Single-Cut mit Evertune-Bridge
Die Instrumente von Solar Guitars erfreuen sich seit ihrer Einführung im Jahr 2017 vor allem im Metal-Bereich großer Beliebtheit – bieten sie doch moderne Features und stilechte Optik zu einem attraktiven Preis; die Fertigung in Indonesien macht dies möglich. Der Schwerpunkt im Sortiment liegt bis auf wenige Ausnahmen nach wie vor auf einem aggressiv gestalteten Design mit düsteren Farben und dem typischen „Reversed Headstock“, also der umgedrehten Kopfplatte. Unser heutiger Testkandidat fällt da etwas aus dem Rahmen, präsentiert sich die Solar Guitars GC1.6FAB in ihrem Amber-Burst-Finish und der goldenen Hardware doch fast schon als die freundliche Paula-Kopie für jedermann. Dabei geizt auch sie wieder nicht mit modernen Features, wie etwa den splitbaren Humbuckern oder einer Evertune-Bridge, bei der Stimmprobleme der Vergangenheit angehören. Was unter der Haube der eleganten Lady steckt, werden wir uns nun mal genauer anschauen.
Solar Guitars GC1.6FAB – Facts & Features
Die Basis des Singlecut-Bodys bilden die klassischen Tonhölzer Mahagoni mit aufgeleimter Riegelahorndecke sowie einem cremefarbenen Binding. Dieses Design löst ja in vielen von uns naturgemäß die Befürchtung aus, es mit einem hohen Gewicht zu tun zu haben, und tatsächlich steht die GC1.6FAB in diesem Punkt den Klötzen aus dem Hause Gibson in nichts nach. Ziemlich schwer ist sie also, dafür aber im Handling ausgewogen, d. h. es gibt trotz der wuchtigen Klemmmechaniken keine Kopflastigkeit festzustellen, nicht beim Spielen im Schoß und auch nicht beim Tragen um den Hals. Dank des weit ausgesägten Cutaways sind alle 24 Bünde auf dem Griffbrett gut zu erreichen; zudem besitzt der Korpus auf seiner Rückseite im Bereich des Cutaways und des Hals-Korpus-Übergangs einige Erleichterungen, um der Greifhand so wenig Widerstand wie nur möglich entgegenzusetzen.
Stichwort „EverTune“
Dort hinten befinden sich natürlich auch die Abdeckungen für die Elektronik und für das EverTune-System, das anstelle einer normalen Brücke oder eines Vibratosystems die Führung der Saiten übernimmt. Während der Deckel für den Dreiwegeschalter und für das Elektronikfach versenkt eingesetzt wurden, ragt die Abdeckung des EverTune jedoch ein deutliches Stück heraus, was dann und wann zu Hakeleien mit dem Gürtel oder den Knöpfen der Kleidung führen könnte. Das EverTune-System sowie die Klemmmechaniken dürften wohl auch ein gutes Stück weit für das hohe Gewicht der Gitarre verantwortlich sein. Über Sinn und Zweck dieses Systems wird in der Szene ja schon lange gestritten, ich persönlich kann der Sache ja nicht besonders viel abgewinnen. Stabile Stimmung schön und gut, aber wenn das auf Kosten der Performance geht? Das Ziehen der Saiten bleibt wirkungslos, selbst Fingervibrato wird konsequent eliminiert: alles Dinge, die das Gitarre-spielen ja erst interessant machen und für die man Jahre, wenn nicht Jahrzehnte lang geübt hat. Meiner Meinung nach würden solide Klemmmechaniken, ein sauber gefeilter Steg und eine robuste Brücke vollkommen ausreichen, um eine E-Gitarre zuverlässig in Stimmung zu halten.
Mich würde mal interessieren, welches eure Meinung dazu ist; schreibt doch mal in die Kommentare, was ihr vom EverTune grundsätzlich haltet und für wen es eurer Meinung nach geeignet wäre: für den Metal-Rhythmusgitarrist ohne Solo-Ambitionen, für den Blueser ohne Interesse an Bendings und Fingervibrato oder für den Einsteiger, der nicht ständig Stimmen möchte? Nun ja, in jedem Fall aber verrichtet das System seinen eigentlichen Job, nämlich das Halten der Stimmung um jeden Preis, absolut perfekt.
Duncan Solar Pickups mit Coil-Tapping-Option
So golden wie die komplette Hardware erscheinen auch die beiden Duncan Solar Humbucker, die am Steg und am Hals ohne Rahmen direkt in die Decke eingesetzt wurden. Sie lassen sich neben ihrer eigentlichen Funktion als Doppelspuler unabhängig voneinander auch im Singlecoil-Modus betreiben, dazu muss nur das entsprechende Volume-Poti angehoben werden. Und das geschieht dank der griffigen und griffgünstig positionierten Metallknöpfe und ihrer Aussparung rund herum ganz einfach und praxisgerecht. Eine gemeinsame Tonblende sorgt für weitere Möglichkeiten, den Klang zu beeinflussen, während ein knackig einrastender Dreiwegeschalter die beiden Pickups anwählt. Push-Pull-Potis wackeln ja von Natur aus immer ein wenig auf ihren Achsen, und auch hier kann man das feststellen, jedoch bewegt sich das gebotene Spiel in einem durchaus akzeptablen Rahmen. Schön ist die Leichtgängigkeit, mit denen die Regler agieren; Fans von Volume-Swells oder Musiker, die gerne mit dem Volume-Poti experimentieren, wird dieser Umstand ganz sicher freuen.
Eingeleimter Mahagonihals mit Ebenholzgriffbrett
In den Korpus eingeleimt wurde ein Hals aus Mahagoni, bestückt mit einem Griffbrett aus Ebenholz und 24 Super Jumbo Bundstäbchen. Trotz der lackierten Rückseite treten keine Probleme hinsichtlich des Anklebens der Greifhand auf, zudem sorgt ein schlankes C-Profil für eine angenehme Bespielbarkeit. Zumindest theoretisch, denn das Setting unseres Testinstruments war alles andere als optimal eingestellt und wies eine unangenehm hohe Saitenlage auf. Das kann man aber ganz easy und schnell selbst erledigen. Problematischer sieht es da schon mit der Bundierung aus, denn die Kanten aller 24 Bünde wurden nicht besonders sorgfältig abgerichtet; immerhin aber wurden die Oberflächen der Metallstäbchen blitzeblank poliert.
Reversed Headstock
Ihre Gene aus dem Metal-Bereich kann bzw. will die Solar Guitars GC1.6FAB nicht ganz verbergen, was sich am Reversed-Design der Kopfplatte widerspiegelt. Ich persönlich finde es aber sehr gelungen. Dort oben sitzen auch die bereits erwähnten Klemmmechaniken aus eigener Fertigung des Herstellers, obwohl es ja aufgrund der EverTune-Brücke eigentlich auch ein Satz ganz normaler Tuner getan hätte. Aber wer hat, der hat!
So zeigt sich die Solar Guitars GC1.6FAB in der Praxis
Durch das EverTune-System und die dadurch fehlenden Möglichkeiten, die Saiten zu ziehen oder mit einem Fingervibrato zu spielen, entsteht ein Spielgefühl, an das man sich auf jeden Fall erst mal gewöhnen muss. Zusammen mit der hohen Saitenlage unseres Testinstruments ist der Einstieg daher nicht ganz einfach, und ehrlich gesagt kann ich als ausgewiesener Fan von Bendings und Vibrato der Saiten der Sache nicht viel abgewinnen. Abgesehen von diesem Umstand, den man meiner Meinung nach fast schon als Handicap oder Kreativitätsbremse bezeichnen könnte, gefällt die GC1.6FAB mit ihrem ausgewogenen Klang und einem wunderbar ausgeprägten Sustain, von dem vor allem die unverzerrten Sounds durch eine hohe Standfestigkeit profitieren.
Die Duncan Solar Pickups liefern im Humbucker-Modus einen klaren und bis in höchste Verzerrungen sauber artikulierten Ton, der zudem durch nur sehr wenige Nebengeräusche auffällt und der auch nicht zusammenbricht, wenn man die Volume-Regler etwas absenkt. Speziell im oberen Mittenbereich steht eine Menge Dampf zur Verfügung, ebenso wirkt der Bassbereich stramm und aufgeräumt. Etwas crisper hingegen könnte der Höhenbereich sein: Hier wirkt das Klangbild etwas matt, was sich besonders bei unverzerrten Singlecoil-Sounds bemerkbar macht. Zur Not sollte man dem Clean-Channel des angeschlossenen Amps oder dem Preset des Multi-FX bei Cleansounds etwas mehr Höhen und Presence gönnen. Für Humbucker im Singlecoil-Modus ist das Gebotene aber durchaus akzeptabel, da habe ich schon deutlich schlechter klingende Kandidaten gehört!
Solar Guitars GC1.6FAB Klangbeispiele
Für die Klangbeispiele habe ich die Solar Guitars GC1.6FAB in den Eingang meines Mesa/Boogie Studio 22 + eingeklinkt. Vor dem Amp wurde ein AKG C3000 Mikrofon platziert, ehe das Signal in Logic Audio ohne weitere Effekte aufgezeichnet wurde.
Ich habe jetzt noch kein Evertune-System gespielt, aber soweit ich informiert bin, kann man es so einstellen, dass Bendings und Vibrato funktionieren. Und zwar, indem man so lange an den Mechaniken dreht, bis sich der Ton der jeweiligen Seite erhöht. Dann dreht man die Mechanik zurück, bis der Ton gerade wieder korrekt ist. Dann sollten Bendings und Vibrato wieder möglich sein. So soll man das System je nach Bedarf für die jeweilige Situation (z.B. Rhythmusgitarre im Studio ohne Verstimmung und ausdrucksstärkeres Spiel) einstellen können.
Ich habe eine Schülerin, die eine ESP mit Evertune spielt und konnte mich damit relativ lange befassen. Wenn das System perfekt eingestellt ist, kann man sowohl die Saiten perfekt ziehen, als auch vibrieren, weil der eingestellte Gegenzug des Federsystems dann überwunden wird. Das Gefühl ist natürlich etwas anders, als bei einer Gitarre mit fester Bridge, aber man gewöhnt sich ganz schnell dran. Anfänger dürften allerdings Schwierigkeiten haben, das System überhaupt erst richtig einstellen zu können, weil die ja meist noch gar nicht so genau wissen, was alles so geht. Und stimmen lernen sollen sie ja auch :)
@Jan Steiger Yep, nur lässt parallel zum Deaktivieren der „Sperre“ ebenso die Stimmstabilität nach – und dann brauch ich das auch faktisch nicht ;)
Also nach 10 Sekunden Recherche das hier gefunden:
https://youtu.be/Q9fukCz1PO4
Vllt sollte man sich vor Veröffentlichung des Reviews die Zeit nehmen und sich fragen, ob alles im Sinne des Erfinders ist. Für einen Anfänger wäre es sicherlich unschön ein solches System ohne Vorinformation zu bekommen, aber das ist ja eigtl Aufgabe eines Reviews.
@elbonzoseco Schön und gut – aber was soll das bringen? Auf die Wirkungsweise eines Evertune-Systems bin ich schon vor Jahren in einem meiner Artikel hier auf Amazona eingegangen und dennoch frage ich mich, wieso ich solch einen Klotz auf der Decke haben muss, wenn gute Hardware und ein ordentlich gefeilter Steg das gleiche Ergebnis bringen? Mir erschließt sich das nicht …
@Stephan Güte Ok, also erst behauptest du bestimmte essentielle Spieltechniken würden nicht funktionieren (obwohl man scheinbar das System kennt), dann fragst du dich warum es das Ding überhaupt gibt.
Es geht mir um die Desinformation, davon haben wir bereits genug findest du nicht auch? Ich würde mir auch im Leben nicht so ein Teil auf die Gitarre schrauben, aber das ist nur mein Geschmack und ich weiß was dieses System kann und was nicht.
Bin großer Fan von Evertune.
Natürlich lässt sich benden und Vibrato einsetzen wenn das System richtig eingestellt ist. Es ist dann auch immer noch stimmstabiler als jede andere Bridge.
Und es ist genial, dass ich mir, wann immer mich die Muse trifft, ich mir die Gitarre schnappen kann und losriffen kann und das gleich aufnehmen ohne ein oaar Minuten stimmen zu müssen (bzw. nachstimmen, wenn Saiten warm sind).
Auch live grandios. Spiele als Sänger imme rmal wieder 2 Songs nicht Gitarre. In der Zeit hat sich früher öfter mal die Gitarre verstimmt.