Der Kleine mit dem großen Namen
Nach Friedman und Bogner hat nun auch Diezel beschlossen, preisgünstige und mit Transistoren bestückte Alternativen zu den mächtigen Vollröhren-Boliden, die sich durchaus schon mal in einer Preiskategorie bis ca. 3000,- Euro aufhalten können, ins Rennen zu schicken. Mit den kleinen und günstigen Verstärkern der Preiskategorie um 300,- Euro gefährdet man auch sicherlich nicht den Verkauf der kostenintensiven Flaggschiffe, da klanglich vergleichsweise spürbare Unterschiede feststellbar sind. Eine „hochwattige“ Röhrenendstufe ist einer 30 Watt Transistorvariante in Sachen Dynamik, Lautstärke und Klang sicherlich immer noch deutlich überlegen.
Die Frage stellt sich, ob die kleinen Biester mehr als Spielzeuge oder nur nett anzuschauende Accessoires sind. Für den Einsatz im Studio oder auch kleinere Gigs sind sie sicherlich interessant. Da unser heutiger Testkandidat keine klaren Sounds bietet, sind die Einsatzgebiete auf der Bühne doch etwas eingeschränkt. Schauen wir uns den Kleinen mal an.
Diezel VH Micro Amp Head – Facts & Features
Der kleine Amp hat selbstverständlich den Look, den man von den großen Brüdern gewohnt ist, das will man natürlich auch sehen. Der einkanalige Testkandidat soll sich klanglich laut Hersteller am dritten Kanal des Boliden VH-4 aus eigenem Haus orientieren.
Seine Maße betragen gerade einmal 241 x 159 x 133 mm (B x T x H), auch sein Gewicht von lediglich
1,8 kg ist angenehm leicht, was seiner Transportfähigkeit sicherlich zugutekommt. Die Stromversorgung (24 V) erfolgt über ein Netzteil, das man von Laptops kennt. Natürlich wäre ein interner Trafo sicherlich wünschenswert, da das Netzteil aber ausgelagert wurde, werden eventuell auftretende Einstreuungen (Brummen etc.) und somit unnötige Nebengeräusche vermieden.
Bedienelemente
Der Diezel VH Micro Amp besitzt eine dreibandige Klangregelung (Bass, Mids, Treble), einen Gain-Regler und einen Mastervolume. Darüber hinaus kann mit dem Deep-Regler noch fein auf die tiefen Frequenzen eingewirkt werden, was ein nützliches Feature ist, da jede Lautsprecherbox anders klingt und ein schlichter Bass-Regler nicht immer das gewünschte Ergebnis liefert. Der Presence-Regler sorgt dann bei Bedarf für mehr Biss oder Schärfe. Rechts am Frontpanel befindet sich erwartungsgemäß auch der Eingang für das Instrumentenkabel. Ein schlichter Kippschalter schaltet den Verstärker ein, da ein Transistor-Amp keinen Standby-Schalter benötigt.
Rückseite
Wie auch einige andere Kollegen seiner Sparte wurde das Rückenpanel lediglich spartanisch ausgestattet. Immerhin besitzt der kleine Diezel einen Einschleifweg, ein absolutes „must have“, wenn man ihn auf der Bühne spielen wollte. So würde man beispielsweise ein Delay oder Hall dort einschleifen, damit es beim Solo nicht nur trocken klingt. Der Line-Out gestattet natürlich auch das direkte Aufnehmen in die DAW.
Das Netzteil wird in die kleine Hohlsteckerbuchse eingeklinkt. Für den Anschluss der Lautsprecher stehen zwei Klinkenbuchsen zur Verfügung. Zum Aufnehmen empfiehlt es sich, das Line-Signal aus der Send-Buchse des Effektwegs an der Rückseite abzugreifen (Dummy-Load anstelle des Lautsprechers anschließen) und im Rechner oder einem externen Lautsprechersimulator mit einer Impulsantwort einer guten Lautsprecherbox zu versehen, es sei denn, man möchte das Ganze über eine Box hören und mit einem Mikro aufnehmen.
Beim Anspielen mit meiner Thiele 1 x 12″ Box wird klar, dass auch eine 30 Watt Transistorendstufe sehr laut werden kann. Das hängt natürlich mit der auf Metal ausgerichtete Vorstufe bzw. der erreichbaren Verzerrung zusammen. Eine Transistorendstufe entsprechender Leistung eines ausschließlich cleanen Verstärkers könnte diese Lautstärke nicht produzieren. Hören wir, wie Pete Thorn den kleinen Diezel bewertet:
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Diezel VH Micro Amp Head – Sound
Die Klangbeispiele wurden zunächst mit den entsprechenden Reglern der Klangregelung auf 12 h erstellt. Ein Zurücknehmen der Mitten könnte selbstverständlich auch noch zum Erzeugen gemeinerer Sounds beitragen. Hören wir den Amp zunächst mit „moderaten Gain-Einstellungen“. Wir dürfen feststellen, dass der Verstärker bei Bedarf „tons of gain“ bereitstellt und bereits bei Gain-Regler-Stellungen um 10 h recht satt verzerrt. Klare Sounds sind prinzipiell nicht möglich, daher eignet sich das kleine Biest ausschließlich für fette Rocksounds und dürfte sicherlich auch den Zerr-Ansprüchen des Metal-Gitarristen genügen.
In einigen Videos und mancher Beschreibung des kleinen Diezels ist gelegentlich zu hören, dass die Regler Deep und Presence den Klang der Endstufe beeinflussen. Dem ist nicht wirklich so. Im Rahmen des Tests schleifte ich auch ein Delay-Pedal in den Einschleifweg ein, was gute Ergebnisse brachte. Beim Abgreifen des Line-Out Signals, das ich testweise auch über die DAW (Mac, Logic) mit einer Impulsantwort einer 4 x 12″ Mesa Boogie Lautsprecherbox bestückte, stellte ich fest, dass eine Veränderung der oben genannten Regler sich auch auf den Klang des Line-Out-Signals auswirkte, da die Potis anscheinend unmittelbar vor dem Line-Ausgang im Signalweg platziert wurden. Dies ist sicherlich von Vorteil, da man von der Funktion beider Regler auch bei der Direkt-Aufnahme profitieren kann.
Nun bringen wir den Gain-Regler auf 12 h, was eine nur minimale wahrnehmbare Zunahme der „Zerre“ gegenüber der 10 h Einstellung führt:
Auf 3 h (Gain) produziert der kleine Verstärker einen sehr fetten, singenden Ton, der auch für Metal sicherlich satt genug sein dürfte. Mehr Verzerrung braucht eigentlich niemand:
Spaßeshalber reißen wir nun den Gain-Regler voll auf, um die maximale Verzerrung zu erreichen. Gegenüber der 3 h Stellung ist der Unterschied auch hier nicht erheblich:
Nun senken wir die Mitten noch etwas ab (9 h) und heben die Höhen und Präsenzen auf 2 h an, was noch einmal eine deutlich wahrnehmbare Veränderung des Sounds bewirkt:
Der „Sweet-Spot“ des Gain-Reglers liegt nach meinem Geschmack bei ca. 12 h. Werte darüber bewirken nicht unbedingt einen Zugewinn der Soundqualität. Die Klangregelung spricht wunderbar an und gestattet ein leichtes Anpassen an die zur Verwendung kommende Lautsprecherbox.
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
Stratocaster mit Suhr Humbucker (PAF-Style) am Steg – Diezel VH Micro Amp Head – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Shure SM57 – Apogee Duett – Mac mit Logic (etwas Hall bzw. Delay hinzugefügt).
Dumme Frage: Wieso ist es ein Minus, wenn ein 1-kanaliger Metal-Amp nur Metal kann?
@Django07 Auch bei einem 1-Kanaler kann man den Regelbereich vom Gain so auslegen, dass Clean- oder wenigstens Crunch-Sounds möglich sind. Ein Amp, der immer stark zerrt, ist außerdem nicht wirklich für Pedale geeignet, weil es dann eigentlich immer mulmig kilngt.
Das Ding ist ein überdimensioniertes Metal-Pedal …. das leider nicht auf ein Board passt.😎😎🤪
Ironie aus …. sicherlich nicht ganz fair der Vergleich.