Dive-Bombs und Whammy-Sounds à la Gus G.!
Jackson ist eine manchmal etwas missverstandene Marke, habe ich den Eindruck. Die starken Metal- und Hard-Rock-Assoziationen haben natürlich ihre Daseinsberechtigung: Marty Friedman und David Ellefson als „Featured Artists“, Jungs von Trivium, Hatebreed und Machine Head (dass Phil Demmel einer der am sträflichsten Thrash Metal-Gitarristen überhaupt ist, muss hier mal kurz angemerkt werden) – Jackson Gitarren findet man vor allem bei Gruppierungen der härteren Gangart. Und auch monströse Ungeheuer wie die achtsaitige Soloist sprechen eine deutliche Sprache. Aber die Soloist SL2Q beispielsweise ist eine sehr flexible Gitarre mit leichter Stratocaster-Einfärbung. Jackson Guitars haben also mehr Gesichter, als viele ihnen auf dem ersten Blick zutrauen.
Beliebt sind vor allem die Jackson Pro Series Modelle – unter denen befinden sich immer wieder echte Schätze. Gus G. dürfte nicht jedem bekannt sein – der griechische Gitarrist hat trotzdem mit echten Größen des Rocks kollaboriert: Ozzy Osbourne und Dream Theater beispielsweise. Nachdem Jackson mit den Mick Thompson und Misha Mansoor Signature-Gitarren tolle Akzente setzen konnte, war ich persönlich auf die Gus G. durchaus neugierig. Die wichtigste Frage dürfte hier sein: Haben wir es hier mit einer eintönigen Shredder- und Metal-Signature zu tun oder verbirgt sich mehr dahinter?
Jackson Pro Series – edle E-Gitarre für Metalsounds
Ausgangslage für die Jackson Pro Series ist das San Dimas Modell, das traditionell eher bei der Schwesterfirma Charvel beheimatet ist. Kurzer Exkurs: Fender kaufte die überaus erfolgreiche Gitarren-Werkstatt von Wayne Charvel und Grover Jackson und fasste damit erfolgreich Fuß in der Metal-Welt. Den Anfang nahm das Ganze mit Randy Rhoads und seitdem hält sich der Name Jackson unbeirrt daran – große Spieler sind die wichtigste Impuls-Quelle für Gitarrenbauer.
Also – die Jackson Pro Gus G. San Dimas MN CA ist am Charvel San Dimas-Modell angelehnt, soviel dazu. Beim Auspacken besticht diese Jackson Solidbody sofort mit dem Candy Apple-Red-Finish in Gloss-Ausführung. Ich werde Zeit meines Lebens stets matte Finishes bevorzugen, aber man muss in diesem Falle definitiv einräumen: hat was für sich. Der Mahagoni-Korpus ist gewohnt „heavy“, die Ergonomie mit dem vertieften Cut auf der Rückseite erste Sahne. Liegt gut an, das Schätzchen. Und auch wenn ich Gefahr laufe, mich zu wiederholen: Kein Lack am Hals ist für mich automatisch ein Pluspunkt. Der Ahornhals ist geschmeidig ohne Ende, genau wie es sein soll. Zur Form beschränken sich die Angaben auf die nicht näher benannte Künstlervorgabe, aber beim Spielen wird klar: Es ähnelt einem leicht abgeflachten C-Shape.
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Des Weiteren: Die Neck-Through-Konstruktion – der Ahorn-Hals erstreckt sich durch den Mahagoni-Korpus und ist am Übergang durch einen Graphit-Rod stabilisiert. Die unplugged Resonanz und das vorläufige Handling vermitteln einen stabilen, sehr verlässlichen Eindruck. Kein Binding zu sehen, nirgendwo, und die schwarzen dotted Inlays sind nichts anderes als pures Understatement. Der abgeschrägte Headstock ist per Schalverbindung verbunden und frontal ebenfalls mit dem kirschroten Gloss ausgelegt.
Jackson Pro Series – SignatureGitarre für High-Gain
Kommen wir zur Hardware der Gitarre. Alles in schwarzem, eleganten Chrom – passt gut zum roten Gloss. Ein bisschen skeptisch werde ich persönlich immer, wenn die Humbucker in Signature-Ausführung kommen. Der Grund ist einfach der, dass die oft das Klangbild einschränken. Es geht genug Überlegung in die grundlegende Soundrichtung ein, die den meisten Humbuckern zu Eigen ist. Wenn das Voicing und das Frequenzverhalten den zutiefst subjektiven Vorstellungen der Gitarristen in der Werkstatt angepasst wird, kommt oft etwas raus, was dann seltsam anmutet. Das gilt nicht immer – die Dave Mustaine Seymour Duncan Humbucker sind saftig und großartig. Man darf gespannt sein, was die hier verbauten Humbucker angeht. Die Gus G. Signature Humbucker Pickups sind aus Titan und passiv. Soll jetzt aber nicht heißen, dass sie am Output sparen: Wie wir im Praxisteil sehen werden, zeichnet sich die Gitarre durch eine High-Gain-Freudigkeit sondergleichen aus. Der Grundcharakter soll Mitten-Boost garantieren, ohne das gleichmäßige Frequenzspektrum zu gefährden.
Eingelassen sind die Saiten in einer Gotoh Custom 510 Bridge. Gus G. kann in seinem Spiel, sobald seine Solo-Passage anfangen, selten die Finger von Whammy-Effekten und Dive-Bombs lassen. Ist nicht unbedingt schlimm – hat dafür gesorgt, dass wir jetzt mit einer (auf den ersten Eindruck) stimmstabilen Bridge bei der Jackson Pro Series Gus G. Signature SD-1 ausgestattet sind. Die Jackson Sealed Die-cast sind im Grunde schwarz verchromte Schaller-Mechaniken. Wie stimmstabil sie vor allem in der Kombination mit dem Tremolo-System und der Gotoh Bridge sind, wird der Praxisteil demonstrieren. In Sachen Tone-Shaping sind die Optionen jedoch eingeschränkt, etwas, was mir für einen derart hohen Preis immer ein bisschen sauer aufstößt. Ein Volume-Regler, ein Dreiwegschalter – mehr gibt’s nicht. Vielleicht ist man in der Hinsicht inzwischen gewöhnt, dass jeder Humbucker mit zusätzlichen Voicing-Optionen daherkommen, aber die Tatsache, dass auch Tone bei dieser Gitarre außen vor ist, lässt mich erahnen, dass es in Sachen Sound ein bisschen unflexibel zugeht. Das muss nicht schlecht sein – ist der Charakter distinkt genug und die Qualität unbestreitbar, kann das gut aufgehen. Schauen wir uns also das Ganze in der Praxis an.
Der Sound der Jackson Gus G. Signature E-Gitarre
Wir nehmen die Gitarre über den kräftigen Lunchbox Amp Revv G20 auf. Es findet keine Bearbeitung der Gitarre in der DAW statt. Am EQ wird nichts gemacht, um den sehr eigenen Sound der Jackson Gus G. möglichst originalgetreu zu demonstrieren.
Zunächst nutzen wir die Neck-Pickups für den Clean-Sound – tatsächlich ein voluminöser Gesamtsound, nicht zu mittenbetont, wie ich es zunächst befürchtete. Transparent und warm ist das Ganze und vom Charakter erinnern die passiven Humbucker ganz klar an Seymour Duncans mit einem deutlichen Frequenz-Peak in der oberen Mitte.
Jetzt geht’s an den Crunch. Wo viele Metal-Äxte zu kurz greifen und ein bisschen steif wirken, ist die Resonanz hier ein bisschen luftiger. Der Sound der beiden Humbucker zusammen ist ungemein warm – geht schon klar in LP-Ecke, mit einem Low-End, das sich gut entfaltet, wenn man ein bisschen Gain reindreht. Mit Mid- bis High-Gain arbeitet die Gus G. Signature Pro Series erwartungsgemäß hervorragend. Im zweiten Beispiel drehen wir das Gain ein bisschen zurück und versuchen der Gitarre einen leichten Twang zu entlocken – funktioniert gut, auch wenn die Gus G Jackson Signature hier ganz klar nicht zuhause ist.
Das ist sie definitiv im High-Gain – und für diese Demonstration eignet sich der REVV G20 besonders gut. Wir versuchen zunächst den Sound der Neck-Humbucker. Bei den meisten Les Paul Modellen – egal von welcher Firma, mag man fast meinen – sind High-Gain und Neck-Pickup immer so eine Sache. Es wird einfach rasend schnell muffig und undifferenziert. Da verschafft der Frequenz-Peak der Gus G.-Pickups definitiv Abhilfe: Klingt differenziert, der Attack muffelt nicht vor sich her, sondern ist auch im Neck klar und greifbar. Das kennt man so eigentlich nur von teureren Ibanez. Die Lead-Position der Humbucker ist für den High-Gain wie gemacht – das ist quasi das Heimspiel für den Sound der Gitarre. Kristallklar, aufgeräumtes Low-End und ein Attack, der sehr differenziert arbeitet. Um die Qualität der Bridge und des Tremolo-Systems ausführlich beurteilen zu können, muss ein bisschen Zeit verstreichen. Man spielt und spielt, wagt verstärkt Whammy-Effekte und überprüft nach einer halben bis dreiviertel Stunde den Stand in Sachen Stimmung. Fazit: geht wunderbar. Die Gotoh-Bridge und die Sealed Die-Cast sind ein verlässliches Team, und auch nachdem wir die Gitarre wundgespielt haben, büßt sie in Sachen Stimmung nicht nennenswert ein. Für echte Shredding-Profis also ein ernstzunehmendes Kunststück.
Schönes Instrument