Morgan Amps für PC und Mac
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Dass die Finnen von Neural DSP offenbar nicht müde werden, immer neue Simulationen von beliebten Amps zu kreieren, kann für uns Gitarristen ja nur gut sein. Neben den Archetype-Suiten, die jeweils von einem Gitarristen mit mitdesignt werden und die die Soundvorlieben desjenigen widerspiegeln, der am Design beteiligt war, sind die Amp-Simulationen reine Spezialisten für den einen Verstärker. Einige Klassiker haben es bereits per Neural DSP auf den Desktop geschafft, der Mesa/Boogie MK IIC+, der Soldano SLO 100 und der Toneking Imperial. Alle diese genannten konnten restlos überzeugen. Jetzt wirft Neural DSP die Morgan Amps Suite auf den Markt und hat sich damit mal wieder die Latte selbst ein wenig höher gelegt.
Neural DSP Morgan Amps Suite – Facts & Features
Mit der Wahl der Morgan Amps schlägt der Hersteller gleich zwei Fliegen mit mindestens drei Klappen. Eigentlich würde man doch erwarten, dass auch mal der eine oder andere „echte“ Klassiker der Amp-Geschichte simuliert wird. Da aber eine Kooperation mit Fender wohl eher nicht im Raum stehen dürfte, weil die Amerikaner ihr eigenes Mustang-Ding vermarkten wollen und zudem bereits mit Amplitube verbandelt sind und Vox mit Jamvox und Toneroom ebenfalls eigene Wege geht, hat man sich genialerweise mit zwei der drei in der Morgan Amps Suite enthaltenen Verstärker die direkten, verbesserten Edelversionen eines AC30 und eines Princeton Reverbs geangelt. Und damit nicht genug, der Dritte der simulierten Verstärker ist kein Geringerer als der cleane Kanal eines Dumble Amps. Uff. Sagte ich schon, dass die Latte tatsächlich richtig hoch hängt?
Zum Aufbau der Neural DSP Morgan Amps Suite Software gibt es nicht viel Neues zu vermelden. Wer mag, kann sich den Testbericht der Mateus Asato Software zu Gemüte führen, denn der Aufbau ist grundsätzlich identisch. Da die Asato-Software nach ein paar Änderungen die neueste Version der Oberfläche bietet und ich in diesem Testbericht etwas ausführlicher darauf eingegangen bin, kann ich den eiligen Lesern die Details ersparen. Kauf, Download, Installation und Authentifizierung erfolgen auch nach dem immer gleichen Muster. Wer möchte, kann sich eine 14 Tage uneingeschränkt gültige Testversion von der Homepage des Herstellers laden und bei Interesse dann die Lizenz kaufen und per iLok-Account verifizieren. Die Software läuft auf Mac und PC und installiert sich als standalone Version und als Plug-in in allen gängigen Formaten.
Morgan Amps Suite – die Amps
Der Morgan AC20 – AC30 reduced to the max
Schauen wir uns doch die drei Amps mal in Ruhe an. Hier ist tatsächlich eine Neuerung zu vermelden, denn bisher gab es maximal zwei Amps in einer Software. Jetzt sind gleich drei am Start. Der erste Kandidat ist der AC20. Der Name lässt Verwandtschaft zum Vox AC30 vermuten und Morgan selbst macht da ja auch kein Geheimnis draus. Morgan hat aber den ohnehin schon recht spartanischen AC30 noch zusammengedampft und so haben wir es hier mit einem einkanaligen Amp zu tun, der wirklich nur die nötigsten Regelmöglichkeiten aufweist.
Neben dem Volume-Regler finden sich gerade mal zwei weitere Potis, ein Cut-Regler als EQ und ein Power-Regler, der die Architektur des Morgan Power Scaling aufweist, einer Schaltung, die eine stufenlose Regelung von 0,25 bis 20 Watt ohne Klangeinbußen ermöglicht. Ein Bright- und ein Bass-Cut-Schalter komplettieren die übersichtliche Oberfläche. Ich, als überzeugter Kemper User, habe ein Profile eines Morgan AC20 auf meinem grünen Stressbrett und nutze dieses in 90 % aller Fälle. Dieser Amp ist an Dynamik und Pedalfreundlichkeit kaum zu toppen, auch im digitalen Zustand.
Der Morgan PR12 – Princeton Reverb Konzentrat
Der PR12 ist ebenfalls ein Einkanaler, dieser eine Kanal basiert auf dem Fender Princeton Reverb, der sich einen Namen als cleanes, crispiges Klangwunder gemacht hat und dessen Reverb-Einheit, der er seinen Namen verdankt, zu einem nicht unerheblichen Teil des Erfolgs beigetragen hat. Folgerichtig hat auch Neural DSP den in der Kopie verbauten Hall gleich mit simuliert. Wunderbar.
Der PR12 verfügt über einen Gain-Regler, einen zweibandigen Tonestack und eben den Reverb, der mittels der Regler Reverb und Dwell beeinflusst wird, wobei Reverb den Mix regelt, Dwell dagegen die Länge des Halls.
Der Morgen SWR50R – Dumble in a file
Der König der Amps ist, soweit man einschlägigen Foren vertrauen kann, ganz klar der Dumble. Obwohl die Wenigsten von uns ihn je gespielt haben dürften, sorgt der Name allein oft schon für wissendes, anerkennendes Kopfnicken. Tatsache ist, dass wegen der jeweiligen Einzelanfertigung jeder Dumble anders klingt und letztlich auch immer nur ein aufgeblasener Fender ist.
Wie auch immer, hier wurde ein real existierender Dumble im Clean-Kanal zum Vorbild genommen. Dieser Amp wird mittels eines Input-Gain-Reglers, eines Bright- und eines Bass-Cut-Schalters sowie eines 3-Band-EQs bedient. Dazu kommt ein Tube-Reverb, dessen Intensität sich mit dem Reverb-Regler beeinflussen lässt.
Morgan Amps Suite – die Pre-Effects
Wie bei jeder Software Suite von Neural DSP, befinden sich im ersten Slot eine Auswahl an Pedalen, die sich vor den virtuellen Amps befinden. In diesem Fall kommt den „üblichen Verdächtigen“, einem Compressor und zwei Overdrives, noch ein Tremolo dazu. Der Compressor verfügt über zwei Modi, Slow und Fast, die Overdrives scheinen unspektakulär. Das Tremolo-Pedal kann entweder zum Songtempo synchronisiert werden oder völlig frei herumtremolieren.
Die Cab Section der Morgan Amps Suite
Hier geht’s ums Herz der Software. Eine Software zur Amp-Simulation ist immer nur so gut, wie die Schnittstelle zwischen Amp und Mikro. Neural DSP spendiert seinen Software-Suiten immer ein umfangreiches Paket, bestehend aus einer Box und mehreren Mikrofontypen. Maximal zwei Mikrofone können gleichzeitig ausgewählt und im Stereobild so wie in der Postion frei bewegt werden. Neben dem Klassiker, dem SM57, stehen noch zwei weitere dynamische Mikros zur Verfügung, vier Kondensator-Mics und zwei Kollegen aus der Bändchen-Fraktion. Das SM57 ist zusätzlich im beliebten „Off-Axis“-Mode verfügbar, bei dem das Mikro schräg von der Seit auf die Kalotte gerichtet wird.
EQ und Post-Effects
Wie immer befindet sich hinter der Cab Section ein 9-bandiger Equalizer, der zusätzlich über ein High- und ein Low-Pass-Filter verfügt. Hier sind gravierende Veränderungen des Sounds möglich, aber auch Nuancen können korrigiert werden. Den Abschluss bilden wie immer die beiden Kollegen aus der Time-based-Fraktion, Delay und Reverb. Das Delay kann zwischen normalem und Ping-Pong-Mode umgeschaltet werden, die Delay-Zeit wird entweder frei per Tap eingegeben, per Regler gesteuert oder mit der DAW synchronisiert. Im letzteren Fall fungiert der Time-Regler als Auswahl der Time-Signature. Von 64tel-Triolen bis zu ganzen Noten ist hier alles hinterlegt.
Der Reverb-Effekt befindet sich sinnvollerweise am Ende der Signalkette. Eine Veränderung der Kette ist nicht möglich, man kann also nicht einfach den Reverb vor das Delay positionieren. Das hat sich in der Praxis bisher allerdings nicht als Nachteil erwiesen. Bei dieser Morgan Amps Suite ist es aufgrund der Reverb-Option des PR12 und des SW50R für Puristen wahrscheinlich sogar überflüssig.
So klingt die Morgan Amps Suite
Um die Sounds der Morgan Amps Suite zu demonstrieren, beschränke ich mich zunächst nur auf die Amps. Die Namen der Klangbeispiele geben Aufschluss über das, was ihr da hört. Die Gitarren, meine Ibanez AZ226 und meine Charvel Marco Sfogli Signature sind per UA Volt 476 direkt an den iMac gestöpselt, die Aufnahme erfolgt über die Plug-in-Version der Suite. Wenn ihr Reverb hört, dann kommt der aus den Amps. Der AC20 und der PR12 wurden in der Cab Section mit je einem SM57 On-Axis und einem Dynamic 414 aufgenommen, der SW50R kommt über zwei SM57, eins On-Axis und eins Off-Axis. Ich spiele immer mal mit unterschiedlichen Pickup-Positionen. In den Klangbeispielen heißt der PR12 leider teilweise PR15, aber nach drei stressigen Tagen, an denen ich sehr auf den Wein achten musste, sei mir das bitte verziehen …
Ich denke, man kann an dieser Stelle schon sagen, dass dies eine der besten Umsetzungen von realen Amps in eine Software ist, die man für Geld kaufen kann. Der Sound ist offen, dynamisch, differenziert, die Reverbs klingen unfassbar authentisch und ich weiß nicht, wie man das noch besser machen sollte. Das Spielgefühl steht dem eines echten Amps in nichts nach. Wem die flatternden Hosenbeine fehlen, sollte die Studiomonitore mal richtig aufreißen oder eine aktive FRFR-Box ansteuern. Nun ja, Neural DSP hat mich bislang immer überrascht. Hören wir uns noch ein paar Presets an, die das volle Potenzial der Amps, Effekte und der Cab Sim ausnutzen. Have fun!
ABER YELLO!
Besonders der Preis bei dieser Qualität der Emulationen ist eine richtig gute Sache!
Sicher kann man mit Amplitube, NIs Boxenfundus und Scuffhams Emulat gute Ergebnisse erzielen… Hier ist wirklich das „Hohe C“ zu finden! 😀
Sooo feindynamisch und angenhm aufgelöste Klänge sind ein Schmaus!
Sagt mal, wer empfindet das auch so?!🤔
@CDRowell Also – bei einem Blindtest hätte ich definitiv auf Plugin getippt. Klingt digital.
Ich empfinde die Höhen als „bratzig“ und irgendwie nicht angenehm.
Ich hab als Vergleich mal die Michael Britt Morgan Profiles angehört.
Da liegen Welten dazwischen…
https://mbritt.com/product/morgan-amps-pack-1/
finde ich nicht gut genug, um so begeistert zu sein – klingt IMHO irgendwie alles gleich künstlich.
Da fehlt das organische und die Obertöne klingen unnatürlich.
Es klingt nicht schlecht und die Sachen werden auch immer besser, ich sehe für mich persönlich aber keinen Grund auf echte(tm) Amps zu verzichten.
Ich spiele jetzt seit ca 1 Jahr SV20/SC20 Amps mit 1×12″ Cabs – das ist im Moment meine Referenz👍
@harrymudd 😇 okay… da kann ich nicht mitreden, da mich seit Jahren meine Nachbarn lynchen würden, wenn ich nen realen Amp aufdrehen würde… ich bin raus!
@CDRowell Powersoaks existieren…😎
@harrymudd 😎 Nur, welche PSs sind die richtigen?!
@CDRowell PS verändern den Sound – keine Frage.
Ich habe mich damit arrangiert und kann damit gut leben.
Es bleibt noch genug Ampsound übrig👍
@harrymudd Kann ich dann nicht gleich zur „schnellen Lösung“ greifen?😬 Die haben ja auch einen veränderten Sound UND mehr Möglichkeiten als die POWERSOACKER…😜
Irgendwie verstehe ich es entweder nicht richtig oder einfach nur falsch? 😇
@CDRowell Also ich benutze die Powersoaks zum einen, um den SV20 auf 6-7 stellen zu können, um den klassischen Crunch zu erhalten. Das das ohne PS in einer Mietswohnung nicht geht, sollte klar sein. Deshalb Lautstärke runter auf ca 80-85dB in einem Meter Abstand.
Bei SC20 nutze ich das PS, um zum einen die Lautstärke etwas besser regeln zu können, zum anderen verliert der Amp etwas an Präsenzen und macht dadurch den Sound etwas runder.
Und diese Sounds kriege ich mit Digis nicht hin.
Ach ja, ich spiele kein HighGain.
@harrymudd Aha! Jetzt hab ich es auch mal verstanden!!! 😂
Cool! Das mit dem Soaking… Gibt es bestimmt auch gleich bei Amps inkludiert oder? Habe mich lange nicht damit beschäftigt… Danke für Deine Erklärungen!! 😅
@CDRowell Einige Amps haben sowas onboard aber obacht: eine Leistungsumschaltung geht nie soweit herunter, dass man ohne Nachbarschaftsstreit spielen kann. Selbst 100mW ergeben mit einem 100dB/W/m lauten Speaker noch zu viel Lärm für eine normale Mietswohnung.😲
@harrymudd Das bedeutet:
11 am Lautstärkeregler ist nicht nur einer mehr und damit natürlich einfach besser…🤔 Jeder Amp mit der die Skala bis -1 hat, also mit „einer weniger“, kann noch besser leise sein.🤪
Das dann ja noch besser, also am Besten, weil der dann bei -1 „noch besser leiser“, wenn nicht am Besten leise bespielbar ist.🤩
Mit so viel mehr „besser leise“, dass jeder Streit ausbleibt, weil jeder Gitarrenspieler mit dem Klang „zusätzlich -1 mehr“ zufriedener ist UND die Nachbarschaft, durch einen Weniger „Mehr“, NIX mehr hören wird!😅
Geil!😜 Den Amp kaufe ich!😂
Es ist immer wieder die gleiche … aber trotzdem immer wieder interessante Diskussion.
Und es ist natürlich immer auch der Austausch von persönlichen Wahrnehmungen.
Man muss auch den Preis sehen.
Was man für diesen Preis bekommt ist in Relation dazu hervorragend.
Aber mir reicht es nicht.
Meine Verstärker reagieren so direkt und feinfühlig auf meine Gitarre, meine Finger und den Anschlag.
Dieses Erlebnis hatte ich bisher noch mit keinem Plugin, das ich für Testzwecke runtergeladen habe.
Und was ich überhaupt nicht leiden kann ist Latenz … ab ca. 5 ms stört es mich persönlich absolut und dann macht es keinen Spaß mehr.