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Test: Ibanez AG75G-BS, E-Gitarre

Jazzen für kleines Geld

20. Februar 2022
Ibanez AG75G Full

Die Ibanez AG75G in Brown Sunburst

Seit ihrer Gründung im Jahr 1957 hat der Traditionshersteller Ibanez eine lange Geschichte, vom einfachen Kopieren weltbekannter Gitarrenmodelle, bis hin zur vollständigen Etablierung einer eigenen Produktpalette und Identität. Ibanez war einer der ersten asiatischen Hersteller, der seine Instrumente (und Effektpedale wie beispielsweise den legendären Tube Screamer) in westliche Märkte absetzen konnte. Die Instrumentenpalette umfasst so ziemlich alles von Bässen über zahlreiche elektrische, akustische Gitarrenmodelle, aber auch Banjos und Ukulelen. Zahlreiche Endorser haben Namen, die Respekt einflößen, als da u. a. wären: Steve Vai, Pat Metheny, George Benson, Joe Pass und Joe Satriani.

Die Hollowbody aus der Ibanez Artcore Serie ist angetreten, um den Jazzer oder Blueser mit einem klassischen Ton, klassischer Ausstattung und Design zum verhältnismäßig schmalen Kurs zu versorgen. Optisch auffallend, abgesehen von der schönen und klassisch gehaltenen Form ist das attraktive Two-Tone Sunburst-Finish, mit dem die Archtop-Gitarre mit leicht gewölbter Decke bestückt wurde. Alternativ kann man dieses Instrument auch in einem schönen dunklen Rot (Scarlett Gradation, Gloss) erstehen.

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Ibanez AG75G – Facts & Features

Aufgrund des günstigen Preises wird die Gitarre ohne Koffer oder Softcase ausgeliefert. Die erste Sichtung beschert einen guten Eindruck. Der Korpus des Instruments ist vergleichsweise etwas kleiner als bei den Modellen ES 175, ES 135. Die Verarbeitung des Instruments ist auf den ersten Blick perfekt, wie man das von Instrumenten aus dem Hause Ibanez erwarten darf. Die Besaitung ab Werk (D’Addario EXL140 .010 – .052) finde ich persönlich nicht optimal gewählt, da der Kunde, der sich für dieses Instrument entscheidet, vermutlich die Stilrichtung Jazz bevorzugt. Ein Satz .011-er bzw. 012-er (geschliffen) wäre angemessener, da fettere Saiten einen etwas jazzigeren Ton erzeugen.

Ibanez AG75G Korpus

Klassisches Design

Korpus

Der Korpus inklusive Decke der Ibanez AG75G wurde aus Linde hergestellt. Hier scheiden sich bekanntermaßen die Geister. Viele Gitarristen halten dieses Holz für minderwertig. Der gute Eddie Van Halen ist dafür bekannt, u. a. gerne mal einen Lindenkorpus zu spielen. Bei einer reinen „Brettgitarre“ macht sich das sicherlich weniger deutlich bemerkbar als bei einem (semi-) akustischen Instrument. Wie wir später noch hören, ist die Sorge hinsichtlich des Sounds jedoch vollkommen unbegründet, da bereits der trockene Sound der Gitarre sehr ausgewogen und angenehm klingt. Die (wie ich finde) geschmackvolle Farbgebung bzw. Lackierung des Korpus erfolgte sehr sauber, das Binding um den Korpus sitzt perfekt. Auch an kritischen Stellen wie beispielsweise dem Übergang vom Hals zum Korpus wurde sauber gearbeitet.

Ibanez AG75G Back

„Tropfenförmig“ lackierte Fläche auf dem Boden des Instruments

Hals

Die Mensur von 628 mm, der Griffbrettradius (12″) und die Sattelbreite von 43 mm entsprechen den gängigen Maßen, die man u. a. von einer Gibson Semiakustik gewohnt ist. Der Sattel wurde aus Kunststoff gefertigt. Hier wäre sicherlich auch ein Knochensattel denkbar gewesen.

Der eingeleimte Hals, dessen Rückseite der Lackierung des Korpus entspricht, wurde aus Nyatoh gefertigt. Für diejenigen unter euch, die diesem Holz bisher noch nicht begegnet sind, sei an dieser Stelle kurz angemerkt: Nyatoh ist der Handelsname für Holz einer Reihe von Hartholzarten der Gattungen Palaquium und Payena, die in Regenwaldgebieten in Südostasien, insbesondere in Indonesien und auf den Philippinen, wachsen.

Der Hals ist kein Flitzfinger im Stil der sportlichen Rocker-Modelle aus dem Hause Ibanez. Das sogenannte „AG Artcore-Profil“ würde ich spontan mit einem „D“ umschreiben. Der Hals (Stärke am 1. Bund: 21 mm, am 12. Bund: 24 mm) liegt sehr angenehm in der Hand, da er auch nicht zu massiv ist, was sicherlich den Wünschen der Mehrzahl der Blueser und Jazzer entspricht.

Ibanez AG75G Neck

Block-Inlays, vergoldete Mechaniken mit großen Flügeln im Grover-Stil

Die 22 Medium-Bünde wurden sehr sauber im Griffbrett eingelassen. Auch die Acrylic-Block Griffbretteinlagen sitzen perfekt im Griffbrett aus Walnuss.

Die Instrumente von Ibanez erfreuen sich im Allgemeinen einer sehr guten Verarbeitungsqualität. Bei unserer Testkandidatin wurden leider nicht alle Arbeitsschritte in Perfektion ausgeführt. Das Ziehen der Saiten (Bendings) erzeugt ein „schabendes Geräusch“, das entsteht, wenn die Bünde nicht perfekt poliert wurden. Etwas sehr feine Stahlwolle löste diese Kinderkrankheit in Minuten, man muss dafür natürlich auch ein Händchen und die Bereitschaft haben, selbst Hand anzulegen, was bei einem neuen Instrument sicherlich schwerfällt. Normalerweise würde sich das Problem vermutlich sogar irgendwann von selbst lösen, nachdem man einige hundert Bendings hinter sich gebracht hat, aber ein Jazzer hat mit Bendings oft nichts am Hut. Von einem neuen Instrument, insbesondere von Ibanez, darf man diesbezüglich mehr Perfektion erwarten. Ich darf allerdings anmerken, dass dies tatsächlich die erste Gitarre aus dem Hause Ibanez ist, die ich diesbezüglich bemängeln muss.

Ibanez AG75G Korpus, Halsrückseite

Quasi ein „matched headstock“

Ibanez AG75G – Elektrik & Hardware

Wie zu erwarten, ist die Ibanez AG75G, was die Elektrik betrifft, absolut klassisch ausgestattet. Zwei Classic-Elite-Humbucker, die vergoldete Kappen besitzen, sorgen für einen warmen und gleichfalls „nicht zu heißen“ Ton. Jeder Tonabnehmer besitzt seinen eigenen Volume- und Tone-Regler.

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Die Anwahl der Pickups erfolgt über den 3-Wege-Toggleswitch, der gleich neben den Reglern positioniert wurde, er sitzt also nicht am linken oberen Bereich, wie das teilweise bei manchen Jazzgitarren zu finden ist. Natürlich sind die Potiknöpfe im typischen Ibanez-Stil gehalten, diesen kennt man seit Jahrzehnten.

Ibanez AG75G Neck Elektrik

Absolut klassische Elektrik, wie es sich für eine Semiakustik gehört

Das Instrument wurde mit vergoldeten Mechaniken aus eigenem Hause bestückt. Diese laufen absolut sauber, sprechen direkt an und ermöglichen ein präzises Stimmen. Der vergoldete Gibraltar Performer Steg und das schöne VT06 Tailpiece runden das Design ab und sorgen für einen guten Ton.

Werks-Setting & Handling

Die Saitenlage ab Werk ließ zu wünschen übrig und musste mithilfe den Rändelschrauben am Steg zunächst deutlich abgesenkt werden, um eine gute Bespielbarkeit zu ermöglichen. Die Bundreinheit und Halsspannung stimmte. Das Instrument kommt ausgewogen auf den Knien zu liegen und ist aufgrund seiner Bauweise natürlich angenehm leicht. Der Hals ist weder besonders kräftig noch dünn und liegt ausgesprochen gut in der Hand. Die Hochglanzlackierung des Halses „klebt“ nicht beim Lagenwechsel.

Sound

Klanglich liefert unsere Testkandidatin trocken gespielt bereits einen ausgewogenen Ton. Die verbauten Humbucker orientieren sich klanglich ganz klar an den legendären Gibson PAFs, harmonieren wunderbar mit dem Instrument und erzeugen im Verbund einen warmen, jazzigen Ton. Semiakustische Instrumente ohne Sustain-Block neigen schnell dazu, beim Einsatz von Verzerrung rückzukoppeln und werden meist nur klar bzw. mit moderater Zerrung gespielt.

Hören wir zunächst einige jazzige Linien des Humbuckers am Hals. Der Tonregler ist voll aufgedreht. Wer einen wirklich jazzigen Ton anstrebt, könnte den Tonregler etwas zurückdrehen oder die Höhen am Verstärker zurücknehmen. Dicke geschliffene Saiten leisteten ebenfalls einen vergleichbaren Beitrag.

Der Klang ist lebendig, zumal auch die Tonabnehmer wunderbar mit dem Instrument harmonieren.

Wir hören nun einen cleanen Sound mit Parallelschaltung beider Tonabnehmer, der Ton wird etwas spritziger, ist warm, gleichzeitig aber auch leicht perkussiv:

Der Steg-Pickup klingt kraftvoll, ausgewogen und drahtig:

Dreht man den Tonregler des Halstonabnehmers auf ca. 3 Uhr, erhält man einen typisch gedämpften Jazz-Ton. Spielte man .010 Saiten, wie vom Werk aufgezogen, ließen sich damit die Höhen reduzieren, damit der Klang ähnlich dem ist, den man mit geschliffenen Saiten erhielte.

Im letzten Klangbeispiel wurde der zweite Kanal meines Peavey Classic Heads bemüht und der Gain-Regler nur leicht auf 9 Uhr aufgedreht, was einen leicht angezerrten Sound erzeugt. Dieser Sound mit dem Stegtonabnehmer wäre sicherlich für Blues oder Fusion hervorragend einzusetzen:

Die Gitarre klingt, wie man das erwarten darf schön rund und ausgewogen und deckt eine Vielzahl von Genres ab. Wer auf der Bühne gerne mit viel Verzerrung arbeitet, wird sicherlich eher auf ein Modell wie beispielsweise eine ES 335 zurückgreifen, da eine Hollowbody von Natur aus deutlich rückkopplungsempfindlicher als beispielsweise eine mit einem Sustain-Block ausgestattete Gitarre reagiert. Ausnahmen bestätigen bekanntermaßen die Regel, wenn man an berühmte Kandidaten wie Steve Howe oder Ted Nugent denkt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Instruments ist gut, da die Ibanez AG75G gut klingt und gut ausgestattet wurde.

Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:

Ibanez AG75G – Peavey Classic 20 MH – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Shure SM57 – MOTU M4 – iMac mit Logic.

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Fazit

Die ausgesprochen klassisch gehaltene AG75G-BS von Ibanez überzeugt in sämtlichen Punkten, lediglich die nicht perfekt polierten Bünde sind ein kleiner Wermutstropfen. Das klassische, aber dennoch coole Design, die angenehme Bespielbarkeit und der ausgewogene Sound sorgen für Spielspaß, da auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.

Plus

  • Sound
  • Design
  • Verarbeitung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis

Minus

  • Bünde nicht perfekt poliert

Preis

  • 549,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    janschneider

    Hoo, die gefällt mir… bis auf den Sound des Stegpickups, aber irgendwie gefällt mir bei keiner Gitarre der Steg-sound, jedenfalls nicht clean.
    leider (oder glücklicherweise) habe ich keinen Platz mehr für neue Instrumente:)

  2. Profilbild
    [aˈtoːm] [aːl] [ˈa(ː)tonaːl] AHU

    ich bleib bei meiner ibanez jp20 von 1987^^

    es gäb ne menge ibanez gitarren, die ich gerne mal gehabt hätte. selbst die jp war der günsatige kompromiss für die als schüler unerschwingliche gb20. vergleichbar mit der heutigen pm20^^.
    alles in allem sind die ibanez hollowbodys immer eine gute wahl.

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