Was bietet der Tracker 1.5?
Polyend Tracker V1.5, der Hardware-Tracker aus Polen ist nun (März 2022) schon knapp anderthalb Jahre erhältlich und hat seitdem drei Versionssprünge in der Firmware hinter sich. Die Version 1.5.0 ist die Aktuelle. Zeit also dem Tracker einen zweiten Besuch abzustatten.
Neue Features für den Hardware-Tracker
Jede einzelne Änderung des Polyend Tracker V1.5 hier aufzulisten, halte ich für wenig sinnvoll. Stattdessen möchte ich mich auf Punkte konzentrieren, die mir besonders wichtig erscheinen. Und da gab es gleich beim Update auf die Version 1.3 viele Features, die einfach erwähnenswert sind.
MIDI-Upgrades im Polyend Tracker V1.5
Und das betrifft besonders die Steuerung von externen MIDI-Geräten. Waren diese in der Version 1.2 noch etwas stiefmütterlich behandelt worden, bekommt man jetzt wesentlich mehr Kontrolle über das Geschehen.
Da wären zunächst die 6 frei wählbaren MIDI-CCs die pro MIDI-Instrument, sprich MIDI-Kanal, vergeben werden können. Da jetzt MIDI-Befehle im Pattern-Modus auch ohne MIDI-Note verwendet werden können, besteht die Möglichkeit, ganze MIDI-CC-Verläufe zu realisieren.
In Zusammenhang mit einer MIDI-Note können nun auch Mono- und Poly-Aftertouch verwendet werden. Das dürfte sich besonders bei einigen Software-Synths auszahlen.
Ein zusätzlicher Pattern-FX bringt nun auch Akkorde mit ins Spiel. Einfach Note wählen und den Akkord über eine Zahl einstellen. Die Akkorde werden zwar in einer Hex-Notation dargestellt, jedoch kann man an den Ziffern sofort die Intervalle in einer Halbtonnotation erkennen. HEX047 steht für einen Dur-Akkord (4 Halbtöne: große Terz, 7 Halbtöne reine Quint). Ein HEX047B wäre dann ein Major-7-Akkord (B = 11 Halbtöne = große Sept). Insgesamt gibt es 29 Akkorde. Ich hätte mir aber doch die Möglichkeit gewünscht, eigene Akkorde im Polyend Tracker V1.5 anlegen zu können.
Für Freunde anderer Systeme, außerhalb des westlichen 12-Ton-Systems bietet der MIDI-Microtune FX die Optionen, auch mal nur einen Viertel- oder Achtel-Ton zu spielen. Eine frei definierbare Skala gibt es im Polyend Tracker V1.5 jedoch nicht.
Ein angeschlossener Controller sendet nun auch Velocity-Werte an externe MIDI-Instrumente. Eine Delay-Option für eine externe MIDI-Clock und für die internen MIDI-Tracks und das Steuern des Master-Mixers über MIDI runden die Erneuerungen ab.
Audio-Upgrades für den Polyend Tracker 1.5
In der Audio-Master-Sektion des Polyend Tracker V1.5 finden sich nun mehrere Effekte, darunter ein 5-Band-Master-EQ, ein Bass-Boost und ein Stereo-Enhancer. Der Line-Eingang kann nun dazu genutzt werden, um den internen Limiter per Sidechain anzusprechen — da kann der Pumpeffekt ja kommen. Außerdem kann das Line-Signal nun über die internen Effekte Reverb und Delay gesendet werden.
Einen Eingriff in die Audio-Engine haben wir es zu verdanken, dass die Audio-Latenz nun wesentlich verbessert wurde.
Alle in Reichweite eines japanischen Radiosenders können nun beruhigt aufatmen: Polyend Tracker V1.5 unterstützt jetzt auch japanische Radiofrequenzen.
Instrument-/Sample-Bearbeitung im Polyend Tracker V1.5
Wichtig für Ambient oder Experimentelles: Es können nun auch lange Samples importiert werden. Damit man dennoch genug Platz hat, können Samples auch in einem Low-Quality-Modus importiert werden. Zur Erinnerung: Es stehen pro Projekt 133 Sekunden Mono-Audio zur Verfügung (16 Bit PCM mit 44,1 kHz Sample-Rate). Im Low-Quality-Modus verdoppelt sich diese Zeit. Daher ist davon ausgehen, das einfach die Sample-Rate halbiert wird.
Ein neuer Effekt in der Sample-Bearbeitung ist hinzugekommen, denn nun kann man auch Time-Stretch auf die geladenen Samples anwenden. Dabei kann die maximale Länge 8 Sekunden nicht überschreiten — ein wenig kurz wie ich finde.
Es gibt noch einen weiteren Parameter „Granule“. Er reicht von 10 ms bis 1.000 ms und je höher man diesen einstellt, desto größer das Fenster, das beim Stretch verwendet wird. Folgerichtig geht eine Konvertierung mit einem 10 ms-Fenster auch schnell, während eine Konvertierung eines 3,7 Sekunden Samples auf 8 Sekunden bei einem Fenster von 400 ms schon gut eine Minute dauert.
Vor allem, wenn man lustig vor und zurück konvertiert, kann man den Samples einen schönen „Used-Look“ verpassen. Aber Vorsicht — die Undo-Funktion für die Sample-Verarbeitung hat nur einen Schritt! Im Gegensatz zur Undo-Funktion beim Pattern-/Song-Edit, diese hat nun 10 Schritte und erlaubt damit, auch größere Fehlleistungen zu korrigieren.
Bedienung des Polyend Tracker
Eine weitere praktische Neuerung im Tracker V1.5 betrifft das Editieren im Pattern-Modus. Das geschieht nun wesentlich flüssiger, denn man kann jetzt zwischen Live-Recording und Editieren wechseln, ohne dass der Sequencer angehalten werden muss.
Springt man nun zwischen Performance-Modus und den Instrument-Parametern, so werden die Einstellungen des Performance-Modus nicht mehr zurückgesetzt. Das heißt, man hat jetzt im Live-Betrieb noch mehr Möglichkeiten auch das Instrument kontinuierlich zu verändern.
Für einige Nutzer wohl unerheblich, für andere eine große Sache: Patterns können nun auch horizontal im Polyend Tracker V1.5 dargestellt und bearbeitet werden.
Wichtigste Tracker Neuheit: NES-Emulator
Ja, tatsächlich kamen mit Version 1.3 Spiele auf den Polyend Tracker V1.5. Und zwar in Form eines NES-Emulators (Nintendo Entertainment System). Falls man mal abschalten möchte, nach einem langen und anstrengenden Tag des Musikmachens (aus der Anleitung).
Neues Dateiformat im Polyend Tracker
Mit der Version 1.5 wurde ein neues File-Format eingeführt, das „.pti“-Format. Dahinter verbergen sich alle Einstellungen eines Instruments. Nun kann man Instrumente aus anderen Projekten importieren, sofern diese im 1.5-Format vorliegen. Das ist eine sehr wichtige Neuerung, da man sich jetzt bequem vordefinierte Instrumente anlegen kann. Man könnte hiermit beispielsweise ein Projekt nur mit Drums oder eines nur mit Bässen anlegen.
Das funktioniert auch hervorragend, leider lassen sich keine MIDI-Instrumente importieren, obwohl hier ja gerade die Wahl der MIDI-CC von Interesse ist.
Irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl, als ob jemand die Zeit zurückdreht. Muss man sich wirklich noch Hexadezimal heutzutage antun? Der (unseriöse) Spielgimmik erinnert mich an „kann der auch Lambada”?
@herw „Muss man sich wirklich noch Hexadezimal heutzutage antun?“
Da bin ich genau der selben Meinung! Nix für mich, obwohl ich ihn optisch sehr chic finde ;)
@Jante Loven … aber das 48-Tasten Mäuseklavier? Man vergleiche mal im zweiten Foto die 48 Tasten und die dahinter liegende alte 2-Tasten Maus.
@herw Die 48 Tasten haben jetzt aber auch nicht direkt was mit der hexadezimalen Eingabe zu tun.
Wer mit ner Chiclet-Tastatur am Notebook klar kommt, kann auch ohne Wurstfingrigkeit mit den Pads am Tracker arbeiten ;)
@herw Naja, die originale Atari-Maus war aber eigentlich K***e, hatte immer eine andere von einem Drittanbieter. Die Amiga-Maus ist da ja auch schon anders. Aber wie doch jeder wissen sollte: es kommt nicht auf die Größe an ;)
@herw Ich verstehe das mancher sich mit dieser nerdigen Arbeitsweise schwer tut. Ihr seid dann sicher nicht mit Protracker, Fasttracker & Co. aufgewachsen. Da steckt viel Liebe drin.
Die Ergebnisse erreicht man nur schwer durch herkömmliches Sequenzing. Einfach mal testweise darauf einlassen.
Ich mag ihn immer noch als Groovebox und Sequencer. Nur schade dass Midispuren nicht gesondert behandelt werden, dadurch werden 8 Spuren schnell knapp. Bei den Akkorden wurde zwar nachgebessert, aber da würde ich doch ganz gerne eigene Voicings verwenden.
Übrigens ist die aktuelle Version nicht mehr Baugleich zur ersten, vorher war das komplette Gehäuse aus Metall, jetzt gibt es nur noch ein Frontblech.
Tracker ist für mich ein wahr gewordener Traum.
Ein Hardware-Tracker wie er auf’m Amiga war, dazu noch samplen und leicht zu bedienen ist.
Ich bin Polyend unendlich dankbar dafür, dass ich dieses Ding haben darf und wie früher zügig mit Tasten und Pfeiltasten editieren und navigieren kann.
Tolles Konzept sehr gut umgesetzt, gerade bei dem günstigen Preis. Und ja…. im Tracker steckt jede Menge Liebe…..
Und weil Tracker so genial ist, hab ich nun auch ein Album ausschliesslich mit dem Tracker (standalone) gemacht. Nix ist nachbearbeitet. Alles so wie’s aus dem Tracker rauskommt.(Merkel kommt als Sample auch zu Wort)
Vie Spass:
https://www.feiyr.com/x/BRTNL
Habe den Tracker nun auch seit einem Jahr und meiner Meinung nach einer der besten Hardware Sampler der je hergestellt wurden. Ich mache nun über 20 Jahre Klang und habe auch so einiges an Sampler Hardware (MPC2000XL, SP-404, Microsampler, Octatrack, Electribe Sampler) besessen und/oder unter den Händen gehabt, aber der Tracker ist wirklich was besonderes. Ich muss zugeben, dass ich mit Sampling und Tracker Software angefangen habe Musik zu machen, daher habe ich eine Schwäche für Tracker. Dessen ungeachtet finde ich, dass das Konzept das Polyend hier aufgestellt hat wirklich effektiv ist. Man wird, wenn man sich drauf einlässt, sehr schnell intim mit dem Gerät. Alles geht schnell und die Restriktionen zwingen zum umdenken. Aufnahmen mit dem Gerät gehen schnell und man kommt auch ohne zusätzliche Geräte sehr weit mit dem Polyend Tracker. Die Geisteshaltung ist eine andere, wenn man sich mit dem Tracker beschäftigt. Hier auf meiner Bandcamp Page ist der Tracker auf den folgenden Projekten alleiniger Akteur: „Aether“ (Drones) „Deviant Space“ (IDM) „Shortwave“ (Electronic). Kein Export von Sounds, die Tracks sind Live Performances und direkt aus dem Tracker aufgenommen. Anschließend sanftes Mastering.
https://ccur.bandcamp.com/
Ist das genialste Teil, mit dem ich jemals arbeiten konnte. Schaut schnick aus und gerade die Hex-Codes haben es für mich so interessant gemacht. Gut, ich mache auch immer noch von Zeit zu Zeit Musik mit SID-Wizard …
Ich finde das Konzept interessant, aber ich könnte mir vorstellen, daß man in Rekordzeit „Nacken“ von dem Mini Screen bekommt. Aber um am See bisschen rumzuklimpern macht das bestimmt Spaß .. Lässt sich der Polyend eigentlich auch mit einer Powerbank betreiben? Welche CPU ist verbaut bzw. ist zu erwarten, daß in naher Zukunft auch brauchbare Effekte als Upgrade implementiert werden?
Ist das eine Art Raspberry auf Linuxbasis?
@darklord_ice Es ist auch gerade ein neues UPdate (1.6) erschienen, an dem Produkt wird aktiv weiterentwickelt. Und ja, er läuft prima an einer Powerbank, und frisst dabei gar nicht mal sooo viel Saft. Mit einer 2,5″ großen Powerbank (4,4 Ah wenn ich das richtig lese) sind das schon ein paar Stunden.
Was da verbaut ist, müsste man mal fragen, aber als Prozessor wird sicher ein dicker ARM Cortex Multicore dienen. Ob da Linux drunter läuft? Ich glaube eher nicht , dagegen spricht die Update-Prozedur und die schnelle Boot-Zeit.