Zwei neue Einsteiger-Interfaces aus Berlin
Als seitens unseres Redakteurs für den Studiobereich die Frage kam, wer Lust habe, die beiden neuen Audiointerfaces von Native Instruments zu testen, war mein Arm mal wieder oben, bevor noch jemand „Bob ist mein Onkel“ sagen konnte. Der Grund: An meinem Rechner hängt schon seit gut zehn Jahren das Audio 8 DJ der Berliner (das rein äußerlich, aber auch Feature-technisch dem gut acht Jahre alten „Komplete Audio 6“ nahe kommt), mit dem ich nach wie vor sehr zufrieden bin. Und da mein neues Notebook nun aber auch noch entsprechend versorgt werden muss – und es da gerne etwas aus dem unteren Preissegment sein darf – ist das doch die Gelegenheit, das Native Instruments Komplete Audio 1 und das Native Instruments Komplete Audio 2 auf Herz und Nieren zu testen.
Zwischenzeitlich hat Native Instruments eine überarbeitete Version des Komplete Audio 6 vorgestellt, die News dazu findet ihr hier.
Native Instruments Komplete Audio 1 und 2 – Shortfacts Technik
Native Instruments Komplete Audio 1 und 2 sind recht unkomplizierte USB 2.0 Audiointerfaces mit zwei Ein- und zwei Ausgängen und 24 Bit /192 kHz, die sich sowohl mit Windows 10 als auch mit MacOS (ab 10.12) vertragen. Die Ausstattung der beiden Interfaces ist – bis auf die Zahl der Mikrofonverstärker plus die entsprechenden Anschlüsse sowie die unterschiedlichen Ausgänge (Cinch beim Einser, Klinke beim Zweier) – identisch. Den Dynamikumfang gibt der Hersteller mit 101 (Komplete Audio 1) bzw. 106 dB (Komplete Audio 2) an.
Native Instruments Komplete Audio 1 und 2- Ausgepackt: Die neue Nüchternheit
Bunt bebilderte, reißerische Verpackungen und aufwändiges Gehäusedesign mit gebürstetem Alu sind einer neuen Nüchternheit und Schlichtheit gewichen. Native Instruments Devise scheint da zu lauten „Understatement statt Show“ – und das kommt gut. Der schlichte, einfarbige Karton erinnert eher an die Verpackung einer Ikea Nachttischlampe denn an ein Produkt für das Heimstudio: Statt Produktfotos gibt es – fast verschämt versteckt – nur einige nüchterne 2D-Risszeichnungen auf der Rückseite (!) der Packung; dazu in dezent schwarzer Schrift der Produktname, das war es auch schon. Mit dieser „Bio“-Verpackung liegt man voll im Trend – da stört nur der Schaumstoff-Stoßdämpfer im Inneren.
In den Verpackungen finde ich dann jeweils – neben dem Komplete Audio 1 und dem Komplete Audio 2 natürlich – ein ausreichend langes USB-Kabel, ein Faltblatt mit den üblichen Sicherheitshinweisen, das mich auch auf Chinesisch über den Zusammenbau eines Netzteils informiert (weiß man ja nie, wann man das mal brauchen kann – hier jedenfalls nicht, da kein Netzteil beiliegt), ein paar Aufkleber, Reklame für sounds.com und eine Pappkarte mit Seriennummer und dem Link, wo und wie ich die zum Lieferumfang gehörende Software finden und herunterladen kann.
Zu dem Paket gehören laut Kartonaufdruck neben Ableton Live Lite auch die Maschine Essentials, Replika (Delay-Effekt), Phasis (Phasing-Effekt), Monark (analoger Mono-Synth), der Solid Bus Comp (Kompressor) plus zwei Monate Sounds.com-Abo – da gibt’s also schon so einiges, um direkt loslegen zu können; sämtliche Programme funktionieren auch ohne angeschlossenes Komplete Audiointerface. Die Software-Beigaben sind übrigens bei beiden Interfaces identisch.
Apropos Interface: Wie schon erwähnt wurde das massive Alugehäuse der Vorgänger bei den Native Instruments Komplete 1 und 2 ersatzlos gestrichen, stattdessen bestimmt jetzt das Kunststoffkombinat das Erscheinungsbild; trotzdem macht das Gehäuse einen recht stabilen Eindruck. Der unauffällige mattschwarze Look wirkt elegant und unaufdringlich, lediglich die linke Hälfte der Oberseite – wo sich die Pegelanzeige befindet – ist in glänzend schwarzem Klavierlack gehalten. Was dem Ganzen dann zwar einen etwas edleren Anstrich gibt, aber nur so lange gut aussieht, bis man einmal darauf fasst; ein Brillenputztuch (gerne auch mit NI-Logo) sollte da eigentlich zum Lieferumfang gehören.
Download und Installation der Komponenten und Interfaces – Native Instruments Komplete Audio 1/2
Um an die „inkludierte“ Software zu kommen, müssen Komplete Audio 1 bzw. Komplete Audio 2 zwingend registriert werden. Das geschieht schon seit geraumer Zeit über das Programm „Native Access“, das das alte Service-Center abgelöst hatte. Wer schon jemals Software von NI auf seinem Rechner installiert hat, hat Native Access eh schon am Start, alle anderen müssen das noch kurz installieren. Hat man dort also die Seriennummer des Audiointerfaces eingegeben, taucht die gesuchte Software in der Liste „not installed“ auf und kann anschließend leicht auf den Rechner geholt werden.
Einziger Abweichler: Zu Ableton Live Lite (dem einzigen Programm, das nicht aus eigenem Hause kommt) kommt nach erfolgter Registrierung der Hardware eine E-Mail mit weiteren Anweisungen, wo und wie ich an die abgespeckte DAW komme – die ich nach einiger Suche aus dem Spam-Ordner fischte. Die leitet mich per Link auf eine Website von NI, wo ich die Lizenz anfordern kann – die dann in einer weiteren E-Mail zu finden ist (richtig, Spam-Ordner). In der gibt es dann endlich den Lizenzkey und einen Downloadlink. Hosianna.
Immerhin verrät mir aber die erste E-Mail, dass es zum beschriebenen mitgelieferten Software-Paket noch ein „Komplete Start“-Paket mit Auszügen und Demos aus NI-Produkten obendrein gibt. Es enthält den Supercharger (Tube Compressor), Mikro Prism (Instrument für Reaktor Player), Kinetic Treats (Kontakt-Instrument mit Kinderspielzeug), TRK-01 Bass (Instrument aus dem TRK-01) plus verschiedene „Factory Selections“, also Auszüge aus Produkten wie Expansions, Play Series, Kontakt, Reaktor und Guitar Rig 5. Klar, damit will man zum einen die Käufer anfüttern, ist aber trotzdem eine nette Ergänzung.
Nach so viel Downloads und „Installiererei“ ist der Anschluss der Hardware eine echte Wohltat: Anstöpseln, die Class-Compliant-Treiber holt sich Windows 10 selber und fertig. Das Leben kann so einfach sein. Native Instruments bietet auf seiner Seite überdies noch einen ASIO-Treiber für Windows 10 an (aktuell in der Version 4.59.0); wer mehr will, als mit seinem NI-Interface nur Musik zu hören, sollte den auf jeden Fall zusätzlich installieren.
Was übrigens beim Anschluss der Interfaces via USB angenehm auffällt: Die USB-Buchse ist ein wenig im Gehäuse versenkt, so dass der Stecker extrem sicher sitzt.
Angeschaut: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
In Bezug auf ihre Abmessungen sind Native Instruments Komplete Audio 1 und 2 identisch: 140 x 117,5 x 52 mm groß und 360 Gramm schwer. Damit passen die beiden bequem auf jeden noch so kleinen Arbeitstisch und sind auch unterwegs keine Last. Auch das Design der Oberplatte ist bei beiden Geräten gleich: rechts der extrem große VolumeRegler (leider nur geriffelt und nicht gummiert), links das bereits schon erwähnte Feld mit der Pegelanzeige sowie den beiden LEDs für USB-Status und 48 Volt. Die fünfgliedrigen Pegelketten hätten da auch gerne noch etwas größer ausfallen dürfen, Platz genug ist da.
Frontseitig offenbaren sich dann erste Unterschiede: Während das kleinere Komplete Audio 1 für die Eingänge eine XLR-Mikrofonbuchse und eine Klinkenbuchse (umschaltbar Line/Inst) anbietet, gibt’s bei der größeren Komplete Audio 2 zwei XLR/Klinke-Combobuchsen. Dementsprechend sind im Zweier dann auch zwei Mikrofonvorverstärker verbaut, im Einser eben nur einer. Das heißt dann auch: Wer Stereo aufnehmen möchte – egal ob Mikro oder Instrument – muss zwangsläufig zum Komplete Audio 2 greifen. Bei beiden Geräten lässt sich die XLR-Buchse (bzw. Buchsen) nicht verriegeln – schade.
Die übrige Ausstattung ist dann wieder baugleich: Zwei Gain-Regler für die Eingangssignale (gummiert, wie auch der Rest auf der Frontplatte), Umschalter für Line/Inst für die bzw. den Klinkeneingänge/eingang, zuschaltbare 48 Volt Phantom – beim Zweier leider nicht einzeln, sondern nur paarweise schaltbar, ein regelbarer Kopfhörerausgang (große Klinke) und einen „Input/Host“-Drehregler, mit dem man die beiden summierten Eingänge mit dem Computersignal, das via USB reinkommt, mischen und ohne Umwege latenzfrei abhören kann – Direct-Monitoring also. Ein getrenntes Abhören der beiden Eingänge ist dabei aber nicht möglich.
Auf der Rückseite befinden sich schließlich – wie anfangs geschrieben – beim Komplete Audio 1 der Stereoausgang in Form von unsymmetrischen Cinch-Buchsen, während der beim Komplete Audio 2 als robustere, symmetrische Klinke ausgelegt ist. Damit richtet sich der Einser klar an den Consumer-Bereich, wo meist Multimediaboxen oder Stereoanlage für den Sound sorgen, während die Besitzer der Zweier-Variante direkt ihre höherwertigen Monitore verkabeln können.
Die Bodenplatte ist übrigens mit großflächigen gummierten Pads versehen; die Arbeitsplatte bedankt sich.
Die beiden Interfaces in der Praxis
Die Handhabung der Interfaces ist simpel; im Gegensatz zu meinem alten Audio 8 DJ mit seinen durchschaltbaren Sources und der Ein- und Ausgangsvielfalt, wo sich das Signal bei einem Knopfdruck zu viel dann schon mal in der Kiste verirrt, kann man hier kaum etwas verkehrt machen. Mikro oder Instrument anstöpseln und ab geht’s. Die Mikro-Preamps machen einen ordentlichen Job und bringen das notwendige Maß an Wärme und Klarheit mit, ohne jetzt natürlich zu brillieren – für die Preisklasse ist das völlig ok. Auch der Kopfhörerausgang hat genug Dampf, um sich durchzusetzen; der Hersteller gibt den maximalen Ausgangspegel mit +4,2 dBu (48 mW bei 33 Ohm) an. Auch die Latenz schließlich ist okay: Auf meinem nicht übermäßig leistungsstarken Notebook (i5-8250), mit dem ich die beiden Interfaces aus eingangs erwähnten Gründen getestet habe, komme ich im mitgelieferten Ableton Live Lite bei 32 Samples und 44,1 kHz auf eine Eingangs-Latenz von 2,22 ms und auf eine Ausgangs-Latenz von 3,22 ms (bzw. 16,1/12,5 ms bei 512 Samples).
Gerade weil die Konkurrenz so groß ist, sollte man sich keine Fehler leisten. Billig finde ich das Gehäuse. Dünner Kunststoff, der auch noch scharfkantig ist. Außerdem kratzempfindlich. Ich rede aus Erfahrung, weil ich das NI S61 MKII habe.
Habe mein UR22 MK2 gewogen: ca. 950g!
Also besteht das NI aus dem gleichen Plastikmist, wie mein S61 MK2, wenn es nur 360g wiegt! Und dazu noch die „scharfen“ Kanten. Da sind Beschädigungen vorprogrammiert.
Was auch fehlt und wichtig für mich ist: MIDI. Es hat keinen Midi- Anschluss. Bekommt man bei anderen Geräten für das gleiche Geld. Wo anders bekommt man auch interessante Software, z.B. bei Focusrite.
@JohnDrum Hm – scharfe Kanten konnte ich da eigentlich keine entdecken. Und für eine Gehäuse aus der Plaste & Elaste-Liga macht das Komplete Audio einen ganz stabilen Eindruck. Klar, nicht zu vergleichen mit wertigen Metallgehäusen, aber ich hab da auch schon Schlimmeres gesehen. Und gerade das Softwarepaket finde ich hier doch recht beachtlich. MIDI habe ich selber jetzt nicht vermisst – ich habe da alles am ESI M8U XL hängen, und das per USB am Rechner. Halte ich persönlich für die vielseitigere Lösung.
Ohne Midi in und out, hat das keinen Wert….
Diese Preisklasse ist hart umkämpft, aber ich bin derselben Meinung, dass MIDI hier durchaus angebracht wäre. Wer etwas mehr in die Tasche greift, ist da bei Focusrite sehr gut aufgehoben. Hatte ursprünglich erwägt mir das Komplete Audio 2 zu holen, aber nachdem ich mir es in einem Musikhaus angeschaut habe, flog es von meiner Einkaufsliste.
Zwar macht das Audiointerface insgesamt einen soliden Eindruck, aber das viele Plastik und die meiner Meinung nach große Verschwendung auf der Oberplatte (wie im Artikel schon angesprochen) stehen nicht gerade für den Premium-Anspruch von Native Instruments. Auch haben mich die Komplete Kontrol-Keyboards (S- und A-Reihe) sehr enttäuscht. Mein S49 hatte nach nicht mal zwei Wochen erste Kratzer in der Oberfläche, mein ersatzweise beschafftes A49 schon nach einer Woche.
Mit MIDI 2.0 hoffe ich ja insgeheim, dass ESI Audio einen würdigen Nachfolger für die Juli@ / Juli@XTe PCI- bzw. PCIe-Audiokarte baut. :)
Sehe ich das richtig das mit Komplete 2 kein Traktor oder DAW Track monitoring möglich ist und im OS (z.B. Asio/Core Audio) nur 2 Output Kanäle vorhanden sind und nicht 4?