Sound & Praxis
Die Saitenlage ist ab Werk relativ hoch eingestellt. Das ist zwar prima für harte und schnarrfreie Akkord-Strummings, für das Legato Spielen oder Bendings aber eher kontraproduktiv. Doch kein Problem, das notwendige Werkzeug in Form von Inbusschlüsseln befindet sich im Lieferumfang der Gitarre. Das Halsprofil ist sehr flach ausgefallen und zusammen mit der satinierten Rückseite des Halses (und der schmalen Sattelbreite) entsteht so nach dem Einstellen ein wunderbar natürliches, holziges und leichtes Spielgefühl. Zudem lassen sich dank des weit ausgeschnittenen Cutaways auch die oberen Lagen prima erreichen, und das trotz unbearbeitetem Hals-Korpus-Übergang.
Die Semi-Hollow-Konstruktion ermöglicht auch ohne Verstärker bereits eine ordentliche Zimmerlautstärke, dabei besitzt das Instrument einen durchaus ausgeglichenen Grundsound mit guten Sustainwerten. Schon jetzt käme man niemals auf die Idee, eine Gitarre für deutlich unter 200,- Euro auf dem Schoß liegen zu haben, auch wenn in Sachen Dynamik und Spritzigkeit noch Luft nach oben besteht. Das bemerkt man im unverstärkten Zustand schon deutlich. Dieses akustische Bild setzt sich auch beim Anschließen der Gitarre an einen Verstärker fort. Die Wilkinson Pickups tun ihr Bestes, allerdings können auch sie die insgesamt etwas schlappe Dynamik der Gitarre nicht kaschieren. Dabei sind sie trotzdem äußerst bescheiden was die Nebengeräusche anbelangt und neigen auch bei höheren Gain-Settings nicht zu arg zum Matschen.
Schade nur, dass sie sich nicht auch im Singlecoil-Modus betreiben lassen! Das würde dem Sound insgesamt sehr gut tun, da durch die Semi-Hollow-Konstruktion ohnehin schon ein überbetontes Tiefmitten-Bassspektrum im Korpus der Gitarre dominiert und die zwei Wilkinsons diese Charakteristik durch ihren typischen Humbucker-Sound noch weiter verstärken.
So empfiehlt sich die Harley Benton TE-90QM HH Trans Blue vornehmlich für fette Blueslinien oder Akkordschlachten, bei denen es weniger auf einen filigranen Ton, sondern mehr auf Durchsetzungskraft ankommt. Es darf aber auch gerne etwas mehr Gain sein, hier zeigt sich die Gitarre trotz ihres Hohlkörpers unempfindlich gegen Feedbacks.
„In Zeiten der Globalisierung ist es immer wieder erstaunlich, für welch günstigen Kurs ein Hersteller sein Produkt doch heutzutage an den Mann bringen kann. “
Liebe Leute, diese Formulierung finde ich in ihrer Häufigkeit geradezu sarkastrisch. Natürlich ist es klar, wie solche Preise zustande kommen. Durch illegale oder extrem Umweltschädigende Holzbeschaffung und Anbau, aus dem preislichen Auspressen von Lieferfirmen, die den Kostendruck natürlich nach „unten“ weiter geben und natürlich durch gnadenlose Ausbeutung von Billig-Arbeitskräften in China, Indonesien oder Vietnam. Einfach mal 2-3 Artikel Lesen zum Thema Billigarbeiter und Arbeitsbedingungen in diesen Ländern lesen.
Ihr könnt ja günstige Gitarren besprechen, aber permanent auszublenden, was mit dieser Art von Produkten unterstützt wird, finde ich ziemlich bedenklich.
Hi iltis30,
sicher hast du recht und der aufgeklärte Leser dürfte das sicher auch wissen. Es ist allerdings nicht Aufgabe eines Online-Musikmagazins, sich mit politischen Themen auseinanderzusetzen. Wir testen hier das Produkt, leben aber auch nicht hinterm Mond.
Viele Grüße :)
Stephan
@Stephan Güte Öffentlich eine etwas kritischere Haltung an den Tag zu legen, würde dem Magazin jedoch nicht schaden, gerade weil die Themen Arbeitsbedingungen und Raubbau längst massentauglich geworden sind. Die Schwierigkeit wäre allerdings, hinreichend zu differenzieren: Mir persönlich gefällt die Fender SQ (http://www.amazona.de/test-fender-sq-vint-modi-72-tele-thin-3ts-e-gitarre/) weitaus besser, sie ist doppelt so teuer, doch ob die Bedingungen besser sind, könnte ich nicht sagen …