Bändchenmikrofon für Tonstudio, Bühne, Podcast
Inhaltsverzeichnis
Das AEA KU5A Bändchenmikrofon ist anders als das, was man von einem Bändchenmikrofon allgemein annimmt: Richtcharakteristik, Einsprechrichtung, Verstärkung und Verwendungszweck muten nicht so richtig nach Bändchen an. Doch es sind gerade diese Parameter, die einem Bändchen zugeschrieben werden, die einem Irrglauben unterworfen sind. Wir haben uns das AEA KU5A Bändchenmikrofon genauer angeschaut und sagen dir, warum du es als Alternative zum Shure SM7B unbedingt ausprobieren solltest.
AEA
Seit 1976 fertigt AEA in den USA Bändchenmikrofone. Zu den Klassikern zählt sicherlich das AEA R44 in seinen unterschiedlichen Ausprägungen, das dem RCA 44BX Bändchenmikrofon nachempfunden ist. Alles begann ursprünglich mit der Wartung von Bändchenmikrofonen, vor allem des Herstellers RCA. RCA wurde inzwischen von General Electric aufgekauft, das in der Folge die Mikrofonsparte von RCA einstampfte. Die Wartungslücke der RCA-Mikrofone, insbesondere des RCA R44, füllte schließlich AEA. Die Erfahrungen, die man mit dem RCA 44 gesammelt hatte, mündeten schließlich in einer eigenen Version dieses hoch gelobten Bändchenmikrofons. Bis heute ist man bei AEA dem Bändchenmikrofon treu geblieben und hat mittlerweile zahlreiche Modelle im Programm. Das AEA KU5A ist ein interessanter und neuer Blickwinkel des Herstellers auf das Thema Bändchen.
Bändchen – Mythen und Wahrheit
Zahlreiche Mythen ranken sich um das Bändchenmikrofon, mit denen ich hier aufräumen möchte. Der erste Mythos betrifft den Klang.
Mythos 1: Bändchenmikrofone klingen dumpf und haben keine Höhen
Das stimmt nicht. Zwar können Bändchenmikrofone dem Kondensatormikrofon hinsichtlich der Höhenwiedergabe nicht das Wasser reichen, gegenüber ihren dynamischen Kollegen der Tauchspulenfraktion haben sie aber auch nicht zwingend das Nachsehen. Der Übertragungsbereich eines Beyerdynamic M160 reicht zum Beispiel von 40 Hz bis 18.000 Hz. Oberhalb von 10 kHz hat es einen sanften Rolloff in den Höhen zu verzeichnen. Mit diesem Mikrofon lassen sich also durchaus Instrumente mit vielen hochfrequenten Signalanteilen aufzeichnen oder übertragen.
Mythos 2: Bändchenmikrofone haben eine Achtercharakteristik
Obwohl viele Bändchenmikrofone eine Achtercharakteristik aufweisen, bedeutet das nicht, dass alle Bändchenmikrofone eine Achtercharakteristik besitzen. Das gerade genannte M160 hat zum Beispiel eine Hypernierencharakteristik, das AEA KU4 eine Supernierencharakteristik. Dass die beiden Bändchenmikrofone dennoch eine Achtercharakteristik besitzen, hat mit der klassischen Bauweise von Bändchenmikrofonen zu tun, die von den meisten Herstellern heute noch verwendet wird. Aber die Achtercharakteristik ist keinesfalls ein Muss.
Mythos 3: Bändchenmikrofone haben einen geringen Output
Für die meisten Vintage-Modelle trifft das zu. Moderne Bändchenmikrofone haben hingegen einen nicht wesentlich geringeren Output als Tauchspulenmikrofone und manche können sogar mit Kondensatormikrofonen mithalten. Möglich wird das durch den Einsatz von Verstärkerelektronik im Mikrofon, ganz so wie es auch bei Kondensatormikrofonen der Fall ist.
Mythos 4: Bändchenmikrofone eignen sich nicht für die Bühne
Tatsächlich sind viele Bändchenmikrofone sehr empfindlich, was Stöße oder Stürze angeht. Das gilt aber auch für viele Kondensatormikrofone. So unverwüstlich wie ein Shure SM58 sind diese jedenfalls ebenfalls nicht. Es gibt sogar Bändchenmikrofone, die extra für die Bühne konzipiert wurden, wie das bereits erwähnte Beyerdynamic M160.
Mythos 5: Bändchenmikrofone werden durch Phantomspeisung zerstört
Auch das ist nur bedingt richtig. Zunächst einmal sieht auch ein Bändchenmikrofon wie ein Tauchspulenmikrofon die Phantomspeisung bei der Verwendung eines korrekt beschalteten Kabels nicht. Bei Vintage-Mikrofonen kann es aber vorkommen, dass diese tatsächlich bei anliegender Phantomspeisung zerstört werden können. Moderne Vertreter hingegen zeigen sich immun gegenüber der Spannungsversorgung über das Mikrofonkabel. Manche Bändchenmikrofone, wie die erwähnten aktiven Bändchen, benötigen sogar die Phantomspeisung zur Spannungsversorgung der integrierten Verstärkerelektronik.
Leider leben diese Mythen immer wieder auf und haben zeitweise zu einem schlechten Ruf des Bändchenmikrofons beigetragen. Glücklicherweise hat sich das in den letzten Jahren geändert und Bändchenmikrofone haben ein großes Revival gefeiert. Sie sind seit geraumer Zeit wieder ein beliebtes Tool von Tontechnikern und liefern ganz ohne den Einsatz von Kompressor und EQ eine weitere Farbe für die Farbpalette.
AEA KU5A Bändchenmikrofon – Überblick
Bändchen
Das Bändchen des AEA KU5A Bändchenmikrofons besteht aus reinem Aluminium und ist 2,9 cm lang und 0,14 cm breit. Die Dicke beträgt nur 1,8 μm.
Aktiv
Das Wort „aktiv“ wird in der Tontechnik immer dann genutzt, wenn etwas mit Verstärkung verbunden ist. Das KU5A benötigt Phantomspeisung zur Versorgung der integrierten Verstärkerelektronik mit Spannung. Die Elektronik sorgt für eine stabile Impedanz, eine höhere Ausgangsleistung und weniger Rauschen. Erreicht wird das durch einen Custom-Transformator und JFET-Elektronik. Auf diese Weise kann das AEA KU5A Bändchenmikrofon mit jedem Vorverstärker und Audiointerface betrieben werden. Ein mit 283 Hz sehr hoch angesetztes High-Pass-Filter mit 6 dB/Oktave Flankensteilheit lässt sich bei Bedarf zuschalten.
Superniere
Das Mikrofon besitzt eine Supernierencharakteristik, was seine Verwendung auf der Bühne ohne Übersprechen oder eine erhöhte Rückkopplungsgefahr vereinfacht. Rückwärtiger Schall und auch Schall, der von schräg hinten einfällt, wird gut unterdrückt. Im Vergleich zu anderen Bändchenmikrofonen mit Achtercharakteristik ist das AEA KU5A Bändchenmikrofon für das frontale Besprechen ausgelegt. Die Unterdrückung bei 180° beträgt -12 dB.
Road-taugliches Design
Das AEA KU5A besitzt ein absolut Road-taugliches Äußeres und wiegt mit 1,19 kg auch ordentlich viel. Das stabile Gehäuse und der große Korb schützen das empfindliche Bändchen vor Beschädigungen. Auf diese Weise ist es genauso gut für die Bühne geeignet wie die Kollegen der Kondensatorfraktion.
AEA KU5A Weiter Übertragungsbereich, hoher Schalldruck
Der Frequenzgang des AEA KU5A wird vom Hersteller mit 20 Hz bis 20 kHz angegeben. Das ist natürlich mit Vorsicht zu genießen: Der vom Hersteller beigelegte Frequenzgang belegt einen recht steilen Abfall der Höhen oberhalb von 8 bis 10 kHz. Dennoch: von dumpf kann hier nicht die Rede sein. Es sind immer noch ausreichend hohe Signalanteile vorhanden, um mit einem EQ hier gegensteuern zu können – wenn man es denn möchte.
Beachtlich sind auch die hohen Schalldrücke, die das Mikrofon vertragen kann: Bis 135 dB SPL sind theoretisch möglich. Damit lassen sich auch laute Instrumente abnehmen.
Das KU5A Bändchenmikrofon besitzt ein festes XLR-Kabel mit einer Länge von 3 m. Dazu kann man stehen, wie man will. Was einerseits im Tonstudio praktisch ist, kann auf der Bühne schnell zu Problemen führen, wenn das Kabel defekt ist und sich nicht einfach so austauschen lässt.
Praxiseinsatz des AEA KU5A Bändchenmikrofon
Das KU5A sieht dem Shure SM7B optisch nicht ganz unähnlich. Auch das AEA KU5A sitzt in einer Gabelhalterung und lässt sich in dieser schwenken. SM7B und KU5A sind beide für die frontale Besprechung ausgelegt und auch der Einsatzbereich ist ganz ähnlich: Sprache, Gesang, Abnahme von E-Gitarrenverstärkern, Akustikgitarre, Schlagzeug, aber auch von Streichinstrumenten.
Während das Shure SM7B als ebenfalls dynamisches Mikrofon, jedoch nach dem Tauchspulenverfahren, mit dem bekannten Shure SM58 und Shure SM57 verwandt ist, jedoch durch den höheren Abstand zur Mikrofonkapsel aufgrund des vorgelagerten Korbes ein anderes Verhalten beim Nahbesprechungseffekt aufweist, liefert das AEA KU5A den typischen Bändchen-Sound: Sehr stabile Mitten, runde Bässe und abgerundete, niemals spitz klingende Höhen. Anders als das Shure SM7B ist das AEA KU5A Bändchenmikrofon jedoch empfindlicher gegenüber Windgeräuschen, Atemgeräuschen und Plosiven. Optional wird deshalb ein Windschutz angeboten. Auch ein Ploppfilter von K&M oder anderen Anbietern verbessert das Klangbild deutlich. Die Höhen des Shure SM7B klingen im direkten Vergleich etwas weniger rund. Die sehr deutlichen und stabilen Mitten des AEA KU5A Bändchenmikrofons erzeugen auch das Gefühl einer höheren Lautheit, während man bei Tauchspulenmikrofonen gerne einen Kompressor bemüht, um eben das zu erreichen.
Nun soll das AEA KU5A nicht nur für den Studioeinsatz geeignet sein, sondern eben auch für den Einsatz auf der Bühne. Angesichts der Verarbeitung, Richtcharakteristik und nicht zuletzt auch des Sounds spricht zunächst einmal gar nichts dagegen. Ich könnte mir das Mikrofon zum Beispiel gut für den Einsatz bei Background-Vocals, vor dem Gitarrenverstärker oder auch mit etwas Abstand vor Bläsern vorstellen. Einzig der Preis würde mich abschrecken, denn im rauen Bühnenalltag geht immer mal was kaputt und es muss Ersatz her. Auch das feste Kabel spricht in meinen Augen eher gegen einen Einsatz auf der Bühne. Letztendlich muss das aber jeder selbst für sich entscheiden. Mikrofone sind immer im Zentrum des Geschehens und fallen beim Auf- und Abbau gerne mal herunter oder das Stativ wird im Eifer des Gefechts vom Musiker umgestoßen. Ob das robuste Gehäuse in diesem Moment ausreicht, um das Bändchen ausreichend zu schützen, kann in so einem Test natürlich nicht geklärt werden.
Das Klangbeispiel ist komplett ohne EQ, Kompressor oder andere Effekte aufgenommen und zeigt das Klangbild des AEA KU5A Bändchenmikrofons bei verschiedenen Sprechabständen. Zum Vergleich hört ihr eine Aufnahme über das Shure SM7dB, das ebenfalls über einen integrierten Vorverstärker verfügt.
Im Bühneneinsatz wird es kaum möglich sein einen unterschied zwischen diesem und einem Shure SM57 or SM7 Mikrofon zu hören . Ganz abgesehen von diesem doch sehr stolzen Preis !
@kinsast Ja, das ist auch meine Kritik an dem Mikrofon. Der Preis ist zu hoch. Toll ist, dass es aus dem Stand heraus ohne EQ und Kompressor klingt. Aber dafür den saftigen Aufpreis bezahlen? Im Studio mag das anders sein, da ist ein Mikrofon wie ein Instrument. Aber für die Bühne würde ich da lieber drei SM7db kaufen. Dennoch gefällt mir der Klang vom AEA im direkten Vergleich besser. Live fällt das aber kaum ins Gewicht.