Vintage Fuzz reloaded
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In letzter Zeit stellt man bei der Beobachtung der Neuerscheinungen im Bereich der Tretminen fest, dass betagte Booster- und Fuzz-Pedale die in den 60er- oder 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts erschienen, neu aufgelegt bzw. quasi exakt geklont werden. Diese waren die Werkzeuge der damaligen Studiomusiker und Gitarrengrößen und prägten den Sound des Rock entscheidend. Hier sei vor allem der Rangemaster Treblebooster zu erwähnen. Wenn man diesen Klang glaubhaft reproduzieren möchte, bietet es sich an, sich ein solches Teil zuzulegen. Leider sind diese Pedale, obwohl diese oft nur mit einer Handvoll günstiger Komponenten auskommen, teilweise recht teuer. Mein werter Kollege Dimi hat da bereits schon ein Auge drauf geworfen.
Im Jahr 1973 brachte der Hersteller Seamoon Inc. den Fresh Fuzz auf den Markt. Dieses unverwechselbar klingende Pedal hat sich seinen Platz zu Füßen von Künstlern wie dem Bostoner Tom Scholz oder auch Eric Johnson verdient. Das Berkeley-Fuzz-Pedal ist nun JHSs Hommage an dieses Pedal und die Geschichte, die es geschrieben hat.
JHS gibt an, dass der im Original Fresh Fuzz verbaute Chip (Einzel-Operationsverstärker V1) nicht mehr erhältlich sei. Eine quasi identische Variante (ein achtbeiniger Single-OpAmp mit der Bezeichnung LM741) ist allerdings auch heute noch zu erstehen. Alternativ kann man auch nur eine Hälfte eines „Double-OpAmps“ nutzen, was letztendlich ein identisches Ergebnis lieferte. Stylish ist das Pedal allemal, schauen wir mal genauer hin:
JHS Pedals Berkeley – Facts & Features
Das JHS-Berkeley-Fuzz-Pedal kommt im stabilen „Pultgehäuse“ aus Metall mit den Abmessungen von 144 x 92 x 51 mm (L x B x H), bei einem Gewicht von ca. 380 g. Es wurde mit True-Bypass ausgestattet, wie sich das heute so gehört. Die Verarbeitung ist sehr solide. Das Design ist natürlich „vintage-mäßig“. Die Klinkenbuchsen für den Ein- bzw. und Ausgang wurden stirnseitig montiert.
Die Stromversorgung kann wahlweise mit einer 9 V Batterie oder einem 9 V DC-Netzteil (nicht im Lieferumfang) erfolgen. Die Stromaufnahme gestaltet sich mit nur 4 mA extrem gering, was den Batteriebetrieb durchaus attraktiv machte, solange das Pedal nicht mit Velcroband auf dem Pedalboard befestigt werden soll.
Bedienelemente des Berkeley
Die Ausstattung des JHS-Berkeley-Pedals ist sicherlich übersichtlich. An der Front befinden sich lediglich der Fußschalter und eine kleine rote Leuchtdiode, welche den Schaltungszustand anzeigt. Das Pedal wurde mit zwei Potis und einem kleinen roten, seitlich angebrachten Taster („Bright“-Schalter) bestückt. Dieser aktiviert bei Bedarf den sogenannten „JHS-Mode“, welcher den Frequenzgang im Höhenbereich anhebt. Es existiert also kein Poti für die Höhen, sondern lediglich zwei voreingestellte „Presets“ für den Höhenanteil.
Der GAIN-Regler bestimmt die Ausgangslautstärke und BITE regelt den Grad der Verzerrung. Leider sind die Positionen der Potis schlecht abzulesen, da man normalerweise von oben auf das Pedal schaut. Das könnte gerade beim Gig zu Verwirrung führen, da das GAIN-Poti gerade im unteren Bereich (quasi zugedreht) auch bereits bei kleinen Veränderungen, heftige klangliche Veränderungen bewirkt und man allein durch die Sichtkontrolle nicht vor Überraschungen geschützt ist.
Hier das Demo-Video des Herstellers:
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Sound des JHS Fuzz Pedal
Das Pedal liefert augenblicklich den erwarteten schönen Vintage-Fuzz-Sound und erinnert etwas an den Sound, den Eric Johnson mit einem Fuzz-Pedal vor einem Marshall-Plexi gerne erzeugt. Ich persönlich war grundsätzlich kein großer Fan von Fuzz-Pedalen, aber hier könnte ich durchaus mal schwach werden, da das Pedal einfach geil klingt. Einen Klangregler benötigt man nicht, da die beiden Einstellungen sicherlich den Ansprüchen der meisten Gitarrist:innen genügen werden. Die Lautstärkereserven sind enorm, damit ließe sich auch die Vorstufe eines (Röhren-) Verstärkers „fett in die Sättigung fahren“. Leider ist der Lautstärkesprung beim Aktivieren des Pedals recht groß. Unity-Gain (also die gleiche Lautstärke bei Aktivierung des Pedals verhältnismäßig zum Level des cleanen Signals) ist quasi nicht möglich, es sei denn, man spielt nicht bei voll aufgerissenem BITE-Regler.
Hören wir das Pedal mit Gain-Regler auf 12 h, der High-Boost ist ausgeschaltet:
Das klingt schon böse und mächtig. Vermisste man eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit, kann der seitlich postierte kleine rote Taster aktiviert werden, was einen spürbar und erfreulicherweise gut dimensionierten Höhen-Boost zur Folge hat:
Braucht man mehr Zerre, dreht man den BITE-Regler beispielsweise voll auf. Der High-Boost bleibt zunächst ausgeschaltet:
Und nun das Ganze bei aktiviertem High-Boost:
Auch bei moderater Zerre (BITE auf 09 h) entlockt man dem JHS-Berkeley schöne Sounds:
Klanglich und designmäßig kann man hier eigentlich nur begeistert sein.
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
Reverend Gristle 90 – JHS-Berkeley – Peavey Classic 20 MH – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Shure SM57 – MOTU M4 – Mac mit Logic (etwas Hall hinzugefügt).