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Test: Native Instruments Traktor Pro 3, DJ-Software

Großer Wurf oder besseres Facelifting?

18. Oktober 2018

„Quo vadis Traktor“ lautete die Überschrift für den Beitrag zur Geschichte der DJ-Software aus dem Hause Native Instruments. Seit dem 18.10. steht nun die neue Software Native Instruments Traktor Pro 3 zum Download bereit.
Großer Wurf? Das ist die große Frage, die sich sicherlich jeder stellt. Auch wir.

Native Instruments Traktor Pro 3

Native Instruments Traktor Pro 3

Ich muss gleich im ersten Absatz dieses Textes ein bisschen Erwartungsmanagement betreiben. Es tut mir leid.
Die aktuelle Native Instruments Traktor Pro 3 ist nicht die komplett neu geschriebene Software, auf die viele User gehofft haben, sondern „nur“ ein Update. Ob das so bleibt, oder ob Traktor Pro 3 wie nun erhältlich nur eine Art Vorschau auf das ist, was später dann als komplett neue Software veröffentlicht wird und die nun neue Version lediglich im Rahmen der neuen Controller S2 MKIII und S4 MKIII kommt, diese Frage lassen wir eimal im Raum stehen…sagen nicht Ja – sagen definitiv aber auch nicht Nein. Traktor Pro 2.12 wäre jedenfalls der passendere Name gewesen.

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Traktor-Besitzer müssen auf jeden Fall für dieses Update bezahlen. Das Upgrade von einer älteren Version schlägt mit 50,- Euro zu Buche. Damit ist Traktor im Kreis der Mitbewerber die preiswerte Lösung. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es für Traktor keine kostenpflichtigen Funktionalitäten wie „Pitch’n Time“ bei Serato oder die Freischaltung von DVS bei Rekordbox DJ gibt. In Kreuzberg setzt man auf eine Version der Software, die alle Funktionen enthält.

 Bye bye Traktor Scratch, welcome Traktor Pro. 

„Moment mal“, wird sich der aufmerksame Leser jetzt denken: „Was ist mit Traktor Scratch?“ Ganz einfach, es gibt kein Traktor Scratch mehr! Die bisher vom normalen Traktor Pro getrennt angebotene DVS-taugliche Variante ist Vergangenheit, die Möglichkeit, Traktor mit Timecode-Medien zu steuern, ist ab sofort in Native Instruments Traktor Pro 3 integriert.

Doch damit nicht genug, der wahre Hammer kommt erst noch: DVS funktioniert unabhängig von der verwendeten Soundkarte! Zitat von der NI-Website: „Wenn du mit Timecode-Vinyl auflegst, kannst du nun jede gewünschte Soundkarte nutzen.“ Ganz so wörtlich ist das nicht zu verstehen, der Satz meint natürlich Interfaces mit Phono-Preamps. Die Besitzer von nicht-zertifizierten Mixern und Serato-Boxen wird das freuen. Ich denke, dass sich die Kosten für Traktor Pro 3 alleine damit für viele Nutzer schon mehr als amortisieren werden.

Neuer Sound für Native Instruments Traktor Pro 3?

Unter der Haube hat sich einiges getan, was man deutlich an der Klangqualität von Traktor merkt.
Der Sound ist aufgeräumter und klarer geworden.
Der Timestretching-Algorithmus wurde stark verbessert, die früher für Traktor charakteristischen hörbaren Flams beim Herunter-Pitchen mit aktiviertem Keylock gehören der Vergangenheit an. Selbst bei mehr als -50 % Pitch behalten die Impulse ihren Sound bei. Soweit das bei so extremen Einstellungen möglich ist. Zaubern kann allerdings auch NI nicht. Auf sehr guten PAs hört man ab ca. 3 Prozent Pitching, dass die Transienten anfangen zu leiden, der Sound wird weniger druckvoll und klingt subjektiv leiser, je weiter man sich vom Nullpunkt wegbewegt.

 Da die Sache mit den Pegeln innerhalb von Traktor ein wenig komplizierter ist, als man zunächst denkt, wurde bei NI sehr viel darüber nachgedacht, es den Usern möglichst einfach zu machen, Traktor richtig einzustellen. Die Antwort des Entwicklerteams ist ein neuer Masterlimiter, der „transparent“ heißt. Der Name ist Programm, solange der Limiter nicht zu stark eingreifen muss, ist er praktisch unhörbar. Grundsätzlich eine gute Sache, aber ich plädiere dennoch für ausreichend Headroom auf dem Master. Meine Empfehlung sind 10 dB. Mehr Details zu diesem Thema findet ihr im Artikel mit den Tipps zu Pegeln und Lautstärken in Traktor
. Der Limiter ist jetzt auch per Klick auf den Schriftzug direkt ein- und ausschaltbar.

Die Optik von Traktor Pro 3

Native Instruments Traktor Pro 3
Traktor Pro 3 in voller Pracht …
Native Instruments Traktor Pro 3
… und zum Vergleich noch mal Traktor Pro 2

Die auffälligste Neuerung ist natürlich das GUI-Design. Traktor sieht moderner und aufgeräumter aus. Es dominieren etwas dunklere Farben und die einzelnen Elemente der Software sind weniger deutlich voneinander abgegrenzt. Traktor soll damit in dunklen Clubs besser bedienbar sein.
Die grundsätzliche Anordnung der Bedienelemente ist gleich geblieben. Einzig der Loop-Recorder wanderte hinter den linken Effekt-Slot, um dem bisher dort untergebrachten (Master-) Clock-Bereich mit den Funktionen für MIDI-Sync Platz zu machen, die jetzt wesentlich prominenter platziert wurden. Der PLAY-Button für den MIDI-Sync ist ebenfalls im Masterbereich untergebracht, aber nur sichtbar, wenn MIDI-Sync in den im neuen „external Sync“-Tab in den Einstellungen aktiviert wurde.

Der ungenutzte Platz zwischen den Effekt-Slots und dem Master-Bereich ist leider geblieben, was aber angesichts der insgesamt eher kosmetischen Änderungen am graphischen Interface auch nicht anders zu erwarten war.

Interessanterweise wirken die Änderungen auf mich persönlich viel kleiner, wenn ich beide GUIs nebeneinander betrachte. Ich mag die optische Neuausrichtung sehr, muss aber sagen, dass es mir anfangs manchmal schwer viel zu sehen, wo die oberen Decks aufhören und die unteren anfangen. Dafür sind die CUE-Punkte jetzt auf der Oberfläche viel besser zu sehen.

Was ist neu?

So wichtig das grafische Interface auch sein mag, ich höre euch schon mit den Füßen scharren. Wann geht es denn endlich um die neuen Funktionen? Bitteschön, meine Damen und Herren:

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Bessere Messinstrumente

Ich fange mal mit dem an, was mir persönlich am meisten am Herzen liegt: Traktor Pro 3 hievt das Metering endlich auf ein Niveau, das das „Pro“ im Namen rechtfertigt. Die Länge der Masterpegelanzeige wurde mal eben versechsfacht und dreifarbig gestaltet. Außerdem wurde eine Visualisierung des Limiters eingebaut, so dass man nun genau sehen kann, wie viel er abregelt. Yay!

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Ähnliches gilt für die Pegelanzeigen der Kanalzüge. Sie wurden aus den Bahnen der Fader entfernt und neben den EQs untergebracht. Die virtuellen Fader-Kappen können so das wichtige obere Ende der Meter nicht mehr verdecken. Danke dafür!




REVERSE PLAY

Eine andere Scharte die auswetzt wurde, ist die bisher fehlende Möglichkeit, rückwärts zu spielen. Trotz des Workarounds, mit bestimmten Effektparametern zumindest einen Loop gegenläufig zu verwenden, war das eine peinliche Lücke im Featureset von Traktor. Einfach weil das praktisch die einzige Funktion war, die die CDJs von Pioneer Traktor voraus hatten. Im Moment lässt sich REV nur in Verbindung mit dem Flux-Mode nutzen. Ob das so bleiben wird, weiß ich nicht. Ich hoffe nicht.

Filter FX

Eine weiteres Schmankerl, das direkt aus dem Pioneer-Universum übernommen wurde, sind die sogenannten „Mixer FX“, die im Prinzip den Colour FX an den DJMs entsprechen. Untergebracht sind sie an der gleichen Stelle wie Pioneers Pendant. Das heißt, man muss sich zwischen den bipolaren Kanalfiltern oder einem der Mixer-FX entscheiden. Unter den Reglern ist nun ein kleines Auswahlmenü, mit dem man zwischen Filtern und den Effekten wählen kann. Zur Auswahl stehen eine Reverb-Filter-Kombination, zwei gefilterte Delays, ein AutoFilter, ein Bitcrusher, Noise, Flanger und Gater. Was leider (noch) fehlt, ist die Möglichkeit, zwei verschiedene Filter einzustellen. Ich hätte wirklich gerne das resonanzfreie Z-Filter als reines Mixingtool und eines mit mehr Resonanz für musikalischere Spielereien zur Auswahl. Ein großer Unterschied zur Implementierung bei den DJMs ist die Möglichkeit, die Mixer-FX für jeden Kanal getrennt auszuwählen. Filter auf Deck A und gefiltertes Reverb auf Deck B ist problemlos möglich.
Bei meinen Testläufen stellten sich die Mixer-FX als sehr praxistauglich, aber auch recht dominant heraus. Noch mehr als bei der Nutzung der normalen Effekte gilt hier: Weniger ist mehr und eine Überbeanspruchung wird dem Publikum ziemlich schnell auf den Senkel gehen. Und die Versuchung ist groß, denn eine Reverb-Filter-Kombination ist schon eine echte Allzweckwaffe beim Mixen!

Das Auswahlmenü für die von Pioneer inspirierten Mixer-FX


Was ist geblieben?

Kommen wir zu den Details, die sich mit dem Sprung auf Version 3 nicht geändert haben. Wie schon am Anfang geschrieben: Traktor Pro 3 ist nicht die langersehnte komplett neue Software, auf die viele schon so lange warten. Soll heißen: Der Browser wurde nicht angetastet und verbleibt nach wie vor auf dem – sorry – steinzeitlichen Stand, auf dem er seit Ewigkeiten stagniert. Nur dass es mittlerweile Apps wie Rekordbox DJ oder DJay pro gibt, die zeigen, was jetzt schon alles in Sachen Library-Management möglich ist. Intelligente Playlisten oder Smart-Crates wie sie bei Serato heißen, werde genauso vermisst wie vernünftige Filterfunktionen, beispielsweise für BPM-Bereiche. Von einem Vorschlagssystem à la Rekordbox DJ will ich gar nicht erst anfangen. Ich kann es nur immer und immer wieder sagen: Das Library-Management ist der Dreh- und Angelpunkt beim digitalen Auflegen. Denn die Selektion ist Vergangenheit, Gegenwart und sie wird auch die Zukunft des Deejaying sein. 
Genauso wenig kann TP3 mit einer echten Maschine-Integration dienen.
Wer die Hoffnung hatte, dass die mobile App evtl. ihre Wiederauferstehung als Begleiter der großen Software erlebt, mit der man TP3 (zumindest teilweise) fernsteuern kann oder die wenigstens dazu dient, unterwegs seine Set- und Track-Vorbereitung zu machen, wird ebenfalls enttäuscht werden.
Aber wie gesagt: Die vollständige Neuentwicklung von Traktor steht aus und soll mittelfristig stattfinden. Ich bin gespannt.

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Fazit

Lohnt sich das Upgrade auf Native Instruments Traktor Pro 3?
Ich bin da recht simpel gestrickt, mir wäre das Metering die 50 Euro schon wert. In Zusammenhag mit den Mixer-FX und vor allem der neuen und wesentlich besseren Timestretching-Engine meine ich schon, dass ein kostenpflichtiges Update angemessen ist. Dazu kommt, dass Traktor ja sowieso spottbillig ist, wenn man es mit den Mitbewerbern vergleicht. Die Fortschritte bei Qualität des Timestretchings und des Klangs im Allgemeinen sind für mich ebenfalls mehr als gute Gründe.
Wer mit Traktor bisher aber zufrieden war und die Mixer-FX nicht unbedingt braucht, kann sich TP3 auch sparen, ohne viel zu verpassen. 
Das muss allerdings nicht so bleiben, denn NI hat nicht vor, sich auf dem bisher Erreichten auszuruhen, so viel ist angesichts der angekündigten Hardware klar.
Ob Native Instruments damit den in den letzten Jahren verloren gegangenen Boden wieder gutmachen kann, wird sich herausstellen. Gönnen würde ich es NI auf jeden Fall, denn Traktor rockt nach wie vor!

Plus

  • besser klingende Timestretching-Engine
  • Mixer-FX
  • aufgeräumtes Design
  • günstiger Preis

Minus

  • Update kostenpflichtig
  • Browser wurde nicht modernisiert

Preis

  • Preis: 99,- Euro (Vollversion)
  • Preis: 49,- Euro (Update)
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Forum
  1. Profilbild
    arnimhandschlag

    Hi Walter, danke für den Bericht.
    Wie sieht es denn mit den neuen Elastique 3 Time Stretching Algorithmen aus, kommen die völlig Artefakt-frei (im hörbaren Bereich) aus unter 3% Pitching? Das wäre ja schon ganz schön ordentlich

    • Profilbild
      Walter Marinelli RED

      @arnimhandschlag Hey arnimhandschlag,

      Das kann dir niemand so pauschal sagen. Ich habe es mit ein paar Tracks auf einer sehr guten Kirsch-Audio-PA versucht und befunden, dass ich unter drei Prozent je nach Track nichts bis kaum etwas höre, aber das hängt stark von der verwendeten Musik ab.
      Zu Hause auf meinen Adam-Monitoren höre ich definitiv nichts bis 3 Prozent.

  2. Profilbild
    Vito Mendes

    Wie sieht es den mit den Dritthersteller Controllern aus? Werden die die TP 2 ready waren auch TP3 ready sein?
    Konnte auf der Website nur was zu TP2 finden.

      • Profilbild
        Vito Mendes

        @PanTau Und da wird auch nichts dran gerüttelt! *Andreas Voice*
        Ich war eher auf die praktischen Templates aus damit man nicht manuell mappen muss. Hätte ja sein können, dass das nicht mehr unterstützt wird.

      • Profilbild
        Basicnoise AHU

        @Bolle / Johann Boll Ja, ist seit dem Nachmittag erreichbar. Ist wohl die Zeitverschiebung. Dachte nur, ihr hättet vielleicht woanders schon ein Link gesehen, wegen der Formulierung :)

  3. Profilbild
    Rob.D.N.

    bist du dir sicher was den Output Preview angeht? Ich könnte schwören, dass ich bei einer Produktion bei dir ich mal anwesend war, diese Funktion schon eingesetzt wurde, bin mir aber nicht ganz sicher. Ansonsten toller Test.

    • Profilbild
      Bolle / Johann Boll RED

      @Rob.D.N. Offenbar nicht. Nach kurzer Rücksprache mit Walter scheint das tatsächlich ein Fehler zu sein, weswegen der kleine Absatz aus dem Artikel genommen wurde. Danke für die Aufmerksamkeit! :)

  4. Profilbild
    DJ Ronny

    Da hat sich ja leider nicht viel getan. Gerade mit dem Browser und der Suchfunktion hatte ich auf Verbesserungen gehofft. Bleib ich doch bei VDJ. Übrigens Time Stretching bei 12 % ohne Artefacte ist bei Vdj kein Problem. Gestern noch mal extra probiert auf 2 Hk nano 600, mit Rock, EDM, Schlager und Klassik, alles Flac Dateien. Jetzt höre ich auf mit schwärmen, denn hier geht es ja um Traktor.

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