Auch die Fender Vintage Hot Rod 60s Stratocaster RW OWT glänzt mit den typischen Soundeigenschaften einer US-Strat aus dem Hause Fender. Ein knackiger, glockiger und präsenter Ton entspringt dem Instrument schon im unverstärkten Zustand, das Sustain ist hervorragend und auch das durchsetzungsfähige und kräftige Mittenbild liefert schon ohne Amp an der Strippe beste Grundvoraussetzungen für den elektrischen Sound der Gitarre. Ebenso äußerst angenehm zu bespielen zeigt sich der Maple Neck mit seinem moderaten und nicht zu klobigen C-Profil, wobei ein Großteil dieses „Wohlfühl-Gefühls“ auch auf die angenehm satinierte Halsrückseite zurückzuführen ist.
Weniger schön ist allerdings, wie ja bereits weiter oben schon beschrieben, das Werkssetting gelungen. Aufgrund der stark ausgeprägten, konkaven Krümmung des Halses wird es mit dem Bespielen der oberen Lagen des Halses immer schwieriger für die linke Hand, Töne und Voicings sauber zu intonieren. Normalerweise wären für das Beheben dieses Problems keine zwei Minuten von Nöten, im Falle unserer Test-Strat – mit ihrem unglücklich platzierten Zugang zum Truss Rod – dürfte dies aber eine ungleich längere Angelegenheit werden.
Am Verstärker angeschlossen bietet die Fender Vintage Hot Rod 60s Stratocaster RW OWT dank des S-1 Switch eine breite Palette an Strat-Sounds, wie sie typischer nicht sein könnten. Die drei Singlecoil-Pickups, Replikas der Jahrgänge 1956, 1959 und 1965, harmonieren wunderbar miteinander und so ist man dank der erweiterten Schaltung für alle Eventualitäten gut gerüstet. Mit dem ’59er Pickup am Hals lassen sich wunderbar dicke und schmatzige Blueslines spielen, welche durch Drücken des S-1 Switch mit den knackigen Mitten des ’56er Singlecoil am Steg deutlich an Attack gewinnen. Fast schon nach Harfe dagegen klingt das Zusammenschalten aller drei Pickups, ideal für klare und perlige Cleansounds, die man von einer Standard-Strat noch so nicht gehört hat!
Gehen die Ansprüche des Benutzers allerdings eher Richtung stärkerer Distortion, so sollte man sich allerdings nach einer Alternative umschauen, denn in diesem Bereich fühlt sich die Strat in ihrer Originalausstattung mit den drei Einspulern ja schon traditionell nicht wohl. Aber dafür hat sie ja Brüder und Schwestern mit den entsprechenden Ausstattungen innerhalb der Fender-Familie. Sicher sind mit der Vintage Hot Rod ’60s Stratocaster auch mal Soli mit saftiger Verzerrung möglich, auf Dauer nervt dann aber das Brummen der Singlecoils doch ganz ordentlich. Im mittleren oder unteren Gainbreich allerdings spürt man davon nicht viel und hier fühlt sich die Gitarre auch eindeutig zuhause – wer kannte in den „Akkord schrattelnden ’60s“ schon High-Gain-Verzerrung?