Hundert Klänge - ein Switch
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Ich kann mich noch recht gut erinnern, wie vor ca. 40 Jahren ein Großteil der Gitarristen bzgl. ihrer Pickups einem Basteltrieb verfielen, wie man ihn bis dato noch nicht gekannt hatte. War man bis dato mit den werkseigenen Möglichkeiten eines 3- oder 5-Wege-Schalters vollauf zufrieden, kamen irgendwann die ersten Wünsche auf, zum Beispiel die Steg- und Hals-Pickups einer Strat zusammen zu schalten oder auch einmal auszuprobieren, wie eine Paula mit einer Singlecoil-Schaltung klingt. Dieser Trend gipfelte in Konstellationen, wo man mit 3 beliebig kombinierbaren Pickups und einer seriellen, parallelen, Out-of-Phase- und Singlecoil-Schaltung eine Unzahl von Toggle-Switches, Mini-Switches und Push-Pull-Potis auf der Gitarre platzierte, was die Gitarrendecke mehr als eine Art Cockpit, denn als eine Oberfläche erschienen lies. Zudem war jeder Umschaltvorgang von massiver Kopfarbeit und Fingerfertigkeit geprägt, was das persönliche Spiel zuweilen stark ablenkte. Dieser Fummelarbeit will Seymour Duncan mit seinem Seymour Duncan HyperSwitch entgegenwirken, indem man einen programmierbaren 5-Wege-Schalter entworfen hat, welcher alle optionalen Schaltfunktionen von Pickups in einem Schalter zusammenfasst.
Das Konzept des Seymour Duncan HyperSwitch
Der Seymour Duncan HyperSwitch ist ein klassischer 5-Wege-Schalter, welcher sich problemlos in Modellen einsetzen lässt, welche bereits in ihrem Auslieferungszustand über einen solchen Schalter verfügen. Um die unterschiedlichen Schalterstellungen abzuspeichern, benötigt der Seymour Duncan HyperSwitch eine 9 V Batterie, welche in den meisten Switch/Pickup-Fräsungen ihren Platz finden sollte. Bei Custom-Anfertigungen ist aber sicherheitshalber noch mal eine Kontrolle diesbzgl. angebracht. Der Seymour Duncan HyperSwitch funktioniert erwartungsgemäß nur mit passiven Pickups, da die Elektronik aktiver Pickups dem Verwaltungskonzept im Weg steht.
Der Seymour Duncan HyperSwitch ist mit einem Bluetooth-Modul ausgerüstet, welches durch mehrfaches Hin- und Herschalten zwischen den Positionen 1 und 5 des Switches eingeschaltet wird. Danach kann die Verbindung zum persönlichen Mobile-Device aufgebaut werden, auf dem sich erwartungsgemäß die dazugehörige Seymour Duncan App befinden muss. Eine maximale Klangvielfalt lässt sich finden, wenn eine möglichst große Anzahl an Pickups mit einer möglichst großen Zahl an separaten Wicklungsführungen ausgerüstet ist, denn nur so kann der Switch seine volle Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Um es direkt zu sagen, der 5-Wege-Schalter erlaubt nach wie vor „nur“ eine Anzahl von 5 unterschiedlichen Sounds, diese können aber frei wählbar auf die 5 unterschiedlichen Schaltpositionen verteilt werden. Es können also Konstellationen gewählt werden, welche unterschiedlicher nicht sein könnten, sich aber dennoch nur eine Schaltposition weiter befinden.
Ein großer Vorteil des Seymour Duncan HyperSwitch ist, dass man bei der Installation des Switches nebst Pickups keinen Lötzinn benötigt. Alle Pickup-Litzen werden nur bei den jeweiligen Anschlüssen in den Schalter gesteckt und dann mit einer kleinen Schraube verriegelt. Sehr praktisch! Seymour Duncan gibt 4 Jahre Garantie auf den HyperSwitch, was für ein großes Vertrauen in die Verarbeitung des in China gefertigten Schalters spricht.
Der Einbau des Seymour Duncan HyperSwitch
Für alles, was an Instrumenten mit einem klassischen 5-Wege Schalter ausgeliefert wird, wie zum Beispiel Strats, viele Ibanez Modelle etc. gestaltet sich der Einbau recht einfach. Saiten runter, Schlagbrett lösen, auf der jeweiligen Herstellerseite sich die farbige Markierung der Litzen besorgen und schon kann man mit der Neuverdrahtung beginnen. Um die Leitungen vom alten 5-Wege-Schalter zu trennen, kann man diese ablöten oder auch einfach abschneiden. Ebenso wird der Tone-Regler und der Volume-Regler mit in die neue Verdrahtung übernommen.
Der Schalter bietet je 4 Verkabelungspunkte pro Pickup, soll heißen, 12 Eingangspunkte auf der einen Seite und 6 Eingangspunkte auf der anderen Seite für den Eingangsbereich der Volume- und Tone-Regler. 2 Eingänge sind bereits durch den 9 V Clip belegt. Sollte der Hohlraum im Schalterfach für die Form des Seymour Duncan HyperSwitch nicht ausreichen, kann man den Switch in seiner Schalterstellung auch „umdrehen“, so dass man die Reihenfolge der Schaltpositionen 1 – 5 tauscht. Dies lässt sich in der Bluetooth App am Mobile Device entsprechend einstellen.
Die Verkabelung des Seymour Duncan HyperSwitch ist aufgrund der sehr kleinen Schrauben ein wenig Fummelarbeit, lässt sich aber aufgrund des mitgelieferten Schraubendrehers relativ gut erledigen. Ich empfehle vor dem Beginn aller Arbeiten, die alte Verkabelung zu fotografieren, um ggf. noch einmal die originale Verkabelung als Referenz für den Einsatzbereich nutzen zu können. Neben dem Schraubendreher werden auch 2 Befestigungsschrauben und die Kunststoffkappe des Schalters mitgeliefert.
Die Bluetooth App des Hyperswitch
Nachdem man die App heruntergeladen hat, verbindet man sich nach dem üblichen Bluetooth-Prinzip mit dem Switch. Hierbei ist darauf zu achten, dass die 9 V Batterie noch über genügend Spannung verfügt, weniger als 65 % Restkapazität sollten es nicht sein. Die App an sich hat eine sehr schön gestaltete Oberfläche, bei der man mittels Tappings seine persönliche Pickup-Konstellation aktivieren kann.
Als erstes sollte man sich einen entsprechenden Account auf der Seymour Duncan Website anlegen. Bei der ersten Inbetriebnahme der App gibt es einen kurzen Überblick über die einzelnen Features der App, welche noch mal eine kleine Hilfestellung über die einzelnen Menüpunkte geben. Danach erscheint als erster Vorschlag eine typische Strat-Schaltung mit 3 Singlecoils-Pickups, welche man dann über das Menü nach Belieben angleichen kann. Jede Pickup-Position kann separat angewählt werden, wobei Seymour Duncan so ziemlich jeden Pickup über Singlecoils, Strat-Size-Humbuckers, Full-Size-Humbuckers bis hin zu Stacked-Pickups und P-Rails. Man kann eine Pickup-Position bei Bedarf auch stummschalten und so eine Killswitch-Position einrichten.


Seymour Duncan HyperSwitch Bluetooth Switch
Hat man seine Pickup-Auswahl getroffen, gilt es noch den Tone-Regler zu konfigurieren, was ebenfalls über ein Untermenü erledigt wird. Hier wird auch eingestellt, ob das Instrument einen oder zwei Tone-Regler besitzt. Um die Lebensdauer der Batterie zu verlängern, kann man in der App die Aktivitätsdauer des HyperSwitch einstellen. Vom Werk aus ist sie auf 3 Stunden eingestellt, kann aber bei längeren Shows oder auch zum Beispiel Theateraufführungen entsprechend verlängert werden. Natürlich können mehrere Pickup-Konstellationen mit individuellen Bezeichnungen abgespeichert und je nach Einsatzgebiet entsprechend geladen werden. Dabei kann man sowohl die einzelne Schalterstellung, als auch das Bundle aus allen 5 Schalterstellungen als ein Preset abspeichern.
Der Seymour Duncan HyperSwitch in der Praxis
Sobald man die Verbindung zwischen Instrument und App hergestellt hat und die grundsätzliche Einrichtung der App erledigt wurde, kann man mit der Programmierung seine Sets beginnen. Dabei leuchtet der jeweils ausgewählte Pickup auf und kann dann je nach den Möglichkeiten der Spulen entsprechend ausgewählt und abgespeichert werden. Dies ist absolut intuitiv und kann dann unmittelbar am Amp auf seine Klangformung hin überprüft werden. Man kann auf die jeweiligen Spulen der Pickups auf der App klicken oder aber man verwendet die darunterliegende Bezeichnung der jeweiligen Schaltung. Die Auswahlmöglichkeiten insbesondere bei drei Humbucker mit separater Spulenanzapfung sind immens und man gerät leicht in die Gefahr, sich in Feinheiten zu verlieren. Damit aber noch nicht genug, man kann über den Tone-Regler nochmals in den Klang eingreifen und diesen abspeichern. Der Tone-Regler lässt sich abschalten, regulär oder mit einem 0,27 Kondensator betreiben.
Die Klangvielfalt des Seymour Duncan HyperSwitch ist wahrlich enorm, allerdings sollte man sich immer vor Augen führen, dass die volle Variationsmöglichkeiten klanglich mit zunehmenden Gain-Faktor abnehmen, so dass im High-Gain-Bereich der überwiegende klangliche Unterschied weggebügelt wird. Die ganze Bandbreite der Klangvariationen lässt sich letztendlich nur im cleanen und dezenten Crunch-Bereich wahrnehmen, um dann mit jeder Gain-Stufe etwas an Feinheit zu verlieren. Dieser Fakt ist aber nicht dem Konzept des Seymour Duncan HyperSwitch geschuldet, sondern ein simpler physikalischer Fakt.
Dennoch überzeugt das Konzept auf ganzer Linie und ermöglicht eine ungemeine Klangvielfalt mit minimalen Umbauarbeiten, insbesondere wenn man sich die massiven Holzarbeiten vor Augen führt, welche bei einer rein analogen Schaltung mit solchen Variationsmöglichkeiten von Nöten wären.
Danke für die Vorstellung! Ich find den Ansatz mit den analogen Möglichkeiten der Gitarre zu spielen super! Mach ich auch schon seit Jahren. Weshalb ich nicht verstehe, welche „massiven Hozarbeiten“ du meinst? Die Kabel kommen aus den PUs und gehen ins Elektronikfach. Man muss nichts am Holz machen. Das Fach ist bei einer ordentlichen Gitarre übrigens gut geschirmt. Frage mich inwieweit da noch Bluetooth durchkommt? Du konntest das nicht testen, oder?
@oosborne Ich meine die „massiven Holzarbeiten“, welche benötigt werden, wenn du die schaltungstechnischen Möglichkieten des Hyperswitch mit regulären Miniswitches etc. auf deinem Instrument klanglich abbilden möchtest.
In diesem Fall gibt es einiges an Löchern etc. zu bohren.
@oosborne @oosborne
Die Frage nach der Auswirkung von guter Abschrimung sollte wirklich gestellt werden. Vor allem, wenn ein mit Abschirmfolie geschütztes Pickguard den Schalter aufnimmt. Ansonsten ein interessantes Konzept in der konservativen Gitarrenwelt.
@filmchen Ich hatte letztens erst ein Bluetooth Produkt in einem Elektrikfach verbaut und es gab keinerlei Probleme mit der Übertragung des Signals, der Bluetooth Standard durchdrang die Abschirmung problemlos.
Aber selbst wenn die Abschirmung die Übertragung etwas mindern sollte, man brauch die Übertragung ja nur für die Programmierung, wo man das Mobile Device vergleichsweise nah am Instrument platzieren kann.
ich stell mir das sehr erheiternd vor, wenn die Musiker auf der Bühne durch einen Softwarebug provozierten Fehler über Bluetoth das Instrument des jeweils anderen schalten und walten…
Wie lautete noch die Aussage von PU-Guru Bill Lawrence: Batterien gehören in Taschenlampen😁
@harrymudd „Wie lautete noch die Aussage von PU-Guru Bill Lawrence: Batterien gehören in Taschenlampen“
Genau … und DAW’s sind Teufelszeug, nur analoge Bänder sind das wahre Aufnahmemedium und Produkte wie Kemper und Plug-Ins gehören verboten! 😉😁
Muss ich dann auch regelmäßig Softwareupdates in diesen Hyperswitch einspielen, damit mir nicht mal über einen Remote Exploit des Bluetooth Stacks die Gitarre gehackt wird? 😁
Hm, an und für sich ein interessantes Konzept, nur etwas zu kurz gedacht. Wenn ich den Schalter schon mitr Bluetooth koppeln kann, warum kann ich den den nicht gleich per Bluethooth/Midi schalten? Würde ich ganz entspannend finden, wenn ich zum Sound auf dem Board auch gleich nochg die richtige Pickup-Position per Fußschalter eintstellen könnte.
Hallo @Axel Ritt, in eine Gitarre eingebaut hast den Schalter wohl nicht? Mich würden Praxistauglichkeit, Batterielebensdauer und notwendige Fräsarbeiten interessieren. Und natürlich die Frage ob Bluetooth durch eine gute Abschirmung durch kommt.
@filmchen siehe Antwort oben