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Test: Native Instruments Reaktor 5.5.1

(ID: 1801)

Die Neuerungen in Version 5.5.1

Sofort ins Auge fallende Änderungen sind die überarbeitete Grafik und die Fenster.
Die neue Bedienelemente-Grafik ist etwas einfacher gestaltet als die alte und sieht schärfer aus, dafür hat sie ihren fotorealistischen Look verloren und wirkt irgendwie etwas antiquierter, sie hat nun einen gewissen Retro-Charme. Ob man das nun begrüßt oder nicht, ist eine Geschmacksfrage. Ich konnte mich nach ein paar Schrecksekunden durchaus damit anfreunden.
Der Rest des Programms kommt jetzt im modischen Dunkeldesign mit niedrigem Kontrast daher, das ist mitunter etwas anstrengend für die Augen.

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Die neue Programmoberfläche: Geteilte Ansicht statt Unterfenster, links die Umschalter

Die neue Programmoberfläche: Geteilte Ansicht statt Unterfenster, links die Umschalter

Die Fenster-in-Fenster Programmoberfläche ist ersetzt worden durch eine umschaltbare geteilte Ansicht. Das ist bequem und wirkt immer schön aufgeräumt, erweist sich aber eher als Verschlimmbesserung. Man kann nicht mehr beliebig viele Unterfenster öffnen, sondern hat nur zwei zur Verfügung (plus Recorder und Sample-Editor), und den Platz auf dem Bildschirm nicht mehr optimal nutzen, indem man maximierte Unterfenster mit Strg-Tab umschaltet.

Vor allem bei geringeren Auflösungen wird es schnell eng, und man muss scrollen, was lästig ist und bei Verkabelungen zwischen weit voneinander entfernten Modulen zum echten Hindernis wird, denn dabei wird nicht automatisch gescrollt und auf die Bild- und Pfeiltasten der Tastatur reagieren die Reaktor-Fenster nicht. Eine Alternative zur geteilten Ansicht wäre also sehr wünschenswert.

Außerdem klebt die Ansichten-Leiste am linken Rand und nimmt Platz in Anspruch, der bei auf Bildschirmrand designten Instrumenten jetzt fehlt – man muss solche jetzt immer ein kleines Stückchen hin- und herschieben, um an alle Regler zu kommen. Das kann man sich auch anders vorstellen, etwa als Floating Window wie bei den Properties oder in der Titelleiste.

Es gibt aber auch ein echtes Highlight in diesem Update, Reaktor hat zwei neue Module bekommen: Sine Bank für Additive Synthese und Modal Bank für Physical Modeling (mehr dazu im Kapitel Module). Das erweitert die Synthesemöglichkeiten enorm und dürfte zu einer Reihe neuartiger Instrumente führen. Es gibt auch schon einen Physical-Modeling Synth im Komplete-Paket, den Prism.

Die neuen Module für Additive Synthese und Physical Modeling: Sine und Modal Bank

Die neuen Module für Additive Synthese und Physical Modeling: Sine und Modal Bank

Ansonsten wurden der Programmcode überarbeitet und zahlreiche kleine Bugfixes und Verbesserungen durchgeführt, beispielsweise kann man jetzt die Ein- und Ausgänge von Macros umgruppieren, ohne sie dafür neu setzen zu müssen. Auch Einträge in den Receive-Modulen können nun direkt nummeriert und damit ihre Reihenfolge verändert werden, ohne dass man sich mit Up- und Down-Schaltern einen Wolf klicken muss.
Immer noch verbesserungswürdig ist dagegen die Pfadangabe bei gekoppelten Bedienelementen, die passt oft nicht in ihre kurze Zeile. So muss man sich ggf. zu Fuß auf die Suche begeben, was sehr zeitraubend ist.

Eine Verringerung der Prozessorlast durch die Überarbeitung des Programmcodes ist nicht feststellbar, dafür dauert das Laden komplexerer Ensembles jetzt länger. Auch ohne Samples kann schon mal ein Minütchen vergehen. Aber für Extremschrauber gibt es eine erfreuliche Nachricht: Die Obergrenze von 128 Modulen auf einer Ebene bzw. in einem Macro ist gefallen, da sind jetzt viel mehr möglich.

Sehr unerfreulich ist dagegen, dass der MIDI-File-Player jetzt fehlt und der AKAI-Sample-Import gestrichen wurde. Es hätte ja sein können, dass diese Maßnahme vorübergehender Natur ist und sie nur noch nicht in den überarbeiteten Programmcode reintegriert wurden, aber auf Anfrage bei NI kam folgende Antwort:

„Die Möglichkeit, AKAI Formate in den Reaktor Sampler zu importieren, wurde ausgebaut. Der MIDI-File-Player wurde ebenfalls ausgebaut.
Wir bitten um Verständnis.“

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Ohne den Player kann man ja leben, aber der Wegfall des AKAI-Imports ist schmerzhaft, denn so kann Reaktor abgesehen von einzelnen Samples nur das Reaktor-.map Format laden (mehr dazu im Kapitel Module).

Der Kontrollraum: Panel

Reaktor ist in mehrere Ebenen unterteilt. Die oberste heißt Ensemble und vereint die geladenen Instruments, die auch Effektgeräte o.ä. sein können. Man kann beliebig Instrumente kombinieren bis dem Rechner die Puste ausgeht.

Die Bedienoberflächen (Panels) kann man mit Dreh- und Schiebereglern, Schaltern, Menüs, X-Y-Pads und Displays belegen, von der einfachen LED über Oszilloskop bis zum Grafikspektakel mit Hilfe des Multi-Picture-Moduls. Viele Module besitzen schon von sich aus eine zuschaltbare Grafik, wie etwa die Hüllkurven und Filter.
Angeblich soll es auch Nerds geben, die Videospiele in Reaktor zusammenbauen. Die „Mouse Area“ ermöglicht, einen unsichtbaren Bereich für die Auswertung von Mausbewegungen und -klicks einzurichten, die dann wiederum alles mögliche steuern können, neben Klangparametern auch Grafiken.

Verschiedene Bedienelemente und Anzeigen

Verschiedene Bedienelemente und Anzeigen

Die Bedienelemente können vielfältig konfiguriert werden, bei Reglern z.B. kann man den Wertebereich, die Mausauflösung und Schrittgröße/zahl einstellen, sie umbenennen, die Größe der Grafik verändern, und natürlich kann man auch einen MIDI-Controller (oder Note/Polypressure) zuweisen, der nicht nur empfangen, sondern auch ausgegeben werden kann. Man kann Label und numerische Anzeige ausblenden, bei Schiebereglern (horizontal oder vertikal) die Skala und auch noch den Regelweg, und durch andere Anzeigen ersetzen, etwa eine LED-Kette.

Ein Instrument hat zwei Ansichten (A und B), und jedes Bedienelement kann in beiden oder nur einer erscheinen. So kann man z.B. eine platzsparende Quick-Edit-Ansicht erstellen mit den wichtigsten Parametern und bei Bedarf die Vollversion einblenden. Das ist zwar aufwändig, aber mitunter ganz sinnvoll.

Mit diesen Gestaltungsmöglichkeiten kann man schon einiges anstellen (und Stunden verbringen, ohne auch nur einen Ton Musik zu produzieren). Aber damit nicht genug: Wem das bordeigene Design der Knöpfe und Schalter nicht zusagt, der kann es durch eigene Grafiken ersetzen, ebenso den Hintergrund des Instruments. Reaktor kann .bmp und .tga laden, letztere auch mit Transparenz. Das ist für kreative Menschen natürlich das Tüpfelchen auf dem i, kann man doch dem selbstgebastelten Synth auch noch Pixel für Pixel einen individuellen Look verleihen oder das Foto eines Vintage-Synths als Hintergrund verwenden.
Das Instrument „Spiral“ (ein Sequenzer/Composer) zeigt, wie unkonventionell so etwas aussehen kann:

Spiral zeigt: Auch Ungewöhnliches ist machbar

Spiral zeigt: Auch Ungewöhnliches ist machbar

Regler und Schalter können nach dem Master-Slave-Prinzip miteinander gekoppelt und auch unsichtbar gemacht werden, so sind beliebige Mehrfachumschaltungen möglich oder verschiedene korrespondierende Bedienelemente für einen Parameter.
Allerdings ist das etwas unübersichtlich, da die Koppelungen nur in den Properties der beteiligten Elemente sichtbar sind und dort die Zeile für Quellen und Ziele viel zu kurz ist, um ihren Pfad vollständig anzuzeigen. Man tut gut daran, die Elemente entsprechend umzubenennen, sonst verliert man den Überblick.

Für die Soundprogramme (Snapshots) gibt es Compare-, Randomize- und Morph-Funktionen, letztere mit einer einstellbaren Zeit von 0-60 Sekunden. Bei allem können Bedienelemente ausgeschlossen werden, z.B. ein Master Volume.

Die Reaktorhalle: Structure

Öffnet man die „Structure“ eines Ensembles (sozusagen ein Blick hinter die Frontplatte), so findet man die einzelnen Instrument-Module, die wiederum eine Structure haben, und in dieser platziert man üblicherweise die Reaktor-Module, die in sogenannten Macro-Modulen zu Funktionsgruppen zusammengefasst werden können. Module können aber auf jeder Ebene gesetzt werden, auch die Core-Module (Core Cells).
Diese Verschachtelung wirkt erst einmal etwas verwirrend, ist aber völlig logisch, und mit etwas Übung findet man sich schnell zurecht. Für die Navigation kann man sich Bookmarks setzen. Noch einmal im Überblick:

Primary Level:
Ensemble, die Structure enthält Instruments, Module, Macros und Core Cells
Instruments, die Structure enthält Module, Macros und Core Cells
Macros enthalten weitere Module, Macros und Core Cells

Core Level:
Core Cells sind wie Module und enthalten Core-Module und -Macros

Die Instrument Structure ist normalerweise die Hauptbaustelle, hier setzt und verkabelt man die Module für ein einzelnes Instrument. Viele Module können in ihren Kontextmenüs (Properties) noch konfiguriert werden, beim Ladder-Filter zum Beispiel kann man die Grafik zuschalten, Verzerrung und Selbstoszillation aktivieren und die Soundqualität in drei Stufen einstellen. Der Default dafür ist Standard, was noch ziemlich nach LoFi klingt, auf Stufe High oder Excellent dagegen ist man geneigt, den Minimoog vom Wunschzettel zu streichen.
Ein Blick in die Properties kann sich also lohnen. Außerdem ist in dort immer ein kurzer Hilfetext, und mit den Info-Popups kann man sich auch für jeden Ein- und Ausgang eines Moduls eine Beschreibung anzeigen lassen, so dass man nicht ständig das Handbuch braucht.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Toller Bericht!

    Ohne Reaktor geht bei mir schon lange Nichts mehr!
    Bin andauernt dabei meine Ensembles zu verfeinern. Man sollte sich aber wirklich feste Zeiten fürs Basteln einteilen, ansonsten kommt man wirklich nicht mehr dazu die Ensembles auch zu nutzen!

    Außerdem kann ich Jedem empfehlen sich einen flexiblen Controller zuzulegen (Ich habe hier den Behringer BCF2000).
    Dann machen die eigenen Ensembles erst richtig Spaß. Ich entwerfe meine Ensembles direkt mit dem Ziel am Ende die größt mögliche, haptische Kontrolle zu haben.

    Cheers
    Dennis

    • Profilbild
      h.gerdes AHU

      Danke. In der Tat kann man ein Leben lang Instrumente basteln und optimieren, und man wird doch nie fertig… Herr gib mir 3 Leben…
      Ich nehme meistens meinen Korg Legacy-MS20 als Controller, die stark geneigte Oberfläche ist irgendwie ergonomischer. Und man muss die MIDI-Stufen glätten, aber auch dafür hat Reaktor ja ein Modul :)

  2. Profilbild
    Markus Schroeder RED

    Kann mich nur anschließen: Wirklich toller Bericht!

    Wir haben das Programm an der Uni damals dazu benutzt den Studenten die Übertragung von analog Synth auf digital Synth nahezubringen und diverse andere Thematiken (Effekte etc.) damit erklärt.

    Zur Steuerung nutze ich den Novation Remote Zero und TouchOSC auf dem iPod. Besonders TouchOSC ist super dafür, da alle Parameter in Fließkomma übertragen werden (was Reaktor versteht) und nicht in „grobem MIDI“.

    Ich möchte aber noch auch die kommerziellen Ensembles von http://www.TwistedTools.com verweisen, die IMHO das ganze nochmal eine Stufe höher heben. Besonders was GUI- & Controller-Programmierung angeht.

    LG
    M.

    • Profilbild
      h.gerdes AHU

      @Markus Schroeder Über die Twisted Tools bin ich auch schon mal gestolpert, muss ich mir mal näher ansehen. Auf jeden Fall schön bunt :)

      Ja, für Lehrzwecke ist Reaktor super. Hier ist auch ein Reaktor-Workshop geplant, Grundlagen des (virtuellen) Synthesizerbaus. Eventuell Richtung Tyrell plus weitere Synthesearten, und mal sehen, ob ich die neuen Module mit einbeziehe.

      • Profilbild
        Markus Schroeder RED

        @h.gerdes Die neuen Module einbinden wären toll. Ist aber natürlich auch eine Schweinearbeit sich da schnell genug rein zu arbeiten.

        :)

        • Profilbild
          h.gerdes AHU

          @Markus Schroeder Ich werde eh noch ein Weilchen brauchen, es soll ein Dreiteiler werden und ich habe gerade erst angefangen. Da kann ich den neuen Modulen ein wenig Zeit widmen, und es sind ja nur zwei, im Gegensatz zur Core-Ebene… die kriege ich wohl erst nach der Rente gemeistert ;-)

          • Avatar
            AMAZONA Archiv

            @h.gerdes So ein Workshop wäre wirklich klasse. Vor allem wenn er über das übliche „Wie baue ich einen simplen 3 Osc Synth“ hinausginge.

            Freue mich schon drauf!

            Gerade Sequencer wären ein tolles Thema. Die sind nämlich nicht ganz einfach hinzubekommen ohne das sie irgendwelche merkwürdigen Sachen machen.

            Cheers
            Dennis

            • Profilbild
              h.gerdes AHU

              Es werden nur 2 Oszis, es soll ja kein neuer Monstersynth werden. Aber es gibt ja copy-paste.
              Dafür mit allen Schikanen & Details, und für die Filter habe ich mir auch schon ein paar nette Sachen ausgedacht.
              Sequenzer: Das ist auch wirklich nicht einfach, und es gibt schon so gute, zB Sugarbytes ERA. Der ist schwer zu toppen.

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