Der Tape-Reverse-Simulator im EHX Pico-Format
Inhaltsverzeichnis
Das EHX Pico Attack Decay gehört zu den verrückteren Pedalen der Electro Harmonix Pico-Serie. Es wird auch als Tape Reverse Simulator bezeichnet und soll den Sound eines umgedrehten Tonbands klanglich nachbilden. Volume-Swells und Envelope-Effekte erzeugt das Attack Decay. Während das ursprüngliche Pedal analog arbeitete, wird dieser Effekt seit 2019 digital erzeugt und ist nun kompakt im Pico-Format erhältlich.
Gehäuse, Potis und Schalter
Wie alle Pedale der Pico-Serie, ist auch das silberne Gehäuse des Attack Decay mit den Maßen 51 x 93 x 51 mm (B x T x H) extrem kompakt. Die vier recht eng angeordneten Potis sind mit dem Gehäuse verschraubt und die schwarze Potikappe hat eine weiße Markierung, die die jeweilige Einstellung anzeigt. Die Beschriftung der Potis ist auf dem hellen Gehäuse gut ablesbar. Die Potis regeln Volume, Sensitivity, Attack und Decay. Ein kleiner schwarzer Drucktaster mit der Beschriftung Poly schaltet zwischen zwei Modi Poly oder Mono, deren Status in einer hellen roten oder grünen LED angezeigt wird.
Unterhalb der Grafik befindet sich ein Fußschalter, der mit dem Gehäuse verschraubt ist und beim Betätigen leider leicht knackt. Dieses Merkmal teilt sich das EHX Pico Attack Decay dann mit vielen anderen EHX-Pedalen.
Links und rechts am Gehäuse sind die beiden 6,3 mm Mono-Klinkenbuchsen leicht versetzt angebracht. Sie halten den Stecker sehr gut und sind mit dem Gehäuse verschraubt. An der Stirnseite befindet sich eine 9 V DC-Netzteilbuchse. Diese ist mit der Platine verlötet, sie sitzt aber fest im Gehäuse und dürfte genügend geschützt sein. Das Effektgerät benötigt 100 mA und wird über ein mitgeliefertes Netzteil versorgt. Ein Batteriebetrieb ist aufgrund der Gehäusegröße nicht möglich.
Die mit vier Schrauben angebrachte Bodenplatte bietet Platz, um die mitgelieferten Gummifüße oder optional Klettband anzubringen. Neben diesen Gummifüßen befinden sich in dem schick bedruckten Karton, in dem das Pedal geliefert wird, auch das Netzteil, eine aufgedruckte Kurzanleitung, die Gebrauchsanweisung sowie ein Aufkleber.
Das EHX Pico Attack Decay in der Praxis
Das Electro Harmonix Pico Attack Decay hat im Grunde nicht viele Einstellungsmöglichkeiten und kann doch wirklich überraschen. Ich habe das Attack Decay zuvor noch nie gespielt und fand dennoch prompt einige tolle Einstellungen.
Mit dem Volume-Poti kann man die Gesamtlautstärke gut anpassen. Insbesondere mit kurzem Decay kann das Signal anderenfalls recht leise wirken. Mit dem Sens-Poti wird das Ansprechverhalten eingestellt. Hier gibt es eigentlich kein falsches Setting, da selbst mit extrem sensibler Einstellung ein interessanter Doppel-Trigger-Effekt erzeugt wird. Das Sens-Poti hat außerdem noch eine versteckte Zusatzfunktion. Hält man den Poly-Taster gedrückt, kann hier das Mischverhältnis zwischen dem unbearbeiteten Signal und dem Effektsignal eingestellt werden. Wenn also das Effektsignal zu sehr untergehen würde, kann man noch ein wenig vom originalen Signal hinzufügen.
Mit dem Attack- und dem Decay-Poti kann dann nach Belieben gespielt werden. Und neben den angekündigten Reverse-ähnlichen Sounds überzeugt das Pedal vor allem durch seinen Streicher-Sound. Die Gitarre wird mit langsamerem Attack und längerem Decay klanglich fast zu einem Cello. Mit etwas schnellerem Attack und kurzem Decay klingt es für mich nach einem wundervollen Stakkato-Streicher. Den Gitarrensound erkennt man fast gar nicht mehr wieder. Das diese streicherähnlichen Sounds mit dem EHX Pico Attack Decay-Pedal erzeugt werden können, war mir bisher nicht klar, da das Pedal meist als Reverse-Tape-Sound angepriesen wurde. Und für rückwärtslaufende Tonbandklänge gibt es bereits einige Effektgeräte, die das hervorragend können. Die Stärken des Pico Attack Decay liegen daher ganz klar in den Streicher-Sounds. Um simple Volume-Swells zu erzeugen, ist das Pedal natürlich ebenfalls geeignet.
In den Klangbeispielen habe ich bewusst nur das EHX Pico Attack Decay-Pedal genutzt, um den Klangeindruck nicht zu verfälschen. Aber schon mit etwas Reverb oder einem dezenten Delay können hier ganze Klangwelten erobert werden. Cineastische Ambient-Sounds sind ebenso wie und ganze Streicher-Ensembles mit einem Looper dann nur noch einen Fußtritt entfernt. Und in dem neuen, kompakten Pico-Gehäuse passt das EXH Pico Attack Decay als Geheimwaffe und experimentelles Effektgerät gut auf jedes Pedalboard.
Wer allerdings noch ein wenig mehr Platz auf dem Pedalboard hat, könnte sich für das etwas größere Attack Decay Pedal von EHX entscheiden, da dieses mit einem Expression-Pedal-Anschluss, Presets und einem Tone-Regler weitere tolle Features bereithält und nur ein bisschen mehr kostet.
Das Ansprechverhalten zwischen dem Poly-Modus und dem Mono-Modus ist sehr unterschiedlich. Im Mono-Modus wird das gesamte Signal durch einen Lautstärke-Envelope-Schaltkreis geschickt und entsprechend neu getriggert. Im Poly-Modus hat jeder Ton seine eigene Envelope und die Töne klingen daher länger aus. Je nach Spielweise sind beide Modi sehr gelungen und können ganz unterschiedliche Klänge erzeugen.
Das gleiche problematische Preis/Leistungsverhälnis wie beim EHX Mini Freeze: Nur wenn man wirklich keinen Platz auf dem Board hat, ergibt der Erwerb dieses Minidingens Sinn. Obwohl wenn man nur diese Minidinger hat, wird die Fußbedienung zum Problem bzw. erfordert passendes Schuhwerk😁
Die große Version bietet doch einen deutlichen Mehrwert: 3 Speicher, EXP Anschluss, Einschleifweg und eingebauter BigMuff(digital) für nur 8 Euronen mehr.