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Test: Michigan Synth Works Chronovore, Eurorack Sequencer

Tune in, turn on - drop out

12. Februar 2021
Michigan Synth Works Chronovore test sequencer

Michigan Synth Works Chronovore, Eurorack Sequencer

Beim Michigan Synth Works Chronovore haben wir es mit einem richtigen Sequencer-Exoten zu tun, der dennoch altbekannt und – trotz seines Alters – immer noch omnipräsent ist. Da scheint der Name des Sequencers „Chronovore“, also Zeitverschlinger, sehr gut zu passen und das in mehrerlei Hinsicht. Denn der USP (Unique Selling Point, also das Verkaufsargument auf gut deutsch) ist, dass der Sequencer sich haargenau bedienen lässt wie der einer originalen TB-303 von Roland.

Wohlgemerkt, hier geht es nur um den Sequencer, der Michigan Synth Works Chronovore hat keine Audioausgabe in irgendeiner Form. Eine Basslinie an der TB-303 einzugeben, die komplexer ist als einfache Sechzehntel oder Achtel, ist schon eine Sache für sich und tatsächlich eine zeitverschlingende Sache. Persönlich hatte ich seinerzeit einige Veröffentlichungen mit einer MC-202 als Bass-Synthesizer, die ist ähnlich „lustig“ zu programmieren.

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Michigan Synth Works Chronovore test sequencer

Bass-Sequencer: Der Verschlinger der Zeit

Aber Moment „Chronovore“? Da klingelt doch was im Oberstübchen? Genau, der geneigte SciFi-Nerd hat es sofort erkannt: Es handelt sich um die interdimensionale und transzendente Rasse aus dem Doctor Who Universum, die quasi die Gärtner der misslungenen Paralleluniversen sind.

„They originally fed on the raw energy of stars (…) they also fed on the timelines of people (…), planets, alternate worldlines, and entire realities, timelines and parallel universes being rare feasts. As they feasted, the reality would darken and corrupt, (…) which added flavour and spice to their consumption.“

Und so eine Basslinie mit dem Sequencer der TB-303 programmiert, hat sicher auf beiden Seiten, der des Produzenten und der des Rezipienten, schon einiges an Zeit gefressen; vor allem wenn man sich, wie die oben genannten Wesen, zunächst von der Rohenergie von Sternen ernährt hat.

Michigan Synth Works Chronovore - Anschlüsse

Michigan Synth Works Chronovore – Anschlüsse

Ähnlichkeit zur Roland TB-303

Nun gut, schauen wir uns doch mal den 24 HP breiten Michigan Synth Works Chronovore einmal genauer an. Klar – auf den ersten Blick erkennt man sofort die Ähnlichkeit der Anordnung der Taster für die Noteneingabe, die aus einer stilisierten Oktavanordnung einer regulären Klaviatur besteht. Auch die Kappe des Tempo-Potis ist sofort wiederzuerkennen.

Schaut man etwas näher, sieht man auch die doppelten Beschriftungen in inverser Schrift. Es fehlen aber z. B. die Angaben der Noten-Namen und einige gestalterische Elemente, die bei der 303 zur Übersicht beitragen. Vor allem die Anordnung der sonstigen Taster ist beim Chronovore nicht genau wie beim Original, sondern eben nur „ungefähr so“ – hat man also eine gewisse Motorik entwickelt, man sagt im Englischen auch „Muscle Memory“, wird man sich umgewöhnen müssen.

Michigan Synth Works Chronovore - CPU

Michigan Synth Works Chronovore – turn on, tune in, drop out – woher kenne ich das noch mal?

Ansonsten ist die Hardware in Ordnung, bis auf zwei Beobachtungen: Das Tempo Poti ist nicht mit der Frontplatte verschraubt und eiert deswegen; und einer der Note-Taster hatte einen etwas anderen Druckpunkt, als ob der Mikroschalter darunter nicht hundertprozentig richtig platziert wäre.

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Keine Mehrfachselektoren

Es fehlt jedoch jede Spur von den Mehrfachselektoren. Deren Funktion wurde von einfachen Up-Down-Tastern übernommen. Schon schade, denn gerade diese tragen doch zum Flair einer 303 bei.

Aber ich gebe zu, im Gegensatz zur TR-606, bei der man über diese Wahlschalter das gerade zu bearbeitende Instrument auswählt und so sehr viel Zeit spart, finde ich es hier auch nicht so wichtig.

Um also zu wissen, in welcher Bank man sich gerade befindet, wurde eine kleine LED-Anzeige eingebaut. Diese zeigt die Pattern-Group allerdings als „Buchstaben“ A bis D an, anstatt als römische Ziffern I bis IV – so kann man dann die Auswahl des Tracks 1 – 7, die eben als normale Ziffern angezeigt werden, auch nicht verwechseln.

Michigan Synth Works Chronovore - Anzeige

Michigan Synth Works Chronovore – Anzeige

Die Ausgänge zur Außenwelt sind nicht überraschend: CV-Out, Accent und Gate. Die Synchronisation geschieht entweder über die Run- und die Clock-Buchse (ausschließlich nach Roland-DIN-Sync-Norm mit 24 pp, eben nur in zwei Buchsen aufgeteilt) oder die MIDI-In-Buchse. Dankenswerterweise ist ein MIDI-Adapterkabel von 3,5 mm Klinke auf DIN-MIDI beigelegt.

Während man auf der Platine jedoch den Roland-Sync auch als Ausgang konfigurieren kann, ist eine Ausgabe von MIDI-Clock nicht möglich – hier hätte es insgesamt viel mehr Optionen geben müssen finde ich, so dass man sich wohl mit einem externen Clock-Teiler-Modul Behelfen muss.

Bedienung des Sequencers

Als Anleitung findet man weder etwas Gedrucktes in der Schachtel, noch gibt es ein PDF zum herunterladen, sondern nur ein paar Zeilen auf der Website. Diesen kann man entnehmen, dass es gar keiner eigenen Anleitung bedarf, da das Gerät bis auf das Bit kompatibel ist mit dem Mask-ROM der 303 – man spricht beim Michigan Synth Works Chronovore von einem ROM-Klon – und deswegen kann man auch gleich die Originalanleitung der TB-303 nutzen. Tatsächlich führt dann ein Link zur Website von Roland, die das PDF der originalen Anleitung bereitstellt. Irgendwie konsequent.

Michigan Synth Works Chronovore - Kabel

Michigan Synth Works Chronovore – Kabel

Einsatz im Studio

Das darf natürlich nicht ungeprüft bleiben und so arbeite ich mich durch das Tutorial in der Anleitung durch und siehe da – es stimmt. Es gelingt mir sogar, ein recht typisches 303-Pattern zu programmieren, wie im Klangbeispiel zu hören. Noch mal Obacht: Das Synth-Patch habe ich mir schnell selber gestrickt, der Chronovore gibt kein Audio aus.

Gab es denn noch Platz für Erweiterungen oder ist alles wirklich exakt so wie beim Original? Eine gibt es tatsächlich: die Länge des SLIDE-Portamentos. Hier gibt es neben der ursprünglichen Zeit noch drei weitere: langsam, noch langsamer und sehr langsam (ich zitiere hier von der Website). Genau diese Variation ist im Klangbeispiel dargestellt.

Michigan Synth Works Chronovore

Michigan Synth Works Chronovore

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Fazit

Selten habe ich mich so schwer mit einem Urteil getan. Möchte man den 303-Sequencer etwas kompakter, aber ansonsten 1-zu-1 haben, ist der Michigan Synth Works Chronovore sehr gut dafür geeignet. Man könnte die fehlenden Clock-Möglichkeiten verschmerzen, da es immerhin zusätzlich noch einen MIDI-In-Sync gibt. Dass die einzige Erweiterung darüber hinaus die SLIDE-Geschwindigkeit ist, könnte man aus dieser Perspektive auch als positiv bewerten.

Sehe ich es anders, bleibt einfach festzuhalten, dass die Programmierung einer Bassline, vor allem komplexerer Natur, in der 303-Art wirklich keine Freude ist. Zudem gibt es bereits komplette Klone mit analoger Synth-Stimme, die im gleichen Preisbereich liegen oder gar darunter – ich hoffe, man versteht mein Dilemma.

So bleibt mir als salomonischer Kompromiss zu sagen, dass der Michigan Synth Works Chronovore zwar eine sehr gute Nachbildung des TB-303 Sequencers ist, der aber trotzdem kleine Mängel in der Hardware und der Eurorack-Anbindung hat. Deswegen scheint mir insgesamt ein gutes Urteil gerechtfertigt.

Plus

  • Firmware ist 1 zu 1 Nachbildung der originalen 303
  • Oberfläche sinnvoll auf 24 HP geschrumpft

Minus

  • Layout unübersichtlicher
  • kein MIDI-In-Sync
  • kleine Hardware-Mängel
  • keine externe Sicherung der Patterns

Preis

  • 330,- US-Dollar
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    falconi RED

    Ein Nischenprodukt für Eurorack-Masochisten?
    Das geheimnisvolle „Synth-Patch“ kommt aus…?;)

    • Profilbild
      t.goldschmitz RED

      @falconi Hi Falconi,
       
      meinst Du jetzt den Sound? Das war ein subtraktiver Synth-Patch aus Verbos Electronics Foundation Oszillator, Rossum Control Forge als ASR, Doepfer A-132-3 DVCA und als Filter Ercia Synths Polyvoks VCF.
       
      Die Basslinie selber wurde auf typische Manier „per Zufall“ eingegeben. Einfach in den Step Modus und wild die Tasten drücken – ich wette so sind der überwiegende Teil aller Acid-Lines entstanden :)

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