Praxis
Von der Verarbeitung und der Haptik gibt es nichts zu beanstanden. Nichts wackelt oder wurde etwa nicht ordentlich gefertigt. Die Schalter sind solide und wirken unkaputtbar. Die Potis drehen nicht zu leichtgängig und vermitteln einen hochwertigen Eindruck. Ein kleines Manko ist, dass die verchromten Reglerknöpfe es einem nicht leicht machen, die Einstellung des Potis zu erkennen. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies bei dunklem Bühnenlicht zu einem Problem werden könnte.
Was ich vom praktischen Ansatz nicht ganz verstehen kann ist, dass es vorne eine Inputbuchse für den Fußschalter gibt, der für den Hall aber an der Rückseite angebracht wurde. Wobei der Fußschalter für den Hall auch nicht im Lieferumfang ist. Vielleicht Platzmangel, wer weiß? Stellt sich daher die Frage, warum diese Option nicht kombiniert wurde. Und wenn schon getrennt, sollte man bei diesem Preis nicht ein Komplettpaket erwarten können?
Schauen wir mal weiter. Die üblichen dreißig Sekunden Vorglühzeit – und los geht’s!
Die Messlatte ist hoch, bei einem Mesa/Boogie Verstärker geht man natürlich mit gewissen Erwartungen ins Rennen. Der Clean Sound ist, wie soll es auch anders sein, eher in Richtung Fender ausgerichtet. Schön crisp, mit schillernden Höhen, genug Bassfundament und angenehmen Mitten, schmatzt er schön mit der Strat. Doch auch die Les Paul schiebt sich eher Mittenbetont in den Vordergrund, ohne dabei weh zu tun. Alles klingt weich und abgerundet warm. Es gibt genug Headroom für klare Sounds, auch bei einer höheren Lautstärke. Dennoch kann man ihn mit mehr Gain zum „Rotzen“ bringen. Im Pushed Modus schaltet sich etwas mehr Gain zu und man bekommt dafür schön angezerrte, bluesige Sounds. Die Sweetspots muss man sich natürlich nach dem persönlichen Geschmack und für jede Art Gitarre suchen, aber hier reagiert die Dreiband-Klangreglung sensibel genug und wirkt nie übertrieben bzw. zu extrem.
Im Vintage Mode des Zerrkanals klingt es eher britisch, auch hier setzt sich das Konzept weiter durch. Der Amp reagiert schön auf Anschlagsdynamik und klingt jederzeit seiner erwarteten Klasse entsprechend. Mir persönlich gefällt die 25-Watt-Schaltung bei allen Varianten am besten. Niedrigwatt-Amps hin oder her, ich bin ja der Überzeugung, dass es schon etwas Leistung braucht, um den gewissen Schub zu bekommen. Aber da scheiden sich ja die Geister.
Mit dem Modern Mode kommt der Mesa/Boogie Recto-Verb Twenty-Five Combo richtig zu Geltung. Hier bekommt man das, was die meisten von so einem Verstärker erwarten. Obertonreicher High-Gain-Sound mit einem schönen Bassfundament und angenehmen Höhen. Ein wenig Mitten für die Durchsetzungskraft und der Sound steht! Ich habe den Verstärker mal bei einer lauten Rockbandprobe testweise gespielt. Falls jemand bei den Reserven der Lautstärke Bedenken hat, hier kann ich beruhigen: Der Mesa/Boogie Recto-Verb Twenty-Five Combo ist definitiv lauter als man erwartet und ich sehe wenig Probleme, ihn bei entsprechender PA auch auf großen Bühnen einzusetzen.
Der Hall ist mit zwei Reglern von hinten einzustellen, was etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber für einen Federhall klingt er erstaunlich gut.
Mir gefällt der Sound des Amps richtig gut. Klanglich noch etwas flexiber mit tollen Switching-Möglichkeiten ist der preislich gleich gelagerte Engl Retro Combo. Von 50er bis 80er Metal ist damit auch alles drin. Schwergewichtig sind sie auch beide. Ich hätte mich nur schwer entscheiden können, wären beide zum Testen im Laden gewesen. So ist es der Engl Retro Combo geworden.