Schwedenhappen in Burst!
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Wollte man die Zahl der Firmen, welche mindestens ein Modell in ihrem Portfolio führen, welches von der Les Paul beeinflusst wurde, aufführen, käme wahrlich eine stattliche Liste zusammen. Auch die schwedische Firma Hagström, welche ursprünglich aus dem Akkordionbau kommt und mit der Super Swede ein ähnliches Modell in ihren Reihen hat, müsste auf dieser Liste stehen. Jedoch unterscheidet sich das Modell in einigen Details stark von einem der Urvater der E-Gitarre, welches es unter anderem in dem nachfolgenden Test der Hagstrom Super Swede XSOP aufzuführen gilt.
Die Konstruktion der Hagstrom Super Swede XSOP
Wenn auch die Hagstrom Super Swede XSOP auf den ersten Blick eine deutliche Ähnlichkeit zur Les Paul aufweist, so erkennt man doch auf den zweiten Blick einige Detaillösungen, welche dem Instrument einen eigenständigen Charakter ermöglichen. So verfügt das in China gefertigte Instrument zum Beispiel über den Dual Action H-Expander Trussrod, welcher als eine Art Mini-H-Stahlträger für eine extrem hohe Stabilität des Halses nebst sehr guter Justiermöglichkeiten sorgt und zum anderen das Griffbrett aus Resinator-Holz, einem Verbundstoff, bei dem mehrere dünne Holzschichten im Vakuum miteinander verleimt werden und welches mit den Resonanzeigenschaften des alten Black Beauty Ebenholzes vergleichbar sein soll. Beide baulichen Elemente sind natürlich markenrechtlich geschützt und dürf(t)en nur in Lizenz genutzt werden.
Eine weitere Besonderheit dürften die beiden Gurtpins sein, welche sich hinter dem Tailpiece der Brückenkonstruktion befinden. Mit ihnen kann man sowohl einen Gitarrengurt, welcher auf zwei verschiedene Instrumenten benutzt wird, besser für die individuelle Nutzung platzieren als auch das Instrument auf dem Boden absetzen, ohne dass der Lack des Instrumentes verkratzt wird. Theoretisch würde auch der Linkshänderbetrieb durch den unteren Gurtpin erleichtert, aber wer sollte eine Les Paul ohne eine entsprechende Angleichung der Korpusses als Linkshänder verwenden? Das fehlende Cutaway würde allein schon jegliche Praktikabilität zunichte machen. Nachtrag: Nach Rücksprache mit Hagstrom Produktmanager Thomas Türling auf der Guitar Summit wurde meine Vermutung bestätigt, dass die beiden Gurtpins tatsächlich für das gefahrlose Abstellen des Instruments auf dem Fußboden konzipiert wurden.
In Sachen Verarbeitung muss man dem Instrument in der Tat die Bestnote erteilen. Sämtliche Lackierarbeiten, Einlegearbeiten und Einstellungsarbeiten wurden exzellent ausgeführt und geben keinen Anlass zur Beanstandung. Ansonsten kommt die Hagstrom Super Swede XSOP sehr klassisch daher, soll heißen ein massiver Mahagoni-Korpus nebst eingeleimtem Mahagoni-Hals, wobei aus klanglichen Gründen eine 0,75“ dicke Ahorndecke aufgeleimt wurde, welche aus optischen Gründen mit einem Top-Grade-Riegelahornfurnier abgerundet wurde. Im Gegensatz zur LP legt Hagstrom jedoch vermehrt Wert auf ein ergonomisches Shaping des Korpusses, so findet man zusätzliche Aussparungen am Halsfuß, im Cutaway und auf der Korpusrückseite, was die Bespielbarkeit des Instrumentes ungemein verbessert.
Neben der XSOP („Old Pale“) Lackierung, einer Art Cherry Sunburst, in der das Testinstrument vorliegt, gibt es das Instrument auch noch in den Finishs Crimson Flame, Dark Storm und Fall Sky Gloss. Die Korpusoberseite und das Griffbrett wurden zusätzlich mit einem elfenbeinfarbenen Binding eingefasst.
In Sachen Gewicht ist die Hagstrom Super Swede XSOP mit knapp 3,6 kg relativ moderat aufgestellt und bleibt deutlich unter dem Gewicht, was andere Hagstrom Instrumente gelegentlich an den Tag legen. Als Griffbretteinlagen zwischen den 22 Bünden aus Edelstahl kommt erneut Ivoroid zum Einsatz, einem Kunststoff, welcher optisch an Elfenbein angelegt ist und eine streifige „Maserung“ aufweist. Optisch angedeutet wird das Hagstrom ”Crest” Wappen zzgl. eines Hagstrom Löwens am 12. Bund. Mit einer Halsstärke von 20 mm am 1. Bund und 21,5 mm am 12. Bund, einem Griffbrettradius von 14,4“ und einer Sattelbreite von 43 mm (GraphTech Black Tusq XL) bewegt sich das Instrument in einem moderaten Rahmen und sollten von den meisten Playern problemlos angenommen werden.
Im Gegensatz zu regulären Swede weist die Super Swede noch eine Besonderheit in Sachen Mensur auf. Im Gegensatz zu der normalen kurzen Mensur, welche alle Les Paul-artigen Gitarren in der Regel aufweisen, besitzt die Hagstrom Super Swede XSOP eine lange Mensur, was ihr einen höheren Bassanteil und eine bessere Präsenzwiedergabe ermöglicht. Auch in Sachen Hardware verfolgen die Schweden auf der Super Swede ihren eigenständigen Kurs, indem sie mit der Long Travel Tune-O-Matic Bridge in Kombination mit dem Sustain Block Tailpiece, bei dem jede Saite einen massiven Messingblock als Halterung spendiert bekommt. Auch die geriffelten 19:1 Gear Ratio Locking Machine Heads bieten ein Alleinstellungsmerkmal im Bereich der Tuner und sind seit geraumer Zeit ein fester Bestandteil der Hagstrom Optik.
Die Pickups der Hagstrom Swede Gold
Einmal mehr setzt Hagström in Sachen Pickups auf eine ganz eigene Lösung. Im Gegensatz zu vielen anderen Playern, welchen mit den großen US-Namen der Branche zusammen arbeiten oder aber zuweilen eigene Pickups entwickeln, findet man bei der Hagstrom Super Swede XSOP am Hals einen Lundgren Design AlNiCo-2 No. 2 (Medium Output – Calibrated – 7.3K) Humbucker und am Steg einen Lundgren Design AlNiCo-2 No. 5 (High Output – Calibrated – 13.2K) Humbucker. Beide Humbucker sind splitbar und ermöglichen durch die Push/Pull-Funktion der Tone-Regler den Singlecoil-Betrieb. Beide Pickups sitzen in zum Binding optisch passenden Rahmen. Die insgesamt 4 Stck. Hagstrom “H” Barrel Knurled Brass Knobs (Chrome Plated) Volume- und Tone-Regler sind übrigens angenehm schwergängig und ermöglichen einen gleichmäßigen Regelweg, wobei die Volume-Regler über eine R/C-Schaltung verfügen.
Geliefert wird die Hagstrom Super Swede XSOP in einem hochwertigen Koffer, welcher im Tweed-Look angelegt ist.
Die Hagstrom Super Swede XSOP in der Praxis
Nimmt man die Hagstrom Super Swede XSOP das erste Mal in die Hand, fällt einem sofort das außergewöhnliche Schwingungsverhalten ins Ohr. Das Sustain des Instruments ist über das gesamte Griffbrett herausragend, egal ob die tiefen Basssaiten oder die Diskantsaiten in den obersten Lagen, das Instrument hat ein sehr gutes Schwingungsverhalten, schwingt schnell ein und aus und überzeugt mit einem langanhaltenden Ton ohne jede Dropouts. Es sieht ganz danach aus, dass die Kombination aus einer massiven Brückenhalterung plus der Holzauswahl und der massiven Bauweise für dieses Schwingungsverhalten verantwortlich zeichnen.
Für den alteingesessenen Les Paul Spieler wird es sehr wahrscheinlich zwei Punkte geben, die sich deutlich vom Urvater aus den USA unterscheiden. Zum einen ist die Kombination von Les Paul Haptik mit langer Mensur auf den ersten Griff ein ungewöhnliches Erlebnis, wobei ich mit Absicht keinerlei Wertung hier hineinbringen möchte, da sich das Griffverhalten je nach Präferenzen in die eine oder in die andere Richtung auswirken kann. Wer von der Stratocaster kommt, wird sich hier direkt etwas mehr zu Hause fühlen, während der von der kurzen Mensur kommende Spieler hier eventuell kurz etwas innehalten wird. Letztendlich schätze ich aber einmal, dass die ausgezeichnete Bespielbarkeit des Instruments für beide Playertypen ein ausgewogenes Verhältnis an den Tag legen wird.
Der zweite Punkt, welcher für den typischen Les Paul-Spieler eher ungewöhnlich ist, sind die durchweg dezent angesetzten, aber sehr effektiv wirkenden Shapings am Korpus. Insbesondere der Bereich im Halsfuß und im Cutaway tragen ungemein dazu bei, dass sich das Instrument extrem locker gerade in den höheren Lagen spielen lässt. Das berühmte Kämpfen am Halsfuß, welches man vom stumpfen Übergang der Les Paul her kennt, ist hier völlig abhanden gekommen und erleichtert es dem Spieler deutlich, seine musikalischen Ideen insbesondere im hohen im Diskantbereich umzusetzen. Erwartungsgemäß hängt das Instrument sowohl am Gurt gut am Körper und lässt sich aufgrund der Form auch sehr gut im Sitzen spielen.
Einmal mehr überzeugen mich auch die Lundgren Design Pickups, welche mit einem eigenständigen, aber dennoch runden und gefälligen Ton überzeugen. Das trotz der relativ starken Unterschiede in der Wicklung mit dem AlNiCo-2 No. 2 (Medium Output – Calibrated – 7.3K) Humbucker am Hals und dem AlNiCo-5 No. 5 (High Output – Calibrated – 13.2K) Humbucker an der Brücke das Set klanglich nicht auseinander fällt ist der geschmackvollen Kombination der Pickups geschuldet. Die Split-Schaltung für einen Humbucker erwies sich ebenfalls als überzeugend. Obwohl der erzeugte Klang etwas spitzer aus den Lautsprechern kam und nicht ganz die Ausgewogenheit eines reinen Singlecoil-Pickups erreichen konnte, war es dennoch einer der besten Split-Sounds, die ich seit Langem gehört habe. Im Gegensatz dazu erzeugt die Humbucker-Schaltung einen deutlich wärmeren und weniger höhenbetonten Ton und liefert besonders im Crunch-Bereich sehr gute Ergebnisse, die bis in den Lead-Bereich reichen. Hier können die Pickups ihre wahren Stärken ausspielen, angefangen bei präzisen Riffs bis hin zu geschmackvollen Leads. Für extremen High-Gain-Metal sind diese Art von Pickups weniger geeignet, da sie aufgrund individueller Peaks im Frequenzgang mehr auf Eigencharakter und weniger auf Durchsetzungskraft bei sehr hohen Obertönen setzen.
Die Hagstrom Super Swede XSOP ist in der Tat eine erstklassige Rockgitarre, die sich auch im Blues oder Jazz gut bewähren kann. Sie bietet eine attraktive Alternative zu den traditionellen Modellen und zeichnet sich durch hochwertige handwerkliche Details und exzellente Tonabnehmer aus. Wer nach einem Instrument sucht, das sowohl in puncto Vielseitigkeit als auch in Bezug auf handwerkliche Präzision und erstklassige Tonabnahme-Lösungen überzeugt, wird mit der Hagstrom Super Swede XSOP bestens bedient sein.
Wenns denn mal noch ein Schwede wäre! Das einzige was erinnert ist der Name. Ne alte Hagstrom III war wirklich noch aus Schweden. Trotzdem klingt dieses Modell hier interessant, muss man halt mal im Laden antesten, anders mach ich das nicht mehr, meist trennt sich dann die Weizen von der Spreu ganz schnell…. könnte aber sein dass ich diese Metallkappe einfach abschraube🤣🤣🤣alter Schwede! Klangbeispiele mit Lead klingen saftig! Aber Lead hast keins gespielt.
Ich unterteile die verschiedenen Zerrgrade stets in Clean, Crunch, Lead und High Gain, die Bezeichnung hat nichts mit der Stilistik zu tun.
Ich hege eine große Sympathie für die Hagström Bratschen, auch wenn ich „nur“ einen Bass (FXB 220) bediene. Der ist toll! 🤓
Das mit dem Gewicht ist echt seltsam. Wieso wiegt meine 4,2 kg? Kann es innerhalb des gleichen Modells eine so große Schwankungsbreite der Hölzer geben?