden MIDI-Buchsen finden wir eine weitere Klinkenbuchse für ein Expressionpedal. Den Abschluss machen ein Powerschalter und der Stromanschluss.

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Erste Eindrücke

Der BOSS SY-300 startet schnell. BOSS scheint viel aus vorherigen Produkten gelernt und das Beste zusammengetragen zu haben. Wir haben siebzig nicht löschbare Presets, aber zusätzlich 99 mal die Möglichkeit, unsere eigenen Sounds zu speichern. Die Bedienung ist kinderleicht. Im Prinzip braucht man gar keine Bedienungsanleitung aufzuschlagen. Ich bin auch einer von denen, die erst blind in die Falle tappen wollen. An dieser Stelle möchte ich die „Blender“-Funktion hervorheben. Damit können wir Bestandteile aus bestehenden Presets zusammenfügen. Der SY-300 besitzt drei gleichzeitig spielbare Oszillatoren und vier Effektprozessoren, die sich außerdem auch noch unterschiedlich verknüpfen lassen.

Das Blender Menü zeigt jeweils Oszillator 1 – 3 und einen kompletten Effektweg. Wir können nun jeweils für jeden dieser vier Bestandteile aus existierenden Presets die Einstellungen übernehmen und zu einem ganz neuen Patch zusammenfügen. Zum Beispiel übernehmen wir für den ersten Oszillator die Einstellungen aus Preset 1, während wir dem zweiten Oszillator die tolle Sägezahnschwingung mit langem LFO aus Preset 4 verpassen. Und die Effekte übernehmen wir aus Preset 79. Das Ganze können wir auch automatisch generieren lassen. Das muss zwar nicht immer der Soundknaller sein, aber wenn man noch selbst Hand anlegt, ist diese Funktion mehr als nützlich. Das Feature könnte manchem Synthesizer nicht schaden.

beitragsbild-sy-300

Über den Menü-Taster gelangen wir in die Einstellungen. Hier können wir alle geräteabhängigen Einstellungen tätigen. Zum Beispiel die Input Sensitivity, LCD-Kontrast, Patchverwaltung und die Quick-Knobs. Main-Out und Sub-Out besitzen jeweils einen eigenen Equalizer, was sehr cool ist. Die von Boss berühmte Kombination zweier Fußschalter, um das Stimmgerät aufzurufen, ist auch an Bord. Das Stimmgerät funktioniert übrigens auch mit einem Bass hervorragend. Die Presets versuchen alle Möglichkeiten des SY-300 anzureißen. Das führt zu einer sehr interessanten und inspirierenden Mischung an Sounds. Alles ist mit diesen Presets selbstverständlich noch nicht gesagt, darum schauen wir uns jetzt die Klangabteilung an.

Sound & Praxis

In das Herz gelangen wir über den Knopf mit der Aufschrift „Synth/FX“. Damit kommen wir zu einer Übersicht. Es handelt sich hierbei um den Signalweg von der cleanen Gitarre bis zum Output. Die unterschiedlichen Stationen, wie etwas Oszillatoren, Effekte oder Routings lassen sich mit den Pfeiltasten oder dem Drehregler durchschalten. Wenn wir das gewünschte Element erreicht haben, können wir auf Knopfdruck ein Untermenü mit den Einstellungen öffnen.

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— OSC 1 ist ausgewählt. Mit den Pfeiltasten schalten wir durch die Komponenten —

Dazu muss man wissen, wie der Klang aufgebaut ist. Ganz links befindet sich unser Instrument. Das ist in diesem Falle eine Gitarre. Es ist auch möglich, einen Bass zu verwenden. Das kann man im Input-Sens Menü umschalten. Ohne Umschaltung funktioniert es zwar auch, aber es kann zu Fehlverhalten kommen. Alles schon ausprobiert. Selbstverständlich können wir auch ganz andere Instrumente hernehmen, zum Beispiel eine E-Geige.

Das Eingangssignal von unserem Instrument wird auf drei Oszillatoren aufgeteilt. Die Bezeichnung „Oszillator“ ist nur bedingt richtig. Es handelt sich um drei eigenständige Synthesizer. Mit einem Klick auf einen der Oszillatoren bzw. Synthesizer erscheint eine Übersicht, die uns zu den typischen Komponenten wie der Klangerzeugung, Amp oder sogar einem Sequencer bringt. Hier wird an nichts gespart. Pitch-Envelope, ADSR, Amp-Envelope mit ADSR, pro Oszillator zwei LFOs … Ein Traum für Klangbastler!

Als Klangerzeuger können wir zwischen verschiedenen Schwingungsformen wählen oder das originale Signal filtern. Dann verhält sich der BOSS SY-300 wie ein Multieffektgerät. Die drei Klangerzeuger können untereinander und mit den eingebauten Effekten auf mehrere Arten miteinander verknüpft werden. Das erinnert an die Structure vom V-Synth. Wir haben eine Reihe an Effekten zur Verfügung. Darunter Compressor, Limiter, Overdrive/Distortion, Phaser, Flanger, Slicer, Uni-V und weitere.

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Der Sound des BOSS SY-300 Gitarrensynthesizer

Die vorinstallierten Presets bieten einen umfangreichen ersten Geschmack. Monophone Sequenzen, breite Flächen, Kirchenorgeln und JMJ-esque Drones … Die ersten Tage wird man mit Sicherheit mit Probieren beschäftigt sein. Beim Spielen drängt sich sofort der Vergleich zum originalen GR-300 auf, sofern man diesen Synthesizer noch miterlebt hat. Denn dieser Synthesizer war vor mehr als dreißig Jahren in der Lage, jede Nuance des Spielers umzusetzen, da das Gerät absolut analog arbeitete und die Saiten als Oszillatoren fungierten. Deshalb war ein hexaphonischer Tonabnehmer nötig.

Mit dem GR-700 wagte sich Roland in die digitale Welt. Die Technik der Gitarrensynthesizer wurde dadurch sehr anfällig für falsche Noten (das konnte man nicht einmal durch sauberes Greifen der Saiten verhindern). Es folgten Jahre, in denen die Roland Gitarrensynthesizer eher „Presetschleudern“ ihrer Keyboardgeschwister waren. Erst mit dem VG-99 gelang es, die Besonderheiten des GR-300 zu virtualisieren und somit bis heute im aktuellen GR-55 verfügbar zu machen.

Klanglich erinnert der BOSS SY-300 oft an den GR-300, natürlich ist er in den Filtern und Einstellmöglichkeiten wesentlich umfangreicher. Er ist der erste richtige Gitarrensynthesizer, den man mit seiner eigenen Gitarre spielen kann. Und der somit mit unterschiedlichen Gitarren unterschiedlich klingt. Seinem Urgroßvater GR-300 ist er zwar mit seinen Modulationsmöglichkeiten und Effekten überlegen, aber mit seiner analogen Klangerzeugung kommt der alte fetter daher. Darum musste man den GR-300 bei Auftritten gerne nachstimmen. So hatte man live zwei Instrumente zu stimmen.

Der GR-55 wird mit Erscheinen des SY-300 selbstverständlich nicht arbeitslos. Zum einen beherrscht der BOSS SY-300 keine Ampsimulationen und kann die Gitarre nicht in andere Saiteninstrumente verwandeln und auch die Synthesizersounds unterscheiden sich maßgeblich von den PCM-Presets, die der GR-55 besitzt.

Der Boss SY-300 Gitarrensynthesizer on YouTube

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Fazit

Der BOSS SY-300 ist ein starkes Gerät mit mächtigem Sound. Man hat zwar in letzter Zeit genug „GR-Solo“-Patches in Bodentretern gehabt, der SY-300 beherrscht jedoch weit mehr als das. Wir können kinderleicht eigene Sounds mit allen Schikanen erstellen. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man nicht mehr auf die speziellen GK-Tonabnehmer angewiesen ist und mit jeder herkömmlichen E-Gitarre sofort loslegen kann. So ist es auch möglich, seinen E-Bass oder E-Geige anzuschließen.

Der BOSS SY-300 ist nicht nur ein bloßer Synthesizer, darüber hinaus verfügt er auch über ein Multieffektpedal, das locker mit anderen Bodentretern von BOSS mithalten kann. Über die Thru/Return Buchse lässt sich der SY-300 auch sinnvoll in bestehende Pedalboards integrieren. Der SY-300 hat als Gitarrensynthesizer für Klangbastler unendliches Potenzial. Psychedelische Klänge, EDM-Basslines, moderner Metal oder harte Riffs mit mächtigen Pads für Industrial – alles möglich. Nach 30 Jahren ist Roland mit digitaler Technik endlich so weit, wie sie vorher mit ihren analogen Synthesizern waren. Was provokativ klingt, ist ein großes Lob an den BOSS SY-300!

Plus

  • viele klangliche Möglichkeiten
  • handliches und kompaktes Design
  • einfache Handhabung

Minus

  • keine Noten über MIDI

Preis

  • Ladenpreispreis: 689,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    syntach

    Danke für die vielen guten Infos, habe grade eben das Chappers Video entdeckt, auch wie immer sehr unterhaltsam.

    Für alle Synthfreunde, ab 6.15 kommt Axel F ;)

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