Metallischer Klassiker in der Budget Ausführung!
Machen wir uns nichts vor, im Prinzip waren Anfang der Sechziger alle relevanten Solidbody Gitarrenformen bereits auf dem Markt. Die beiden Marktführer Fender und Gibson schafften es mit insgesamt sechs Gitarrenformen (Strat, Tele, Les Paul, SG, Explorer, Flying V) so ziemlich, das gesamte Spektrum an praktikablen Formen abzudecken und ließen sogar die Designer im eigenen Haus mit nur der Möglichkeit einer Abwandlung (z. B. Firebird) an ihren Zeichentischen zurück . Nur wenigen Herstellern gelang es in den anschließenden Dekaden, eine eigenständige Produktlinie zu entwickeln; zu denen muss jedoch die Firma Jackson mit ihrer RR Serie gezählt werden, deren Modelle sich an den Vorlieben von Quiet Riot / Ozzy Osbourne Gitarrist Randy Rhoads orientieren, welcher insbesondere für viele Gitarristen der Abteilung 50+ eine große Inspiration darstellte. Uns liegt aus dieser Serie das Modell Jackson X Series Rhoads RRX24 zum Test vor, welches mit einem sehr günstigen Kurs aus asiatischer Fertigung auftrumpft.
Die Konstruktion der Jackson X Series Rhoads RRX24
Wie genau nun die Form des RR Modells zustande gekommen ist, lässt sich nicht eindeutig bestimmen, zumal man den Erfinder des Layouts nicht mehr fragen kann. Eine These besagt, dass Randy Rhoads sich am unteren Horn seiner Flying V, mit denen er des Öfteren live zu sehen war, gestört hat und eines Tages selbiges bei einem Exemplar abgesägt hat. Eine andere These besagt, dass der noch etwas ungelenke Prototyp, den er seinerzeit mit einfachen Mitteln erstellt hat, die Ursprungsform für sein Modell darstellte.
Wie dem auch sei, die Form polarisiert entsprechend und darf sich an allerlei Adjektiven von „die schärfste Metal Axt ever“ bis hin zu „potthässlich“ erfreuen. Der geneigte Leser möge sich sein eigenes Urteil bilden. Rein haptisch weiß die außergewöhnliche Form zweifelsohne zu überzeugen, wenngleich man nicht um eine unangenehme Eigenart der Form herum kommt. Erfahrene Flying V Spieler werden das Problem kennen, das RR Modell hingegen setzt dem ganzen noch mal die Krone auf. Die Rede ist von der „Abnutzung“ der Spitze des oberen Horns des Korpusses.
Es ist völlig unmöglich, die Gitarre irgendwo abzusetzen, ohne dass dieses Ende mit seiner Lackierung auf dem Boden aufsetzt. Selbst wenn man über einen Gitarrenständen mit Hängeeinrichtung verfügt, es ist nur eine Frage von Tagen, vielleicht sogar nur von Stunden, bis der Lack an dieser Stelle abplatzt. Zumindest bekommt man heutzutage schon für vergleichsweise kleines Geld einen Formkoffer für diese Form; die Dramen, die sich in den Achtzigern bei der Einführung diesbezüglich abgespielt haben, mag man sich heute kaum noch vorstellen. Wer hingegen optisch mit der Form klar kommt, welche einer Liaison einer Flying V mit einem Boomerang entsprungen sein könnte, wird auf der anderen Seite mit einer sehr guten Bespielbarkeit bis hinauf zum 24. Bund belohnt.
Das in Indonesien gefertigte Instrument bedient sich in seiner Konstruktion der aktuell angesagten Fertigungsmethode, will heissen, eines durchgehenden Halses, in diesem Fall aus Ahorn, nebst angesetzten Flügeln aus Linde. Auch in den preislich günstigeren Produktreihen ist die Tatsache angekommen, dass ein durchgehender Hals ein Sustain bietet, welches bei geleimten, respektive geschraubten Hälsen nur in der höchsten Fertigungsstufe erreicht wird und das Instrument um ein vielfaches hochwertiger klingen lässt, als es der Ladenpreis erwarten lassen würde.
In Sachen Griffbrett geht Jackson ebenfalls einen modernen Weg und verwendet auf dem Compond Radius (12“ – 16“) das in Mittel- und Südamerika beheimatete Laurel, welches optisch einer mitteldunklen Palisander-Variante sehr nahe kommt. Das Griffbrett ist mit 24 Jumbo Bünden versehen. Das Modell verfügt über einen Reversed Headstock, welcher sehr schön den Winkel des unteren, verkürzten Horns aufnimmt und der Gitarre optisch im Gegensatz zur klassischen „Pickelhacke“ eine gewisse „Leichtigkeit“ vermittelt. Apropos Leichtigkeit, mit einem Gewicht von 3,3 kg ist das Instrument auch ohne den optischen Lift als sehr leicht zu bezeichnen.
Bzgl. des Finish macht Jackson ebenfalls keine halben Sachen und bedient die Zielgruppe mit insgesamt 4 verschiedenen Lackierungen. Die uns zum Test vorliegende Variante schwarz mit neon-grünen Rallye Streifen polarisiert ebenso wie die Form der Jackson X Series Rhoads RRX24, passt aber hervorragend zur anvisierten Stilrichtung. Alternativ gibt es noch die Variante schwarz-gelb, schwarz-rot und für die ganz Tapferen unter euch, schwarz-violett. Die knalligen Farben werden nicht nur am Korpus geschmackvoll platziert, sondern führen die Farbgebung ebenfalls in den Griffbretteinlagen im Jackson-typischen Shark Fin Layout fort. Warum man dann allerdings das Grün nicht auch im Jackson Schriftzug weiter fortführt und statt dessen in ein Hellgrün wechselt, erschliesst sich mir nicht so ganz. Vielleicht aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf größere Entfernung.
Wo Achtziger Metal drauf steht, dürfen natürlich zwei klassische Komponenten nicht fehlen. Die Rede ist vom Floyd-Rose Vibratosystem und aktive Pickups. Ersteres wird trotz ausgelaufenen Patents inklusive des Locking Sattels immer noch bei Floyd Rose eingekauft, Version Überwurfmutter, zweiteres stammt nicht von den Platzhirschen EMG oder Fishman, sondern von der Firma Seymour Duncan mit den Bezeichnungen Blackouts AHB-1B (Bridge) und Blackouts AHB-1N (Neck). Der Zugang zum Batteriefach befindet sich auf der Rückseite des Korpus und wurde als separates Fach ausgeführt.
Geschaltet werden beide Pickups mit einem 3-Wege-Schalter im LP Style ohne Spulenanzapfung. Die Tuner hingegen stammen aus eigener Fertigung und tragen die Bezeichnung Sealed Die-Cast, die Regler sind als Speed-Domes ausgeführt. Der verwendete Pickup Switch entpuppt sich als nicht die höchste Qualitätsstufe in Sachen Gängigkeit und fiel wohl dem Rotstift zum Opfer. Insgesamt muss man dem Instrument jedoch eine deutlich höhere Qualität bescheinigen, als der Ladenpreis von gerade einmal 778,- € vermuten lässt.
Der Sound der Metalgitarre Randy Rhoads X24
Kommen wir zunächst einmal zu einem wahrscheinlich schon bekannten Fakt, welcher aber immer wieder vergessen wird. Wer gedenkt, das Instrument vornehmlich im Sitzen zu spielen, oder noch schlimmer, plant, das Instrument für YouTube Videos im Sitzen zu spielen, sollte nach einer anderen Form Ausschau halten. Es gibt nichts Peinlicheres, als die verkrampfte Beinhaltung, die man zwangsweise im Spielbetrieb mit diesem Instrument einnehmen muss, welche deutlich mehr an sehr dringenden Harndrang erinnert als an eine entspannte oder wenigstens selbstbewusste Sitzposition. Dieses Instrument kann nur im Stehen gespielt werden, oder aber man gibt sich der Lächerlichkeit preis.
In Sachen Sound bekommt der geneigte User genau das, was die Optik verspricht. Erwartungsgemäß liegt die komplette Ausrichtung des Instruments auf Hard’n’Heavy, wenngleich der klangliche Grundcharakter sich schon von vielen Konkurrenten unterscheidet. Ich möchte nicht wieder die Grundsatzdiskussion über die klangliche Auswirkung der Gitarrenform auf den Gesamtsound anstimmen; Fakt ist jedoch, dass sich das Instrument vom Resonanzverhalten mit seinen dezent näselnden Klang deutlich mehr in Richtung Flying V als zum Beispiel an das andere Ende der Skala, einer Les Paul, orientiert.
Ansonsten regiert der Gain Regler im RR Lager. Die beigefügten Soundfiles wurden mit einem ENGL Savage MKII gemacht, und trotz der hohen klanglichen Vielfalt des Amps war es nicht möglich, einen glasklaren Sound aus dem Amp zu holen. Der Output der Seymour Duncan Pickups kennt nur eine Richtung, was im Halbwellen Cut seine Vorteile besitzt, im cleanen Bereich hingegen viele Sounds ausschließt. Auf der anderen Seite – wer wollte mit einem solchen Instrument schon cleane Sounds erzeugen, und zur Not gibt es ja immer noch den Volume-Regler.
Klanglich unterscheidet sich die Jackson X Series Rhoads RRX24 von der Konkurrenz insbesondere durch die Pickup-Bestückung. Der Sound ist recht eigenständig für einen aktiven Pickup und geht deutlich andere Wege als zum Beispiel die Referenzklasse von EMG. Es fehlt etwas das Volumen der Klassiker, insbesondere im Tiefmittenbereich, und auch die Kompression ist deutlich zurückgefahren. Dies macht sich positiv im Crunch und Lead Bereich bemerkbar, führt aber zu einem etwas „belangloserem“ Sound im High Gain Bereich.
Von der Verarbeitung her ist das Instrument als hervorragend zu bezeichnen, ich konnte keinerlei Mängel in Sachen Lackierung oder Übergänge erkennen, wie es in der letzten Zeit so häufig bei „Made In Indonesia“ zu bemerken ist. Wer nicht zu den ca. 500% teureren USA-Modellen greifen möchte, hat hier mit asiatischer Fertigung die Möglichkeit, optisch und akustisch aufzutrumpfen, ohne dass man auf den ersten Blick allzu große Unterschiede wahrnehmen könnte.
Kleine Frage: Wie lang ist die Gitarre von der Kopfplatte bis hin zum Ende des langen Flügels? Ich frage, weil ein Gitarrenständer zum Hängen wahrscheinlich Pflicht ist. Und in rot sieht die so interessant aus, dass man die zwei Monate Lieferzeit wunderbar für den Entscheidungsprozess nutzen kann… bin halt „alt genug“, um diese Form gut zu finden.
@Django07 die genaue Länge kann ich dir nicht sagen, aber ich arbeite Live und im Studio u. a. mit Hängeständern von K&M, Gravity und Hercules und alle können bei oberster Einrastung eine Flying V und auch eine Jackson RR aufnehmen.
Möchtest du mehrere Gitarren dieser Bauart verwalten, empfehle ich diesen Ständer: https://www.thomann.de/de/km_17604_roadie_transluzent.htm