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Test: Harley Benton MR-Modern CAR, E-Gitarre

Eine Legende gut und günstig kopiert

19. Juni 2022

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Inzwischen gibt es kaum kein Gitarrenmodell, welches nicht von Thomanns Hausmarke kopiert wird. Bei der Harley Benton MR-Modern CAR handelt es sich offensichtlich um eine Kopie eines Mosrite The Ventures Modells, welches jedoch einige Unterschiede (Tonabnehmer, Vibratosystem) zum Vorbild aufweist. Die Ventures gehörten neben den Shadows zu den Top-Bands der sogenannten „Surf-Ära“ und schrieben zahlreiche Hits wie u. a. Wipe Out, Hawaii Five O, Walk Don’t Run oder Pipeline. Diese Modelle werden deshalb wegen ihres authentischen Klangs gerne von der „Surf-Fraktion“ zu ihrem Lieblingsinstrument erkoren, sind aber im Original vergleichsweise unbezahlbar. Für unsere heutige Testkandidatin sind gerade einmal knapp 350,- Euronen auf den Tisch zu legen, was die Sache für viele Gitarristen, die diesen Look mögen, aber kein Original bezahlen möchten, interessant machen dürfte.

Der legendäre Johnny Ramone gleichnamiger Band, der auf der Suche nach einer Gitarre war, die nicht jeder spielte, wählte eine Mosrite zu seiner Bühnengitarre, um sich auch optisch von der Konkurrenz abzusetzen. So kommt es, dass diese Instrumente auch viele Fans im Punk-Lager mögen und bewundern. Ein Vintage Johnny Ramone Modell von Mosrite kostet schon mal über 3.000 USD, unsere Testkandidatin gerade einmal 1/10. Erfreulicherweise wurde hier auch ein Vibratosystem der Marke Wilkinson verbaut, welches alleine schon einen gewissen Preis hat. Mit einem solchen Modell kommt Harley Benton also gerade zur rechten Zeit, weil es meines Wissens ansonsten keine weiteren günstigen Kopien auf dem Markt gibt. Gehen wir ins Detail:

Harley Benton MR-Modern CAR – Facts & Features

Das Instrument wird aufgrund des moderaten Preises im schlichten Pappkarton ausgeliefert, inkludiert sind natürlich der steckbare Vibratohebel des Wilkinson-Vibratosystems und Inbusschlüssel zur Justage der Halsspannung und des Vibratosystems. Die Gitarre ist recht auffällig durch ihre „Candy Apple Red Gloss“-Lackierung, welche man natürlich auch von vielen Fender-Stratocaster-Modellen kennt. Ab Werk wurde die Harley Benton MR-Modern CAR mit einem Satz „10-er“ (Daddario EXL110 .010 – .046) bestückt.

Harley Benton MR-Modern, Body

Optisch sehr stark an einer Mosrite orientiert

Korpus

Der Korpus aus Erle erinnert an eine Stratocaster, bei der beide Cutaways spiegelverkehrt ausgefräst wurden. Wie vieler Teile sich der Body bedient, ist aufgrund der mettalic-roten und gleichfalls deckenden Lackierung nicht zu bestimmen. Was beim ersten Begutachten des Instruments auffällt, ist das doch recht hohe Gewicht, da der Korpus flächenmäßig etwas größer als eine gewöhnliche, etwas schlanker gebaute Strat ausfällt. Die Decke besitzt eine Art „Stufe“, wie sie auch beim Vorbild zu finden ist.

Harley Benton MR-Modern, Plate

Verschraubung ohne „Neckplate“

Hals

Der stabile Hals wurde mit einem „Double Action Halsstab“ bestückt, somit gestaltet sich das Einstellen komfortabel. Das Halsprofil wird vom Hersteller kurz und bündig mit „C“ umschrieben. Der Hals ist recht kräftig und wirkt auf mich gefühlt breiter, als es seine Maße letzlich vermuten lassen. Das mag damit zusammenhängen, dass ich es bei meinen eigenen Instrumenten bevorzuge, die Griffbrettkanten minimal abzurunden (meist nach einer Neubundierung etc.). Hier sind die Kanten jedoch nicht abgerundet.

Der geschraubte Hals aus kanadischem Ahorn erhielt ein ungewöhnlich dickes Griffbrett aus Macassar-Ebenholz. In dieses wurden Dots aus Perlmutt eingelassen. An der Griffbrettkante erhielt die Gitarre kleine fluoreszierende Dots, die das Erkennen der Positionen gerade im schwummrigen Bühnenlicht einfacher gestalten. Das sieht man auch nur selten. Die Halsrückseite wurde relativ dünn, klar und matt lackiert, was das Wechseln der Lagen ohne „Festkleben“ ermöglicht. Die Kopfplatte erhielt ein „matched“ Finish, die Farbe der „Kopfplattenfront“ und des Bodys sind also identisch.

Harley Benton MR-Modern, Kopf

Locking-Mechaniken im Vintage-Stil

Die Eckdaten der Mensur (648 mm), des Griffbrettradius (305 mm) und der Sattelbreite (42 mm) sind quasi identisch mit den meisten Gibson-Gitarrenmodellen. Der schwarze Sattel (Graphtech TUSQ) unterstützt die Stimmstabilität des Instruments.

Interessanterweise erhielt der Hals 22 Blacksmith Edelstahlbünde, man darf also davon ausgehen, dass eine Neubundierung, wenn überhaupt, deutlich später in Angriff genommen werden müsste. Heutzutage ist das Bundmaterial oft zu weich und man wundert sich, dass die Bünde schon nach einigen Monaten intensiven Spiels Kerben aufweisen, die durch den ständigen Kontakt der Stahlsaiten entstehen.

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Hier sehen wir Phil X, der eine alte Mosrite-Gitarre spielt, welche unserer Testkandidatin auffällig ähnlich sieht.

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Mehr Informationen

 

Elektrik & Hardware

Die Gitarre wurde mit zwei Artec AHC-90 Soapbar Alnico-5 Humbuckern ausgestattet. Diese sehen einem P-90-Tonabnehmer bzgl. ihrer Ausmaße recht ähnlich, besitzen aber natürlich zwei seriell verdrahtete Spulen, die ordentlich Druck machen, wie wir später noch hören werden. Der 3-Wege (Toggle-) Schalter am rechten Cutaway erledigt das Umschalten der Pickups, welche mit einem „Zug“ am Master-Ton-Poti (Push-Pull) auf einspuligen Betrieb (Singlecoil) geschaltet werden können. Dies erhöht sicherlich die tonale Bandbreite und somit die Flexibilität des Instruments. Die Hardware wurde verchromt. Erfreulicherweise wurde ein Wilkinson VS-50 II Precision Tremolo verbaut. Dieses ist zwar nicht wirklich das Topmodell von Wilkinson, erfreut sich aber einer sehr guten Verarbeitung und Stimmstabilität. Die sechs Saitenreiter sind matt gehalten, was attraktiv aussieht. Die Kluson-Style Wilkinson Locking-Tuner tragen gleichfalls zu einer guten Stimmsatbilität bei, da es beim Betätigen des Vibratosxstems kaum noch zu Reibung kommen kann (sieht man einmal von den Sattelkerben ab).

Handling

Ab Werk war die Saitenlage nicht wirklich komfortabel eingestellt. Durch Absenken der zwei Bolzen des Vibratosystems auf ein niedrigeres Niveau war das schnell optimiert. Ist die Saitenlage schlicht zu hoch, bekommt man gerade  bei Akkorden in den ersten drei Bünden Probleme mit der Intonation, selbst wenn die Bundreinheit gut eingestellt wurde.

Das Instrument besitzt ein relativ hohes Gewicht. Die Anzeige der Küchenwaage pendelt sich bei ca. 3,9 kg ein, was etwa dem Gewicht einer leichteren Les Paul mit Tonkammern entspricht. Das Instrument ist frei von Kopflastigkeit und fühlt sich spontan gut an.

Harley Benton MR-Modern, Back, Body

Etwas „massiger“ als eine gewöhnliche Strat

Wie erhofft zeigt sich die Harley Benton MR-Modern selbst bei heftigem Einsatz schlicht unbeeindruckt und bleibt „in tune“. Das Vibratosystem ist ab Werk „recht straff“ eingestellt, d. h. wir benötigen etwas Kraft, um den Vibratohebel zu heftigem Verstimmen zu bewegen, was für die Surfmusik sicherlich voll ausreicht. Dies ließe sich selbstverständlich auch den persönlichen Bedürfnissen anpassen, indem man die Aufhängung in der Tremolo-Federkammer etwas „verschiebt“ (Schrauben etwas herausdrehen) oder mit anderen Federstärken arbeitete. Dann wären auch Divebombs leichter abzuliefern, was die Stimmstabilität dann möglicherweise ungünstig beeinflusste. Die Potis bewegen sich recht leicht, Volume-Swell-Effekte sind damit leicht zu bewerkstelligen.

Sound

Die verbauten Humbucker machen beim ersten Anspielen einen guten Eindruck, sie liefern einen satten Ton mit guter Saitentrennung. Wir hören zunächst einen klaren Ton, weil wir auch wissen wollen, ob diese Gitarre auch „Surfmusik kann“. Dazu ist der Stegtonabnehmer auf Singlecoil-Betrieb geschaltet und wir hören einige Akkorde und Linien im „Spaghetti-Western“-Stil. Der Hall (digital) kommt von meinem Peavey Classic 20 Head:

Der Sound klingt bereits aufgrund seiner Physik (gesplitteter Humbucker) natürlich weder wirklich nach einer Telecaster oder einem Strat Steg-Pickup, sondern liefert ein eigenes Klangbild, welches sicherlich ansprechend ist.

Hören wir nun den Humbucker am Steg im doppelspuligen Betrieb. Der Verstärker ist auf Crunch eingestellt. Die Pickups sind kräftig, aber nicht „überzüchtet“ und liefern einen angenehm rockigen Sound:

Wir ziehen das Tonpoti und erhalten einen Singlecoil-Klang, der Verstärker hat immer noch gleichen Einstellungen, der Klang wird nun etwas drahtiger, bleibt aber immer noch recht kraftvoll und ist dabei etwas durchsichtiger:

Nun hören wir den Halspickup im doppelspuligen Betrieb und klarem Ton. Für bluesige oder auch jazzige Klänge (sofern man dies mit einer solchen Gitarre überhaupt anstrebte), optimal zu gebrauchen:

Mit etwas „bluesiger Zerre“ klingt dies dann folgendermaßen:

Die MR-Modern CAR bringt Spielspaß und übersehen wird man mit ihr sicherlich auch nicht, denn die Optik und das rote Finish springen sofort ins Auge. Die Tonabnehmer klingen erfreulich gut und gestatten durch den Coilsplit eine gute klangliche Flexibilität. Wer mal „was anderes“ spielen möchte, sollte diese Gitarre einfach mal antesten.

Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:

Harley Benton MR-Modern CAR – Peavey Classic 20 MH (cleaner Kanal) – MESA/Boogie 1x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Shure SM57 – MOTU M4 – Mac mit Logic (teilweise etwas Delay hinzugefügt)

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Fazit

Mit dem Erscheinen dieses Instruments macht Thomanns Hausmarke Harley Benton einen cleveren Schachzug, denn günstige Alternativen zum Modell der Firma Mosrite, welche hier offenbar als Vorbild diente, sind auf dem Markt momentan einfach nicht zu finden. Das Instrument erfreut sich guter Verarbeitung und Hardware (Wilkinson Vibratosystem und HB-Locking-Tuner), die es auch bei heftigem Einsatz stimmstabil halten. Auch an den Pickups, die bei Bedarf auf Singlecoil umschaltbar sind, gibt es nichts zu meckern. Bei diesem Preis stimmt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis, da die Gitarre ab Werk bereits mit einem Wikinson-Vibratosystem ausgestattet wurde.

Plus

  • Sound
  • Design
  • Wilkinson Vibratosystem
  • Verarbeitung
  • Edelstahlbünde
  • Humbucker "splitbar"

Minus

  • Gewicht

Preis

  • 349,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Zwo5eins

    Braucht man bei diesem Gitarrentypus nicht andere Klangbeispiele ?
    Ich denke da an trashige Garageriffs ..

  2. Profilbild
    Sven Blau AHU

    Iiieeeh… Humbucker!

    P90 wären gut gewesen. Aber kann man ja theoretisch nachrüsten.

    „Die Ventures gehörten neben den Shadows zu den Top-Bands der sogenannten „Surf-Ära“ und schrieben zahlreiche Hits wie u. a. Wipe Out, Hawaii Five O, Walk Don’t Run oder Pipeline.“

    Die Shadows haben keinen Surf gemacht.
    Tatsächlich wurden von den sogenannten „Surf-Bands“ eher Fendergitarren verwendet, Jazzmaster, Jaguar, Stratocaster.

  3. Profilbild
    left-to-do

    Die Mosrite wird fast immer mit Surfmusik verbunden. Für mich ist das in erster Linie mal die Gitarre von Erik Brann auf „In A Gadda Da Vida“ von Iron Butterfly – Und Lee Dorman hat da ja auch den passenden Bass verwendet. Gibts den eigentlich irgendwo als Günstg-Kopie?

  4. Profilbild
    upfga

    Schade das Harley Benton dann nicht auch DIE Klampfe kopiert die Johnny gespielt hat, wenn man schon mit ‚Punk-Icons‘ werben muß. Die Ventures MK 2 Slab Model ist meiner Meinung nach ne gaaaanz andere Gitarre. Aber was weis Ich schon?

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