Der Focusrite ISA 428 MKII in der Praxis
Ich gebe zu, ich habe mir zu Beginn des Tests einen bestimmten Grundklang des Focusrite ISA 428 MKII erhofft. Bei einem Dinosaurier wie mir, der als Konsequenz seiner Geburtsdekade seine klangliche Prägung in den Studio Hochzeiten der Achtziger erleben durfte, schwingt bei bestimmten Produkten immer noch ein Hauch Hoffnung mit, es möge ein wenig Klangkultur hinüber in die „Jetztzeit“ gerettet worden sein und nicht erneut mit der Jetzt-noch-billiger“ Fahne alles niederknüppelt werden, was vielleicht noch an Anspruch geblieben ist.
Bereits bei den ersten Signalen, die aus dem Preamp erschallen, legt sich ein zufriedenes Lächeln auf meine Lippen. Nicht dass der üppige Sound der Achtziger mittels Knopfdruck auferstanden wäre, aber die neutrale und transparente Auflösung der Lundahl Übertrager schaffen eine klar strukturierte Basis, die jedem anliegenden Signal eine direkte Aufwertung kredenzt.
Dabei hat der Focusrite ISA 428 MKII diese nur schwer zu beschreibende britisch-dezente Einfärbung, wie sie vielen Produkten der Achtziger anheim lagen, fernab des gerne etwas schwülstig weich anmutenden USA Sounds. Bevor der Loudness-Mastering-Wahn der Neunziger anfing, jedes klangliche Detail im Keim zu ersticken, waren die einzelnen Komponenten im Signalweg deutlich mehr dafür verantwortlich, was als Endergebnis auf dem Plattenteller landete. Dabei bietet der konturenreiche Klang des Focusrite ISA 428 MKII eine vorzügliche Basis für vielerlei Stilrichtungen, sofern man nicht auf der Suche nach einem stark saturierten Vintage-Sound ist. Für diese Ausrichtung ist der Grundsound des Produktes deutlich zu klar und zu fein aufgelöst.
Die vorab angesprochene Eingangsimpedanz-Wahl bringt in der Praxis vielerlei unerwartete Klangeindrücke mit sich, wobei das letztendliche Ergebnis stark vom verwendeten Mikrofontyp abhängt. So konnte ich die stärkste Färbung bei den vergleichsweise einfach gehaltenen Klassikern aus dem dynamischen Bereich feststellen. Ein Shure SM57 oder ein AKG D320 klangen erstaunlich weich in der Low-Variante, während andere Mikrofone wie z. B. das Bändchenmikrofon R2 MKII von Golden Age Project nur sehr wenig auf die unterschiedlichen Impedanzen reagierte.
Wer dem ISA 110 Klang huldigen möchte, kann natürlich generell mit der 1.400 Ohm Einstellung arbeiten, was auch durchweg gute Ergebnisse liefert, allerdings bringt man sich um einige Klangerweiterungen, die man so u. U. so nicht von dem Focusrite ISA 428 MKII erwartet hätte. Natürlich bleibt der Grundklang des jeweiligen Mikrofons erhalten, aber die Einfärbungen erweitern das Klangspektrum doch z. T. in interessante Richtungen. Hier ist schlicht und ergreifend Ausprobieren angesagt, ein Kernaussage im Sinne von „if this than that“ gibt es nicht.
Mit einer Verstärkung von bis zu 80 dB kommt der Focusrite ISA 428 MKII in der Tat mit allen Mikrofontypen zurecht, wobei das Eingangsrauschen mit -126 dB-A sehr niedrig ist. Auch bei Maximalaussteuerung konnte kein wirklich störendes Eingangsrauschen wahrgenommen werden, zumal dies nur in sehr leisen Passagen wahrgenommen werden würde. Nichts gegen rauscharme Preamps, aber was man manchmal als Kriterium lesen muss, hat mit der Praxis teilweise nichts mehr zu tun.
Die Line-Eingänge wie auch die hochohmigen Hz-Inputs überzeugten ebenfalls auf ganzen Linie. Der offene und kernige Grundklang lässt alles, was an pegelstarken Signalen oder im Umkehrschluss an hochohmigen Signalen verarbeitet werden muss, in einem sehr guten Bild erscheinen. Ob es nur ein E-Bass, eine akustische Gitarre mit Pickup oder ein E-Piano waren, der Klang ist stets klar, übersteuerungsfest und mit einer sehr feinen Auflösung überzogen, die den jeweiligen Grundklang des Instrumentes unterstützt und festigt.
Als Abschluss noch mal den Tipp für E-Gitarristen. Auch wenn es immer noch hier und da angepriesen wird, ein erstzunehmender E-Gitarrensound wird niemals über einen Hz-Eingang mit Amp/Speaker-Simulatoren generiert. Auch der beste Hz-Eingang kann nicht darüber hinweg täuschen, dass mind. 50 % eines hochwertigen E-Gitarren-Sounds von einem echten Verstärker mit einem echten Lautsprecher und einem echten Mikrofon erzeugt werden. Ohne diese Signalkette kann man maximal ein Demo aufnehmen, mehr nicht!
Ich kann den Klangeigenschaften nicht viel hinzufügen, ausser das ich den gleichen Eindruck habe. Allerdings habe ich ein paar praktische Erfahrungen.
Die Pegelanzeigen auf der rechten Seite hätten die auch weglassen können, weil sie 0% hold anzeigt. Bei perkussiven Aufnahmen einen Inputpegel abzulesen, ist unmöglich.
Bei den HiZ Buchsen gibt es keinen wirklichen Klick, wenn man ein Kabel hineinsteckt und es ist relativ einfach das Kabel wieder zufällig rauszuziehen.
Die optionale digitale ADAT Karte ist genauso schlampig gebaut, wie die Teile im Inneren zusammengefügt wurden. Wenn man 80er Qualität erwartet, bekommt man made in China. Nichts passt wirklich zusammen, aber funktioniert irgendwie doch.
Heute würde ich mir für weniger Geld lieber der Warm Audio WA 412 kaufen wollen, da er ähnlich klanglich flexibel ist, aber noch mehr Färbung zeigen könnte, wenn man will.