Ungeahnte Möglichkeiten fürs Rack
James Coker, Gründer der Firma Five12, steigt mit dem Vector Sequencer in den Eurorack-Markt ein. Als Hersteller der Numerology-Software, einem wahrem Sequencer-Monster, konnte Coker seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Ob sich dieses Können auch in die Hardware-Welt übersetzen lässt, finden wir in diesem Testbericht heraus.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander
Beim Five12 Vector handelt es sich um einen achtspurigen Sequencer, obwohl diese Bezeichnung leicht irreführend ist. Tatsächlich gibt es zwei Patchausgänge für je ein Gate-, Pitch- und Velocity-Signal. Wer das volle Potenzial des Vectors auskosten will, muss in ein Five12 Jack Expander-Modul investieren. Der Expander komplettiert den Vector Sequencer mit 4 x 3 Patchbuchsen für Pitch-, Gate- und Velocity-Signale, 8 bidirektionale Trigger-Ein- oder Ausgänge, sowie 4 MIDI-Schnittstellen.Per MIDI können hier Noten- oder Sync-Signale empfangen und/oder ausgegeben werden. Auch am Hauptmodul sind MIDI-Tracks enthalten, allerdings mit Patchbuchsen als Schnittstelle, nicht dem klassischen MIDI-Stecker. Die im Lieferumfang enthaltenen Adapterkabel schaffen da Abhilfe.
Um die Integration des Vector Sequencers in die moderne Studioumgebung sicherzustellen, wurden ihm dann noch zwei USB-Schnittstellen eingesetzt. Per USB kann man so ganz leicht auf die SD-Karte zugreifen und Firmware-Updates installieren. Darüber hinaus können MIDI-Tastaturen an den USB-A-Port angeschlossen werden, während der USB-B-Port den Vector Sequencer mit einem Computer oder iOS-Device verbindet.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Verarbeitung
Die Fertigungsqualität des Vector Sequencers ist hoch. Mit 9 Endlos-Encodern und 29 Drucktastern in 6 Farben plus der zwei OLED-Displays erstreckt sich der Vector Sequencer über satte 42 Teileinheiten! Für den Expander gehen dann noch mal 12 TE flöten. Wer den Platz hat, erhält dafür aber auch ein echtes Monster. Ein Sequencer mit allem, was dazu gehört – Trigger, Pitch-Signale samt Modulationseffekten, Ratcheting und Chance-Operation sind nur einige der eingebauten Features.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Erste Sequenz
Im Test fangen wir aber ganz einfach an und zwar mit einer Trigger-Sequenz für einen simplen Drumbeat. Mit dem Expander-Modul ist das ein Kinderspiel. Wir beschränken uns erstmal auf drei Spuren: Kickdrum, Snaredrum und Hi-Hats. Die „Parts“ genannten Spuren können über den entsprechenden Drucktaster aufgerufen und einzeln angewählt werden. Nun geht es über den „Gate/Groove“ beschrifteten Taster ans Trigger-Setzen. Default-Setting sind hier 8 Steps, deren Gate-Länge direkt mit den Encodern eingestellt wird. Eine Länge von 0 entspricht hier keinem Trigger, einzelne Steps können aber auch stummgeschaltet oder übersprungen werden – dazu jedoch später mehr.
Über die Recording-Funktion können für die gesetzten Trigger auch Noten eingespielt werden. Zu diesem Zweck können entweder die Keyboard-Taster auf dem Modul, ein externer Controller per USB-Eingang oder ein MIDI-Keyboard zum Einsatz kommen. Aufgenommen wird in einem von vier Modi. Im „Step“-Mode werden die Pitch-Höhen der Trigger nacheinander eingegeben, man kann aber auch mit dem 9. Encoder zwischen den Steps auswählen. Im „Trans“-Mode nutzt der Vector Sequencer eingehende Notenwerte, um die Sequenz zu transponieren. Mit dem letzten Modus mutiert der Vector Sequencer zum MIDI to CV-Converter. Eingehende Noten werden an den zugeordneten Patchausgängen des angewählten Parts ausgegeben.
Kehren wir aber jetzt zurück zu unserem Drumbeat, bei dem wir erstmal nicht auf die Notenhöhe achten müssen. Wenn also die Steps für Part 1 gesetzt sind, wiederholt man das Prozedere bei Part 2 und 3. Eine simple Rhythmussequenz aus drei unabhängigen Parts ist erstellt. Nach kurzer Eingewöhnungszeit ist auch das „Springen“ zwischen den Parts kein Problem und geht schnell von der Hand. Das Potenzial des Vector Sequencers ist damit aber nicht ausgeschöpft und am Beispiel einer Spur werden wir jetzt ins Detail gehen.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Pitch & Glide
Selbstverständlich kann der Vector Sequencer auch Melodien erzeugen. Auf der Pitch-Seite werden per Endlos-Encoder die Tonhöhen der einzelnen Steps eingestellt. Mit dem links oben sitzenden Encoder (im Handbuch „The 9th Encoder“) kann man die Höhe aller Steps simultan editieren. Ein weiterer Tastendruck auf „Pitch“ öffnet die zweite Page namens „Glide“. Der Name ist Programm und auch hier kann „per Step“ editiert werden. Beim Glide-Parameter ist der Kurvenanstieg justierbar, was kurze wie auch langgezogene Portamento-Effekte ermöglicht.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Velocity & CC
Für jede Spur wird pro Step ein Velocity-Wert ausgegeben, vorausgesetzt der Part ist auf den entsprechenden Ausgang geroutet. Verfügt man über kein Drum-Modul mit einem Velocity-Eingang, kann man das Signal auch prima zur rhythmischen Modulation anderer Module nutzen. Darüber hinaus lässt sich die Velocity auch völlig ohne Patching intern als Modulationsquelle nutzen, doch dazu später mehr. Ebenfalls über den Velocity-Taster erreichbar, sitzen drei Pages zur Auswahl drei verschiedener CC-Destinationen. Die Destination wird auf einer anderen Seite ausgewählt, auf der Control-Page. Unter der CC-Seite kann die Intensität des ausgesendeten Signals per Step eingestellt werden.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Length & Repeat
Hinter der Abkürzung „Len/Rpt“ verbergen sich zwei Pages, auf die man per Tastendruck Zugriff erhält. Hier können die Länge und Wiederholungen pro Step variiert werden. Sehr positiv ist die Entscheidung, hier auch Teiler wie etwa 1,5 oder 3/8 zu integrieren. Komplexe Verschieber über mehrere Takte sind für den Vector Sequencer somit kein Problem.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Ratchet
Weniger breit aufgestellt ist dagegen der Ratchet-Parameter. Hier lässt sich ein Step zwei-, drei- oder vierteilen. Der Effekt gleicht einem schnellen Drumroll oder Flam. Diese Einstellung gilt, wie die vorherigen auch, pro Step.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Chance
Die „Chance“-Page besteht aus drei Teilen, durch die man per Tastenclick springt und hier geht es richtig ins Eingemachte. Auch hier können Werte pro Step gesetzt werden. Zuerst wird eine Wahrscheinlichkeit gewählt, auf der „Chance Prob“-Seite. Sind die Probabilities der Steps eingewählt, kann man eine Operation (pro Step!) zuordnen. Verfügbar sind die Operationen „Mute, Un-Mute“, „Skip, Un-Skip“, „Jump“, „Velocity“, „Gate“, „Pitch Up, Pitch Down“ und Ratchet.
Während Mute und Skip quasi selbsterklärend sind, gehen Velocity, Gate, Pitch und Jump einen Schritt weiter. Die Velocity kann hier entweder verringert, erhöht oder per Zufall auf Maximum gestellt werden und auch die Gate-Länge lässt sich verringern, erhöhen oder bis zum Note-Tie anziehen.
Über Pitch kann man entweder Zufallswerte anspielen oder genau definierte Sprünge zwischen +/- 12 Halbtönen inszenieren. Auch der Jump-Parameter ist feinjustierbar. Sprünge vorwärts, rückwärts oder „anywhere“ waren dem Team hinter dem Vector Sequencer nicht genug, auch hier ist die Destination verstellbar. Ein Sprung von Step 7 auf Step 11 mit einer Wahrscheinlichkeit von 23 %? Ja, bitte! Gibt es das auch nur jeden vierten Takt? Natürlich, denn hier kommen wir zur dritten und letzten Seite der Chance-Operations.
Auf der „Chance-Bar“-Seite kann man die Operationen auf bestimmte Takte einschränken. Die Wahl steht zwischen geraden, ungeraden oder jedem dritten, vierten oder achten Taktdurchlauf. Kleine Icons repräsentieren die Operationen, weshalb das aufgeschlagene Handbuch zumindest am Anfang unabdingbar ist. Die Überwindung dieser kleinen Hürde wird aber belohnt. Mit den Chance-Operations sind Events, wie etwa ein Sprung zu Step X bei einer Wahrscheinlichkeit von X % in jedem vierten Takt, umsetzbar. Ein Hammer, wenn man bedenkt, dass das Ganze pro Step gilt.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Modulation
Wer sich bisher noch nicht hat aufs Glatteis führen lassen, der wird sich spätestens auf der Modulation-Page am Kopf kratzen. Die Modulations-Page ist, wie die Chance-Page, in Unterkategorien gegliedert. Für die Modulation eines Parts können zwei Parameter von externen Quellen (über die Mod1- oder Mod2-Buchse) und je ein weiterer Parameter von zwei Sub-Sequenzen verwendet werden.
Bei der Modulation durch externe Quellen kann das eingehende Signal mit dem „Amount“-Wert abgeschwächt und sogar invertiert werden. Destionationen für diese Modulation sind Gate-Länge, Step-Länge und Step-Repeat, Ratchet, die Wahrscheinlichkeit für eine Chance-Operation, der Start-Step, die Sequenz-Länge, -Richtung und -Rate. Pattern-Länge, Abspielrichtung und Abspielgeschwindigkeit können pro Sub-Sequenz editiert werden, wobei die Geschwindigkeit als „Rate“ in Teilern oder Multiplikatoren der Clock läuft.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Globals
Auf der „Globals“-Page befinden sich die Submenüs zur Einstellung der Hauptfunktionen des Vector Sequencers. Hier werden Tempo, Sync-Modus, Grundton und Scale ebenso konfiguriert wie die Ausgabe von MIDI-Sync und das Routing der einzelnen Parts zu den Patch-Ausgänge. Des Weiteren können CV-Ausgabe-Buchsen in Clock-Signale gewandelt und mit einem Teiler versehen werden. Außerdem gibt es hier die Möglichkeit, eine externe Quelle als Reset-Signal zu verwenden. Auch das Jack Expander-Modul ist hier aufgeführt und die Kanalverteilung der MIDI-Ausgabe der einzelnen Parts kann verwaltet werden.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Presets, Playlists und Scenes
Das etwas verschachtelte System des Vector Sequencers ist anfangs wirklich gewöhnungsbedürftig. Glücklicherweise findet sich auf der Rückseite des Benutzerhandbuchs eine gute grafische Repräsentation des Aufbaus. Die Oberkategorie der „Parts“ wird hier beibehalten und jeder Part kann bis zu 20 Presets, also abgesicherte Sequenzen, besitzen.
Diese Presets können auf komplexe Weise miteinander verkettet werden. Man kann beispielsweise das erste Preset nur einen Takt spielen lassen und dann automatisch zum nächsten wechseln, dieses dann x-mal abspielen und wieder zurückkehren. Natürlich kann man das Ganze auch manuell erledigen, wobei der Sprung entweder quantisiert oder unquantisiert sein kann. Diese Verkettung ist dann eine Playlist. Um das Editieren der Presets zu vereinfachen, kann man auf der Scene-Page die angewählten Presets aller Parts einsehen und verändern. Eine Scene umfasst somit die Kombination der Presets für alle 8 Parts.
Five12 Vector Sequencer, Jack Expander: Firmware
Zum Abschluss des Tests noch eine Empfehlung an zukünftige Besitzer der hier vorgestellten Module: Prüft beim ersten Einschalten des Moduls die Firmware-Version und führt das Update durch. Auf meiner „veralteten“ OS-Version gab es noch einige Bugs, die dann aber allesamt mit dem neuesten Betriebssystem behoben wurden.
Ich finde den negativen Kritikpunkt bezüglich des Preises ungerechtfertigt. Wenn man vergleicht was ähnliche Module in der Preisklasse können (wie z.b. Metropolis), oder gar Kauf über einzelne Module, relativiert sich das in meinen Augen wieder. Ansonsten ein Top Testbericht der Lust auf mehr macht. Das Gerät werde ich mir auf alle Fälle näher ansehen.
Genau. Es wird doch sonst alles „günstig“ genannt.
Z.B. die ATC Monitore für 2.500 Euro – günstig.
Warum nicht hier….