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Test: Earthquaker Devices Avalanche Run 2, Delay- und Hall-Pedal

Ambient-Lawine in limitierter Stückzahl

29. November 2020

Das Avalanche Run von Earthquaker Devices ist von allen Pedalen von EQD wahrscheinlich das, was am stillsten zum Kultpedal avancierte. Es erfand das Rad bestimmt nicht neu: ein Delay/Reverb-Pedal mit ordentlichen Schönheitsfehlern wie beispielsweise fehlendem Tap-Tempo und fehlendem Stereobetrieb, die dann in der zweiten Version ausgemerzt wurden. Ein paar Jahre sind ins Land gezogen – und es ist beachtlich, wie viele Leute den Avalanche Run auf ihrem Board haben. Wer meine Tests manchmal liest, weiß, dass ich mit dem Signalweg vieler EQD-Pedale unzufrieden war – die Ausdünnung des Signals trübte die Freude über die innovativen Konzepte regelmäßig.

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Doch nun ist eine Limited-Edition des Avalanche Run V2 auf den Markt gekommen. Zeit und Anlass genug, dass wir von AMAZONA.de bei diesem Delay/Reverb-Klassiker ganz genau hinsehen. Ich muss sagen, ich bin neugierig. Ich habe das Gerät in Aktion gesehen und war vor allem vom Oszillationseffekt angetan. Also – schließen wir angesichts der neuen Limited-Edition mal eine Lücke in unserem Redaktionsarchiv und gehen den EQD-Klassiker in aller Ruhe an.

Delay- und Reverb-Pedal von Earthquaker Devices

Die zweite Version des Avalanche Run kommt im Gegensatz zur ersten mit Tap-Tempo und Stereobetrieb daher – und damit deckt das Gerät schon mal eine perfekte Nische ab. Denn de facto gibt es neben dem Specular Tempus und ein paar anderen Konsorten gar nicht so viele Delay/Reverb-Pedale mit Stereobetrieb, wie man zunächst annehmen möchte. Das Keeley Caverns beispielsweise besitzt auch in der zweiten Iteration nur Mono. Neben dem Source Audio Collision fällt mir also tatsächlich nur noch das Dark Sun von Seymour Duncan ein, das ebenfalls mit Stereobetrieb arbeitet. Doch beide Pedale arbeiten mit einem gänzlich anderen, gewollt digitalen Charakter.

Das Avalanche Run V2 arbeitet stattdessen mit einem DSP-Chip, den EQD in Eigenregie herstellten und der 2018 das erste Mal Anwendung fand. Im Grunde soll er den warmen, nuancierten Sound der BBD/Bucket-Brigade-Chips emulieren. Dabei arbeitet das Avalanche Run in der A/D-D/A-Wandlung mit 24 Bit and 96 kHz. Er besitzt auch genug Power, um Stereo-Kapazitäten vollständig auszuschöpfen und legt diesen mit einem dunklen Plate-Reverb zusammen. Bei aller technischen Finesse soll hier also analoge Tape-Delay-Wärme emuliert werden und auf glaubwürdige Hall-Resonanz treffen. Dass diese auf 400 Stück limitierte Version, die uns hier vorliegt, das optisch unterstreicht, steht außer Frage: Die granulierte Oberfläche und das Fernweh-Design machen einiges her.

Im Lieferumfang ist das 9 V Netzteil enthalten. Das Pedal besitzt die Maße 118 x 105 x 57 mm und ist damit einigermaßen pässlich. Acht Potis, ein Kippschalter, zwei Fußschalter, kein MIDI, dafür aber ein CV-Anschluss für das Expressionpedal und eine damit einhergehende Mannigfaltigkeit an Optionen, auf die wir noch im Detail zu sprechen kommen werden. Das Avalanche Run V2 besitzt im Grunde drei Betriebsmodi, die alle mit individuellen Tail-Modi versehen können. Dabei ist vom kurzen Ausklang bis langen Ausklang alles drin, aber man kann ihn auch benutzerdefinieren. Eine weitere Besonderheit ist der Sound-on-Sound-Effekt – eine Ambient-Endlosschleife aktiviert sich, wenn das Gerät in den Bypass geht. Mit dem Delay-Regler kann die Oszillation dann weiter erfolgen.

Test Avalanche Run V2 Earthquaker Devices

Die Oszillation des Avalanche Run V2 ist wie bereits erwähnt was Besonderes. Aktiviert wird diese durch das Halten des Tap-Schalters. Je nachdem, wo Repeats, Time und Subdivisions liegen, erfolgt die Oszillation mit einem anderen Charakter. Ach so: Latching- und Momentary-Mode sind auch jeweils dabei. Im nächsten Abschnitt werden wir sehen, wie viele Optionen das Avalanche Run V2 für das Soundshaping hat – was die Frage nach MIDI wieder in den Raum wirft.

Was kann das Avalanche Run V2 von EQD?

Dear Earthquaker Devices – traut euch! Es wird Zeit für MIDI. Die Firma hat – meines Wissens – noch kein Pedal aus ihrer Schmiede mit einer MIDI-Schnittstelle versehen. Ein Avalanche Run V3 mit MIDI hätte immenses Potential. Denn der V2 besitzt schon so viele Eigenschaften, dass die Frage nach Presets ein bisschen der elephant in the room ist. Denn speichern kann man hier leider nichts.

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Doch damit hätten wir auch das größte Manko des Avalanche Run V2 ausgeräumt. Die drei Modi lauten wie folgt:

  • Both: Standard-Modus – das heißt, Reverb kommt hinter dem Delay, beides im Standard-Modus. Tap-Tempo überschreibt die Einstellungen in den Reglern. Kleinere Delay-Zeiten führen zu schneller Oszillation und längere Zeiten zu langsamer Oszillation.
  • Reverse: Rückwärts-Delay der klassischen Sorte. Die Ratio ist 1 zu 1 und bleibt so – unabhängig vom Ratio-Regler.
  • Swell: Fügt dem Signalweg einen Auto-Swell. Hier übernimmt der Mix-Regler die Länge des Swells. Der Stereo-Effekt wird in dem Modus zu Mono zusammengeführt. Vor allem die Oszillation ist in dem Modus in der Lage, sehr langsam Schichten aufeinander aufzubauen.

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Mehr Informationen

Die Regler sind nicht eingerastet und teilen sich untereinander die Delay- und Reverb-Funktionen auf. Die obere Reihe sind Time (Delay-Zeit), Repeats (Anzahl der Wiederholungen), Tone (Klangfarbe) und Mix (Dry-Wet-Verhältnis) für Delay und zwischen dem Ratio- und Exp-Regler befinden sich Decay (Hallzeit) und Mix (Dry-Wet-Verhältnis) für den Reverb. Spannend wird es, wenn man sich den Ratio- und den EXP-Regler ansieht. Ratio kümmert sich um die Subdivisions, die folgendermaßen ausfallen:

  • 1/1: Viertelnote

  • 3/4: dotted Achtel

  • 2/3: Viertelnoten im Triplet

  • 1/2: Achtelnote

  • 1/3: Achtelnote Triplet

  • 1/4: Sechszehntel Note

Einer der interessantesten Aspekte ist die recht einfache Zuweisung für das Expression-Pedal. Statt DIP-Schalter oder MIDI-Ansatz gibt es hier einen einfachen Regler, der für alle sechs Parameter eine Expression-Zuweisung erlaubt. Bisschen klein geschrieben entlang des Regelweges, aber insgesamt so eine einfache Lösung für eine spielerfreundliche Funktion, dass man sich fragen muss, warum es das nicht öfter gibt. Entscheidend wird es jetzt, den viel besungenen Charakter des Avalanche Run V2 nun in der Praxis zu überprüfen.

Das ist der Sound des Avalanche Run V2 Delay/Hall-Pedals

Test Delay und Reverb Pedal Earthquaker Devices

Um die Stereo-Kapazitäten so richtig auszureizen, jagen wir das Gerät durch den Sono Audient in Stereo, testen aber auch den Sound im Amp-Kontext und speisen den Avalanche Run V2 in Mono in den REVV G20.

Ganz klar: Das Earthquaker Devices Avalanche Run V2 lädt zweifelsohne  dazu ein, sich in ein warmes Ambient-Beet zu legen, es mit der Genauigkeit nicht allzu ernst zu nehmen und Noten und Hallfahnen im Raum stehen zu lassen. Präzise, ausdrucksstarke Dotted-Delays sind aber ebenso möglich. Das Avalanche Run ist warm, zweifelsohne nahe an analoger Wärme, wenn auch nicht ganz da. Das Zusammenspiel von Delay und Hall ist makellos, die Hallfahne reagiert formidabel auf die Akzente des Delays und auch das Delay reagiert sehr dynamisch auf das Spiel. Die Folge ist eine ungemein dynamische Erfahrung, die einem nicht das Gefühl suggeriert, es mit zwei separaten Engines zu tun zu haben, sondern einem einheitlichen Großen und Ganzen. Swell und Reverse verstärken diesen fließenden Charakter im Spiel, aber es ist tatsächlich die Magie des normalen Settings, das eigentlich nicht gewöhnlicher sein könnte, das einen richtig fesselt.

In zwei Ambient-Jams lassen wir das Avalanche Run V2 so richtig atmen. Das Zusammenspiel von Time und Mix offenbart die Inspiration für die Namensgebung: Die Lawinen, die da losgetreten werden, müssen durchaus gezähmt werden, was sich vor allem im zweiten Beispiel zeigt. Nichtsdestotrotz ist die Bedienung und Reaktivität sehr intuitiv und natürlich. Die schwelenden Overdubs bleiben stets weich – der DSP-Chip zeigt hier seine Leistungsfähigkeit.

Nun nutzen wir das Expression-Pedal, um Delay-Zeit sowie Reverb-Mix während des Spiels zu manipulieren – raus kommen vor allem bei der ersten Einstellung besonders düstere Detune-Sounds, die aber einen Heidenspaß machen. Im ersten Beispiel lassen sich so randomisierte Ambient-Texturen erschaffen.

Weiter geht es mit Gain – hier schließen wir das Avalanche Run V2 in Mono an den REVV G20 und überprüfen, wie das Gerät in einer natürlicheren Soundumgebung agiert. Fakt ist: Der Avalanche Run V2 bleibt differenziert, kann aber auch enorme Soundwände erschaffen, wie das letzte Beispiel zeigen soll.

Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen und speisen den Malekko Manther zusätzlich in die Soundkiste. Liegt nicht nahe, denn ohne MIDI-Anschluss ist das Gerät für den Gebrauch eigentlich nicht denkbar. Aber die Neugier obsiegt und es zeigt, dass die Full-Wet-Funktionalität des Reverbs grandios harmoniert mit den 80s Synthie-Klängen des Manther. Ein bisschen Delay drehen wir zur Mitte hin auf und verlängern die Repeats.

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Fazit

Kult, wem Kult gebührt: Das Avalanche Run V2 ist eine Ausbesserung einer Ambient-Maschine, in die man sich zweifelsohne ein bisschen reinfuchsen muss, die dies dann aber belohnt. Die etwas gewöhnungsbedürftige Swell-Funktion wurde anderswo auch schon besser gemacht, dafür ist das hier eine ungemein runde Einheit, die durch die Oszillationen und das schwelende Eigenleben der Soundteppiche wirklich einzigartig ist. Zahlreiche Expression-Modi, Tap-Funktion, Stereo, flexible Delays, Subdivisions und vor allem der enorm leistungsfähige DSP-Chip sorgen für einen recht hohen Preis, die dieser Kumpane jedoch wert ist. Der Avalanche Run V2 ist ganz klar etwas Besonderes und für Freunde des gepflegten Shoegaze, Post-Rock und Dream-Pop eine besonders attraktive Einheit.

 

Plus

  • leistungsstark
  • starke Ambient-Sounds
  • zahlreiche Expression-Funktionen

Minus

  • Swell-Modus gewöhnungsbedürfitg

Preis

  • 379,- Euro
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    „Um die Stereo-Kapazitäten so richtig auszumerzen, jagen wir das Gerät durch den Sono Audient in Stereo […]“. – Nur ein kleiner Hinweis zur Lexik: Das transitive Verb „ausmerzen“ bedeutet soviel wie: „ausrotten, an der Verbreitung hindern, vollständig vernichten, eliminieren, auslöschen“, was hier ersichtlich sprachwidrig ist. – Angesichts des syntaktischen Kontexts ist wohl eher „ausreizen“ gemeint, also: „voll ausschöpfen, bis zur Grenze gehen“.

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